BGH zu den Anforderungen an eine Belehrung über den Verlust des Versicherungsschutzes bei bewusster Angabe von unwahren und unvollständigen Angaben

BGH, Urteil vom 22.06.2011 – IV ZR 174/09

1. Folgende Belehrung genügt den Anforderungen der so genannten Relevanzrechtsprechung: „Bewusst unwahre oder unvollständige Angaben führen zum Verlust des Versicherungsschutzes auch dann, wenn dem Versicherer keinerlei Nachteile entstehen.“

2. Ob eine ordnungsgemäße Belehrung über die Folgen einer vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit im Verlauf der Regulierungsverhandlungen wiederholt werden muss, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main – 3. Zivilsenat – vom 15. Juli 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.


Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistungen aus einer Wohngebäudeversicherung und einer Hausratversicherung wegen eines Brandschadens.

2

Der Wohngebäudeversicherung liegen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) zugrunde, der Hausratversicherung die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 92).

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Am 24. Dezember 2005 fing der in dem versicherten Wohnhaus des Klägers aufgestellte Weihnachtsbaum Feuer. Der von der Beklagten mit den Regulierungsverhandlungen betraute Zeuge W. führte am 5. Januar 2006 mit dem Kläger ein Gespräch über den Schadenfall und erstellte hierüber eine Verhandlungsniederschrift, die folgende „Belehrung über die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers“ enthält:

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„Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alle Fragen (Nr. 1 – 10) wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Bewusst unwahre oder unvollständige Angaben führen zum Verlust des Versicherungsschutzes auch dann, wenn dem Versicherer keinerlei Nachteile entstehen.“

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In der dem Verhandlungsprotokoll beigefügten Schadenschilderung ist auf jeder Seite eine „Belehrung über die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers“ mit folgendem Wortlaut abgedruckt:

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„Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alle Angaben wahrheitsgemäß und vollständig zu machen. Bewusst unwahre oder unvollständige Angaben führen zum Verlust des Versicherungsschutzes auch dann, wenn dem Versicherer daraus keinerlei Nachteile entstehen. Der Versicherungsschutz kann selbst dann entfallen, wenn der Versicherungsnehmer die Beantwortung der Fragen des Versicherers nur verzögert.“

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Darunter befindet sich eine von dem Kläger unterzeichnete „Schlusserklärung: Ich versichere hiermit, dass ich alle vorstehenden Angaben vollständig und wahrheitsgemäß gemacht habe.“

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Am 30. Mai 2006 fand im Haus des Klägers eine weitere Besprechung statt, an der er, seine Rechtsanwältin, für die Beklagte der Zeuge K. und der von diesem hinzugezogene Brandsachverständige Dr. P. teilnahmen.

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Letzterer wurde von der Beklagten mit einer Plausibilitätsprüfung des Brandschadens beauftragt und stufte die Behauptung des Klägers, es sei durch den Weihnachtsbaumbrand zu einer Verpuffung gekommen, als unrealistisch ein. Hierbei ging er davon aus, dass sämtliche Fenster und Türen des Hauses bei Ausbruch des Brandes geschlossen gewesen seien. Daraufhin lehnte die Beklagte, die bereits 150.000 € auf den Gebäudeschaden und 95.000 € auf den Hausratschaden gezahlt hatte, weitere Ersatzleistungen ab und kündigte beide Versicherungsverträge fristlos.

10

Der Kläger behauptet, er sei zum Zustand der Fenster und Türen nicht befragt worden. Seine Lebensgefährtin habe vor dem Brand das Haus über die Terrasse in Richtung des Nachbarhauses seiner Eltern verlassen und die Terrassentür in Kippstellung gebracht.

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Das Landgericht hat die auf Zahlung restlicher Entschädigungen in Höhe von 249.550 € gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt er seine Klageforderung weiter.


Entscheidungsgründe

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Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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I. Nach seiner Auffassung ist die Beklagte für den Brandschaden weder aus der Gebäudeversicherung noch aus der Hausratversicherung einstandspflichtig, weil sie wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Klägers leistungsfrei geworden sei. Aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger falsche Angaben zur Verschlusssituation der Fenster und Türen seines Hauses im Zeitpunkt des Brandausbruchs gemacht habe. In der Besprechung vom 30. Mai 2006 habe er erklärt, die Fenster und Türen seien während des gesamten Brandgeschehens geschlossen gewesen. Der Kläger habe nicht aufgezeigt, welche inhaltlich abweichenden Angaben er gemacht hätte, wenn er zuvor darüber aufgeklärt worden wäre, dass Gesprächszweck auch die Überprüfung der Plausibilität seiner Angaben zum Hergang des Brandereignisses gewesen sei. Im Übrigen verblieben Zweifel an seiner Darstellung, weil der Zeuge Dr. P. festgestellt habe, dass Spuren einer Verpuffung bzw. Druckwirkung an keiner Stelle in der Wohnung dokumentiert seien.

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Außerdem habe der Kläger seine Aufklärungsobliegenheit dadurch verletzt, dass er von ihm nachträglich besorgte Ersatzbelege – Rechnungen der Firma Z. GmbH und der Firma c GmbH sowie eine Quittung des Sporthauses „… “ vom 25. November 2005 über einen Skianzug zum Preis von 916 € – als Originalbelege vorgelegt habe. Dies stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Die Vorlage der Ersatzbelege sei zudem als Versuch einer arglistigen Täuschung i.S. des § 22 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VHB 92 zu werten.

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II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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1. Das Berufungsgericht hat die Beklagte wegen falscher Angaben zum Verschlusszustand der Fenster und Türen insgesamt für leistungsfrei gehalten, ohne zu beachten, dass der Kläger in der Besprechung vom 30. Mai 2006 nochmals über die Rechtsfolgen einer vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit hätte belehrt werden müssen.

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a) Nach der so genannten Relevanzrechtsprechung des Senats kann sich der Versicherer nur dann gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. auf Leistungsfreiheit wegen einer vorsätzlichen folgenlosen Obliegenheitsverletzung berufen, wenn diese generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fiel (Senatsbeschlüsse vom 10. November 2010 – IV ZR 122/09, VersR 2011, 369 Rn. 16; vom 4. Mai 2009 – IV ZR 62/07, VersR 2009, 968 Rn. 9; Senatsurteile vom 28. Februar 2007 – IV ZR 331/05, VersR 2007, 785 Rn. 15; vom 7. Juli 2004 – IV ZR 265/03, VersR 2004, 1117 unter 3; vom 21. Januar 1998 – IV ZR 10/97, VersR 1998, 447 unter 2 b; vom 7. Dezember 1983 – IVa ZR 231/81, VersR 1984, 228, 229; jeweils m.w.N.). Die Leistungsfreiheit setzt weiter voraus, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer vorher deutlich über den Anspruchsverlust belehrt hat, der ihm bei vorsätzlich falschen Angaben droht (Senatsbeschlüsse vom 4. Mai 2009 aaO; vom 28. Februar 2007 – IV ZR 152/05, VersR 2007, 683 Rn. 2; Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO unter 2 c; jeweils m.w.N.). Dabei handelt es sich um ein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitetes Korrektiv für die gravierenden Rechtsfolgen, die den Versicherungsnehmer bei Anwendung des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ treffen können. Die Belehrung bezweckt insoweit den Schutz des Versicherungsnehmers vor einem drohenden Rechtsverlust bei falschen Angaben (Senatsbeschluss vom 28. Februar 2007 aaO). Sie darf keinen Zweifel darüber lassen, dass der zu erstattende Schadenbericht, um den Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht zu verlieren, vollständig und richtig sein muss und dazu auch die Beantwortung der im Schadenberichtsformular gestellten Fragen gehört, soweit der Versicherungsnehmer zu einer Beantwortung in der Lage ist (Senatsurteil vom 20. Dezember 1968 – IV ZR 510/68, VersR 1969, 214 unter III).

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b) Die Vorinstanzen haben die in der Verhandlungsniederschrift vom 5. Januar 2006 und der Anlage enthaltene „Belehrung über die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers“ zu Recht für ausreichend gehalten. Eine gleich lautende Belehrung hat der Senat in dem Urteil vom 21. April 1993 (IV ZR 34/92, VersR 1993, 828 unter 2 b) nicht beanstandet und die Sache deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil es zu Unrecht eine Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Schadenfalles verneint hatte. Nach der Senatsrechtsprechung muss die Belehrung klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass vorsätzlich falsche oder unrichtige Angaben des Versicherungsnehmers auch dann einen Anspruchsverlust nach sich ziehen, wenn der Versicherer keinen Nachteil erleidet (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 20. Dezember 1972 – IV ZR 51/71, VersR 1973, 174 unter VI 2). Dazu genügt der von der Beklagten verwendete Hinweis auf die Folgen „bewusst“ unwahrer oder unvollständiger Angaben. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird daraus nicht schließen, dass schon die Kenntnis von der Unwahrheit oder Unvollständigkeit seiner Angaben zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt. Vielmehr wird er die Belehrung so verstehen, dass er den Deckungsschutz verliert, wenn er die Aufklärungsobliegenheit wissentlich und willentlich, also vorsätzlich verletzt.

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c) Das Berufungsgericht hat aber übersehen, dass auch eine richtige Belehrung nicht ohne weiteres für die gesamten Regulierungsverhandlungen fortgilt.

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aa) Zu dieser früher umstrittenen Frage hat der Senat mit Beschluss vom 28. Februar 2007 (aaO) Stellung genommen und betont, es bleibe eine Frage des Einzelfalles, ob der Versicherungsnehmer, der im Formular über die Schadenmeldung ordnungsgemäß belehrt worden sei, im Anschluss daran aufgrund besonderer Umstände erneut derart schutzwürdig erscheine, dass der Grundsatz von Treu und Glauben es dem Versicherer gebiete, die bereits gegebene Belehrung zu wiederholen. Das kann der Fall sein, wenn der Versicherungsnehmer bei einer späteren Nachfrage den Bezug zu den Fragen der Schadenmeldung und seiner Aufklärungsobliegenheit wegen einer besonderen Fragestellung nicht ohne weiteres erkennen kann oder eine Nachfrage nach besonders langer Zeit erfolgt und deshalb die Sorge begründet, der Versicherungsnehmer könne die ursprüngliche Belehrung nicht mehr vor Augen haben. Ob solche besonderen Umstände gegeben sind, kann nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles beantwortet werden und hängt auch davon ab, ob der Versicherungsnehmer ausreichende Anhaltspunkte dafür hat, sich an die frühere Belehrung zu erinnern. Jedenfalls hat der Senat es nicht für geboten gehalten, die Belehrung losgelöst von den Fallumständen bei jeder Nachfrage des Versicherers zu wiederholen oder feste Fristen vorzusehen, nach deren Ablauf jeder Nachfrage eine erneute Belehrung beizufügen ist (Senatsbeschluss vom 28. Februar 2007 aaO Rn. 3 m.w.N.).

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bb) Das bedeutet hier: Seit der Belehrung in der Verhandlungsniederschrift vom 5. Januar 2006 war ein Zeitraum von fast fünf Monaten verstrichen. Schon deshalb war die Sorge begründet, dass der Kläger die ursprüngliche Belehrung nicht mehr vor Augen hatte. Inhalt und Verlauf des Gesprächs vom 30. Mai 2006 gaben dem Kläger keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, sich an die frühere Belehrung zu erinnern, weil ihm die Zeugen K. und Dr. P. nicht offenbarten, dass es in dem Gespräch auch um ergänzende Ermittlungen zur Brandursache und nicht nur um die Schadenhöhe ging. Zudem war die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits in die Regulierung eingetreten und hatte erhebliche Akontozahlungen an den Kläger geleistet, so dass er annehmen durfte, das Regulierungsgespräch betreffe allein die Höhe der insgesamt zu leistenden Entschädigungen. Ob die beiden Zeugen den Kläger bewusst über die Bedeutung der in dem Gespräch erörterten Fragen im Unklaren ließen, kann dahinstehen. Jedenfalls war schon unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und des Gesprächsinhalts eine Wiederholung der Belehrung naheliegend. Diese war nicht vor dem Hintergrund entbehrlich, dass jede Seite der Schadenschilderung vom 5. Januar 2006 eine gesonderte Belehrung über die Aufklärungsobliegenheit enthielt und vom Kläger unterschrieben wurde. Selbst wenn der Kläger damit – wie die Beklagte meint – in „ungewöhnlich intensiver Weise“ belehrt wurde, musste er sich daran nicht nach Ablauf von knapp fünf Monaten in anderem Zusammenhang erinnern. Eine Wiederholung der Belehrung war nicht allein deshalb entbehrlich, weil der Kläger das Gespräch am 30. Mai 2006 im Beisein seiner späteren Prozessbevollmächtigten führte. Auch wenn der Kläger auf rechtliche Beratung Wert legte und dem Gespräch erhebliche Bedeutung beimaß, musste er nicht davon ausgehen, dass seine Erklärungen für den Grund des Anspruchs relevant sein konnten. Zu alledem verhält sich das Berufungsurteil nicht.

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cc) Unerheblich ist, dass der Kläger nicht aufgezeigt hat, welche inhaltlich abweichenden Angaben er gemacht hätte, wenn er zuvor darüber aufgeklärt worden wäre, dass der Gesprächszweck auch in der Überprüfung der Plausibilität seiner Angaben zum Hergang des Brandereignisses gelegen habe. Der Versicherungsnehmer hat nicht darzulegen, wie er sich bei ordnungsgemäßer und erforderlichenfalls wiederholter Belehrung verhalten hätte. Vielmehr führt das Fehlen der Belehrung ohne Einschränkung dazu, dass sich der Versicherer nicht auf Leistungsfreiheit berufen kann. Im Übrigen hat der Kläger bestritten, zum Verschlusszustand der Fenster und Türen gefragt worden zu sein, und angegeben, die Terrassentür habe sich im Zeitpunkt des Brandes in Kippstellung befunden. Dieses Vorbringen kann nur so verstanden werden, dass der Kläger bei entsprechender Aufklärung über den Zweck der Besprechung vom 30. Mai 2006 erklärt hätte, die Tür sei nicht verschlossen gewesen.

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d) Die angefochtene Entscheidung wird nicht von der Hilfserwägung getragen, dass Zweifel an der Darstellung des Klägers vom Hergang des Brandereignisses verblieben, wenn man annähme, es hätte bei beschränktem Sauerstoffangebot und beim Einsatz eines Pulverfeuerlöschers zu einer Verpuffung kommen können. Dies durfte das Berufungsgericht nicht daraus herleiten, dass der von der Beklagten beauftragte Brandsachverständige festgestellt hatte, Spuren einer Verpuffung bzw. Druckwirkung seien an keiner Stelle der Wohnung dokumentiert. Für seine gegenteilige Behauptung hat der Kläger Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Diesen Beweisantrag durfte das Berufungsgericht nicht deshalb unberücksichtigt lassen, weil der Privatgutachter der Beklagten die Schilderung des Klägers für unglaubhaft hielt. Vielmehr wird es den Hergang des Brandereignisses, soweit es darauf ankommt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens klären müssen, wobei das Privatgutachten zu berücksichtigen sein wird.

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2. Eine weitere Entschädigung aus der Hausratversicherung durfte das Berufungsgericht dem Kläger nach den bislang getroffenen Feststellungen nicht wegen der Vorlage von Ersatzbelegen versagen.

25

a) Die genannten Voraussetzungen der Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit hat das Berufungsgericht insoweit nur teilweise erörtert.

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aa) Es hat zwar unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass der Kläger die Rechnungen der Firma Z. GmbH und der c. GmbH sowie die Quittung des Sporthauses „… “ nicht als Ersatzbelege gekennzeichnet habe. Besondere Umstände, die eine Wiederholung der ordnungsgemäßen Belehrung in Bezug auf den Schadenumfang hätten gebieten können, sind nicht ersichtlich, zumal der Kläger die Schadenaufstellung schon vor dem Ortstermin vom 30. Mai 2006 eingereicht hatte. Dass ihm dabei die Bedeutung der Aufklärungsobliegenheit nicht mehr bewusst gewesen sei, behauptet er nicht.

27

bb) Das Berufungsgericht hat sich allerdings nicht mit der weiteren Voraussetzung für die Leistungsfreiheit, einem erheblichen Verschulden des Klägers, befasst. Ein solches ist zu verneinen, wenn es sich bei der Obliegenheitsverletzung um ein Fehlverhalten handelte, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (Senatsurteile vom 21. Januar 1998 aaO unter 2 b; vom 7. Dezember 1983 aaO; vom 12. März 1976 – IV ZR 79/73, VersR 1976, 383 unter III 2; jeweils m.w.N.). Der Beweis dafür, dass ihn kein erhebliches Verschulden trifft, obliegt dem Versicherungsnehmer (Senatsurteile vom 5. Dezember 2001 – IV ZR 225/00, VersR 2003, 173 unter 3; vom 7. Dezember 1983 aaO, 328). Zur Schwere des dem Kläger vorzuwerfenden Verschuldens verhält sich das Berufungsurteil nicht. Zu diesem Punkt wird das Berufungsgericht dem Kläger Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme geben müssen.

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b) Den Versuch einer arglistigen Täuschung i.S. von § 22 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VHB 92 hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht vollständig geprüft.

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aa) Der Vorwurf der Arglist setzt keine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers voraus. Vielmehr genügt bereits das Bestreben, Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche zu beseitigen. Arglistig handelt der Versicherungsnehmer schon dann, wenn er sich bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (Senatsurteile vom 18. November 1986 – IVa ZR 99/85, VersR 1987, 149; vom 2. Oktober 1985 – IVa ZR 18/84, VersR 1986, 77 unter II 1 m.w.N.). Ein arglistiges Handeln in diesem Sinne kann angenommen werden, wenn der Versicherungsnehmer Beweisschwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Ansprüche vermeiden will, indem er eine nicht als solche gezeichnete Ersatzquittung oder -rechnung als Original vorlegt (Senatsurteil vom 29. Mai 1985 – IVa ZR 259/83, juris Rn. 11; KG VersR 2005, 351, 352; OLG Frankfurt r+s 2000, 464; OLG Düsseldorf VersR 1999, 1106, 1107). Davon ist das Berufungsgericht ausgegangen.

30

bb) Es hat allerdings offen gelassen, ob sich die Berufung auf die Leistungsfreiheit als unzulässige Rechtsausübung darstellt. Deren Annahme setzt ganz besondere Umstände des Einzelfalles voraus. Der Verlust des Versicherungsschutzes muss für den Versicherungsnehmer eine übermäßige Härte darstellen. Dabei kommt es entscheidend auf das Maß des Verschuldens an und auf die Folgen, welche dem Versicherungsnehmer bei Wegfall des Versicherungsschutzes drohen (Senatsurteil vom 2. Oktober 1985 aaO unter III 2). Eine unzulässige Rechtsausübung ist demnach regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die Täuschung lediglich einen geringen Teil des versicherten Schadens betrifft und bei der Billigkeitsprüfung weitere Gesichtspunkte zugunsten des Versicherungsnehmers ins Gewicht fallen (Senatsurteile vom 12. Mai 1993 – IV ZR 120/92, r+s 1993, 348 unter II 3 a; vom 2. Oktober 1985 aaO; vom 8. Februar 1984 – IVa ZR 203/81, VersR 1984, 453 unter II). Dabei kann es eine Rolle spielen, welche Beweggründe den Versicherungsnehmer zu seiner Tat verleitet haben, insbesondere ob Gewinnsucht im Spiel war oder lediglich die Durchsetzung eines berechtigten Anspruchs gefördert werden sollte. Ferner ist zu berücksichtigen, inwieweit die Versagung des gesamten Versicherungsschutzes den Versicherungsnehmer in seiner Existenz bedroht (Senatsurteile vom 12. Mai 1993 aaO; vom 2. Oktober 1985 aaO; vom 29. Mai 1985 aaO Rn. 12; vom 8. Februar 1984 aaO; jeweils m.w.N.). Die erforderliche wertende Gesamtschau aller Umstände (vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 1985 aaO m.w.N.) hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Diese Abwägung wird es nachzuholen haben, falls es nicht nach ergänzender Prüfung schon Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Klägers bejaht. Dabei wird zu berücksichtigen sein, ob der Kläger mit der Ersatzquittung des Sporthauses einen berechtigten Anspruch durchsetzen wollte.

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