Keine Geldentschädigung für ehemaligen DFB-Präsidenten wegen staatsanwaltlicher Ermittlungen in Sommermärchenaffäre

OLG Frankfurt am Main,  Urteil vom 08.02.2018 – 1 U 112/17

Keine Geldentschädigung für ehemaligen DFB-Präsidenten  wegen staatsanwaltlicher Ermittlungen in Sommermärchenaffäre

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.03.2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe
I.

Der Kläger nimmt das beklagte Land (im Folgenden: Beklagter) auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Einleitung und Fortführung des derzeit noch gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahrens, dem Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses sowie der Weitergabe staatsanwaltschaftlicher Informationen an die Presse in Anspruch.

Der Kläger war Präsident des x Fußballbundes (xFB) von Oktober 200X bis März 201X. In der Zeit vom 01.07.200X bis zum 30.09.200X war er außerdem Vizepräsident für Personal, Recht und Finanzen des Weltmeisterschafts- Organisationskomitees 200X (WM-OK). Am 07.04.200X bewilligten das Präsidium des WM-OK und anschließend der Präsidialausschuss eine Zahlung an die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) in Höhe von bis zu 7,0 Mio. €. Der Verwendungszweck lautete „Beitrag Kulturprogramm FIFA Fußballweltmeisterschaft 200X“. Der Referent für das Rechnungswesen bereitete eine Überweisung über 6,7 Mio. € vor. Der Kläger und ein weiteres Präsidiumsmitglied gaben die Überweisung durch Leistung ihrer Unterschriften am 26.04.200X frei. Die Zahlung über 6,7 Mio. € buchte man in der Steuererklärung für das Jahr 200X zunächst erfolgsneutral. Im Rahmen der Körperschafts- und Gewerbesteuererklärungen für das Jahr 200X buchte man die Zahlung als steuermindernde Betriebsausgabe. Die Steuererklärungen 200X unterschrieb der Kläger nicht persönlich. Er unterschrieb die Bilanzaufstellung per 31.12.200X, die der Steuererklärung für das Jahr 200X zugrunde lag. Die Bilanzaufstellung per 31.12.200X erfasste die Überweisung der 6,7 Mio. € als Betriebsausgabe. Die „FIFA Gala“ fand zu keinem Zeitpunkt statt.

Die Staatsanwaltschaft O2 eröffnete am 28.10.2015 gegen den Kläger und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle (Finanzamt O2) vom 28.10.2015 (Anlage B 2, Bl. 98ff. d.A.) Bezug genommen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts O2 am 29.10.2015 einen Durchsuchungsbeschluss (Anlage K 8), aufgrund dessen die Wohnung des Klägers durchsucht wurde. Zur Zeit der Durchsuchung befanden sich Pressevertreter vor dem Anwesen des Klägers. Sie berichteten von der Hausdurchsuchung und fertigten Lichtbilder von dem Wohnhaus des Klägers. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens gelangten Informationen aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft an die Presse. Die Zeitung1 zitierte in einem Bericht vom ….2016 (Anlage K 4) aus einem ihr vorliegenden Vermerk der Staatsanwaltschaft.

Die Parteien haben darüber gestritten, ob die Überweisung über 6,7 Mio. € an die FiFA der Begleichung einer Verbindlichkeit von A in Höhe von CHF 10 Mio. gegenüber B habe dienen sollen und ob und zu welchem Zeitpunkt der Kläger davon Kenntnis gehabt habe.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands der 1. Instanz im Übrigen sowie der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es – soweit dies für die Berufung noch von Bedeutung ist – ausgeführt, dass die Beschreitung des Zivilrechtswegs vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens bzw. die Einstellung des Ermittlungsverfahrens zwar zulässig, die Klage jedoch unbegründet sei. Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger sei nicht amtspflichtwidrig erfolgt. Nach den Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung habe festgestanden, dass im Rahmen der Steuererklärung 200X durch die Ausweisung des „Kulturbeitrags“ als Betriebsausgabe eine Steuerverkürzung eingetreten sei. In organisatorischer Hinsicht sei der Kläger bis September 200X als Vizepräsident des WM-OK zuständig für Finanzen gewesen. Der Kläger habe zwar nicht die Steuererklärung 200X unterschrieben, er habe jedoch vorbereitend durch Mitverantwortung der Bilanz per 31.12.200X an der Erstellung der Steuerklärung mitgewirkt. Der Kläger habe auch seit Ende April 200X Kenntnis davon gehabt, dass eine andere Verabredung über die Verwendung der 6,7 Mio. € als die Verwendung für die „FIFA Gala“ existiert habe. Unerheblich sei, ob die Steuererklärung zunächst wirksam eingereicht worden oder der Kläger unmittelbar für die Abgabe der Steuererklärung verantwortlich gewesen sei. Denn der Tatbestand der Steuerhinterziehung setze keine wirksame Steuererklärung voraus, sondern lediglich Bekundungen zu den genannten Zwecken, die sogar mündlich oder schlüssig gemacht werden könnten. Es erscheine daher nicht unvertretbar, wenn die Staatsanwaltschaft O2 hinreichende Anhaltspunkte gesehen habe, um gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Sie sei auch nicht gehalten gewesen, ausschließlich die Einlassung des Klägers zu den behaupteten Geschehensabläufen zugrunde zu legen. Auch erscheine fraglich, ob allein der Umstand der Überweisung auf ein FIFA-Konto unabhängig von der Verwendung des Geldes den Abzug als Betriebsausgabe rechtfertige. Die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gewonnenen Erkenntnisse ließen es weiterhin für möglich erscheinen, dass der Kläger im Rahmen der möglichen Darlehensrückzahlung oder der anschließenden Erstellung der Jahresbilanz eine Steuerverkürzung (mit)bewirkt haben könnte. Laut Ermittlungsergebnissen habe der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Überweisung des „Kulturbeitrags“ von der Existenz einer Verbindlichkeit gegenüber B in Höhe von CHF 10,3 Mio. gewusst, was den Verdacht begründen könne, dass der Kläger bereits im Zeitpunkt der Überweisung Kenntnis über die wahren Hintergründe der Überweisung gehabt habe. Dafür spreche auch die Aussage des Klägers im Rahmen seiner Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft O2 am 03.02.2016, wo er sinngemäß erklärt habe, dass er bei der Rückzahlung des Darlehens mitwirke, solange sichergestellt sei, dass es sich um eine betriebliche Verwendung handele und die FIFA eingebunden sei. Unerheblich sei, dass der Durchsuchungsbeschluss vom 29.10.2015 damit begründet worden sei, dass der Kläger für die Steuererklärung 200X verantwortlich gewesen sei. Diese Begründung treffe rechtlich so nicht zu, dem Kläger sei hieraus jedoch kein Schaden entstanden. Die Weitergabe von Informationen aus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte an Dritte, insbesondere an Pressevertreter stelle zwar eine Amtspflichtverletzung dar. Die Vorschrift des § 353b StGB diene auch dem Schutz des von einem Ermittlungsverfahren betroffenen Beschuldigten vor Vorverurteilungen. Jedoch begründeten die Beeinträchtigungen des Klägers keinen Entschädigungsanspruch. Die Bilder der Hausdurchsuchung überschritten nicht die Geringfügigkeitsgrenze. Der Kläger habe im Vorfeld der Hausdurchsuchung von sich aus in hohem Umfang die Medienpräsenz und Öffentlichkeit gesucht. Die Weitergabe von Informationen aus der Ermittlungsakte übersteige ebenfalls nicht die Geringfügigkeitsgrenze. Die an die Presse weitergeleiteten Informationen hätten auch im Rahmen einer offiziellen staatsanwaltschaftlichen Pressemitteilung ohne den Verstoß gegen die Unschuldsvermutung veröffentlicht werden können.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung und verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge teilweise weiter. Zur Begründung trägt er vor, dass das Landgericht zu Unrecht von der Vertretbarkeit der Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft ausgegangen sei. Die im Durchsuchungsbeschluss und der Einleitungsverfügung getroffenen Feststellungen rechtfertigten nicht den Verdacht der Steuerhinterziehung. Die weiteren von dem Landgericht gewürdigten Umstände seien nicht bei Einleitung des Ermittlungsverfahrens, sondern erst nachher bekannt geworden und reichten ebenfalls nicht für einen Tatverdacht bezogen auf § 370 AO aus. In den Ermittlungsakten befinde sich keine von dem Kläger unterzeichnete Bilanz per 31.12.200X, sondern lediglich ein vom Kläger unterzeichneter Auszug aus einem Wirtschaftsprüfungsbericht. Zudem handele es sich bei der Bilanz um keine Erklärung an die Finanzbehörde, die Unterzeichnung der Bilanz wäre allenfalls eine straflose Vorbereitungshandlung. Auch die Vernehmung des Klägers habe erst nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens stattgefunden. Sein Wissen oder Nichtwissen um die Vorgänge habe keinerlei Erklärungswert in Bezug auf die im Rahmen des § 370 AO notwendigen steuerlichen Erklärungspflichten. Aus den Ermittlungsakten lasse sich auch nicht die verfassungsrechtlich gebotene sorgfältige Abwägung im Hinblick auf den mit der Durchsuchung einhergehenden erheblichen Eingriff in die Rechte des Klägers entnehmen. Ferner sei nicht erkennbar, woraus das Landgericht den Schluss gezogen habe, dass der Kläger die Medienpräsenz und die Öffentlichkeit gesucht habe. Der Kläger habe im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Maßnahmen keinerlei öffentliche Ämter mehr inne gehabt. Soweit er sich im Jahr 2015 geäußert habe, handle es sich um Reaktionen auf Medienveröffentlichungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Vorwürfen von Seiten des xFB. Ferner stelle es einen erheblichen Unterschied dar, ob es den Medien ermöglicht werde, aus der internen Handakte des Staatsanwalts Zitate zu lesen oder die Staatsanwaltschaft eine Presseerklärung herausgebe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.03.2017 zu Az.: 2-04 O 328/16

1.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch von 25.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit

und

2.
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, alle weitergehenden Schäden des Klägers, beruhend auf der rechtswidrigen Einleitung und Fortführung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft O2 zu Az.: … gegen den Kläger zu tragen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Hinsichtlich des weiteren Berufungsvorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Amtspflichtverletzung aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 i.V.m. Art. 1, 2 GG.

Soweit der Kläger die Einleitung und Fortführung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft rügt, fehlt es bereits an einem amtspflichtwidrigen Handeln. Im Amtshaftungsprozess unterliegen staatsanwaltschaftliche Maßnahmen, bei denen ein Beurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers besteht, nur einer eingeschränkten richterlichen Kontrolle. Sie können nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege das staatsanwaltschaftliche Verhalten nicht mehr verständlich erscheint (BGH, Urteil vom 21. April 1988 – III ZR 255/86 -; Urteil vom 24.02.1994 – Ill ZR 76/92 – juris Rn. 13). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Verhalten der Staatsanwaltschaft unvertretbar und insoweit amtspflichtwidrig war, trägt grundsätzlich der Kläger (BGH, Urteil vom 04.11.2010, III ZR 32/10, juris Rn. 14f. m.w.N.).

Das Ermittlungsverfahren wurde aufgrund des Aktenvermerks des Finanzamts O2 vom 28.10.2015 (Anlage B 2, Bl. 261 ff. d.A.) eingeleitet. Die im Aktenvermerk getroffenen Feststellungen lassen jedoch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall nicht als unvertretbar erscheinen.

Nach § 152 Abs. 2 StPO ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn nach kriminalistischer Erfahrung die Möglichkeit besteht, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt (sog. Anfangsverdacht; Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Aufl. 2017, § 152 Rn. 4 m.w.N.). Dazu genügen auch entfernte Indizien, bloße Vermutungen rechtfertigen es hingegen nicht, jemandem eine Tat zur Last zu legen (Schmitt a.a.O). § 152 Abs. 2 StPO begründet nicht nur die Kompetenz der Staatsanwaltschaft zur Einleitung von Ermittlungen, sondern statuiert unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen einen Verfolgungszwang (Legalitätsprinzip, vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1988 – III ZR 255/86 -, Rn. 17, juris). Der Staatsanwaltschaft ist bei der Prüfung, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO vorliegen, ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Denn die Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs erfordert im Einzelfall die Abwägung aller für die Entscheidung wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände in Gestalt einer Gesamtschau. Deren Ergebnis hängt maßgeblich davon ab, welche Umstände der Staatsanwalt für wesentlich hält und welches Gewicht er den in die Abwägung einfließenden Sachverhaltselementen in ihrem Verhältnis zueinander beimisst. Diese die Gesamtschau prägenden Akzentuierungen ergeben sich nicht allein aus der Natur der Sache, sondern beruhen regelmäßig auch auf subjektiven, nicht näher verifizierbaren Wertungen des Abwägenden, wobei verschiedene Betrachter, ohne pflichtwidrig zu handeln, durchaus zu unterschiedlichen Lösungen gelangen können (BGH, a.a.O. Rn. 22, juris).

Nach den im Zeitpunkt der Einleitung des Ermittlungsverfahrens der Steuerfahndung vorliegenden Erkenntnissen stellte sich die Bejahung eines Anfangsverdachts in Bezug auf eine Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall nicht als unvertretbar dar.

Wegen Steuerhinterziehung macht sich nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO strafbar, wer gegenüber Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. Unter Angaben sind alle steuerlich erheblichen Erklärungen, die unrichtig oder unvollständig sind, zu verstehen. Darauf, ob die Steuererklärung den formalen und inhaltlichen Anforderungen des § 150 AO genügt, kommt es nicht an. Die Angaben brauchen nicht ausdrücklich schriftlich oder mündlich gemacht worden zu sein, auch falsche schlüssige Bekundungen reichen aus (BGHSt 25, 190, 203; BGH Urt. vom 27. 9. 2002 – 5 StR 97/02NStZ-RR 2003, 20, 21; Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky/Senge AO § 370 Rn. 15).

Nach den Erkenntnissen der Steuerfahndung aufgrund der Einsicht in die Steuerakten des xFB wies die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 200X des WM-OK einen Betrag von 6,7 Mio. € als Betriebsausgabe „FIFA Kosten Gala“ aus, die in die Gewinnermittlung des xFB für das Jahr 200X einfloss und steuermindernd bei der Körperschafts- und Gewerbesteuererklärung des xFB für das Jahr 200X berücksichtigt wurde. Schon aufgrund der Position des Klägers in dem fraglichen Zeitraum als Präsident des xFB und Vizepräsident für Personal, Recht und Finanzen des WM-OK erscheint es nach kriminalistischer Erfahrung nicht als unvertretbar, Anhaltspunkte für eine Mitwirkung, Kenntnis und auch Verantwortlichkeit des Klägers im Zusammenhang mit der Erfassung dieses nicht unerheblichen Aufwands als Betriebsausgabe in der GuV und der Bilanz des WM-OK und der Bilanz des xFB als gegeben anzusehen. Die Frage, welche konkrete Handlung oder welche Unterlassung des Klägers möglicherweise eine unrichtige oder unvollständige Angabe im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO oder die Teilnahme an einer solchen begründete, war Ziel der durchzuführenden Ermittlungen und brauchte für die vertretbare Annahme eines Anfangsverdachts noch nicht festzustehen.

Eine Steuerverkürzung ist eingetreten, wenn die Steuer nicht oder nicht in voller Höhe festgesetzt worden ist (Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky/Senge AO § 370 Rn. 41). Hier erschien die Annahme einer Steuerverkürzung aufgrund der unberechtigten Geltendmachung der Zahlung als Betriebsausgabe möglich. Nach den Erkenntnissen aufgrund der Presseberichterstattung, die sich maßgeblich auf die Angaben des Klägers stützte, hatte eine „FIFA Gala“ nicht stattgefunden, sondern hatte die Zahlung der Rückführung eines Darlehens gedient. Die Rückführung eines Darlehens ist jedoch erfolgsneutral und nicht als Betriebsausgabe zu erfassen, weil sie keinen Aufwand im Sinne von § 4 Abs. 4 EStG darstellt. Der Verdacht der schweren Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Nr. 1 AO) ergab sich aus der Höhe der hinterzogenen Steuer, die Grenze liegt bei derzeit 50.000,00 € (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15 -, BGHSt 61, 28-36, Rn. 29).

Auch die Fortführung des Ermittlungsverfahrens bis heute stellt sich nicht als unvertretbar dar. Soweit der Kläger einwendet, dass nach der internen Geschäftsordnung des xFB die steuerlichen Angelegenheiten nicht seinem Aufgabengebiet unterfielen, schließt dies nicht notwendig seine Verantwortlichkeit aus. Gemäß § 34 AO treffen die gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person die steuerlichen Erklärungspflichten (vgl. auch § 35 der Satzung des xFB, Bl. 231 d.A.). Diese Pflichten können nicht aufgehoben, sondern nur begrenzt werden. Dies erfordert eine vorweg getroffene, eindeutige und deshalb schriftliche Klarstellung, welcher gesetzliche Vertreter für welchen Bereich zuständig ist, damit nicht im Haftungsfall jeder gesetzliche Vertreter auf die Verantwortlichkeit eines anderen verweist (BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, 778 [BFH 26.04.1984 – V R 128/79]). Selbst bei einer schriftlichen Regelung der Geschäftsverteilung besteht jedoch eine Begrenzung der Verantwortlichkeit nur insoweit und so lange, als kein Anlass besteht, an der exakten Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch den hierfür zuständigen Vertreter zu zweifeln (BFH, Urteil vom 23. Juni 1998 – VII R 4/98 -, BFHE 186, 132, BStBl II 1998, 761, Rn. 19). Hier konnte jedoch vertretbar angenommen werden, dass begründete Anhaltspunkte für die Kenntnis des Klägers von dem unzutreffend bezeichneten Verwendungszweck der Zahlung vorlagen. Damit lag aber auch für den Kläger erkennbar die unzutreffende steuerliche Verbuchung der Zahlung so greifbar nahe, dass Anlass bestand, an der richtigen steuerlichen Erfassung der Zahlung durch die verantwortlichen Organe zu zweifeln. Der Kläger wäre für diesen Fall daher gehalten gewesen, die zutreffende steuerliche Erfassung der Zahlung zu überwachen, dies insbesondere auch im Hinblick auf die bei ihm vorliegende Sachkunde in Steuerangelegenheiten.

Es kann auch nicht als unvertretbar gewertet werden, dass die Staatsanwaltschaft die Einlassung des Klägers, er habe keine Kenntnis von dem tatsächlichen Verwendungszweck der Zahlung gehabt, im Hinblick auf seine Position beim xFB und seine Sachkunde sowie aufgrund der den Kläger belastenden Angaben des Mitbeschuldigten C bei dessen Vernehmung am 13.06.2016 (Protokoll, Anlage B 6, Bl. 107 ff. d.A.) nicht für glaubhaft erachtet. Der Mitbeschuldigte C hatte erklärt, dass er sich – auch aufgrund der Vorgeschichte – nicht vorstellen könne, dass der Kläger nicht gewusst habe, dass es sich bei der Kostenbeteiligung an der FIFA-Gala um eine Legendierung des eigentlichen Zahlungszwecks gehandelt habe. Er, C, habe den Kläger mit Sicherheit nicht über den Zweck der Zahlung getäuscht, er habe insoweit keine Geheimnisse vor ihm gehabt.

Die Fortführung der Ermittlungen erscheint auch nicht deshalb als unvertretbar, weil nach der Auffassung des Klägers die streitgegenständliche Zahlung aufgrund ihrer betrieblichen Veranlassung, der Beschlussfassung durch die zuständigen Gremien und der Zahlung auf ein FIFA-Konto in jedem Fall als Betriebsausgabe zu erfassen sei. Denn der Verwendungszweck der Zahlung, von dem die Einordung der Zahlung als Betriebsausgabe entscheidend abhängt, ist nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht geklärt. Auch die bisherige nicht unerhebliche Dauer der Ermittlungen erscheint im Hinblick auf den Umfang des Verfahrens und dessen Auslandsbezug nicht so ungewöhnlich lang, dass dieser Umstand für sich eine Amtspflichtverletzung begründen könnte.

Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz bestreitet, eine Bilanz unterschrieben zu haben, lässt auch dieser Umstand die Fortführung der Ermittlungen nicht als unvertretbar erscheinen. Denn wie oben ausgeführt, kommt eine Täterschaft oder Teilnahme des Klägers an einer Steuerhinterziehung auch in Betracht, wenn er nicht eigenhändig unrichtige Angaben gemacht haben sollte.

Auch die Beantragung und Anordnung der Durchsuchung verbunden mit einer Beschlagnahmeanordnung am 29.10.2015 auf Grundlage der §§ 102, 105 StPO stellten sich nicht als unvertretbar dar. Die Ermittlungsdurchsuchung ist zulässig zum Auffinden von der Beschlagnahme fähiger Beweismittel (BVerfG NJW 1995, 385; KK-StPO/Bruns StPO § 102 Rn. 4). Sie setzt einen auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützten konkreten Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt (Anfangsverdacht), voraus. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es nicht (BGH, NJW 2000, 84). Wie bereits oben ausgeführt, erschien die Annahme eines Anfangsverdachts in Bezug auf eine durch den Kläger begangene Steuerhinterziehung nicht unvertretbar.

Auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten erschien die Anordnung der Durchsuchung nicht unvertretbar. Da Durchsuchungen regelmäßig einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen darstellen, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (BVerfG, NJW 2006, 976 [BVerfG 02.03.2006 – 2 BvR 2099/04]). Die Durchsuchung muss im Hinblick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck erfolgversprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der vorgeworfenen Tat erforderlich sein. Das ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachts stehen (BVerfG, NJW 2011, 2275 [BVerfG 05.05.2011 – 2 BvR 1011/10]; Beschluss vom 26.10.2011, 2 BvR 1774/10, BeckRS 2011, 56244; NJW 2008, 1937 [BVerfG 06.05.2008 – 2 BvR 384/07], KK-StPO/Bruns StPO § 102 Rn. 12). Im Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung durfte die Staatsanwaltschaft vertretbar von der Verhältnismäßigkeit ausgehen. Die Durchsuchung erschien erforderlich und geeignet zur Auffindung von steuererheblichen Unterlagen und Korrespondenz. Gegenteiliges trägt auch der Kläger nicht vor. Im Hinblick auf den Vorwurf der schweren Steuerhinterziehung stand die Durchsuchung auch nicht außer Verhältnis zu dem Tatvorwurf. Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass eine Durchsuchung nur unter den Voraussetzungen des § 103 StPO in Betracht gekommen wäre, trifft dies nicht zu, denn gegen ihn bestand ein Anfangsverdacht, es handelte sich deshalb nicht um eine Durchsuchung bei „anderen Personen“. Soweit der Kläger die Mitteilung der anstehenden Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft an die Presse behauptet, steht dies nicht fest, so dass auch daraus kein amtspflichtwidriges Verhalten abgeleitet werden kann.

Soweit der Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen der Weitergabe von Informationen an die Presse geltend macht, steht ihm ein solcher derzeit nicht zu. Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet einen Anspruch auf eine Geldentschädigung nur, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 – VI ZR 496/15 -, Rn. 9, juris; BGH, Urteil vom 20. März 2012 – VI ZR 123/11 -, juris). Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, begründet der Inhalt des Berichts der Zeitung1 vom ….2016 keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers. Der Bericht befasst sich im Schwerpunkt mit der Person A. Die Tatsache, dass gegen den Kläger wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wird, war der Öffentlichkeit bereits aufgrund einer vorangehenden Presseerklärung der Staatsanwaltschaft bekannt. Zudem stehen im derzeitigen Verfahrensstadium auch die zu würdigenden Umstände des Falles nicht fest. Insbesondere ist von Bedeutung, ob der Verdacht der Steuerhinterziehung sich bestätigt oder nicht und inwieweit durch eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens, Nichteröffnung der Hauptverhandlung oder einen Freispruch eine etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers hinreichend ausgeglichen wird.

Auch der zulässige Feststellungsantrag ist, weil ein Schadensersatzanspruch bereits dem Grunde nach nicht feststeht, nicht begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht geboten, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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