Zur Frage der Zulässigkeit der Veröffentlichung einer Unfallvideos im Internet

AG Kerpen – Urteil vom 25. November 2010 – 102 C 108/10

Zur Frage der Zulässigkeit der Veröffentlichung einer Unfallvideos im Internet

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Form von Schmerzensgeld wegen nicht genehmigter Veröffentlichung einer Videoaufzeichnung im Internet.

Die Beklagte ist ein Medienunternehmen, die auf ihrer Webseite … und Unfallereignisse veröffentlicht.

Der Kläger ist Opfer eines selbst verursachten Verkehrsunfalls, der sich am 21.03.2009 ereignete. Am Nachmittag dieses Tages befuhr der Kläger von Blatzheim kommend die B264/L 162 aus dem Verteilerkreis rechts ab in Richtung Gymnich. Hinter dem Verteilerkreis querte ein Wildtier die Straße. Der Kläger verriss das Lenkrad, kam auf den Seitenrand der Straße und überschlug sich mit seinem Quad-Fahrzeug in das angrenzende Feld. Hierbei wurde der Kläger verletzt.

Die Unfallstelle und die Bergung des Klägers durch Rettungskräfte wurden gefilmt. Auf dem zur Akte gereichten Film sind das Kennzeichen des Fahrzeugs des Klägers Personen zu erkennen. Aus dem Video ist auch zu ersehen, dass eine Person auf einer Trage transportiert wird, um die Feuerwehrleute und Sanitäter herumstehen. Ferner ist das Fahrzeug des Klägers abgebildet.

Die Beklagte veröffentlichte diesen Film ohne Einwilligung des Klägers auf ihrer Internetseite. Nach einiger Zeit wurde das Video von der Website entfernt. Zu dem Video war auch eine Wortberichterstattung eingefügt, wegen deren behaupteten Inhalts auf die Anlage K6 zum Schriftsatz vom 20.09.2010, Blatt 39 GA, sowie die Seite 2 des Schriftsatzes vom 29.09.2010, Blatt 41 GA, Bezug genommen wird.

Der Kläger wurde nach Veröffentlichung des Films von mehreren Bekannten angesprochen.

Der Kläger behauptet, dass von der Beklagten spekulativ behauptet worden sei, dass der Unfall aufgrund überhöhter Geschwindigkeit erfolgt sei. Auf dem veröffentlichten Video sei zudem das Gesicht seiner Ehefrau zu erkennen.

Er ist der Ansicht, dass ihm ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zustehe. Der Kläger sei nicht Person der Zeitgeschichte und habe keine Einwilligung in die Veröffentlichung erteilt. Er hält ein Schmerzensgeld von wenigstens 4.000,00 € für angemessen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.000,00 € seit dem 04.07.2009 zu zahlen;

2. an ihn 12,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.07.2009 zu zahlen;

3. an ihn 402,82 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bereits daher ausscheide, weil kein Bildnis des Klägers veröffentlicht worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen einschließlich der zur Akte gereichten DVD sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.11.2010.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche gegen die Beklagtenseite aus §§ 823, 1004 BGB, 23 KUG zu.

I.

Es ermangelt im vorliegenden Fall bereits eines Eingriffs in das nach §§ 823 BGB, 22, 23 KUG geschützte besondere und allgemeine Persönlichkeitsrechts des Klägers.

Nach der Rechtsprechung kann eine Person, deren Persönlichkeitsrecht in schwerer Weise schuldhaft verletzt worden ist, vom Schädiger grundsätzlich einen Ausgleich in Geld für ihren immateriellen Schaden verlangen, wenn sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lässt (BGH, Urt. v. 26.01.1971 – VI ZR 95/70 = NJW 1971,698,700 – Pariser Liebestropfen; OLG Köln, Urt. v. 17.05.2005 – 15 U 211/04 = NJW 2005, 2554). Dies setzt zunächst voraus, dass eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers vorliegt, die das erkennende Gericht im vorliegenden Fall verneint.

Dies gilt zunächst für die Filmberichterstattung der Beklagten im Internet auf deren Homepage. Das Recht am eigenen Bilde ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Bildnisse einer Person dürfen daher grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, § 22 KUG. Daraus ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (BVerfG, Urt. v. 05.07.1973 – 1 BvR 536/72 = BVerfGE 35, 202; BGH, Urt. v. 14.04.1992 – VI RZ 285/91 = NJW 1992, 2084; BGH, Urt. v. 25.04.1995 – VI ZR 272/94 = NJW 1995, 1955).

Zwar hat der Kläger seine Einwilligung in die Veröffentlichung der Bilder unstreitig nicht erteilt. Gleichwohl fehlt es an einer den Tatbestand der genannten Normen ausfüllenden Verletzungshandlung. Insoweit muss nämlich ein Bildnis des Klägers vorliegen. Unter Bildnis wird dabei die erkennbare . Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes einer Person verstanden (Fricke, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage 2009, § 22 KUG Rdn. 5). Diese Voraussetzung sieht das Gericht vorliegend nicht als erfüllt an. Entscheidend muss die Erkennbarkeit des Abgebildeten sein, da andernfalls eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte, deren besondere Ausgestaltung § 22 KUG ist, ausscheidet. Für die Erkennbarkeit kommt es zwar nicht auf das Verständnis des Durchschnittslesers oder -zuschauers an. Für eine Persönlichkeitsverletzung ist nicht entscheidend, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser oder gar die Durchschnittsleser einer Zeitung die gemeinte Person identifizieren können. Das Grundrecht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann nicht nur betroffen sein, wenn eine persönlichkeitsverletzende Äußerung eine Verbreitung in einem großen Kreis von Dritten erfährt, sondern auch dann, wenn über das Medium der Zeitung persönlichkeitsverletzende Informationen an solche Leser geraten, die auf Grund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage sind, die Person zu identifizieren, auf die sich der Bericht bezieht. Gerade für Leser mit Einblick in das berufliche oder persönliche Umfeld des Betroffenen ist die Information in ihrem persönlichkeitsverletzenden Teil aussagekräftig und in der Folge für die in Bezug genommene Person besonders nachteilig. (BVerfG, Beschl. v. 14.07.2004 – 1 BvR 263/03 = NJW 2004, 3619, 3620). Vielmehr soll es bereits genügen, wenn der Betroffene begründeten Anlass hat anzunehmen, er könne erkannt werden (BGH, Urt. v. 10.11.1961 – I ZR 78/60 = GRUR 1962,211 – Hochzeitsbild; BGH, Urt. v. 26.01.1.971 – VI ZR 95/70 = NJW 1971,698, 700 – Pariser Liebestropfen). Hierfür reicht auch die Erkennbarkeit innerhalb eines mehr oder minder großen Bekanntenkreises aus (BGH, Urt. v. 26.06.1979 – VI ZR 108/78 = GRUR 1979, 732 – Fußballtor; OLG Hamburg, Besohl. v. 06.01.1993 – 3 W 2/93 = NJW-RR 1993, 923; OLG München, Urt. v. 21.12.1981 – 21 U 3951/81 = AfP 1983, 276). Die Identifizierbarkeit im engeren Familien- und Freundeskreis genügt hingegen nicht; die Erkennbarkeit muss mindestens für einen Personenkreis vorhanden sein, den der Betroffene nicht mehr ohne weiteres selbst unterrichten kann (Fricke, a. a. O. Rdn. 5).

Für den vorliegenden Fall geht das Gericht (noch) davon aus, dass die Erkennbarkeit der-Person des Klägers sich nicht in einem Rahmen bewegt, der dessen Einwilligung in die Veröffentlichung der Bilder notwendig macht. Der Kläger selbst ist auf dem beanstandeten Video in seiner Person nicht zu erkennen. Das Video zeigt weder das Gesicht des Klägers noch sonstige markante Umstände, aus denen sich nach Auffassung des Gerichts Rückschlüsse über seine Person ziehen lassen könnten. Das Filmmaterial zeigt zwar, wie eine Person auf einer Trage in einen Krankenwagen geladen wird; Einzelheiten dieser Person sind jedoch nicht zu bemerken. Auch soweit der Klägervertreter vorgetragen hat, dass sich aufgrund der besonderen Körpermasse des Klägers Erkennbarkeit herstellen lasse, ist dem nicht zu folgen. Auf dem streitgegenständlichen Film lässt sich keine besondere Physiognomie der liegenden Person feststellen; letztlich lässt sich nicht einmal sagen, ob die Konturen durch den Körper der verletzten Person oder durch Rettungsdecken oder andere Rettungsmittel hervorgerufen wurden. Die Erkennbarkeit folgt, ‘auch nicht daraus, dass das Nummernschild des streitgegenständlichen Fahrzeugs in einer Einzelszene zu sehen ist. Dies bildet nach Auffassung des Gerichts keinen maßgebenden Erkennungsfaktor.

Hierbei ist einerseits zu berücksichtigen, dass ein Nummernschild keinen Hinweis darauf geben kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt Fahrer des fraglichen Fahrzeugs gewesen ist. Das Nummernschild identifiziert das Fahrzeug; nicht dessen Fahrer. So kann es sein, dass nicht der Halter, sondern tatsächlich ein anderer Fahrer ein Fahrzeug geführt hat, ohne dass das Nummernschild hierauf Rückschlüsse zulässt. Die Eignung eines solchen Zeichens als Verweis auf eine konkrete Person sieht das Gericht vor diesem Hintergrund bereits als fraglich an. Ebenso gut wie der Kläger hätte es dessen Sohn oder ein Bekannter sein können, der das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls nutzte. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass ein Nummernschild lediglich für eine besonders befugt Person mit Zugriff auf eine entsprechende Datenbank einen Hinweis auf den Halter des Fahrzeuges zulässt. Für jeden anderen offenbart das Nummernschild als verschlüsseltes Hinweiszeichen nicht die Identität der Person. Auch lässt sich nicht sagen, dass der Kläger deswegen erkennbar gemacht worden sei, weil sich die die Ehefrau des Klägers auf den Video befunden habe (was bestritten ist). Die Qualität des zur Akte gereichten Videos, bei dem mangels anderweitigen Tatsachenvortrages davon ausgegangen werden kann, dass es sich um das veröffentlichte handelt, lässt dies kaum zu. Bei der Datei handelt es sich um eine 320 x 240 Pixel große Videodatei, deren Bitrate bei 150 kBit/s liegt. Vermutlich bedingt durch Kompression des Videomaterials ist darüber hinaus das Video durch Unschärfen gekennzeichnet, die es praktisch unmöglich machen, einzelne Gesichtszüge einer Person zu erkennen. Schließlich vermag auch die Wortberichterstattung für sich allein oder in Zusammenschau mit dem veröffentlichten Video keine Erkennbarkeit der Person zu begründen. Die behauptete Wortberichterstattung, deren genauer Text im Dunkeln bleibt (vergleiche etwa die Unterschiede zwischen Anlage K6 des Schriftsatzes vom 20.09.2010, Blatt 39 GA, und Seite 2 des Schriftsatzes vom 29. 9. 2010, Blatt 40 GA) ist nicht zu beanstanden. Abgesehen von der Benennung des Unfallortes trägt die Wortberichterstattung keine individuellen Züge.

Das Gericht auch dem Umstand Rechnung, dass der Kläger nach seinem Vortrag in der nicht näher bezeichneten “Kerpener Quad-Szene” – worum immer es sich dabei handeln mag – auf den Unfall angesprochen worden sei. Das Gericht vertritt hierzu die Auffassung, dass dies nicht ausreichend ist, um die Erkennbarkeit im Sinne der oben genannten Vorschriften zu bejahen. Maßgebend stellt das Gericht dabei an darauf ab, dass es in vielen Fällen einer Berichterstattung praktisch unvermeidlich ist, dass ein ganz kleiner Personenkreis aufgrund der Zusammenstellung der berichteten Daten Rückschlüsse ziehen kann. Der zu entscheidende Fall bietet hierfür ein passendes Beispiel. Hätte verhindert werden sollen, dass der Kläger von der “Kerpener Quad-Szene” erkannt wird, hätte es wohl nichts geholfen, wenn die nach dem klägerischen Vortrag zu erkennende Ehefrau und das Nummernschild unkenntlich gemacht worden wären. Dann blieben immer noch die berichteten Tatsachen, dass es sich um einen Unfall im Kerpener Raum handelte, bei dem ein nach üblichen Maßstäben sehr ungewöhnliches Fahrzeug verunglückte. Das Gericht erlaubt sich hier, mit einem Vergleich aufzuwarten: das klägerische Fahrzeug könnte kaum unauffälliger sein, wäre der Kläger mit einem Einrad über die Landstraße geradelt. Dies verdeutlicht auch den entscheidenden Punkt: im vorliegenden Fall ist das berichtete Ereignis so ungewöhnlich, dass es nahezu unmöglich ist, über dieses zu berichten, ohne dass irgend jemand das beteiligte Fahrzeug (und durch an sich unzulässigen, da nicht zwingenden, Rückschluss den Halter) erkennen kann. Dies hängt damit zusammen, dass einerseits das verunglückte Transportmittel ganz ungewöhnlich, ist und sich der Vorfall innerhalb eines überschaubaren Gebietes (ein Konglomerat kaum als Kleinstädte zu bezeichnender Gebilde) ereignet hat, in dem es wenig vergleichbare Fahrzeuge gibt und andererseits eine interessierte “Kerpener Quad-Szene”. Die Verquickung dieser beiden Umstände dürfte maßgebend dazu beigetragen haben, wenn der Kläger erkannt worden sein sollte. Dies ist jedoch nicht der Beklagten anzulasten, sondern liegt in der Natur des berichteten Ereignisses. Wollte man verhindern, dass ein ungewöhnliches Ereignis wie der vorliegende Unfall sicher jeden Rückschluss auf die Person (besser: den Halter) des Fahrzeuges ausschließt, müsste das Ereignis in der Berichterstattung so vollkommen anonym erfolgen (keine Nennung von Fahrzeugtyp, Unfallort, keine Abbildung des Fahrzeuges selbst, der Personen), dass jeder Informationsgehalt verloren ginge. An dieser Stelle ist aber das Interesse der Presse an einer freien, ebenfalls grundgesetzlich geschützten Berichterstattung zu beachten. Es eine Berichterstattung unmöglich machen und würde überzogene Anforderungen bezüglich die Nichterkennbarkeit der Person bedeuten, wollte man selbst bei originellen, seltenen Vorgängen verlangen, dass jegliche Erkennbarkeit für einen ganz begrenzten Personen kreis ausgeschlossen ist, wenn die potentielle Erkennbarkeit eines Beteiligten (besser: des Unfallfahrzeugs) in dem Vorfall selbst begründet liegt.

II.

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen scheitert der Erfolg der Klage auch daran, dass eine unterstellte Verletzung des Persönlichkeits- und Bildrechts des Klägers eine billige Entschädigung in Geld im vorliegenden Fall nicht erfordert.

Nicht jede Verletzung des Persönlichkeitsrechts vermag einen Anspruch auf Geldentschädigung auszulösen; erforderlich ist vielmehr, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (BGH, Urt. v. 30.01.1996 – VI ZR 386/94 = NJW 1996,1131,1134 – Der Lohnkiller; BGH Urt. v. 12.12.1995 – VI ZR 223/94 = GRUR 1996, 227, 229; Juris Tz. 11 – Wiederholungsveröffentlichung; BGH, Urt. v. 15.11.1994-VI ZR 56/94 = GRUR 1995, 224, 228, Juris Tz. 74 – Caroline von Monaco I; BGH, Urt. v. 22.01.1985 – vi ZR 28/83 = GRUR 1985, 398, 400, Juris Tz. 23 – Nacktfoto). Ob eine hinreichend schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, hängt von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab. Alle Umstände des Einzelfalls müssen in die Beurteilung einbezogen werden. Daher muss eine Bildveröffentlichung stets zusammen mit dem Begleittext in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden (Fricke, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 200, § 22 KUG Rdn. 31 m. w. N.)

Ein schwerwiegender Eingriff, der den Zuspruch eines Schmerzensgeldes erforderte, liegt nach den Umständen des Falls jedoch nicht vor. Einerseits ist hier zu berücksichtigen, dass das in schlechter Qualität gefertigte Video nur eine kurze Zeit im Internet verfügbar war. Hierzu kommt, dass trotz des fragwürdigen Inhalts der Internetseite der Beklagten dem Thema ein Informationswert nicht abgesprochen werden kann, der geeignet ist, weite Kreise der Öffentlichkeit zu interessieren. Schließlich kommt es alljährlich zu hunderten schwerer Verletzungen und gar Todesfällen auf bundesdeutschen Straßen. Einer Berichterstattung über dieses Thema kann daher gerechtfertigter Informationswert nicht abgesprochen werden, auch wenn man über die inhaltliche Aufbereitung durch die Beklagte und journalistische Qualität sicherlich geteilter Auffassung sein kann.

Ferner wird man der Beklagten nur ein geringes Verschulden vorwerfen können, wenn der Beklagte innerhalb der „Kerpener Quad-Szene” erkannt worden sein sollte. Wer kann schon wissen, was es in Kerpen so alles gibt und der vorliegende Unfall das Interesse einer lokalen “Szene” weckt.

Hieran ändert die behauptete Wortberichterstattung nichts, für deren Wortlaut die Klägerseite als anspruchstellende Partei nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet ist. Soweit es um die Berichterstattung wie auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 29.09.2010, Blatt 41 GA, geht, erkennt das Gericht keinen schwerwiegenden Eingriff. Die Berichterstattung hält sich im Rahmen der presseüblichen Sorgfalt. Ein Hinweis auf die Fahrfähigkeiten des Fahrers findet sich in dem Bericht nicht. Der Kläger wird in keiner Weise negativ beurteilt. Ähnliches gilt auch im Hinblick auf die als Anlage K6 zum Schriftsatz vom 20.09.2010, Blatt 39 GA, vorgelegte Berichterstattung. Gegen das Wort “raste” werden Einwendungen kaum zulässig sein, soweit sich daraus nicht die Behauptung einer unwahren Tatsache gibt. Hierbei ist nach der Auffassung des Gerichts davon auszugehen, dass das Verb lediglich für schnelles Fahren steht. Davon dürfte, wenn man die Schäden an der Leitplanke sieht, auch auszugehen sein. Auch die Fahrfähigkeiten des Klägers werden in dem Bericht nicht abwertend oder gar bloßstellend beurteilt. In der Schilderung,’ dass ein technischer Defekt als Unfallursache auszuschließen sei, kann eine solche Bloßstellung ebenfalls nicht liegen. Der Ausschluss eines technischen Defektes, was nach dem klägerischen Vortrag ja zutreffend ist (Wildunfall), bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass zwingend fehlende Fahrfertigkeiten des Fahrers für den Unfall ursächlich sind.

Ferner ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger hinsichtlich der behaupteten Verletzung ausschließlich mit einem Schmerzensgeld geholfen wäre. Bedenkt man, dass dieser Anspruch auf Ausnahmefälle beschränkt sein soll, sind andere Möglichkeiten vorzuziehen. In Betracht kommt etwa eine nachträgliche KlarsteIlung oder ergänzende Berichterstattung durch die Beklagte, eine Entschuldigung, ein Widerruf oder Ähnliches. Dies-dürfte hinreichend sein, um im vorliegenden Fall die Interessen des Klägers zu wahren, ohne dass es eines Schmerzensgeldes bedarf. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass die Beklagte dies abgelehnt hätte.

Schließlich scheitert ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte Klägers auch daran, dass der Kläger selbst nicht erkennbar ist.

III.

Ob die Einwilligung des Klägers in die Veröffentlichung des Bildmaterials nach den Grundsätzen der “relativen Person der Zeitgeschichte” entbehrlich ist, kann danach dahinstehen und braucht nicht entschieden zu werden.

IV.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

V.

Streitwert: 4.000,00 €.

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