AG Wennigsen, Urteil vom 24.07.2014 – 14 C 9/14
Der Absender eines Pakets verletzt seine Nebenpflicht, das Paket ordnungsgemäß zu verpacken, wenn mit einer deutlich lesbaren Aufschrift auf den werthaltigen Inhalt des Pakets hinweist. Auf diese Weise ist der Inhalt für jedermann genau erkennbar und bietet für Dritte Anlass dazu sich des Inhalts zu bemächtigen.
Tenor
1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 17.12.2013, Az. 13-3882046-0-9, wird aufrechterhalten.
2. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises für eine Paint-ball-Pistole.
Er bestellte am 17.09.2013 beim Beklagten über den Facebook – Nachrichtendienst eine Paintball-Pistole, Model Planet Eclipse Geo 3, für 700 €.
Der Kläger überwies sodann am 20.09.2013 den Betrag von 700 € auf das Konto des Beklagten. Dieser übergab am 27.09.2013 die als Paket verpackte Pistole an einen Paketdienst. Am 01.10.2013. erreichte den Kläger ein leeres Paket, das an der Unterseite offen war. Auf der Oberseite wies das Paket eine deutlich lesbare Aufschrift „Paintball-Pistole” auf. Der Kläger verweigerte daraufhin die Annahme des Pakets und sandte es an den Beklagten zurück.
Am 02.10.2013 forderte der Kläger den Beklagten über das Facebook – Nachrichtensystem auf, den Kaufpreis zurückzuzahlen, worauf sich der Beklagte mit dem Paket-dienst in Verbindung setzen wollte. Anschließend erklärte der Kläger am 10.10.2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises mit einer Frist bis zum 18.10.2013 auf.
Der Beklagte kam dem nicht nach und ließ auch die mit einem anwaltlichen Schreiben vom 06.11.2013 gesetzte Frist fruchtlos verstreichen.
Der Kläger behauptet,
das Paket sei derart mangelhaft verpackt gewesen, dass die Paintball-Pistole durch eigene Schwere herausgefallen sein könnte oder ein Dritte es ohne Schwierigkeiten hätte herausnehmen können. Hierdurch habe der Beklagte seine vertraglichen Nebenpflichten verletzt.
Der Beklagte hat gegen den am 17.12.2013 seitens des Amtsgerichts Hamburg erlassenen Vollstreckungsbescheid, welcher ihm am 19.12.2013 zugestellt worden ist, am 23.12.2014 Einspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt,
den Vollstreckungsbescheid des AG Hamburg vom 17.12.2013, Gz. 13-3882046-0-9, aufrecht zu erhalten und den Einspruch kostenpflichtig abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet,
er hätte die Pistole ordnungsgemäß verpackt und zum Versand aufgegeben. Die Verpackung in einem Karton sei ausreichend und angemessen, da die Paintball-Pistole nicht schwer sei. Der Karton sei bei Aufgabe des Pakets ausreichend von unten gesichert und verschlossen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Yxxxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 03.07.2014 Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.07.2014 inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 17.12.2013 ist statthaft, sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Der am 23.12.2013 eingegangene Widerspruch gegen den Mahnbescheid wird gemäß § 694 II ZPO als Einspruch gegen den auf dem Mahnbescheid basierenden Vollstreckungsbescheid gewertet.
I.
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises wegen wirksamen Rücktritts vom Kaufvertrag in Höhe von 700 € aus § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. § 326 Abs. 1, Abs. 4 BGB zu.
1. Gemäß § 326 Abs. 4 BGB i.V. m. § 346 Abs. 1 BGB kann der Schuldner eine bereits bewirkte Gegenleistung zurückfordern, soweit der Gläubiger nach § 326 Abs. 1 BGB von der Leistung befreit ist. Dies setzt wiederum voraus, dass die Leistung nach § 275 BGB unmöglich geworden ist. Dies ist vorliegend der Fall. Der Beklagte kann seiner Leistungspflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr erfüllen, da die als Stückschuld geschuldete Paintball-Pistole untergegangen ist und damit die geschuldete Übergabe und Eigentumsverschaffung gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden ist.
2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Gefahr des zufälligen Untergangs nicht nach § 447 BGB durch Übergabe der verpackten Pistole an den Paketdienst auf den Kläger übergegangen. Grundsätzlich geht nach § 447 BGB die Preisgefahr, also die Gefahr, trotz des zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung der Kaufsache gleichwohl zur Kaufpreiszahlung verpflichtet zu sein, mit der Auslieferung der Kaufsache an die Transportperson auf den Käufer über. § 447 BGB greift jedoch nicht, wenn der Untergang, der Verlust oder die Verschlechterung der Kaufsache auf einem Umstand beruhen, den der Verkäufer zu vertreten hat. Dann verbleibt es bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften, insbesondere des § 326 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 14.10.1964 – VIII ZR 40/63; BGH, Urteil vom 18.06.1968 – VI ZR 120/67). Zu solchen Umständen zählen Nebenpflichtverletzungen durch den Verkäufer. Zu den vertraglichen Nebenpflichten gehört neben der Übergabe an die Transportperson auch die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verpackung der Kaufsache (BGH, Urteil vom 07. März 1983 — VIII ZR 331/81).
Im vorliegenden Fall ist die Preisgefahr nicht durch Übergabe an die Transportperson auf den Käufer übergegangen, sondern aufgrund schuldhafter Nebenpflichtverletzungen des Verkäufers bei diesem verblieben.
Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger durch eine unsachgemäße Verpackung des Kaufgegenstandes seine vertragliche Nebenpflicht schuldhaft verletzt hat. Dies ergibt sich insbesondere aus der Vernehmung des Zeugen Yxxxxx.
Der Zeuge Yxxxxx hat glaubhaft bekundet, dass das Paket auf der Unterseite nicht verklebt, sondern nur lose ineinander gesteckt und im Übrigen nur an wenigen Stellen sowie nicht mittig verklebt war. Der Zeuge schilderte glaubhaft und nachvollziehbar den Ablauf der Ereignisse, als er beim Kläger eintraf. Auf weitere Nachfragen zum Zustand des Pakets konnte der Zeuge seine Aussage ergänzen, indem er erklärte, dass zwar auf der Oberseite ein Klebestreifen verlief, dieser jedoch zum überwiegenden Teil auf dem größeren Teil des Deckels verklebt war und lediglich eine Daumenbreite des Klebebandes die überliegende Seite berührte.
Seine Angaben waren plastisch und strukturiert, ohne dabei eine besondere Belas-tungstendenz zu zeigen. Insbesondere lieferte er auch eine plausible Erklärung für das Fehlen der Paintball-Pistole, indem er erklärte, dass vom Zeitpunkt der Aufgabe der Karton von mehreren Personen hätte geöffnet werden können. Es bestand die Möglichkeit, dass jede an der Lieferkette beteiligte Person, in den Karton hätte hineingreifen können.
Auch die der Akte beigefügten Fotos vom Paket bestätigen die Zeugenaussage. Auf den Fotos ist zu sehen, dass die Unterseite des Pakets nicht verklebt war und nur ein Teil des Deckels mit Klebeband verschlossen war.
Der Beklagte hat zudem seine Nebenpflicht, das Paket ordnungsgemäß zu verpacken, dadurch verletzt, dass er es mit einer deutlich lesbaren Aufschrift „Paintball-Pistole” versah. Auf diese Weise war der Inhalt für jedermann genau erkennbar und bot für Dritte Anlass dazu sich des Inhalts zu bemächtigen. Eine Verpflichtung des Beklagten, das Paket derart zu beschriften, ist nicht ersichtlich.
Soweit der Beklagte behauptet, er hätte den Karton sachgemäß verpackt und ver-schlossen, reicht dieser Vortrag nicht aus, die im vorliegenden Fall dem Beklagten obliegende Beweislast für eine mangelfreie Übergabe der Kaufsache an das Trans-portunternehmen zu belegen.
Die geltend gemachten und unbestrittenen Nebenforderungen beruhen auf dem Verzug des Beklagten, §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 3 ZPO.