Gewerblicher Baustellschildervermieter muss Aufstellvorrichtung an für in der Region übliche Windstärken dimensionieren

AG Bergheim, Urteil vom 25.10.2007 – 26 C 274/06

Wer gewerblich Baustellenschilder vermietet, verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er die Aufstellvorrichtung nicht für die in der Region üblichen Windstärken dimensioniert (Rn. 13).

Wer gewerblich Baustellenschilder vermietet, ist im Hinblick auf die Dimensionierung der Materialien betreffend die Aufstellvorrichtung der Schilder verpflichtet, entweder eine eigene Windlastberechnung vorzunehmen oder aber eine solche von einem sachkundigen Dritten vornehmen zu lassen. Dies ergibt sich aus der ZTV-SA 97 (insbesondere. 4.2 (9) und 5.2) sowie aus der TL-Aufstellvorrichtungen Punkt 0. „Allgemeines“ wonach bei Verkehrszeichen die Windlastaufnahme zu beachten ist (Rn. 15).

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.137,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.07.2006 sowie 121,38 Euro nebst Zinsen aus 87,29 Euro für die Zeit vom 16.11.2006 bis 29.08.2007 und aus 121,38 Euro seit dem 30.08.2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Klägerin ist Eigentümerin eines Pkw Renault Clio, amtliches Kennzeichen …, für den die Klägerin einen Stellplatz an ihre Wohnadresse angemietet hat. Die Beklagte ist ein gewerbliches Unternehmen, welches u. a. Baustellensicherungen durch Vermietung und Aufstellung von Baustellenschildern betreibt. Im Auftrag der Stadt P sicherte die Beklagte eine Straßenbaumaßnahme am Hweg, wobei sie gemäß dem genehmigten Verkehrszeichenplan auch ein Schild längst zum Pkw Stellplatz der Beklagten aufstellte. Das Schild war zwei Meter breit und 1,35 m hoch. Die Unterkante des Schildes befand sich in einer Höhe von 2,20 m über dem Boden. Das Schild war in der Weise aufgehängt, dass es an zwei verzinkten Quadratrohren mit den Maßen 40 x 40 mm bei einer Wandstärke von 1,5 mm befestigt war. Die Quadratrohre steckten in einer Bodenplatte, die mit Fußplatten beschwert war.

2

Am 25.06.2006 gegen 18.30 Uhr knickten die Quadratrohre bei einer herrschenden Windgeschwindigkeit von 75 km/h (Beaufort 9) oberhalb der zur Beschwerung ausgetauschten Fußplatten ein. Das Schild stürzte auf den Pkw der Klägerin. Hierdurch entstand an dem klägerischen Fahrzeug Sachschaden, den die Klägerin auf 1.124,34 Euro netto beziffert. Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.07.2006 forderte die Klägerin die Haftpflichtversicherung der Beklagten auf, den Schaden zu begleichen. Dies verweigerte diese mit Schreiben vom 17.07.2006.

3

Mit der Klage verlangt die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 1.137,34 Euro (Fahrzeugschaden aufgrund wirtschaftlichen Totalschadens, Schadenspauschale in Höhe von 25,00 Euro). Sie behauptet eine Verletzung der der Beklagten ihr – der Klägerin – gegenüber obliegende Verkehrssicherungspflicht, weil sie die Vorrichtung für die Aufstellung des Verkehrsschildes nicht ausreichend dimensioniert habe.

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Die Klägerin beantragt,

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wie erkannt.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie behauptet, sie habe Schaftrohre der Firma … für die Befestigung des Verkehrsschildes verwandt, die aus verzinktem Stahl Hohlprofil mit verdrehsicheren Laschen bestünden. Sie behauptet weiter, dass die von ihr verwandten Stahlrohrprofile unter Berücksichtigung der Größe des daran aufgehängten Verkehrsschildes den „technischen Lieferbedingungen für Aufstellvorrichtungen und für Schilder und Verkehrseinrichtungen an Arbeitsstellen“ (Ziffer 2.1.4 TL-Aufstellvorrichtungen) entsprachen und aus technischer Sicht ausreichend dimensioniert gewesen seien. Des Weiteren macht sie geltend, dass sie in ihrem Betrieb kein Personal beschäftige, um selbst Berechnungen für die Dimensionierungen der Aufstellvorrichtung durchzuführen. Sie verlasse sich insoweit auf die Sachkunde der Firma …, von der sie bereits seit Jahren das erforderliche Material beziehe.

9

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

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Mit Beweisbeschluss vom 11.01.2007 hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.03.2007 (Bl. 106 ff d. A.) sowie auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Dieter … vom 23.4.2007 (Bl. 113 ff d. A.) verwiesen.


Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet.

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Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 1.137,34 Euro zu zahlen. Der Anspruch der Klägerin folgt aus § 823 Abs. 1 BGB.

13

Die Beklagte hat eine ihr gegenüber der Klägerin obliegende Verkehrssicherungspflicht dadurch schuldhaft verletzt, dass sie die Aufstellvorrichtung für das von ihr aufgestellte Verkehrsschild nicht ausreichend dimensioniert hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass die verwandten Pfosten, Fußplattenständer und Fußplatten zwar grundsätzlich den TL-Aufstellvorrichtungen entsprachen, die von der Beklagten verwandten Quadratrohre aber für die aufgetretene Windlast nicht hinreichend dimensioniert waren. Das Gericht folgt insoweit den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen … in seinem Gutachten vom 23.4.2007, die auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogen werden und insoweit keiner weiteren Erörterung bedürfen.

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Die ihr insoweit obliegende Verkehrssicherungspflicht hat die Beklagte auch rechtswidrig schuldhaft verletzt.

15

Insoweit kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, ein Verschulden ihrerseits sei nicht gegeben, weil sie in ihrem Betrieb keinen Fachmann beschäftige, der in der Lage sei Windlasten zu berechnen, und sie die Vierkantrohre für die Aufstellung des Verkehrsschildes von der Firma … als Fachunternehmen erworben habe, die sie – die Beklagte – kein einziges Mal darauf hingewiesen habe, dass die Vierkantrohre bei stärkeren Windböen nicht Stand halten würden. Denn die Beklagte war im Hinblick auf die Dimensionierung der Materialien betreffend die Aufstellvorrichtung der Schilder verpflichtet, entweder eine eigene Windlastberechnung vorzunehmen oder aber eine solche von einem sachkundigen Dritten vornehmen zu lassen. Dies ergibt sich aus der ZTV-SA 97 (insbesondere. 4.2 (9) und 5.2) sowie aus der TL-Aufstellvorrichtungen Punkt 0. „Allgemeines“ wonach bei Verkehrszeichen die Windlastaufnahme zu beachten ist. Insoweit weist auch die Preisliste der Firma … in dem Katalog 1999 (Bl. 146 ff d. A.) den Hinweis „Windlast beachten!“ auf, was dafür spricht, dass die Firma … gerade keine Windlastberechnungen vornimmt. Dass die Beklagte die Firma … ausdrücklich mit einer Windlastberechnung beauftragt hat, ist weder hinreichend konkret vorgetragen noch aus sonstigen Umständen ersichtlich, was unter Berücksichtigung der Darlegungslast zu Lasten der Beklagten geht. Auch ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, dass die Firma … überhaupt wusste, welche Ausmaße das Verkehrsschild hatte, dass die Beklagte an die von der Firma … erworbene Aufstellvorrichtung befestigen wollte. Insoweit kommt auch dem fehlenden Hinweis der Firma … auf eine möglicherweise nicht ausreichende Dimensionierung keine Bedeutung bei.

16

Einem Verschulden der Beklagten steht des Weiteren auch nicht die tatsächlich angetroffene Windgeschwindigkeit entgegen, die dazu geführt hat, dass das von der Beklagten aufgestellte Schild in seiner Aufstellvorrichtung umgeknickt ist, da Windgeschwindigkeiten von bis zu 75 km/h Std./km (Beaufort 9) im Rheinland üblicherweise anzutreffen sind.

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Hätte die Beklagte die ihr gebotene Windlastberechnung selbst vorgenommen oder durch sachkundige Dritte vornehmen lassen, wäre sie ohne Weiteres in der Lage gewesen, die Aufstellvorrichtung für das von ihr aufgestellte Schild ausreichend zu dimensionieren und eine Schädigung Dritter durch das Abknicken der Aufstellvorrichtung zu vermeiden. Insoweit hat die Beklagte hinsichtlich der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet und damit fahrlässig schuldhaft gehandelt.

18

Durch die Verletzung der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht ist das Fahrzeug der Klägerin beschädigt worden. Dies ist zwischen den Parteien ebenso unstreitig wie die Schadenshöhe und bedarf insoweit keiner weiteren Erörterung.

19

Da weitere erhebliche Einwände nicht vorliegen, war der Klage mithin stattzugeben.

20

Die zuerkannten Zinsen sind hinsichtlich der Hauptforderung aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges, hinsichtlich der Nebenforderung gemäß §§ 291, 288 BGB gerechtfertigt.

21

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

22

Streitwert: 1.137,34 Euro.

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