Amtsgericht München, Urteil vom 18.4.12 – 482 C 24227/11 WEG
Das Wettbüro
Wurde bei der Aufteilung eines Hauses in Eigentumseinheiten eine Einheit als „Laden“ bezeichnet, liegt darin eine Zweckbestimmung. Der Betrieb eines Wettbüros steht dem Betrieb eines Ladens nicht gleich und kann von der Eigentümergemeinschaft untersagt werden.
Ein Münchner Haus war Ende der 70-er Jahre in Eigentumseinheiten aufgeteilt worden. In der Teilungserklärung wurde eine im Erdgeschoss gelegene Einheit als „Laden“ festgelegt. Seit 2011 befand sich aber kein Laden mehr in den Räumlichkeiten, sondern es wurde darin ein Wettbüro betrieben.
Dies störte die übrigen Eigentümer. Die Wettbesucher würden sich in großer Anzahl vor dem Laden versammeln und sich dort (auch rauchend) lautstark über die Wetten unterhalten. Im Laden könne man über großflächige Fernsehbildschirme die Sportveranstaltungen miterleben. Der Betrieb dauere oft bis 22 oder 23 Uhr, an den Wochenenden oft auch bis nach Mitternacht. Auf Grund des großen Andrangs parkten auch die Autos der Besucher mitten auf der Straße oder auf dem Gehweg, was sehr behindernd sei.
Auch die sich gegenüber befindende Sozialstation und das Gemeindehaus, das gerade auch für Jugendliche genutzt werde, fühlten sich gestört, ebenso wie der Kindergarten und die Schule in der Nähe. Außerdem bestehe auch die Gefahr, dass suchtkranke Spieler angezogen würden, die bei Geldproblemen zu Beschaffungskriminalität neigen würden, was auch die übrigen Mitbewohner sehr verunsichere.
Das Wettbüro sei also mit einem Laden nicht vergleichbar und müsse ausziehen.
Der Betreiber des Wettbüros und der Eigentümer des Ladens, der diesen verpachtet hatte, weigerten sich jedoch. Das Wettbüro störe nicht mehr als ein Laden.
Die zuständige Richterin des Amtsgerichts München gab den übrigen Eigentümern jedoch Recht und untersagte den Betrieb des Wettbüros:
Die Nutzung zum Betrieb eines Wettbüros widerspräche der in der Teilungserklärung getroffenen Vereinbarung, wonach ein Laden vorgesehen sei.
Die Teilungserklärung enthalte nicht lediglich unverbindliche Nutzungsvorschläge, sondern eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter.
Zwar verbiete die Bezeichnung ?Laden“ nicht jede abweichende Nutzung. Nicht erlaubt seien aber jedenfalls Nutzungsarten, die mehr stören als die angegebene Nutzungsart.
Bei der Nutzung in der gegenwärtigen Form sei schon angesichts des Umstandes, dass sich im und vor dem Wettbüro Kunden über einen längeren Zeitraum aufhalten, um dort die Wetten zu kommentieren, von deutlich intensiveren Geräuschimmissionen auszugehen als bei einem Laden. Unstreitig hielten sich auch Personen in den Geschäftsräumen auf, die sich z.B. Übertragungen von Fußballspielen anschauten. Allein durch die mit Gesprächen verbundene Geräuschentwicklung sei von einer größeren Störung als durch den Betrieb eines Ladens auszugehen, den die Kunden nach Abwicklung ihrer Einkäufe wieder verlassen.
Im vorliegenden Fall befinde sich das Wettbüro auch an einem ?sensiblen Standort“, da es sich um ein allgemeines Wohngebiet mit Schule, Kindergarten, Kirche und Geschäften im näheren Umfeld handele. Der Betrieb eines Wettbüros führe daher zu einer Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls der Anwohner und störe schon daher regelmäßig mehr als der Betrieb eines Ladens. Während es sich bei einem Laden um einen Betrieb handele, in dem Kunden ihre Einkäufe erledigten und sodann die Geschäftsräume wieder verließen, werde das Wettbüro auch dadurch charakterisiert, dass es auch die Möglichkeit anbiete, sich entsprechende Rennen bzw. Spiele auch vor Ort anzusehen. Auch müsse bei dem Betrieb eines Wettbüros mit einer nicht unerheblichen Zahl auch abhängiger Spieler gerechnet werden, die zum Kundenkreis des Wettbüros gehören und für eine entsprechende Frequenz dort sorgten. Die mit einem Wettbüro verbundenen negativen Einflüsse auf das Sicherheitsempfinden und die Lebensqualität der im Umkreis wohnenden Bevölkerung seien bei der Beurteilung heranzuziehen.
Nach dem oben Ausgeführten störe der Betrieb eines Wettbüros daher mehr, als der Betrieb eines Ladengeschäfts und sei daher mit dem Betrieb eines Ladens nicht gleichzusetzen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung 09/13 des AG München vom 25. Februar 2013