Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.09.2013 – 12 U 143/12
1. Zur abwehrfähigen Lärmbelästigung durch das Quaken der im Nachbarteich angesiedelten Frösche.
2. Verbietet das Naturschutzrecht dem Störer Abhilfemaßnahmen, steht dies seiner Unterlassungspflicht nicht entgegen, wenn öffentlich-rechtliche Ausnahmen mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden können. Ob dies der Fall ist, hat das Zivilgericht selbständig zu prüfen. Bejahendenfalls erfolgt die Verurteilung des Störers unter dem Vorbehalt der Ausnahmegenehmigung.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. August 2012 verkündete Einzelrichterurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten und der Berufung des Klägers – teilweise wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, das Grundstück des Klägers, S. Weg 2, M. durch Geräuschimmissionen in Form von Froschlärm, die tagsüber (6.00 bis 22.00 Uhr) einen Wert von 55 dB (A) und nachts (22.00 bis 6.00 Uhr) einen Wert von 40 dB (A) überschreiten, zu beeinträchtigen.
Die Verurteilung erfolgt unter dem Vorbehalt, dass die nach dem Recht des Landes Sachsen-Anhalt zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes von den Verboten des § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes hinsichtlich der im Gartenteich auf dem Grundstück der Beklagten, S. Weg 17, M. angesiedelten Frösche erteilt.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
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Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
II.
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Die Berufungen des Klägers und der Beklagten sind zulässig. Insbesondere sind sie an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 517, 519 und 520 ZPO).
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Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Denn das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1 1. Fall, 546 ZPO).
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Zwar ist die Klage zulässig. Insbesondere steht ihrer Zulässigkeit die fehlende Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs nach § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO i. V. m. § 34 Abs. 1 Nr. 2a SchStG LSA nicht entgegen. Denn der Kläger hat einen Antrag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens gestellt, den die Schlichtungsperson abgelehnt hat. Unerheblich ist dabei, ob die Ablehnung zu Recht erfolgt ist. Denn nach § 34h Abs. 4 SchStG LSA ist die Erfolglosigkeitsbescheinigung i. S. d. § 34h Abs. 1 SchStG LSA auch dann auszustellen, wenn die Schlichtungsperson – wie hier – den Anwendungsbereich nach § 34a SchStG LSA für nicht gegeben erachtet.
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Die Klage ist aber nur teilweise begründet. Der Kläger hat zwar grundsätzlich gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung von Beeinträchtigungen seines Eigentums durch Lärmbelästigung (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB). Denn § 1004 Abs. 1 BGB gilt auch für den mittelbaren Handlungsstörer, der die Beeinträchtigung von Handlungen von Dritten adäquat kausal dadurch verursacht, dass er die Handlung gestattet oder es unterlässt, eine Dritthandlung zu verhindern, die er ermöglicht hat. Zwar ist der Tatbestand des § 1004 Abs. 1 BGB nicht erfüllt, wenn die abzuwendende Beeinträchtigung ausschließlich auf Naturkräfte zurückgeht. Der Umstand allein, dass die Einwirkung von einem bestimmten Grundstück ausgeht, macht dessen Eigentümer noch nicht zum Störer. Notwendig ist vielmehr, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgeht. Dies ist aber hier der Fall. Mit der Anlage und Unterhaltung des Gartenteichs hat die Beklagte die Bedingungen dafür geschaffen, dass sich dort Frösche ansiedeln konnten und nunmehr die entsprechende Lärmbeeinträchtigung hervorrufen (vgl. BGHZ 120, 239).
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Der Froschlärm beeinträchtigt auch die Benutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich (§ 906 Abs. 1 BGB). Dies ist zunächst eine Tatfrage. Dabei ist der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hier eine Bindung des Senats an die vorinstanzlich getroffenen Feststellungen entfallen lassen könnten, sind jedoch nicht ersichtlich. Das Landgericht hat die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt.
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Die Beweiswürdigung des Landgerichts (§ 286 Abs. 1 ZPO) ist nicht zu beanstanden. Ausweislich des nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. EUR -Ing. U. D. kommt es zu erheblichen Überschreitungen der in den Verwaltungsvorschriften (TA-Lärm, Freizeitlärmrichtlinie) festgelegten Schallpegel durch das Quaken der Frösche aus dem Gartenteich der Beklagten. Die Grundstücke der Parteien liegen in einem allgemeinen Wohngebiet. Dort gelten sowohl nach der TA-Lärm als auch nach der Freizeitlärmrichtlinie zulässige Schallbelastungen von 55 dB (A) am Tag (6.00 bis 22.00 Uhr) und 40 dB (A) in der Nacht (22.00 bis 6.00 Uhr). Der Sachverständige hat bereits ab dem Beginn der Messungen am 17. Juni 2010 Überschreitungen dieser Grenzwerte festgestellt. Teilweise seien bis zu 54 dB (A) nachts gemessen worden. Dies bedeute etwa das 2½ fache des zulässigen Schalldrucks, weil jede Maßerhöhung um 10 dB (A) einer Verdoppelung des Schalldrucks entspricht.
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Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass auch in der Zeit vor dem Messbeginn zumindest ab Mitte Mai eine Lärmimmission durch das Froschquaken in einer dem Zeitraum bis Ende Juni zumindest vergleichbaren Höhe vorlag (bis 56 dB (A) tagsüber und bis 54 dB (A) nachts). Denn der Sachverständige Dipl.- Biol. M. Sch. hat in seinem Gutachten hierzu überzeugend ausgeführt, dass das Maximum der Rufaktivitäten der in den Teichen vorhandenen, lauten Frösche regelmäßig zwischen Mitte April und Mitte Juli (mit Höhepunkt Mai und Juni) liege, die Lautstärke aber vor allem vom Wetter abhänge. Aus den Wetterdaten für die Monate Mai und Juni 2010 lässt sich danach ablesen, dass die Messungen des Sachverständigen Dipl.- Ing. EUR- Ing. D. aufgrund der Witterung vergleichbar sind mit dem Lärmpegel zumindest ab dem 20. Mai 2010. Nach der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist auch der Senat davon überzeugt, dass es jedes Jahr zumindest in den Monaten Mai und Juni zu deutlichen Überschreitungen der nach den Verwaltungsvorschriften in allgemeinen Wohngebieten zulässigen Schallgrenzwerte durch das Froschquaken aus dem Gartenteich der Beklagten kommt.
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Aufgrund der in sich stichhaltigen und fachlich fundierten Ausführungen des Sachverständigen Dipl.- Ing. D. steht überdies zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Froschlärm aus dem Nachbargrundstück Z. nicht mehr auf das Haus des Klägers auswirken kann, da dieses durch das Haus der Beklagten vom Lärmzutritt aus diesem Teich weitestgehend abgeschirmt ist.
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Die Beklagte darf derzeit allerdings keine wirksamen Maßnahmen ergreifen, um die Einwirkung von Froschlärm auf das Grundstück des Klägers zu verhindern. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten, zu denen alle europäischen Arten der Lurche gehören (siehe Anlage 1 (zu § 1 BArtSchV)) nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) oder Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG). Dabei spielt es keine Rolle, dass die Beklagte den Gartenteich künstlich angelegt hat und dieser kein natürlich entstandenes Gewässer ist (z. B. BGHZ 120, 239). Denn das Naturschutzrecht schützt auch künstlich geschaffene Biotope, und zwar im gleichen Umfang wie die ohne menschliches Zutun entstandene Natur.
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Das Entfernen der Frösche oder auch nur ihre Umsetzung in einen anderen Lebensraum verstößt gegen das Verbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob die Frösche in allen Entwicklungsphasen auf besondere eigene Wohn- und Zufluchtstätten angewiesen sind und ihre Entwicklung durch eine Umsetzung beeinträchtigt wäre. Maßgebend ist vielmehr, dass diese Umsetzung ein Nachstellen und Fangen voraussetzt und dies ohne Rücksicht auf den damit verfolgten Zweck verboten ist (z. B. BGH, a. a. O.). Ein Trockenlegen des Teiches hätte die Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Frösche zur Folge.
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Soweit das Landgericht ausgeführt hat, dass auch Maßnahmen denkbar seien, die nicht gegen das Naturschutzrecht verstießen, überzeugt das angefochtene Urteil nicht. Die Feststellung des Landgerichts, dass je nach Abstand zum Teich bereits eine Mauer von nur einem Meter Höhe ausreiche, die lineare Schallausbreitung zum Haus des Klägers – auch zum Fenster im Obergeschoss – zu verhindern, ist weder mit gesicherten Tatsachen unterlegt, noch nachvollziehbar. Der Senat hält es vielmehr für ausgeschlossen, dass eine nur ein Meter hohe Mauer den Schall im fraglichen Bereich verhindern könnte. Der Einzelrichter des Landgerichts hat dazu auch nicht dargelegt, woraus sich seine eigene Sachkunde in diesem Bereich ergibt.
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Kommt es – wie hier – zu wesentlichen Lärmimmissionen, die an sich nach dem Maßstab des § 906 BGB abwehrfähig sind, verbietet aber – wie hier – das öffentliche Recht die dafür in Betracht kommenden Abhilfemaßnahmen, so kann es nach der Rechtsprechung des BGH dem Störer allerdings dann nicht erlaubt sein, sich hinter diesem Verbot zu verschanzen, wenn öffentlich-rechtlich Ausnahmen zugelassen sind, die mit Erfolgsaussicht beantragt werden können (z. B. BGH, a. a. O.).
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Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn von dem Verbot nach § 44 BNatSchG können nach § 45 Abs. 7 Nr. 4 BNatSchG im Interesse der Gesundheit des Menschen die nach Landesrecht für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden im Einzelfall Ausnahmen zulassen, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG weitergehende Anforderungen enthält. Nach §§ 25, 1 Abs. 1 Nr. 3 NatSchG LSA können in Sachsen-Anhalt die Landkreise als untere Naturschutzbehörden unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 des BNatSchG Ausnahmen von dem Verbot nach § 44 BNatSchG zulassen.
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Zwar hätte auch der Kläger einen entsprechenden Befreiungsantrag beim Landkreis stellen können, was er bislang nicht getan hat. Entscheidend ist aber, dass die Auswahl der möglichen tatsächlichen Maßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Er soll allein darüber entscheiden, welche davon er sich genehmigen lassen will. Denn er kann in Kontakt mit den Naturschutzbehörden am besten beurteilen, welches konkrete Vorgehen Erfolg verspricht und mit den Belangen des Naturschutzes vereinbar ist. Aus diesem Grund ist auch eine Antragstellung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG nicht etwa die allein in Betracht kommende Abhilfemaßnahme, zu der die Beklagte verurteilt werden könnte, vielmehr ist das entsprechende Befreiungsverfahren nur das Mittel zur Aufhebung des bestehenden Verbots für in Betracht kommende Lärmverhinderungsmaßnahmen (z. B. BGH, a. a. O.).
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Dabei hat der Senat selbstständig zu entscheiden, ob die Befreiungsvoraussetzungen hier gegeben sind. Dem steht nicht entgegen, dass es insoweit um die Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen geht und die Ausnahmegenehmigung nur von bestimmten Behörden erteilt werden kann. Ein von Verwaltungsgerichten bestätigter ablehnender Bescheid liegt nicht vor. Dann können und müssen die Zivilgerichte selbstständig die entsprechende Vorfrage prüfen (z. B. BGH, a. a. O.).
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Ergibt die Prüfung allerdings, dass eine Befreiungsmöglichkeit nicht besteht, so scheidet auch eine Verurteilung zur Unterlassung aus, weil die Beklagte nicht zu Maßnahmen gezwungen werden kann, die ihr gesetzlich verboten sind. Die entsprechenden naturschutzrechtlichen Bestimmungen dienen zur Abwehr einer Bestandsbedrohung besonders gefährdeter Tierarten und sichern als Maßnahme zum Schutz der Umwelt überragende Gemeinschaftsbelange. Sie sind deshalb auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil sie in zulässiger Weise Inhalt und Schranken des privaten Eigentums bestimmen (z. B. BGH, a. a. O.).
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Für den Fall, dass eine Befreiungsmöglichkeit besteht, muss allerdings im Tenor einer Verurteilung der Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung aufgenommen werden. Denn nur die Naturschutzbehörden können das generelle Verbot über eine Erlaubnis durch Verwaltungsakt aufheben, nicht aber die Zivilgerichte. Es ist deshalb geboten, die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorzubehalten (z. B. BGH, a. a. O.).
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Hier liegen die Grundstücke der Parteien in einem allgemeinen Wohngebiet. Dort gelten sowohl nach der TA-Lärm, als auch nach der Freizeitlärmrichtlinie zulässige Schallbelastungen von 55 dB (A) am Tag (6.00 bis 22.00 Uhr) und 40 dB (A) in der Nacht (22.00 bis 6.00 Uhr). Unter diesen Grenzwerten auftretende Schallwerte gehören zu den unwesentlichen Einwirkungen, die nach § 906 Abs. 1 BGB nicht untersagt werden können. Es steht allerdings – wie ausgeführt – nach dem nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. EUR- Ing. D. fest, dass diese Werte durch das Froschquaken in der Zeit von Mai bis Ende Juni teilweise erheblich überschritten werden.
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Der Senat sieht sich nicht gehalten, beim Landkreis anzufragen, ob eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt werden könne. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Biol. Sch. in seinem Ergänzungsgutachten vom 22. August 2011 wird diese Ausnahmegenehmigung z. B. beim Straßenbau problemlos erteilt. Grundsätzlich kommen solche Befreiungen aber auch für Maßnahmen gegen unzumutbaren Froschlärm in Wohnsiedlungen in Betracht (z. B. BayVGH, NJW 1999, 2914). Die Befreiungsmöglichkeit soll hierbei im Einzelfall einer rechtlichen Unausgewogenheit begegnen, die sich etwa daraus ergeben kann, dass situationsbezogen der Anwendungsbereich einer Vorschrift und deren materielle Zielrichtung nicht miteinander übereinstimmen. Der generelle Geltungsanspruch einer Vorschrift soll damit zugunsten der Einzelfallgerechtigkeit durchbrochen werden können (z. B. BVerwG, NuR 1993, 28).
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Eine Befreiung ist insbesondere dann möglich, wenn sich aus anderen Gründen eine nicht beabsichtigte Härte ergibt. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Normgeber gravierende nachteilige Auswirkungen naturschutzrechtlicher Verbote im Einzelfall nicht vorhergesehen hat und nicht vorhersehen konnte (z. B. BayVGH, a. a. O.).
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Hier liegt eine derartige atypische Fallgestaltung vor, für die eine Befreiung erteilt werden könnte. Soweit die hier in Betracht zu ziehenden Verbote zum Schutz wildlebenden Tiere der besonders oder streng geschützten Arten den Handlungsspielraum menschlicher Betätigungen grundrechtsrelevant einschränken, sind diese Beschränkungen vom Normgeber zwar gewollt und generell durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, zur Erreichung des Schutzzwecks geeignet und erforderlich und genügen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Soweit Wohngebiete in der Nähe von Gewässern mit einer größeren Froschpopulation situationsbedingt Lärmbeeinträchtigungen unterliegen, sind diese daher regelmäßig hinzunehmen (z. B. BayVGH, a. a. O.).
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Eine im Einzelfall nicht beabsichtigte Härte kann aber dann vorliegen, wenn in einem Wohngebiet Änderungen vorgenommen werden, die zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Wohnnutzung führen. Ein derart atypischer Extremfall ist für den Normgeber beim Erlass artenschutzrechtlicher Vorschriften nicht voraussehbar und kann deshalb Anlass für eine Korrektur durch Erteilung einer Befreiung bieten. Nach dem stets zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dient die Härteklausel im Befreiungstatbestand dazu, entsprechende verfassungskonforme Korrekturen zu ermöglichen. Auch hier kann das artenschutzrechtliche Verbot wegen einer nicht beabsichtigten Härte zurücktreten, wenn nur auf diese Weise unzumutbare Beeinträchtigungen verfassungsrechtlich geschützte Rechte vermieden werden können (z. B. BayVGH, a. a. O.).
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Dies ist hier nach den erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten der Fall. Denn unter Berücksichtigung von Dauer und Intensität des Froschlärms ist es nicht gerechtfertigt, die Lärmbeeinträchtigung des Klägers als noch zumutbar zu beurteilen. Gerade für ein Wohngrundstück in einem Wohngebiet bedeutet die Beeinträchtigung durch Froschlärm einen wesentlichen Verlust an Wohnqualität. Eine besondere Härte i. S. d. gesetzlichen Regelung dürfte hier daher vorliegen.
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Allerdings hat der Kläger auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung, weil die Gewährung der Befreiung im Ermessen der Behörde steht. Die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null im Sinne einer Verpflichtung zur Erteilung einer Befreiung sind nicht gegeben, weil die Belange des Naturschutzes bei der begehrten Befreiung von artenschutzrechtlichen Verboten nicht nur geringfügig tangiert werden.
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Die Berufung des Klägers ist dagegen unbegründet. Denn dieser hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld (§ 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 253 Abs. 2 BGB).
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Solange das generelle naturschutzrechtliche Verbot nicht über eine Ausnahmegenehmigung aufgehoben worden ist und damit die Beklagte keine erfolgversprechenden Maßnahmen zur Lärmverhinderung treffen darf, ist die entsprechende Einwirkung auf das Grundstück des Klägers nicht rechtswidrig. Ähnlich wie die nachbarrechtlichen Sondervorschriften grenzen die naturschutzrechtlichen Bestimmungen den rechtmäßigen vom rechtswidrigen Gebrauch des Grundstücks ab. Dies gilt unabhängig davon, ob und für welche Maßnahmen eine Ausnahmegenehmigung hätte erteilt werden können. Nur eine Genehmigung der Naturschutzbehörden vermag das bestehende Verbot aufzuheben. Diese liegt aber unstreitig noch nicht vor.
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Die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO. Dabei hat der Senat alternativ Ordnungsgeld oder Ordnungshaft anzudrohen (z. B. Hk- ZPO/Pukall, Rn. 15 zu § 890).
III.
29
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713, 544 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO).