OLG Celle, Urteil vom 24.11.2011 – 8 U 173/11
Ein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld ist nicht begründet, wenn ein Rechtsanwalt als Folge eines leichten Schlaganfalls an einer Lesestörung (Dyslexie) leidet. Dadurch ist dieser nicht in jeder Weise gehindert, seine berufliche Tätigkeit auszuüben, sondern ist im Rahmen seiner gesamten Berufstätigkeit zu Teilleistungen in der Lage, mithin nicht bedingungsgemäß vollständig arbeitsunfähig.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. Juni 2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf bis zu 40.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Kläger begehrt Zahlung von Krankentagegeld für die Zeit vom 8. Juni 2010 bis zum 3. Juni 2011.
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Der am … . Februar 1967 geborene Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt. Aufgrund eines leichten Schlaganfalls mit der Folge einer Lesestörung (Dyslexie) war er seit dem 23. August 2006 jedenfalls zunächst arbeitsunfähig.
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Der Kläger unterhält bei der Beklagten mit Wirkung ab dem 1. Januar 2000 unter anderem eine Krankentagegeldversicherung. Nach den vereinbarten Tarifen ist ab dem 22. Tag einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld von 51,20 € und ab dem 43. Tag ein weiteres Krankentagegeld von 51,20 € zu zahlen.
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Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung 2008 (AVB/KT) zugrunde. Hinsichtlich des Inhalts der AVB/KT wird auf Bl. 34 – 38 d. A. Bezug genommen.
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Aufgrund der bei dem Kläger eingetretenen Lesestörung und der hierauf beruhenden Arbeitsunfähigkeit zahlte die Beklagte zunächst Krankentagegeld, stellte diese Zahlungen aber mit Ablauf des 22. Juli 2007 ein. Auf die daraufhin erhobene Klage verurteilte der erkennende Senat die Beklagte mit Urteil vom 12. März 2009 zur Zahlung von Krankentagegeld bis zum 27. Februar 2009 (Bl. 326 – 348 d. BA.).
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Mit Schreiben vom 1. März 2010 (Bl. 19 d. A.) kündigte die Beklagte die abermalige Einstellungen der Zahlungen an. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass beim Kläger mittlerweile Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Dies ergebe sich aus einem im Auftrag der Beklagten erstellten Gutachten der Ärzte Dres. M. und G. Danach könne der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt auf unabsehbare Zeit nicht mehr nachgehen.
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Der Kläger behauptet, er sei nach wie vor arbeitsunfähig, während eine Berufsunfähigkeit nicht vorliege. Die entsprechenden Feststellungen der Privatgutachter seien unzutreffend. Insbesondere hätten die Gutachter die zwischenzeitlich eingetretenen Erfolge bei der Logopädin nicht hinreichend berücksichtigt (Bl. 3 d. A.).
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36.966,40 € sowie 933,82 € Zinsen für den Zeitraum vom 8. Juni 2010 bis zum 3. Juni 2011 sowie 5 % Zinsen auf die Hauptforderung über dem Basiszins seit dem 4. Juni 2011 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Ärzte Dres. M. und G. hätten festgestellt, dass beim Kläger spätestens seit dem 20. Januar 2010 Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Der Kläger sei auf unabsehbare Zeit zu mehr als 50 % erwerbsunfähig. Dem Gutachten zufolge werde die Berufsunfähigkeit auch länger als drei Jahre anhalten (Bl. 33 d. A.).
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Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 9. August 2010 (Bl. 120 d. A.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. L. vom 14. Februar 2011 (Bl. 128 – 140 d. A.) und seine ergänzende Stellungnahme vom 2. Mai 2011 (Bl. 160 d. A.) Bezug genommen.
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Mit Urteil vom 24. Juni 2011 hat das Landgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig. Berufsunfähigkeit liege hingegen nicht vor. Vielmehr ergebe sich aus dem eingeholten Gutachten, dass es weiterhin zu einer Besserung der Lesefunktion komme.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Der Kläger sei berufsunfähig. Das vom Landgericht eingeholte Gutachten beschränke sich auf das neurologische Fachgebiet. Tatsächlich hätte auch das Fachgebiet der Neuropsychologie einbezogen werden müssen. Selbst wenn aber keine Berufsunfähigkeit vorliege, hätte jedenfalls die weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit aufgeklärt werden müssen. Allein die Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei hierfür nicht ausreichend.
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Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.
21
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
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Die zulässige Berufung ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld gemäß § 178 b Abs. 3 VVG a. F. in Verbindung mit § 1 Nr. 1 AVB/KT für den streitgegenständlichen Zeitraum zu.
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1. Es fehlt bereits am Vorliegen eines Versicherungsfalls. Gemäß § 1 Nr. 2 AVB/KT liegt der Versicherungsfall vor, wenn es zu einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung wegen Krankheit kommt, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird.
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a) Eine bedingungsgemäß medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung liegt vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Maßnahme vertretbar war, sie als notwendig anzusehen. Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Auf die Auffassung des Versicherungsnehmers oder des ihn behandelnden Arztes kommt es nicht an (vgl. BGH VersR 1996, 1224; BGH VersR 1991, 987; BGH VersR 1979, 221; OLG Zweibrücken OLGR Zweibrücken 2004, 595; OLG Koblenz VersR 2001, 1417). Unstreitig kam es bei dem Kläger zu einem leichten Schlaganfall mit der Folge einer Lesestörung (Dyslexie). Diese Lesestörung wurde in der Folgezeit unter anderem logopädisch behandelt. Diese Behandlung dauerte bis zum Zeitpunkt der Begutachtung am 11. Januar 2011 auch noch an. Im Rahmen der Anamnese teilte der Kläger dem Sachverständigen mit, dass er alle zwei Wochen für die Dauer von einer Stunde mit einer Logopädin seine Lesefähigkeit trainiere. Mehr werde von der Krankenkasse nicht genehmigt (Bl. 133 d. A.). Das ist für die Bejahung der medizinisch notwendigen Heilbehandlung grundsätzlich ausreichend. Ob die Heilbehandlung nach wie vor andauert, ist demgegenüber unmaßgeblich. Der Versicherungsfall endet erst, wenn der Versicherungsnehmer nicht mehr behandlungsbedürftig ist (vgl. Voit in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 1 MB/KT 2009, Rn. 11). Er endet hingegen nicht, wenn der Versicherungsnehmer trotz etwaig bestehender Behandlungsbedürftigkeit (ggf. aus finanziellen Gründen) von einer weiteren Behandlung Abstand nimmt.
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b) Aufgrund der Erkrankung des Klägers lag innerhalb des streitgegenständlichen Zeitraumes allerdings keine (andauernde) Arbeitsunfähigkeit mehr vor. Gemäß § 1 Nr. 3 AVB/KT ist Arbeitsunfähigkeit gegeben, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Dabei hat der Versicherungsnehmer nicht nur den Eintritt, sondern auch die Fortdauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH VersR 2010, 1171).
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Zu seiner bis zum Schlaganfall ausgeübten Tätigkeit hat der Kläger vorgetragen, früher im anwaltlichen Bereich mit Schwerpunkt im Bereich des Arbeitsrechts tätig gewesen zu sein (Bl. 134 d. A.). Der Beiakte kann darüber hinaus entnommen werden, dass der Kläger als Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie als Behördenleiter der Gütestelle arbeitete (Bl. 2 d. BA.).
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Dieser Tätigkeit kann der Kläger jedenfalls in einem geringen Umfang mittlerweile wieder nachgehen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zwar unstreitig an einer Leseschwäche leidet. Das Lesen von Texten ist ihm allerdings nicht unmöglich. Es ist lediglich mit einem nicht unerheblichen Zeitaufwand verbunden. In der Krankentagegeldversicherung besteht bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit aber nur bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit. Bereits der Wiedereintritt auch nur teilweiser Arbeitsfähigkeit lässt die Leistungspflicht des Versicherers vollständig entfallen (vgl. BGH VersR 2007, 1260, zu einem Architekten, der im Rahmen einer Akquise an drei Tagen tätig wurde; BGH VersR 1993, 297). Eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass nur Tätigkeiten von bestimmter Art und gewissem Umfang den Krankentagegeldanspruch entfallen lassen können, ist hingegen unzulässig (vgl. BGH VersR 2007, 1260). Vielmehr genügen alle auch nur geringfügigen Tätigkeiten, die dem Berufsfeld des Versicherungsnehmers zuzuordnen sind (vgl. OLG Koblenz VersR 2009, 626).
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Zwar hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2011 vorgetragen, dass er weder den Palandt noch einen Paragrafen lesen könne (Bl. 245 d. A.). Für eine Ausübung seiner Tätigkeit ist der Kläger auf den Palandt allerdings nicht zwingend angewiesen. Gerade im Bereich des Arbeitsrechts steht eine Vielzahl von Kommentaren zur Verfügung, die sich anders als der Palandt keines komplizierten Abkürzungssystems bedienen. Darüber hinaus erfordert die anwaltliche Tätigkeit in einer Vielzahl von Fällen (und insbesondere im Arbeitsrecht) keine größere Recherchetätigkeit. Vielmehr können beispielsweise einfache Kündigungsschutzklagen häufig bereits auf der Grundlage des bereits vorhandenen Wissens bearbeitet werden. Insoweit hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen eingeräumt, dass das relativ überschaubare Gebiet des Arbeitsrechts eher günstig für seine Art von Lesestörungen sei (Bl. 134 d. A.).
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Das mit seiner Berufstätigkeit verbundene Lesen von Schriftstücken (und damit auch von Paragrafen) ist dem Kläger zur Überzeugung des Senats mittlerweile auch wieder möglich. So hat der vom Landgericht beauftragte Sachverständige dem Kläger im Rahmen der Begutachtung einen Text zum Thema Tarifpluralität vorgelegt (Bl. 137 d. A.). Diesen Text hat der Kläger innerhalb von 15 Minuten lesen und anschließend dem Sachverständigen erläutern können (Bl. 138 d. A.). Unter diesen Umständen ist der Kläger aber auch imstande, Schriftsätze in zumindest einfach gelagerten Sachverhalten zu lesen, sie zu verstehen und hierauf adäquat zu reagieren.
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Insoweit ist die Situation im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht vergleichbar mit der Situation, die der Senat in seinem Urteil vom 12. März 2009 zugrunde zu legen hatte. So hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen angegeben, nach seinem Eindruck durchaus Fortschritte zu machen. Er könne einen normalen Zeitungs- bzw. Zeitschriftentext durchgehen und sich die Inhalte klarmachen. Texte, die ihn interessieren würden, könne er mittlerweile wieder schaffen (Bl. 132 d. A.). Entsprechende Feststellungen hat auch der Sachverständige getroffen. In seinem Gutachten heißt es hierzu unter anderem (Bl. 139 d. A.):
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„Dazu kommt, dass die mitgeteilten logopädischen Befunde sowie auch der Vergleich der Lesegeschwindigkeiten in der logopädischen Praxis und das jetzt gesehene Tempo beim sogenannten stillen Lesen im Rahmen der jetzigen Untersuchung, zeigen eine deutliche Besserung der Lesefunktion auf, auch wenn sich das Ganzworterkennen offenbar noch auf Worte mit 5 Buchstaben Länge beschränkt. Immerhin kommt der jetzt hier gelesene Text einem juristischen Text schon näher und auch, wenn die dafür benötigte Zeit noch bei Weitem das Normalmaß der stillen Vorbereitung eines Textes übersteigt, ist auch damit die wiedererlangte Fähigkeit zum Erfassen komplexerer Zusammenhänge in juristischer Sprache dokumentiert.“
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Dass das Lesen solcher Schriftsätze mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden ist und der Kläger dementsprechend innerhalb einer Arbeitswoche möglicherweise nur ein oder zwei Mandate bearbeiten kann, ist für den Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld ohne Belang, solange der Kläger nur überhaupt irgendeine Tätigkeit in seinem Beruf entfalten kann. Darüber hinaus mag der Kläger zwar bei dem Lesen von Schriftstücken Schwierigkeiten haben. Für alle anderen Anwaltstätigkeiten (Mandantengespräche, Diktieren von Schriftsätzen, schriftlichen Formulierungen, Auftreten vor Gericht) gilt das hingegen nicht. Insoweit leidet der Kläger unter keinerlei Einschränkungen.
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Für eine jedenfalls teilweise wiederhergestellte Arbeitsfähigkeit spricht zusätzlich, dass der Kläger nach eigenen Angaben als Ratsherr für die Gemeinde N. aktiv ist. Zwar kommt es dem Klägervortrag zufolge auch insoweit zu Beeinträchtigungen. Allerdings würden diese kompensiert, indem der Kläger die Tischvorlagen früher erhalte, sodass ihm für die Vorbereitung mehr Zeit zur Verfügung stehe (Bl. 135 d. A.). Die Art der Tätigkeit als Ratsherr ist im Hinblick auf ihre Anforderungen (Lesen von Schriftstücken, Vorbereiten auf Sitzungen, Kontakt mit Gemeindemitgliedern) einer anwaltlichen Tätigkeit aber nicht völlig wesensfremd.
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Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, seit dem Jahr 2006 und damit seit jetzt mehr als fünf Jahren nicht mehr anwaltlich tätig geworden zu sein. Ihm ist die Einarbeitung in die nunmehr geltende Rechtslage (soweit diese überhaupt Änderungen erfahren hat) und die Aktualisierung seines Wissens in Teilbereichen durchaus möglich. Der Kläger war nach eigenen Angaben Fachanwalt unter anderem für Arbeitsrecht. Als Fachanwalt war er bereits vor seiner Erkrankung gemäß § 15 Abs. 1 FAO zur jährlichen Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen in einem nicht unerheblichen Umfang verpflichtet. Hierzu ist der Kläger auch nach wie vor imstande. So hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats eingeräumt, dass ihm die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen keine Schwierigkeiten bereite, sofern diese in Vortragsform erfolge. Damit steht dem Kläger auch die Möglichkeit offen, sein Wissen außerhalb der Lektüre von Periodika oder Kommentaren zu aktualisieren und auf dem laufenden Stand zu halten.
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Durch die Möglichkeit zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen wird auch das Argument des Klägers entkräftet, er setze sich bei Übernahme eines Mandats unkalkulierbaren Haftungsrisiken aus und sei deshalb per se an der Ausübung seines Anwaltsberufs gehindert. Wenn sich der Kläger bei der Übernahme von Mandaten auf das von der Fortbildungsveranstaltung erfasste Rechtsgebiet beschränkt, geht die Gefahr eines Anwaltsregresses nicht über das auch sonst bestehende Maß hinaus. Unzutreffend ist die in diesem Zusammenhang vom Kläger geäußerte Auffassung, er sei gemäß § 43 a BRAO zur Lektüre mindestens zweier juristischer Periodika verpflichtet (Bl. 245 d. A.). Weder sieht das Gesetz eine solche Verpflichtung vor (vgl. Henssler in: Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl., § 43a, Rn. 238; Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl., 97), noch ist sie im Wege der Rechtsfortbildung von der Rechtsprechung begründet worden. Dabei verkennt der Senat nicht, dass einen Rechtsanwalt gerade bei in der Fortentwicklung befindlichen Rechtsgebieten im Einzelfall eine Pflicht zur Berücksichtigung zukünftiger (ggf. auch nur möglicherweise eintretender) Konstellationen und damit die Pflicht zu eingehenderer Recherchetätigkeit treffen kann (vgl. BGH NJW 1993, 3323).
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Gerade die neuesten Entwicklungen auf den jeweiligen Rechtsgebieten sind aber regelmäßig Gegenstand von Fortbildungsveranstaltungen. Dementsprechend ist es dem Kläger nach dem Besuch einer solchen Veranstaltung auch möglich, bei der Prüfung einer Mandatsübernahme die Aktualität seines Wissens und die Risikolosigkeit des Mandats abschätzen zu können. Im Übrigen versteht es sich von selbst, dass ein vollständiger Ausschluss von Haftungsrisiken nicht möglich ist. Das ist auch bei einem nicht unter Dyslexie leidenden Rechtsanwalt nicht der Fall.
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2. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte darüber hinaus aufgrund einer beim Kläger inzwischen eingetretenen Berufsunfähigkeit gemäß § 15 b) AVB/KT leistungsfrei ist. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass das vom Landgericht eingeholte Gutachten insoweit nicht hinreichend aussagekräftig sein dürfte, weil das Landgericht dem Sachverständigen keine zuvor festgestellte, zuletzt an gesunden Tagen ausgeübte konkrete Tätigkeitsbeschreibung des Klägers vorgegeben hat und der Sachverständige in Ermangelung einer aussagekräftigen Tätigkeitsbeschreibung auch die Frage einer mindestens 51 %-igen Erwerbsunfähigkeit in dem bislang ausgeübten Beruf nicht tragfähig hat beantworten können.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Von der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO hat der Senat abgesehen. Der Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts.