LG Saarbrücken, Urteil vom 07.06.2013 – 13 S 34/13
Ein einmaliges Blinken des Vorfahrtberechtigten begründet keinen ausreichenden Vertrauenstatbestand für den Wartepflichtigen, dass der Vorfahrtberechtigte tatsächlich abbiegen wird (Rn. 20).
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert vom 24. Januar 2013 – 9 C 258/12 (10) – teilweise abgeändert und die Beklagten werden unter Klageabweisung im Übrigen gesamtschuldnerisch verurteilt,
a) an den Kläger 291,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 8. März 2012 zu zahlen,
b) den Kläger von Sachverständigenkosten der … Kfz-Sachverständigen GmbH gemäß dortiger Rechnung vom 14. Februar 2012 in anteiliger Höhe von 107,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 8. März 2012 freizustellen,
c) den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 77,35 € freizustellen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 20 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 60 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 40 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 18. Januar 2010 in … ereignete.
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Die Zeugin … bog mit dem klägerischen Pkw aus der Straße … auf die vorfahrtsberechtigte … ab. Dabei kollidierte sie mit dem von links kommenden Pkw der Erstbeklagten, der bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert war.
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Erstinstanzlich hat der Kläger behauptet, die Erstbeklagte habe nach rechts geblinkt, ihre Geschwindigkeit verringert, eingelenkt und mit dem Abbiegevorgang begonnen, dann jedoch plötzlich einen Schlenker gemacht und sei geradeaus weitergefahren. Die Zeugin … habe die Kollision nicht verhindern können.
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Mit der Klage hat der Kläger Reparaturkosten von netto 1.430,43 € sowie eine Unkostenpauschale von 25,00 €, ferner Freistellung von Sachverständigenkosten in Höhe von 535,19 € sowie von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und Zinsen geltend gemacht.
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Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
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Das Erstgericht, auf dessen Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat die Bußgeldakte beigezogen, die Erstbeklagte informatorisch angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen … und …. Daraufhin hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger sei es nicht gelungen, den gegen die Zeugin … sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Es stehe lediglich fest, dass die Erstbeklagte in Annäherung an die Unfallstelle einmal geblinkt habe. Das reiche nicht aus, um von einem atypischen Annäherungsverhalten ausgehen zu können.
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Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren in hälftiger Höhe weiter. Er rügt die Beweiswürdigung durch das Erstgericht und meint, es sei erwiesen, dass die Erstbeklagte nach rechts geblinkt habe, das Fahrzeug abgebremst habe und auch nach rechts in die Straße … einzulenken begonnen habe. Des Weiteren habe das Erstgericht die Beweislast verkannt. Es hätte der Erstbeklagten oblegen, den Nachweis dafür zu führen, dass sie den Blinker wieder zurückgestellt habe.
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Die Beklagten verteidigen die angegriffene Entscheidung.
II.
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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie einen Teilerfolg. Entgegen der angegriffenen Entscheidung trifft die Beklagten eine Mithaftung in Höhe von 20 %.
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1. In der Sache ist das Erstgericht zunächst davon ausgegangen, dass der Kläger wie auch die Beklagten grundsätzlich für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gemäß § 7 bzw. § 18 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) einzustehen haben, weil die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG darstellte. Dies ist zutreffend und wird von der Berufung nicht angegriffen.
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2. Im Rahmen der hiernach gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG gebotenen Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und -verschuldensanteile hat das Erstgericht in der Sache weiter angenommen, die Zeugin … habe den Unfall durch eine Vorfahrtsverletzung nach § 8 StVO verursacht. Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg.
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a) Kommt es – wie hier – im Einmündungsbereich zu einer Kollision, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein Verstoß gegen § 8 StVO unfallursächlich war, solange sich der Wartepflichtige noch nicht ohne Behinderung des bevorrechtigten Verkehrs eingeordnet hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. November 1975 – VI ZR 172/74, MDR 1976, 305; KG, NZV 2002, 79; Kammerurteile vom 18. Juni 2010 – 13 S 44/10 – und vom 21. Oktober 2011 – 13 S 124/11, Kammerbeschlüsse vom 8. Juni 2012 – 13 S 35/12, vom 2. Juli 2012 – 13 S 69/12 – und vom 20. August 2012 – 13 S 124/12; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 8 StVO Rn. 68). Dies wird im Ausgangspunkt von der Berufung auch nicht in Zweifel gezogen.
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b) Zu Recht hat das Erstgericht diesen Anscheinsbeweis vorliegend nicht als erschüttert angesehen.
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aa) Im Einzelnen ist umstritten, ob der Wartepflichtige auf ein angekündigtes Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten bereits dann vertrauen darf, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte die Abbiegeabsicht in Zweifel ziehen (vgl. OLGR München 1998, 474; KG DAR 1990, 142; Henschel/König/Dauer aaO, § 8 StVO Rdn. 54; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 8 StVO Rdnr. 63), oder ob der Wartepflichtige trotz eingeschalteter rechter Blinkleuchte des vorfahrtsberechtigten Fahrzeugs nur dann auf dessen Abbiegen vertrauen darf, wenn sich dieses in der Gesamtschau der Fahrsituation – sei es durch eindeutige Herabsetzung der Geschwindigkeit, sei es durch den Beginn des Abbiegens selber – zweifelsfrei manifestiert (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht NJW-RR 2008, 1611; OLG Hamm NJW-RR 2003, 975; wohl auch OLG Karlsruhe DAR 2001, 128; offen gelassen von der Kammer, Beschlüsse vom 2. Juli 2012 – 13 S 69/12 – und vom 20. August 2012 – 13 S 124/12). Die Streitfrage bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung.
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bb) Zu Recht hat das Erstgericht nämlich schon keine Umstände als erwiesen angesehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit dafür ergibt, dass der Kläger keinen Zweifel an der Abbiegeabsicht der Erstbeklagten haben musste.
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Der Anscheinsbeweis kann entkräftet werden, wenn der Gegner des Beweisbelasteten Umstände nachweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt (BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 – VI ZR 239/89, NJW 1991, 230 f.; Urteil vom 11. Oktober 1983 – VI ZR 141/82 – VersR 1984, 44; Urteil vom 30. Oktober 1985 – IV a ZR 10/84 – VersR 70, 125 ff.; BGHZ 6, 169 f.; Kammerurteil vom 9. Juli 2010 – 13 S 46/10).
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Das Erstgericht hat angenommen, dass dies dem Kläger nicht gelungen ist. In tatsächlicher Hinsicht sei nämlich lediglich feststellbar, dass die Erstbeklagte einmal den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt habe. Im Übrigen sei das vorkollisionäre Verhalten der Erstbeklagten nicht aufklärbar.
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Dies ist nicht zu beanstanden. In tatsächlicher Hinsicht ist das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte in diesem Sinne sind alle objektivierbaren, rechtlichen und tatsächlichen Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloße subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (vgl. BGHZ 164, 330, 332 mwN.). Konkrete Anhaltspunkte, die solche Zweifel begründen und eine erneute Feststellung gebieten könnten, liegen nicht vor. In seiner Beweiswürdigung hat sich das Erstgericht vielmehr entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt, ohne gegen Denk- oder Erfahrungsgesetze zu verstoßen. Dabei hat es insbesondere die Angaben der Erstbeklagten einerseits und die Bekundungen der Zeugin … nachvollziehbar und unter Berücksichtigung des Eigeninteresses sowohl der Erstbeklagten als auch der Zeugin … gewürdigt. Angesichts des Umstandes, dass die Erstbeklagte ohne weiteres eingeräumt hat, sie habe einmal geblinkt, ist es nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht den Bekundungen der Zeugin … nicht den Vorzug vor den Angaben der Erstbeklagten eingeräumt hat. Selbst wenn vor dem Hintergrund eines nach den Bekundungen der Zeugin … veränderten Aussageverhaltens der Erstbeklagten Zweifel an der Richtigkeit ihrer Bekundungen angezeigt wären, würde dies nicht ohne weiteres den Schluss rechtfertigen, dass die Erstbeklagte – wie von der Zeugin … bekundet – von der Kurve bis zum Einmündungsbereich den Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hatte, die Geschwindigkeit reduziert hatte und schon zum Abbiegen eingelenkt hatte, bevor sie sich entschloss, die Fahrt geradeaus fortzusetzen.
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cc) Entgegen dem Angriff der Berufung hätte das Erstgericht auch nicht nach Beweislastgrundsätzen davon ausgehen müssen, dass die Zeugin … mehr als einmal den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hat. Die Tatsachen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Ablaufs ergeben kann, müssen im Wege des Vollbeweises nachgewiesen werden (vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 1952 – I ZR 163/51, BGHZ 6, 169 f.; Urteil vom 3. Juli 1990 – VI ZR 239/89, NJW 1991, 230 f.). Nach der Normentheorie (vgl. hierzu Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast – Band 1: Grundlagen, § 5 Rdn. 20 ff.), die in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 – VI ZR 238/04, MDR 2005, 1290; Urteil vom 17. März 1992 – XI ZR 84/91, NJW-RR 1992, 751; Urteil vom 16. Juni 1983 – VII ZR 370/82, BGHZ 87, 393 ff.), bedeutet dies, dass die Partei die Beweislast für das Vorhandensein aller tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Normen trägt. Danach muss der Kläger hier alle Umstände beweisen, die zusammen genommen einen Vertrauenstatbestand der Zeugin … in ein beabsichtigtes Abbiegen der Erstbeklagten begründen, mithin auch das länger andauernde Blinken des Fahrtrichtungsanzeigers. Da die Beweislast als Ausdruck gesetzlicher Risikoverteilung von vornherein abstrakt und generell festliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juli 1979 – 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131, 147; BGH, Urteil vom 27. April 2004 – VI ZR 34/03, MDR 2004, 1055 f.), ist von dieser Beweislastverteilung auch keine Abweichung vorzunehmen, wenn – wie hier – feststeht, dass die Erstbeklagte einmal geblinkt hat (so im Ergebnis auch Saarländisches Oberlandesgericht NJW-RR 2008, 1611 ff.). Insofern gibt es insbesondere auch nicht etwa einen Anscheinsbeweis dafür, dass, wer einmal blinkt, auch mehrfach blinkt. Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass zur Rücknahme des Fahrtrichtungsanzeigers kein erneutes Tätigwerden erforderlich ist, wenn der Fahrtrichtungsanzeiger lediglich angetippt worden ist.
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dd) Unter diesen Umständen ist der gegen die Zeugin … sprechende Anscheinsbeweis nach allen vertretenen Auffassungen nicht erschüttert. Ein einmaliges Blinken begründet keinen ausreichenden Vertrauenstatbestand für den Wartepflichtigen.
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3. Entgegen der angegriffenen Entscheidung ist auf Seiten der Beklagten unter den hier gegebenen Umständen jedoch nicht bloß eine einfache, sondern eine erhöhte Betriebsgefahr in die Haftungsabwägung einzustellen.
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a) Hat der Vorfahrtsberechtigte entgegen § 1 Abs. 2 StVO durch das Setzen eines falschen Blinksignals eine Gefahrenlage geschaffen, weil er damit rechnen muss, dass der Wartepflichtige auf die Richtigkeit des Blinksignals vertraut, und will er dann von seiner angekündigten Fahrtrichtung Abstand nehmen, so ist er nach obergerichtlicher Rechtsprechung zur Vermeidung einer Gefährdung grundsätzlich gehalten, unter genauer Beobachtung des wartepflichtigen Verkehrs besonders vorsichtig an die Einmündung heranzufahren und notfalls eine Verständigung mit dem wartepflichtigen Fahrer herbeizuführen oder ggf. ganz anzuhalten (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht NJW-RR 2008, 1611 ff.; OLG Hamm NJW-RR 2003, 975). Da im vorliegenden Fall jedoch nicht mehr aufklärbar ist, ob die Erstbeklagte länger als einmal geblinkt hat und in welchem zeitlichen und räumlichen Abstand zum Erreichen der Einmündung der Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt war, kann im Zweifel nicht mehr angenommen werden, dass die Erstbeklagte unter den konkreten Umständen des Falles noch damit rechnen musste, dass die Zeugin … aufgrund ihres Blinksignals einen Abbiegevorgang einleiten würde.
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b) Jedenfalls aber war die Betriebsgefahr auf Beklagtenseite erhöht. Denn mit ihrem falschen Blinksignal hat die Erstbeklagte eine zusätzliche Gefahr geschaffen, die sich in dem Unfall realisiert hat, weil die Zeugin … das Blinksignal wahrgenommen und es zum Anlass genommen hat, den Abbiegevorgang einzuleiten.
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4. Die Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und -verschuldensanteile rechtfertigt vorliegend eine Mithaftung auf Beklagtenseite von 20 %. Während die einfache Betriebsgefahr gegenüber einem einseitigen Vorfahrtsverstoß regelmäßig ganz zurücktritt (vgl. Kammerurteile vom 9. Juli 2010 – 13 S 16/10 – und vom 8. April 2011 – 13 S 11/11; Hinweisbeschlüsse der Kammer vom 8. Juni 2012 – 13 S 35/12 – und vom 2. Juli 2012 – 13 S 69/12), ist dies bei Erhöhung der Betriebsgefahr – wie hier – nicht der Fall. Mangels eines nachweisbaren schuldhaften Verkehrsverstoßes scheidet jedoch auch eine höhere Mithaftung der Beklagten aus.
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5. Gemäß § 249 BGB kann der Kläger danach unbestrittene Reparaturkosten und Unkostenpauschale von zusammen 1.455,43 € in anteiliger Höhe von 291,09 € ersetzt verlangen. Die Beklagten haben den Kläger ferner von den der Höhe nach unangegriffenen Sachverständigenkosten von 535,19 € in anteiliger Höhe von 107,04 € freizustellen. Hieraus kann der Kläger auch Verzugszinsen (§§ 286, 288 BGB) in tenoriertem Umfang beanspruchen.
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6. Im Rahmen ihrer Schadensersatzpflicht sind die Beklagten auch zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nach §§ 2, 13 RVG, Nrn. 2300, 7002, 7008 VV RVG verpflichtet.
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a) Für den Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf eine ordnungsgemäße Rechnungstellung durch den beauftragten Anwalt an. § 10 RVG, der die Pflicht zur Rechnungstellung durch den Anwalt begründet, ist nur dann anwendbar, wenn der Rechtsanwalt selbst eine nach dem RVG berechnete Vergütung von seinem Mandanten fordert (vgl. nur Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 10 Rn. 3; Urteil der Kammer vom 12. November 2010 – 13 S 97/10). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Beklagten zitierten Entscheidung des LG Bonn (NJW 2005, 1873 f.), wonach eine Rechnungstellung lediglich Voraussetzung für den Verzugseintritt sein soll.
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b) Der Kläger kann vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten hier jedoch nur unter Zugrundelegung einer 1,3-Geschäftsgebühr ersetzt verlangen.
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aa) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war. Sie ist deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20 % der gerichtlichen Überprüfung entzogen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 – VI ZR 195/12, zfs 2013, 288 f.; Urteil vom 11. Juli 2012 – VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813). Zwar steht dem Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 RVG bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG ein Ermessensspielraum zu, so dass, solange sich die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % bewegt, die Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG und daher von einem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen ist. Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, die die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 1,5-fache Gebühr ist aber nicht der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 entzogen (vgl. BGH aaO). Danach ist auch bei Abwicklung eines durchschnittlichen Verkehrsunfalls in der Regel eine 1,3-Geschäftsgebühr gerechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2006 – VI ZR 261/05, VersR 2007, 265,267 f.; Urteil der Kammer vom 22. Juni 2012 – 13 S 37/12).
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bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann der Kläger hier nur eine 1,3-Geschäftsgebühr verlangen. Dem Rechtsstreit liegt ein überschaubarer Sachverhalt zugrunde. Gegenstand des Verfahrens sind lediglich einige wenige Schadenspositionen, deren Höhe ganz überwiegend unangegriffen ist.
31
cc) Danach kann der Kläger aus einem Gegenstandswert von 291,09 € + 107,04 € = 398,13 € Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 45,00 € + 20,00 € (Pauschale) + 12,35 € (MwSt.) = 77,35 € verlangen.
III.
32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).