AG Mannheim Urteil vom 9.1.2009, 9 C 381/08
Zur Ersatzfähigkeit der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt bei fiktiver Reparaturkostenabrechnung
Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin EUR 354,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.11.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 70 %, die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 30 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung restlicher Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.
Am 14.07.2008 kam es in der zu einem Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit seinem erstmals im Oktober 1998 zugelassenen Pkw der Marke BMW 328i sowie der Beklagte Ziffer 2) mit seinem Fahrzeug, welches bei der Beklagten Ziffer 1) haftpflichtversichert ist, beteiligt waren. Vollumfänglich einstandspflichtig sind die Beklagten. Nachdem die Beklagte Ziffer 1) sowohl die Sachverständigenkosten in Höhe von EUR 602,85, die Kostenpauschale in Höhe von EUR 25,00, die Praxisgebühr in Höhe von EUR 10,00 und ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 400,00 zum Ausgleich gebracht hatte, wies sie mit Schreiben vom 16.09.2008 unter Weigerung weiterer Zahlungen einen Betrag von weiteren EUR 2.922,07 an Reparaturkosten an, obwohl der Kläger unter Vorlage eines Sachverständigengutachtens von Reparaturkosten in Höhe von netto EUR 3.843,83 abzüglich Verbringungskosten in Höhe von EUR 119,04, mithin von Reparaturkosten in Höhe EUR 3.724,79 netto ausgegangen ist. Diesem Schreiben lag ein so genannter Prüfbericht der zur Feststellung von Kraftfahrzeugschäden mbH bei, in welchem die vom klägerischen Gutachten festgestellten Kosten denen des regionalen Fachbetriebs gegenübergestellt waren und welches mit einer Differenz von insgesamt netto EUR 921,76 endete.
Der Restbetrag von EUR 802,72 wird nunmehr noch eingeklagt.
Der Kläger ließ sein Fahrzeug im Zeitraum von 15.-22.10.2008 in einer freien Werkstatt reparieren und macht für diese sechs Tage einen täglichen Nutzungsausfallersatzanspruch von EUR 65,00, mithin insgesamt EUR 390,00 geltend.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe auch bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten anhand eines Sachverständigengutachtens Anspruch auf die Kosten, die der Gutachter bei Reparatur durch eine markengebundene Fachwerkstatt ansetze. Insbesondere müsse er sich nicht auf eine günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit bei einer freien Werkstatt verweisen lassen, zumindest habe ein derartiges Angebot seitens der Versicherung schon außergerichtlich und vor der Reparatur zu erfolgen, da ansonsten seitens des Geschädigten Eigeninitiative entfaltet werden müsste, um zu überprüfen, ob die angebotene Ersatzreparatur tatsächlich der einer markengebundenen Fachwerkstatt entspreche. Die Übersendung eines pauschalen Prüfberichtes genüge demgegenüber nicht.
Der Kläger behauptet, die Leistungen der vorgeschlagenen Alternativwerkstatt seien mit denen einer markengebundenen Fachwerkstatt nicht zu vergleichen, die dort angeblich angebotenen Lohnkosten von EUR 82,10 pro Stunde bzw. Lackierkosten von EUR 110,48 pro Stunde seien nicht zu erhalten. Das klägerische Fahrzeug habe zudem einen Strukturschaden erlitten, zu dessen Behebung besonderes Fachwissen und eine besondere Werkstattausrüstung nötig seien.
Hinsichtlich der Nutzungsausfallentschädigung vertritt der Kläger die Ansicht, dass – da sich das Fahrzeug in altersentsprechendem Zustand befunden habe – nicht nur die Vorhaltekosten, sondern tatsächlich die in der Tabelle vom Sanden/Danner/Küpersbusch ausgeworfenen Beträge von EUR 65,00 pro Tag erstattungsfähig seien.
Nachdem der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 29.10.2008 um EUR 390,00 erweitert hat beantragt er zuletzt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger EUR 1.192,72 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.09.2008 zu zahlen.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 70 %, die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 30 %.
Die Beklagten beantragen
Klageabweisung.
Sie behaupten, ausweislich des Prüfberichts vom 21.08.2008 könne das klägerische Fahrzeug für netto EUR 2.922,07 fachgerecht instandgesetzt werden. Die vorgeschlagene Alternativwerkstatt sei von einem Meister geführt, liege in der Nähe des Wohnorts des Klägers, repariere alle Marken nach den Richtlinien der jeweiligen Hersteller unter Verwendung von Originalteilen, sei hochwertig mit dem Eurogarant-Siegel ausgestattet. Die im Prüfbericht enthaltenen Preise seien frei zugänglich, insbesondere die Lohnkosten von EUR 82,10 pro Stunde und die Lackierkosten von EUR 110,48 pro Stunde seien auch für den Kläger zu erhalten gewesen.
Die Beklagten sind daher der Auffassung, der Kläger müsse sich – zumal er selbst im Oktober 2008 den Schaden bei einer freien Werkstatt hat reparieren lassen – auf die seitens der Beklagten Ziffer 1) konkret benannte günstigere und gleichwertige Reparatur verweisen lassen. Sie sind ferner der Ansicht, dass die Reparatur in der freien Werkstatt der einer BMW-Werkstatt gleichwertig sei und der Bundesgerichtshof auch in seinem so genannten Porsche-Urteil lediglich Gleichwertigkeit und nicht Gleichartigkeit verlange. Die Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit sei dem Kläger vor allem vor dem Hintergrund, dass sein Fahrzeug mehr als zehn Jahre alt ist und eine Kilometerlaufleistung von 115.000 aufweise und damit weder Gewährleistungsansprüche noch eine Garantie mehr bestünden und das Fahrzeug auch nicht BMW-Checkheft-gepflegt war zuzumuten.
Somit bestünden weder der Hauptanspruch in Höhe von EUR 802,72 noch die Nebenforderung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 120,67.
Hinsichtlich des Nutzungsersatzanspruchs vertreten die Beklagten die Auffassung, dass bei einem mehr als zehn Jahre alten Kraftfahrzeug lediglich die Vorhaltekosten in Höhe von EUR 16,78 pro Tag, mithin lediglich EUR 100,68, nicht aber der vom Kläger angesetzte Tagessatz zu erstatten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage erwies sich nur teilweise als begründet.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagten weder aus §§ 823, 249, 421 BGB, 7, 17, 18 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG noch aus einem anderen Rechtsgrund Anspruch auf Ersatz der übrigen Reparaturkosten aus dem Verkehrsunfall vom 14.07.2008 in Höhe von EUR 802,72, da er sich auf die seitens der Beklagten Ziffer 1) konkret benannte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit bei der freien Werkstatt verweisen lassen muss.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Bundesgerichtshof in seinem so genannten Porsche-Urteil (Urteil vom 29.04.2003 – VI ZR 398/02 – NJW 2003, 2086 ff) die hier Streit entscheidende Frage, ob der anhand eines Sachverständigengutachtens fiktiv abrechnende Geschädigte sich unter bestimmten Voraussetzungen auf eine anderweitige günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen muss oder nicht, nicht entschieden hat. Dort wurde lediglich ausgesprochen, dass dem fiktive Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt abrechnenden Geschädigten nicht pauschal der Einwand eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht entgegengehalten werden kann, weil der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken und freien Fachwerkstätten einer Region als statistisch ermittelte Rechengröße gerade nicht den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag darstellt, bei dessen Überschreiten demzufolge eine Deckelung erfolgen müsse. Vielmehr findet sich in der Entscheidung unter II 1. b) aa) der Gründe der Satz, dass „.. der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss .“, das Berufungsgericht in der Vorinstanz die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür lediglich nicht festgestellt habe. Dementsprechend finden sich in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sowohl eine Verweisungsmöglichkeit ausschließende (z. B. Amtsgericht Aachen, Urteil vom 09.11.2005 – 8 C 318/05 – DAR 2006, 332; KG Berlin, Urteil vom 30.06.2008 – 22 U 13/08 – NJW 2008, 2656) als auch eine solche unter bestimmten Voraussetzungen bejahende Entscheidungen (z. B. zuletzt Landgericht Mannheim, Urteil vom 24.10.2008 – 1 S 95/08 – ; LG Hechingen, Urteil vom 19.09.2008 – 3 S 11/08; LG Hildesheim, Urteil vom 22.08.2008 – 7 S 68/08 – Beck RS 2008, 21238; LG Hannover, Urteil vom 26.06.2008 – 3 S 8/08 – ; OLG Oldenburg, Schreiben vom 06.11.2007 in der Sache 2 U 59/07; LG Potsdam, Urteil vom 23.01.2008 – 13 S 102/07 – NZV 2008, 254; sowie weiter die Übersicht bei Figgener, Stundenverrechnungssätze bei fiktiver Schadensabrechnung – zum konkreten Verweis auf eine „gleichwertige Reparaturmöglichkeit“ , NJW 2008 1349 ff).
Das Gericht schließt sich der letztgenannten Auffassung, d. h. der Verweisungsmöglichkeit des Geschädigten auf Stundenverrechnungssätze einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt an, wenn es vor der tatsächlichen Reparatur ein konkretes Angebot seitens des Schädigers hinsichtlich einer anderen kostengünstigeren Reparaturmöglichkeit gegeben hat (dazu aa), diese alternative Reparaturmöglichkeit den Arbeiten, die in einer markengebundenen Fachwerkstatt stattfänden gleichwertig (dazu bb)) und die Inanspruchnahme dieser anderweitigen Schadensbehebung für den Geschädigten zumutbar ist (dazu cc)).
Grundsätzlich gehören zu dem objektiv erforderlichen Herstellungsbetrag im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auch die in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29.04.2003 unter II 1. der Gründe). Weiter hat der Geschädigte sowohl hinsichtlich der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch bezüglich der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadenersatzes freie Hand. Diese Grundsätze werden jedoch bei dem konkret , d. h. nach einer Reparatur anhand der Rechnung abrechnenden Geschädigten durch die ihm über § 254 Abs. 2 BGB zukommende Schadensminderungspflicht dahingehend eingeschränkt, dass er grundsätzlich den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen hat. Dem genügt ein Geschädigter jedenfalls dann, wenn er auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens eine Reparatur vornehmen lässt, ohne dass ihm seitens des Schädigers vorher eine ihm zumutbare, günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit aufgezeigt worden ist, wobei der Geschädigte hierbei keine unzumutbare Eigeninitiative hinsichtlich der Vergleichbarkeit anstellen muss. Benennt der Schädiger jedoch vor Erteilung des Reparaturauftrages eine günstigere, gleichwertige und zumutbare Möglichkeit der Schadensbeseitigung, so erhält der Geschädigte auch bei der konkreten Abrechnungsmethode lediglich den dann geringeren Betrag, da nur dieser erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB ist.
Nichts anderes kann gelten, wenn der Kläger sein Fahrzeug nicht reparieren lässt und anhand eines Sachverständigengutachtens fiktiv abrechnet bzw. wenn – wie im vorliegenden Fall – der Kläger bei einer freien Werkstatt reparieren lässt, dennoch aber anhand der (wohl höheren) Sachverständigenkalkulation fiktiv abrechnen möchte (zum ersten Fall so auch LG Mannheim, Urteil vom 24.10.2008 unter II. der Gründe). Dann hat der Schädiger unter folgenden Voraussetzungen (aa) bis cc)) den Verweis auf die kostengünstigere Reparaturmöglichkeit hinzunehmen und erhält – wenn er im Prozess dennoch auf Grundlage des teureren Sachverständigengutachtens abrechnet – lediglich die Kosten für die alternative Schadensbehebung ersetzt.
Zunächst hat der Schädiger dem Geschädigten konkret ein Angebot zu unterbreiten, aus dem sich für den Geschädigten nachvollziehbar ergibt, dass, wo und zu welchen Bedingungen es eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit im Vergleich zu dem ihm vorliegenden Sachverständigengutachten gibt. Dies setzt unter anderem voraus, dass der potentielle Vertragspartner konkret mit Adresse und Erreichbarkeit benannt wird, und dass konkrete Angaben, die die Gleichwertigkeit der dort vorgenommenen Leistungen im Vergleich zu denen einer markengebundenen Fachwerkstatt betreffen gemacht werden. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob die freie Werkstatt von einem Kfz-Meister geführt wird, ob sie DIN-zertifiziert oder sonst mit einem Eurogarant-Siegel ausgestattet ist, ob Originalersatzteile verwendet werden und ob nach den jeweiligen Richtlinien der Hersteller gearbeitet wird, da ansonsten der Geschädigte hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Leistungen Eigeninitiative entfalten müsste, die ihm vor dem Hintergrund des Schadensersatzrechts nicht aufgebürdet werden kann (so auch Figgener, NJW 2008, 1349, 1352). Daher genügte der dem Schreiben der Beklagten Ziffer 1) vom 16.09.2008 beiliegende Prüfbericht diesen Anforderungen nicht. Dort werden lediglich die in dem vom Kläger vorgerichtlich eingeholten Gutachten des Sachverständigen angesetzten Preise und Kosten denen der freien Werkstatt gegenübergestellt und ein Differenzbetrag der Nettoreparaturkosten von EUR 921,76 ausgeworfen, wobei sich auf Seite 2 lediglich folgender Satz findet: „Folgender regionaler Fachbetrieb berechnet nach unserer Kenntnis die vorgenannten Stundensätze für die Lohn- und Lackierungskosten und ist in der Lage, das Fahrzeug fachgerecht gemäß Herstellervorgaben zu reparieren: “ , „. Aufgrund dieser Mitteilung konnte sich der Kläger nicht sicher sein, dass auch er – sollte er sich an diese Werkstatt wenden – die der Versicherung gegenüber angegebenen Stundensätze erhält und war für ihn nicht definitiv klar, dass sein Fahrzeug unter Verwendung von Originalersatzteilen in einer zertifizierten Meisterwerkstatt nach den Richtlinien der Hersteller repariert werden würde, so dass zu diesem Zeitpunkt eine Verweisung des Klägers an die nicht markengebundene Fachwerkstatt ausschied.
Erst mit der am 08.11.2008 bei Gericht eingegangenen Klageerwiderung haben die Beklagten eine konkrete kostengünstigere Reparaturmöglichkeit angeboten, die auch die oben genannten Merkmale zur Feststellung der Gleichwertigkeit der Leistungen beinhaltete. Ab diesem Zeitpunkt musste sich der Kläger – vorbehaltlich der Erfüllung der Voraussetzungen unter bb) und cc) – auf die niedrigeren Kosten einlassen. Dass er sein Fahrzeug im Zeitraum von 15. bis 22.10.2008 und damit vor Vorlage eines konkreten, die Verweisungsmöglichkeit grundsätzlich zulassenden Angebots hat reparieren lassen, wirkt sich demgegenüber nicht aus, da der Kläger weiterhin nicht anhand der tatsächlichen Reparaturkosten (also konkret), sondern fiktiv abrechnet. Lediglich dann, wenn der Kläger sein Fahrzeug nicht wie geschehen in einer freien Werkstatt, sondern in einer markengebundenen Fachwerkstatt hätte im oben genannten Zeitraum reparieren lassen, hätte er die dafür anfallenden und gegebenenfalls auch höheren Kosten mangels vorheriger Vorlage einer konkreten kostengünstigeren Reparaturmöglichkeit seitens der Beklagten erstattet verlangen können. Da er sich aber weiterhin im Rahmen der fiktiven Abrechnung bewegt, bleibt die Verweisungsmöglichkeit weiterhin offen.
Die dem Kläger seitens der Beklagten Ziffer 1) spätestens im Klageerwiderungsschriftsatz vom 05.11.2008 angebotene alternative Schadensbeseitigungsmöglichkeit war auch – wie es der Bundesgerichtshof (29.04.2003 – VI ZR 398/02 – NJW 2003, 2086 unter II. 2. b), aa) der Gründe) fordert – auch gleichwertig.
Der Bundesgerichtshof spricht in seiner Entscheidung ausdrücklich nicht von Gleichartigkeit, sondern lediglich von Gleichwertigkeit. Daher kann aus der Tatsache, dass eine Reparatur in einer freien Fachwerkstatt stattfinden soll, nicht per se der Schluss gezogen werden, die dort erbrachten Leistungen seien mit denen markengebundener Fachwerkstätten nicht zu vergleichen oder nicht gleichwertig. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der Gruppenfreistellungsverordnung vom 01.10.2002 (VO EG Nr. 1400/2002) welche die nach Artikel 83 Abs. 3 EGV mögliche Freistellung des Verbots Wettbewerbs hindernder Vereinbarungen oder Verhaltensweisen des Artikel 81 Abs. 1 EGV in ihrem Artikel 4 Abs. 1 i ausschließt, wenn dadurch unabhängigen Werkstätten, welche Originalersatzteile des Herstellers für die Instandsetzung und Wartung eines Kraftfahrzeugs verwenden, Nachteile entstehen. Da nunmehr die am 20.06.2007 erlassene Verordnung (VO EG Nr. 715/2007) in Art. 6 Abs. 1 ausdrücklich die Pflicht des jeweiligen Kfz-Herstellers begründet, unabhängigen Marktteilnehmern und damit freien Fachwerkstätten, die nicht markengebunden sind, alle für eine Reparatur und Instandsetzung nötigen Informationen zukommen zu lassen, geht ersichtlich auch der europäische Gesetzgeber davon aus, dass freie Fachwerkstätten zumindest nicht per se als schlechter eingestuft werden als markengebundene Werkstätten.
Es kommt daher auch hier auf die von der freien Fachwerkstatt angebotenen Leistungen und ihre Güte und damit auf den Einzelfall an. Die Beklagten haben substantiiert vorgetragen, dass in der in der Klageerwiderung vorgeschlagenen Werkstatt nur Originalersatzteile nach den Richtlinien der Hersteller aller Marken unter Aufsicht eines Kfz-Meisters verbaut werden, dass der Betrieb DIN-zertifiziert und mit dem Euro-Garantsiegel ausgestattet ist und über eine hochwertige Ausstattung verfügt, die es erlaubt, umfangreiche Garantien auf die verrichteten Arbeiten zu geben. Demgegenüber erweist sich das pauschale Bestreiten des Klägervertreters hinsichtlich der Gleichwertigkeit der dort erbrachten Leistungen in seinem Schriftsatz vom 18.11.2008 gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unbeachtlich (so auch LG Berlin, Urteil vom 26.11.2007 – 58 S 203/07 – Schadenpraxis 2008, 153). Der Schriftsatz befasst sich mehr mit der im Ergebnis zu verneinenden Frage, ob bereits der mit Schreiben vom 16.09.2008 übersandte Prüfbericht die Voraussetzungen eines konkreten Angebots im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a. a. O. unter II. 2. b) aa) der Gründe) erfüllt bzw. damit, wann ein derartiges Angebot vorgelegt werden muss, damit seitens des Schädigers eine Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit zulässig ist. Da der Klägervertreter aber im Übrigen den mehrseitigen und mit Beweisangeboten versehenen substantiierten Sachvortrag zur Gleichwertigkeit der angebotenen Alternativwerkstatt nicht weiter substantiiert bestritten und auch die eigentlich in prozessualer Hinsicht gebotene Reaktion auf die Klageerwiderung vom 05.11.2008 – nämlich die einseitige Erledigterklärung wegen der infolge des konkreten Angebots nunmehr möglichen Verweisungsmöglichkeit – nicht ergriffen hat, war die angebotene Schadensbeseitigungsmöglichkeit als gleichwertig einzustufen.
Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass das klägerseitig vorgerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten die Laufleistung des erstmals am 29.10.1998 zugelassenen verunfallten Kraftfahrzeugs am 21.07.2008 und damit eine Woche nach dem Verkehrsunfall mit 115.140 km angegeben hat. Damit war das klägerische Fahrzeug bereits neun Jahre und neun Monate alt und es bestand dafür weder eine Garantie noch sonstige Gewährleistungsansprüche. Da der Beklagtenvortrag, das klägerische Fahrzeug sei zudem über die letzten Jahre nicht in einer BMW-Fachwerkstatt serviceinspiziert worden, nicht bestritten wurde, ist weiter davon auszugehen, dass der Kläger auch in der Vergangenheit keinen großen Wert auf die Checkheftgepflegtheit seines Fahrzeugs gelegt hat. Dann ist aber – nachdem er selbst die Reparatur im Oktober 2008 in einer nicht markengebundenen freien Werkstatt hat vornehmen lassen – der Verweis seitens des Schädigers auf eben jene Reparaturmöglichkeit auch als gleichwertig anzusehen.
Die Inanspruchnahme der Leistungen der angebotenen Alternativwerkstatt war dem Kläger auch zuzumuten. Der in der gelegene Betrieb befindet sich ausweislich des Stadtplans gerade einmal 7,2 km vom Wohnort des Klägers entfernt. Auch wenn eine etwaige BMW-Fachwerkstatt näher am Wohnort des Klägers liegen mag, kann dem Kläger bei solch erheblichen Preisunterschieden wie sie in dem vorliegenden Fall bestehen, im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB die etwas weitere Anfahrt zugemutet werden (ähnlich vergleiche LG Münster, Urteil vom 11.12.2007 – ZV 2008, 207 unter II. der Gründe: Entfernung 10 km; LG Berlin, Urteil vom 26.11.2007 – 58 S 203/07 – Schadenpraxis 2008, 153: Entfernung 13 km).
Damit musste sich der Kläger auf die günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen, seine Klage auf die überschießenden Reparaturkosten erwies sich als unbegründet.
1. Mangels Bestehens des Hauptanspruchs erwies sich die Klage auch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die aus dem Streitwert der ursprünglichen Hauptforderung von EUR 802,72 berechnet waren, als unbegründet.
2. Der Kläger hat jedoch gegen die Beklagten aus §§ 823, 249, 421 BGB, 7, 17, 18 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG Anspruch auf Nutzungsersatz für den Zeitraum der tatsächlichen Reparatur vom 15. bis 22.10.2008 in Höhe von insgesamt EUR 354,00.
Entgegen der Ansicht der Beklagten muss sich der Kläger nicht lediglich mit den Vorhaltekosten von EUR 16,78 pro Tag zufrieden geben, obwohl das Kraftfahrzeug bereits fast 10 Jahre alt ist. Die zitierte Rechtsprechung (Landgericht Mannheim, Urteil vom 28.03.2000 – 3 O 383/96 – Schadenpraxis 2000, 238) erweist sich vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 23.11.2004 – VI ZR 357/03 – NJW 2005, 277 unter II. 2. c) bis e) der Gründe, Urteil vom 25.01.2005 – VI ZR 112/04 – NJW 2005, 1044 unter II. 3. der Gründe) als überholt. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass entgegen der Beklagtenseits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 20.10.1987 – X ZR 49/86 – NJW 1988, 484) im vorliegenden Fall das klägerische Fahrzeug nicht neben dem unstreitigen Alter noch mit zahlreichen erheblichen Mängeln behaftet war, die den Nutzungswert wesentlich beeinträchtigten. Grundsätzlich ist im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO daher weiterhin das Arbeiten mit den einschlägigen und in der Praxis anerkannten Tabellen zur Nutzungsausfallentschädigung möglich und sinnvoll. Ausweislich der Euro-Tax-Schwacketabelle ergibt sich für das klägerische Fahrzeug bei einem Fahrzeugalter von bis zu fünf Jahren eine tägliche Nutzungsausfallentschädigung von EUR 65,00. Allerdings war wegen des Alters von neun Jahren und neun Monaten eine Herabstufung um eine Gruppe vorzunehmen, so dass pro Tag noch EUR 59,00 und für den streitgegenständlichen Zeitraum mithin EUR 354,00 verblieben. Diese Herabstufung wurde vom Bundesgerichtshof ausdrücklich für zulässig erachtet (BGH a. a. O.).
Der Zinsanspruch ergab sich aus §§ 288, 291 BGB, da es für einen Verzugseintritt bereits zum 16.09.2008 hinsichtlich dieser erst mit der Klageerweiterung geltend gemachten Forderung keinen Anhaltspunkt gab.