LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 05.05.2011 – 8 O 9642/10
Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen bereits Kinder in einem Alter von fünf Jahren ohne ständige Überwachung im Freien, etwa auf einem Spielplatz oder Sportgelände oder in einer verkehrsarmen Straße auf dem Bürgersteig, spielen und müssen dabei nur gelegentlich beobachtet werden. Dabei ist regelmäßig ein Kontrollabstand von höchstens 30 Minuten ausreichend, um das Spiel von bisher unauffälligen fünfjährigen Kindern außerhalb der Wohnung bzw. des elterlichen Hauses zu überwachen (Rn. 19).
Wenn ein Radfahrer Kinder auf ihren Tretrollern überholen will, hat er sich durch Klingeln, Verringern seiner Geschwindigkeit sowie Bremsbereitschaft so zu verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (Rn. 26).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 13.417,00 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche aus einem Fahrradunfall der Geschädigten K R vom 08.09.2009 geltend.
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Am 08.09.2009 fuhr die Tochter der Klägerin, die Geschädigte K R, gegen 14:50 Uhr mit ihrem Fahrrad auf dem Falknerweg in Nürnberg in Richtung Marienbergpark. Zur gleichen Zeit passierten die Beklagten mit ihren Kindern den Eingang Falknerweg/Marienbergpark. Der Weg ist bis zum Eingang des Parks als getrennter Rad- und Gehweg (StVO Zeichn Nr. 241), ab dem mit einem mittig gesetzten rot-weißen Trennpfosten markierten Eingang des Parks als gemeinsamer Geh- und Radweg (StVO Zeichen Nr. 240) ausgestaltet. Die am 04.12.2004 geborene Tochter S und ihr Bruder fuhren hintereinander auf ihren Tretrollern den Eltern voraus. Nach dem Eingang zum Marienbergpark stürzte die Geschädigte und verletzte sich. Sie erlitt u.a. eine Schienbeinkopftrümmerfraktur. Der Haftpflichtversicherer der Beklagten lehnte eine Regulierung des Vorfalls ab. Der Beklagte zu 2) verständigte nach dem Sturz der Geschädigten den Notruf unter Angabe eines falschen Namens und verließ den Unfallort in Richtung Marienbergpark. Wegen der Einzelheiten des Entfernens vom Unfallort wird auf die beigezogenen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesenen Akten der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, Az. 706 Js xxx/09 verwiesen.
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Die Klägerin behauptet, S sei der Geschädigten nach links in die Fahrspur gezogen. Daraufhin habe diese voll abbremsen und nach links ausweichen müssen, was letztendlich zum Sturz geführt habe. Die Beklagten hätten sich in unmittelbarer Nähe zu den Kindern aufgehalten. Dabei hätten sie Blickkontakt sowohl zu S als auch zur Geschädigten gehabt. Die Geschädigte sei mit gebotener Sorgfalt gefahren und habe keine Möglichkeit gehabt, den Unfall zu vermeiden. Auf einem gemeinsamen Rad- und Fußweg bestehe eine besondere Aufsichtspflicht. Die Beklagten hätten S entweder an der Hand führen, vom Radweg abschirmen oder auf die Verkehrsregelungen der Unfallörtlichkeit hinweisen müssen. Zumindest hätten die Beklagten S auf die herannahende Klägerin hinweisen bzw. warnen müssen. Die Beklagten hätte für die Möglichkeit sorgen müssen, jederzeit verbal warnend oder körperlich schützend eingreifen zu können. Die Klägerin meint, dass die Beklagten damit ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten und deshalb für den entstandenen Schaden haften müssten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten ihres Sachvortrags zum Unfallhergang, zur Schadenshöhe sowie zu den behaupteten Verletzungen und dem Schmerzensgeldanspruch wird auf die Klageschrift vom 29.11.2010 und das Sitzungsprotokoll vom 17.03.2011 Bezug genommen.
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Die Klägerin beantragt:
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I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 5% Zinsen hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2009 zu bezahlen.
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II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 2.917,09 Euro nebst 5% Zinsen hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.05.2010 zu bezahlen, sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 461,60 Euro.
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III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin den weiteren materiellen und zukünftigen immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 08.09.2009 im Marienberg-Park/Falknerweg, Nürnberg zu ersetzen, den immateriellen Schaden jedoch nur, soweit unfallbedingt erhebliche Verschlechterungen im Gesundheitszustand der Geschädigten Karina Rothe eintreten, die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht bekannt oder voraussehbar waren, soweit die diesbezüglichen Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialleistungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.
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Die Beklagten beantragen:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Beklagten behaupten, ihre Familie sei an dem Unfall gar nicht beteiligt gewesen. Die Geschädigte sei bereits gestürzt gewesen, als sie mit ihrer Familie die Parkanlage betraten. Die Beklagten hätten lediglich den Rettungsdienst verständigt. Sie führen weiter aus, dass die Geschädigte für den Unfall jedenfalls ausschließlich ein eigenes Verschulden treffe. Den Beklagten könne keine Aufsichtspflichtverletzung angelastet werden, da sie ihrer Aufsichtspflicht voll nachgekommen seien und den Unfall nicht hätten verhindern können. So habe die Geschädigte von hinten kommend das Fahrverhalten von S einschätzen können und mit Unregelmäßigkeiten rechnen müssen. Die Kinder hätten sich auf ihren Tretrollern in ausreichend kurzem Abstand von maximal drei bis vier Metern zu den Beklagten bewegt. Als Radfahrerin müsse die Geschädigte auf dem gemeinsamen Rad- und Fußweg Acht geben und ihre Geschwindigkeit der Situation anpassen. Die Beklagten sind der Ansicht, ihre Kinder zu rufen hätte nichts gebracht, als Folge hätten diese sich umgedreht und wären erst recht in die Fahrspur der Geschädigten gelangt. Jedenfalls träfe die Geschädigte ein weit überwiegendes Mitverschulden, da sie weder gebremst noch geklingelt habe. Die Beklagten bestreiten schließlich das geltend gemachte Schmerzensgeld als zu hoch und den geltend gemachten Verdienstausfallanspruch als nicht nachvollziehbar. Insoweit wird auf die Klageerwiderung vom 11.02.2011 Bezug genommen. Die Beklagten meinen außerdem, dass die Klägerin auf Grund der unzulässigen Abtretung schon nicht aktivlegitimiert sei.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin K R. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.03.2011, im Übrigen zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen. Die Akten der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, Az. 706 Js xxx/09 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
A.
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Es kann dahinstehen, ob die Feststellungsklage – wie von den Beklagten gerügt – zulässig ist, oder ob eine bezifferte Klage geboten war. Ist eine Feststellungsklage wie hier jedenfalls als unbegründet abzuweisen, kann die Frage nach deren Zulässigkeit offen bleiben (BGHZ 12, 308, 316; Zöller/Greger, 27. Aufl. § 256 Rdn. 7 a.E).
B.
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I. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Es liegt eine zulässige und wirksame Abtretung der Ansprüche der Geschädigten an die Klägerin vor. Die Abtretung ist nach § 398 BGB wirksam und weder rechtsmissbräuchlich noch verstößt sie gegen Treu und Glauben § 242 BGB. Ein solches prozesstaktisches Verhalten in der Absicht, sich durch Übertragung der Aktivlegitimation auf einen Dritten im Prozess die Stellung eines Zeugen zu verschaffen, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden (BGH VersR 2007, 1291; BGH Urt. v. 12.01..1998 – II ZR 363/96, juris m.w.N.). Ungeachtet dessen ist bei der Vernehmung des Zedenten als Zeugen dessen wirtschaftliches Interesse bei der Beweiswürdigung kritisch zu berücksichtigen (BGH NJW 1980, 991).
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II. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
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1. Die Voraussetzungen des § 832 BGB liegen nicht vor. Die Beklagten haben ihre Aufsichtspflicht gegenüber ihrer Tochter nicht verletzt.
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a) Nach § 832 BGB ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit der Beaufsichtigung bedarf und den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Kinder der Beklagten sind als Minderjährige aufsichtsbedürftig. Nach §§ 1626 ff. BGB haben die Eltern als Inhaber der Personensorge für ihre minderjährigen Kinder kraft Gesetzes eine Aufsichtspflicht. Nach den in jeder Hinsicht glaubhaften und glaubwürdigen Angaben der Zeugin Rothe war das Ausscheren von S ursächlich für den Sturz der Geschädigten. Dass dies widerrechtlich geschah, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Ein Verschulden der aufsichtsbedürftigen Person bei der Schadenszufügung ist nicht Voraussetzung der Schadenersatzpflicht nach § 832 BGB (BGH VersR 1984, 460). Der objektive Tatbestand einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB durch den Aufsichtsbedürftigen ist damit erfüllt. Nach der in § 832 Abs. 1 BGB normierten Beweislastumkehr zu Lasten des Aufsichtspflichtigen muss dieser darlegen und beweisen, was er zur Erfüllung der Aufsichtspflicht unternommen hat.
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b) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Eltern in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann (BGH VersR 2009, 790 m.w.N.; BGH VersR 2009, 788). Entscheidend ist, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ihr Kind zu verhindern. Dabei kommt es für die Haftung nach § 832 BGB stets darauf an, ob der Aufsichtspflicht nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles genügt worden ist. Entscheidend ist also nicht, ob der Erziehungsberechtigte allgemein seiner Aufsichtspflicht genügt hat, sondern entscheidend ist vielmehr, ob dies im konkreten Fall und in Bezug auf die zur widerrechtlichen Schadenszufügung führenden Umstände geschehen ist (BGH aaO).
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Bei der Prüfung, ob die Beklagten ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind, ist nach der Maßstab eines normal entwickelten Kindes im Alter von ca. 4 Jahren und 9 Monaten anzuwenden (vgl. BGH VersR 2009, 790). Umstände, die im Hinblick auf die Person der Sophie zu einer gesteigerten Aufsichtspflicht führen könnten, macht die Klage nicht geltend. Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen bereits Kinder in einem Alter von fünf Jahren ohne ständige Überwachung im Freien, etwa auf einem Spielplatz oder Sportgelände oder in einer verkehrsarmen Straße auf dem Bürgersteig, spielen und müssen dabei nur gelegentlich beobachtet werden. Dabei ist regelmäßig ein Kontrollabstand von höchstens 30 Minuten ausreichend, um das Spiel von bisher unauffälligen fünfjährigen Kindern außerhalb der Wohnung bzw. des elterlichen Hauses zu überwachen (BGH VersR 2009, 788). Insgesamt gesteht die Rechtsprechung Kindern ab einem Alter von vier Jahren einen solchen Freiraum zu, wobei allerdings eine regelmäßige Kontrolle in kurzen Zeitabständen für erforderlich gehalten wird (BGH VersR 2009, 788). Dabei ist die Teilnahme am Straßenverkehr für Kinder mit ihren Rollern oder Fahrrädern auch bereits im frühesten Alter üblich und grundsätzlich unbedenklich, sofern die Kinder nur ihr Fahrzeug genügend beherrschen (OLG Köln VersR 1969, 44 m.w.N.).
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c) Gemessen daran ist die Erfüllung der elterlichen Aufsichtspflicht seitens der Beklagten im Streitfall als ausreichend anzusehen. Bereits nach dem zugrunde gelegten klägerischen Sachvortrag, der insoweit durch die Zeugin K R bestätigt wurde, fehlt es an einer Aufsichtspflichtverletzung.
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Die Beklagten hatten ihre Kinder, die auch nach den Angaben der Zeugin sicher auf ihren Rollern fuhren, während des Tretrollerfahrens ständig vor sich im Blickfeld, so dass im konkreten Fall eine ausreichende Beaufsichtigung gewährleistet war. Nachdem die vierjährige S im Tretrollerfahren offensichtlich geübt war, war ein an der Hand Führen oder „Nebenherlaufen“ der Eltern nicht erforderlich. Den Beklagten kann auch nicht angelastet werden, dass ihre Kinder zu weit voraus gefahren wären. Bei einem vier Jahre und neun Monate alten Kind ist eine jederzeitige und unmittelbare Eingriffsmöglichkeit nicht mehr geboten. Die Angaben der Geschädigten lassen eine Eingrenzung der Abstände wegen der Fixpunkte „Sturzstelle“ und „Passieren der Eltern“ ziemlich genau zu. Wie sich den guten Bildaufnahmen der Unfallstelle aus der Ermittlungsakte entnehmen lässt, liegen diese beiden Fixpunkte maximal 20 Meter auseinander. Unter Berücksichtigung der dynamischen Entwicklung des Geschehens – Anfahren der Geschädigten nach dem Passieren der Eltern und gemeinsames Vorwärtsbewegen mit den Kindern bis zur Sturzstelle – verringert sich die tatsächliche Distanz zwischen Eltern und Kindern nochmals.
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Der sich hieraus ergebende Abstand von jedenfalls unter 20 Metern ist im konkreten Fall nicht zu beanstanden. Dabei ist ganz maßgeblich zu bewerten, dass es sich bei der Unfallstelle nicht um einen typischen Geh- bzw. Radweg handelte, der neben oder jedenfalls in der Nähe einer Straße verläuft. Es handelt sich vielmehr um einen geschotterten Weg am Eingang eines Parks, der für weiteren Verkehr – außer Radfahrer – nicht freigegeben ist. Der Verlauf des Weges ist zudem gut einsehbar. In dieser Umgebung kann die von der Klägerin geforderte unmittelbare Nähe der Beklagten zu S auf ihrem Roller, was alleine den Unfall ggf. hätte verhindern können, schlechterdings nicht gefordert werden. Andernfalls wäre eine vernünftige Entwicklung des Kindes, insbesondere der Lernprozess im Umgang mit Gefahren des Straßenverkehrs, was im Rahmen des § 832 BGB maßgeblich Berücksichtigung finden muss (vgl. BGH VersR 2009, 790), unter keinen Umständen mehr zu gewährleisten. Nachdem die beiden Kinder auch nach Angaben der Geschädigten hintereinander am rechten Rand des Schotterweges fuhren, bestand auch kein Anlass vorbeugend den Kindern eine Warnung zuzurufen. Zu Recht weisen die Beklagten darauf hin, dass ein solcher Zuruf eine Reaktion der Kinder und die Gefahr eines unkontrollierten „Schlenkers“ noch eher erhöht hätte. Als S dann nach links zog, war es für einen Zuruf zu spät, was sich daran zeigt, dass nicht einmal mehr der Geschädigten, die nach eigenen Angaben die Finger an den Bremshebeln hatte ein ausreichend sicheres Bremsmanöver möglich war. Eine Verletzung der Aufsichtspflicht kann unter diesen Umständen nicht festgestellt werden.
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2. Die Beklagten haften auch nicht nach § 823 BGB.
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Grundsätzlich bleibt § 823 BGB allerdings neben § 832 BGB anwendbar (BGH NJW 1976, 1145). Hier kann jedoch eine über die Aufsichtpflicht des § 832 BGB hinausgehende bzw. weiter reichende Pflicht zur Sicherung des Verhaltens des Kindes nicht angenommen werden. Es fehlt nach dem Vorstehenden an einer objektiven Sorgfaltspflichtverletzung. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ist von den Beklagten beachtet worden.
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3. Lediglich hilfsweise ist deshalb anzumerken, dass im Übrigen die Geschädigte ein weit überwiegendes Mitverschulden träfe.
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Die Geschädigte selbst hat ganz nahe liegende eigene Sorgfaltspflichten nicht beachtet, als sie die Kinder auf ihren Tretrollern überholte, obwohl sie die Situation selbst als unsicher oder gar gefährlich einschätzte. Auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg müssen Radfahrer auf Fußgänger Rücksicht nehmen (BGH VersR 2009, 234). Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund des § 3 Abs. 2a StVO, wonach Fahrzeugführer sich gegenüber – wie hier: erkennbaren – Kindern insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten müssen, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (vgl. auch OLG Köln VersR 1969, 44). Dass die Geschädigte nicht habe klingeln können, weil sie jederzeit bremsbereit sein musste, überzeugt in diesem Zusammenhang nicht. Es wäre erforderlich gewesen, bereits vorher die Geschwindigkeit so auf Schrittgeschwindigkeit zu reduzieren und damit an den Kindern so langsam vorbeizufahren, dass im – eingetretenen – Notfall ein sofortiges Anhalten ohne Sturz möglich gewesen wäre.
C.
27
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.