Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 11.02.2016 – 4 U 40/15
OLG Hamm stärkt das Urheberrecht von Zeitungsfotografen
Einem freien hauptberuflichen Journalisten, der einem Verlag in Tageszeitungen
veröffentlichte Fotobeiträge für 10 Euro netto pro Beitrag zur Verfügung stellt, kann ein Nachvergütungsanspruch nach § 32 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zustehen. Dieser kann auch für die Jahre 2010 bis 2012 entsprechend den Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen zu berechnen sein. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 11.02.2016 unter weitgehender Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Bochum entschieden.
Der Kläger, ein Journalist aus Hagen, war seit 2000 für den beklagten
Zeitungsverlag aus Essen als Fotograf tätig. Er lieferte auf Aufforderung
der Beklagten im Wesentlichen Bildbeiträge aus dem Märkischen
Kreis, die die Beklagte in verschiedenen Ausgaben von ihr verlegter
Tageszeitungen veröffentlichte. Für diese erhielt er unabhängig von
der Größe des veröffentlichten Bildes und der Auflagenstärke der jeweiligen
Zeitung ein Netto-Honorar von 10 Euro. Im Jahre 2010 veröffentlichte
die Beklagte 1.329 Bildbeiträge des Klägers, 2011 1.277
Bildbeiträge und 2012 891 Bildbeiträge.
Im Rechtsstreit hat der Kläger von der Beklagten eine Nachvergütung
für diese Bildbeiträge gemäß § 32 UrhG verlangt und diese nach den
Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche
Journalisten und Journalistinnen – abzüglich der gezahlten Beträge
– berechnet. Die Gemeinsamen Vergütungsregeln bemessen die
Bildhonorare nach der Größe des Bildes und der Auflagenstärke der
Zeitung, wobei die Netto-Honorare für Erstdruckrechte zwischen 19,50
Euro (kleiner als einspaltige Fotos in einer Auflage bis 10.000) und
75,50 Euro (vierspaltige Fotos und größer in einer Auflage über
200.000) liegen.
Die Vergütungsklage war erfolgreich. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts
Hamm hat dem Kläger gemäß § 32 UrhG eine Nachvergütung
von insgesamt ca. 79.000 Euro zugesprochen. Der Kläger sei, so
der Senat, Urheber der gelieferten Fotobeiträge, die Beklagte sein Vertragspartner.
Ein vorrangiger Tarifvertrag stehe dem Anspruch nicht
entgegen. Bis 2012 sei der Kläger kein Mitglied des Deutschen Journalisten-
Verbandes gewesen.
Für die vom Kläger in den Jahren 2010 bis 2012 gelieferten Fotobeiträge
habe die Beklagte mit netto 10 Euro pro Beitrag kein angemessenes
Honorar gezahlt. Insoweit sei der Vertrag der Parteien anzupassen,
wobei der Kläger unmittelbar auf Zahlung der angemessenen
Vergütung klagen könne. Die Gemeinsamen Vergütungsregeln zu
Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen seien zwar erst im Jahre 2013 in Kraft getreten. Dennoch könnten
sie als Vergleichsmaßstab einer angemessenen Vergütung herangezogen
werden. Dabei seien im vorliegenden Fall die für das Einräumen
eines Erstdruckrechts vorgesehenen Tarife maßgeblich. Denn die Beklagte
habe dem Kläger die Aufträge ersichtlich in Erwartung einer ihr
einzuräumenden Priorität der Veröffentlichung erteilt. Letztlich könnten
sogar die tarifvertraglichen Vergütungsregeln als Orientierungshilfe
dienen. Danach sei die vom Kläger verlangte Vergütung selbst dann
angemessen, wenn ein Erstdruckrecht nicht vereinbart worden sei.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 13.05.2016