BGH, Urteil vom 09. Februar 2006 – III ZR 20/05
Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität, wenn der Vermittler einer prospektierten Kapitalanlage pflichtwidrig an ihn für den Vertrieb gezahlte „Innenprovisionen“ ungenügend offen gelegt oder sonstige Unrichtigkeiten im Prospekt nicht richtig gestellt hat.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2004 im Kostenpunkt – mit Ausnahme der darin enthaltenen Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 – und insoweit aufgehoben, als über die Klage gegen die Beklagte zu 1 erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten dieses Revisionsrechtszuges – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM zuzüglich 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs-GmbH & Co. P. /W. -G. 1 KG (im Folgenden: W. 1) und an der D. Grundstücks-Entwicklungs-GmbH & Co. W. -G. 2 KG (im Folgenden: W. 2). Geschäftsgegenstand dieser Fonds war der Bau und der Betrieb verschiedener Ladenzentren. Diese Kapitalanlagen vertrieb die Beklagte zu 1 unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte.
Der Kläger, der seine Beteiligungen aufgrund der ihm von dem Vertriebsbeauftragten der Beklagten zu 1, E. , gegebenen Informationen zeichnete, hat – soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse – von der Beklagten zu 1 (im Folgenden: die Beklagte) Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen an den mittlerweile in wirtschaftliche Schwierigkeiten, in einem Fall (W. 2) in Insolvenz geratenen Gesellschaften entstandenen Aufwendungen, Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, verlangt. Wegen weiterer Einzelheiten bis zum Erlass des ersten Revisionsurteils des Senats wird auf das Urteil vom 12. Februar 2004 – III ZR 359/02 – BGHZ 158, 110 = NJW 2004, 1732 verwiesen. Aufgrund der neuen Berufungsverhandlung hat das Berufungsgericht erneut – unter Aufrechterhaltung eines entsprechenden Versäumnisurteils – die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat bezüglich des Klageanspruchs gegen die Beklagte zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt in dem Umfang, in dem sie vom Senat zugelassen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. a) Das Berufungsgericht geht aufgrund des ersten Revisionsurteils des Senats von einem objektiv pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten aus, indem diese den Kläger nicht darüber aufklärte, dass bei W. 1 über die Eigenkapitalbeschaffungskosten in einer Größenordnung von 20 %, auf die es Hinweise im Prospekt gab, hinaus weitere Innenprovisionszahlungen in Höhe von 5 % erfolgt waren und bei W. 2 der bloße Hinweis im Prospekt, dass von Seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine „weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuss)“ gezahlt werde, den Umstand verschleierte, dass dieser „Werbungskostenzuschuss“ mit 14 % betragsmäßig noch über die – ohnehin nicht unbeträchtlichen – bekannten Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausging, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte (s. BGHZ 158, 110, 121 f).
Dabei sind die gezahlten Innenprovisionen (= für die Vermittlung des Eigenkapitals) richtigerweise jeweils ins Verhältnis gesetzt worden zu dem von den Anlegern als Gegenleistung (Preis) für ihre Beteiligung an den Kommanditgesellschaften einzubringenden Eigenkapital (bei W. 1: 27 Mio. DM, bei W. 2: 19,2 Mio. DM). Auf ein prozentuales Verhältnis dieser Provisionen zu dem prospektierten Gesamtaufwand der Anlagegesellschaften für ihre, aus Fremd und Eigenkapital zu finanzierenden, (Bau-)Vorhaben als ganze (bei W. 1: 62.845.30 DM, bei W. 2: 37.920.000 DM) hat der Senat dagegen in BGHZ 158, 110, 121 f – unbeschadet der möglicherweise missverständlichen Verwendung des Begriffs „Gesamtaufwand“ in unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen in diesem Urteil – nicht entscheidend abgestellt. An dieser Sicht ist entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der Revisionsverhandlung geäußerten Kritik festzuhalten. Dies folgt schon aus der Bindungswirkung des ersten Revisionsurteils; der Senat sieht aber auch unabhängig von der Bindung keinen Grund für eine andere Beurteilung. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Rechtsprechung, wonach Innenprovisionen ab einer gewissen Größenordnung ausgewiesen werden müssen, jedenfalls diesbezügliche Angaben zutreffend sein müssen, liegt darin, dass sich aus der Existenz und Höhe solcher Provisionen Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts ergeben können (BGHZ 158, 110, 118 f). Dabei ist das „Objekt“, um dessen Werthaltigkeit – gemessen am zu zahlenden Preis – es geht, nächstliegend danach zu bestimmen, was jeweils Gegenstand des Vertriebs ist. Das können beispielsweise rechtlich selbständige Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen, aber auch Beteiligungen an Immobilienfonds der hier in Rede stehenden Art sein. Wenn, wie hier, „Kauf“-Gegenstand die Beteiligung an einem Immobilienfonds ist, deren Preis die Aufbringung (eines Teils) des für das Bauvorhaben erforderlichen Eigenkapitals darstellt, so kann für die Wertschätzung dieser Geldanlage allein schon der Umstand, in welchem Umfang dem vom Anleger dafür zu zahlenden Preis (Innen-)Provisionen eben für die Vermittlung des Eigenkapitals gegenüberstehen, von maßgeblicher Bedeutung sein. Würde man dies anders sehen, so hätte dies gegebenenfalls die merkwürdige Konsequenz, dass bei Anlageobjekten mit einem besonders großen Anteil „weicher Kosten“ und einem hohen Fremdkapitalanteil (was zwangsläufig auch mit höheren Finanzierungskosten für die Fondsgesellschaft verbunden ist) selbst über – im Verhältnis zu dem vom Anleger aufzubringenden Geldbetrag – außergewöhnlich hohe Innenprovisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals nur deshalb nicht aufgeklärt werden müsste, weil die insgesamt geflossenen Provisionen weniger als 15 % des Gesamtaufwands ausmachten. Somit könnten gerade bei Anlagen, deren Rentabilität ohnehin in Frage gestellt ist, folgenlos hohe Innenprovisionen vereinbart werden, wodurch die ohnehin geringen Renditechancen der Anleger weiter verschlechtert würden.
b) Das Berufungsgericht verneint jedoch – letztlich wohl vor allem im Hinblick auf die dem Kläger für die Anlagen in Aussicht gestellten steuerlichen Vorteile – die Ursächlichkeit dieser Pflichtverletzungen der Beklagten für den Beitritt des Klägers zu W. 1 und 2 und den damit verbundenen Schaden.
2. An weiteren Pflichtverletzungen der Beklagten erörtert das Berufungsgericht, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse:
Die Werbung mit der Behauptung, dass zur Absicherung einer in den Anlagemodellen eingeschalteten Mietgarantin bereits eine Bankbürgschaft bereit stehe, was in Wirklichkeit nicht der Fall war, sieht das Berufungsgericht für W. 2 als pflichtwidrig an, für W. 1 lässt es dies offen, sieht aber auch insoweit keinen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
Darüber, dass die Mietgarantin im Falle W. 1 nicht über das bei Zeichnung im Prospekt genannte Stammkapital von 2 Mio. DM verfügte, sondern dieses nur 50.000 DM betrug, bedurfte es nach Auffassung des Berufungsgerichts angesichts der Hinweise im Prospekt auf kapitalmäßige Verflechtungen keiner zusätzlichen Aufklärung durch die Beklagte; jedenfalls verneint das Berufungsgericht auch insoweit einen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die in den Prospekten zugrunde gelegten Mieteinnahmen seien übersetzt gewesen, verneint das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten, die keinen Anlass gehabt habe, sich einzelne Mietverträge oder gar Flächenberechnungen vorlegen zu lassen. Darüber hinaus erscheine es im Hinblick auf den Verlauf der Beitritte des Klägers ausgeschlossen, dass derartige Angaben seine Beteiligungsentscheidungen auch nur mitbestimmt hätten. Der Kläger habe sich nur den Emissionsprospekt zu W. 1 vorlegen lassen, und dies auch erst nach Unterzeichnung der Beitrittserklärung. An W. 2 habe er sich beteiligt, ohne den Prospekt auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt einzusehen. Aufgrund dieses Verlaufs könne nur angenommen werden, dass dem Kläger die einzelnen Zahlen zu den Flächengrößen und voraussichtlichen Mieten gleichgültig gewesen seien. Ihm sei es vor allen Dingen auf die Höhe der ihm von dem Vermittlungsbeauftragten der Beklagten, Erbach, vorgerechneten Steuervorteile angekommen. Welche Erwartungen er ansonsten aus den ihm vorgelegten Kurz-Exposés und dem Emissionsprospekt zu W. 1 abgeleitet habe und inwiefern diese Erwartungen der Wirklichkeit zuwidergelaufen seien, lege er nirgends konkret dar.
Dies hält in entscheidenden Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
II.
Soweit das Berufungsgericht über die Aufklärungspflichtverstöße der Beklagten zu 1 zu den Innenprovisionen und zur – fehlenden – Existenz einer Bankbürgschaft für die Mietgarantin (bei W. 2 nicht abschließend geprüft) hinaus weitere objektive Pflichtverletzungen der Beklagten gegenüber dem Kläger (abschließend) verneint hat, rügt die Revision im Ansatz mit Recht, dass die Begründung des Berufungsgerichts hierzu in zwei Punkten rechtlichen Bedenken unterliegt.
1. In Bezug auf die unzutreffende Angabe des Stammkapitals der Mietgarantin für W. 1 (2 Mio. DM statt tatsächlicher 50.000 DM) wird es der Bedeutung des Einbaus eines Mietgaranten in das „Sicherheits-System“ einer Vermögensanlage der vorliegenden Art – insbesondere aus der Sicht eines nicht besonders erfahrenen, durchschnittlichen Anlageinteressenten – nicht gerecht, wenn das Berufungsgericht ausführt, durch die weiteren Angaben im Prospekt über die kapitalmäßigen Verflechtungen der beteiligten Unternehmen und die weiteren Umstände sei die „scheinbare Sicherheit“ der Mietgarantie „relativiert“ worden, was dem nicht nur flüchtigen Leser des Prospekts nicht hätte verborgen bleiben können. Solche Erwägungen führen nicht daran vorbei, dass die Angaben über die Höhe des Stammkapitals des Mietgaranten im Prospekt darauf abzielten, Vertrauen beim Anleger zu begründen, dann aber auch unbedingt den Tatsachen entsprechen mussten. Es kann andererseits insoweit auch nicht der von der Beklagten in der Revisionsverhandlung vertretenen Ansicht gefolgt werden, der betreffende Prospektmangel sei durch die spätere Erhöhung des Stammkapitals der Mietgarantin geheilt worden.
2. Was die Prüfung der Plausibilität der (dauerhaften Erzielbarkeit der) in den Angeboten zugrunde gelegten Mieteinnahmen beider Anlagen angeht, setzt sich das Berufungsgericht, wie die Revision rügt, nicht mit dem Vorwurf des Klägers auseinander, die Beklagte hätte ebenso wie der Gerlach-Report erkennen müssen, dass die angesetzten Eingangsmieten „deutlich über den Werten des RDM-Preisspiegels“ lagen. Andererseits musste die Beklagte angesichts dessen, dass die in Rede stehenden Mietverträge bei Zeichnung der Anlagen durch den Kläger schon überwiegend abgeschlossen waren, unbeschadet des allgemeinen Preisspiegels nicht unbedingt Probleme hinsichtlich der dauerhaften Erzielbarkeit der Mieten sehen.
3. Auf die beiden angesprochenen Punkte – vom Kläger weiter geltend gemachte objektive Pflichtverstöße der Beklagten – braucht allerdings im vorliegenden Revisionsverfahren nicht abschließend eingegangen zu werden. Das Berufungsgericht hat in einer neuen Berufungsverhandlung ohnehin Gelegenheit, sich mit dem betreffenden Vortrag des Klägers noch einmal auseinanderzusetzen. Sein Urteil unterliegt schon aus anderen Gründen der Aufhebung.
III.
Denn soweit das Berufungsgericht zutreffend objektive Pflichtverstöße der Beklagten zu 1 angenommen hat oder solche – ohne sie abschließend zu prüfen – in Betracht gezogen beziehungsweise bei seiner weiteren Prüfung in Hilfserwägungen unterstellt hat, trägt seine Begründung nicht die Annahme, es fehle am Ursachenzusammenhang zwischen diesen Pflichtverstößen und dem Anlageentschluss des Klägers.
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die in Betracht gezogenen Pflichtverletzungen der Beklagten seien für den dem Kläger entstandenen Schaden nicht ursächlich gewesen, entbehrt einer rechtlichen Grundlage, soweit es diese – so hinsichtlich des dem Kläger verschwiegenen Umstands, dass bei W. 1 das Stammkapital des Mietgaranten nicht 2 Mio. DM, sondern nur 50.000 DM betrug – wie folgt begründet: Der Schaden des Klägers bestehe letztlich darin, dass die Rendite nicht die vom Kläger erhoffte Höhe erreicht habe, sich die Anlagen nach seiner Darstellung vielmehr als wertlos entpuppt hätten. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass sich dieser Schaden dadurch vergrößert habe, dass die Erhöhung des Stammkapitals des Mietgaranten erst im September 1997 beschlossen worden sei; der Schaden wäre nicht geringer ausgefallen, wäre die Erhöhung des Stammkapitals schon vor dem Beitritt des Klägers zu W. 1 beschlossen worden. Bei dieser Argumentation übersieht das Berufungsgericht, dass bei Verletzung einer Beratungs- oder Aufklärungspflicht ein Vermögensschaden des Anlegers, der sich bei zutreffender Unterrichtung nicht an dem Anlagemodell beteiligt hätte, schon immer dann zu bejahen ist, wenn die Anlage – aus welchen Gründen auch immer – den gezahlten Preis nicht wert ist, und er nach § 249 BGB so zu stellen ist, wie wenn er sich daran nicht beteiligt hätte (vgl. nur Senatsurteil vom 13. Januar 2000 – III ZR 62/99 – ZIP 2000, 355, 357; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 – XI ZR 355/02 – NJW 2004, 1868, 1869). Um einen anderen Schaden geht es hier, anders als das Berufungsgericht erwägt, nicht.
2. Die Kausalitätsfrage stellt sich dahin, wie die Dinge sich entwickelt hätten, wenn der Kläger zu den betreffenden Punkten in der gebotenen Weise aufgeklärt worden wäre. Das heißt, der gebotene Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden ist hier gegeben, wenn der Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.
a) Das Berufungsgericht, das von diesem Ansatz im sonstigen Zusammenhang seiner Ausführungen auch selbst ausgeht, verneint insoweit die Ursächlichkeit der erörterten Pflichtverletzungen der Beklagten unter anderem mit der verschiedentlich gemachten Aussage, es sei davon „überzeugt“, dass die Pflichtverletzungen dafür, dass der Kläger W. 1 und W. 2 beigetreten sei, nicht ursächlich seien. An anderer Stelle bringt es seine „Überzeugung“ zum Ausdruck, dass eine Richtigstellung – hier zur Höhe der Innenprovision – den Kläger nicht dazu bewogen hätte, von dem vereinbarten Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.
b) Bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher darauf bezogener Ausführungen des Berufungsgerichts kann darin jedoch keine eindeutige, auf lückenlose Indizien gestützte, auf tatrichterlicher Überzeugung (§ 286 ZPO) beruhende, (positive) Feststellung eines bestimmten – hypothetischen – Sachverhalts gesehen werden. Die betreffenden Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind vielmehr mit einer Reihe – noch näher zu erörternder – normativer Erwägungen verbunden, aus denen es letztlich die Berechtigung herleitet, die Unklarheiten über die hypothetischen Abläufe, insbesondere zu den gegebenenfalls vom Kläger zu treffenden Willensentscheidungen, zu Lasten des von der Vorinstanz jedenfalls in erster Linie für vortragspflichtig gehaltenen Klägers – dem nach Auffassung des Berufungsgerichts „Erleichterungen der Darlegungslast … nicht zugute kommen“ sollen – gehen zu lassen.
aa) Dabei ist, wie die Revision mit Recht rügt, der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, was die Darlegungs- und Beweislast angeht, unrichtig oder zumindest missverständlich, ohne dass sich revisionsrechtlich ausschließen lässt, dass sich dieses Missverständnis auf das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis ausgewirkt hat. Das Berufungsgericht führt nämlich am Schluss seiner allgemeinen Erwägungen über die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität aus, letztlich sei der Tatrichter in jedem Einzelfall dazu aufgerufen, die Kausalitätsfrage „anhand der grundsätzlich zunächst einmal vom Kläger vorzutragenden konkreten Umstände zu beurteilen“. Das trifft für den vorliegenden Fragenkreis nicht zu.
(1) Das Berufungsgericht nimmt mit seiner Bemerkung Bezug auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2004 zur Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft für fehlerhafte Ad hoc-Mitteilungen (II ZR 217/03 – NJW 2004, 2668, 2671; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 ff, 147). Diese Urteile betreffen aber, wie die Revision mit Recht anführt, andere Sachverhalte als die hier in Rede stehenden Fälle der Prospekthaftung (im weiteren Sinne). In diesen Fällen entspricht es nach der ständigen, vom Berufungsgericht auch zitierten, Rechtsprechung der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; 84, 141, 148; BGH, Urteil vom 1. März 2004 – II ZR 88/02 – ZIP 2004, 1104, 1106). Entscheidend ist insoweit, dass durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Objekt investieren will oder nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der jeweilige Kläger bei vollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte, sind von dem jeweiligen Beklagten vorzutragen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Juli 2005 – III ZR 290/04 – ZIP 2005, 1599, 1604).
(2) Ob der vorliegende Ansatz sogar zu einer echten Beweislastumkehr zu Lasten des wegen Aufklärungspflichtverletzung in Anspruch genommenen Beklagten führt oder sich nach dem hier vertretenen Standpunkt in der Möglichkeit einer erleichterten Beweisführung auf der Grundlage einer nur tatsächlichen Vermutung erschöpft, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter vertieft zu werden. Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren muss jedenfalls sein, dass es grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers sein muss, die durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften.
bb) Diese (tatsächliche) Vermutung zugunsten des Klägers dafür, dass er die Anlagen nicht gezeichnet hätte, ist, anders als nach dem rechtlichen Ansatz des Berufungsgerichts, ausgehend von dem bisherigen Parteivorbringen auch nicht im Blick auf die Möglichkeit mehrerer „aufklärungsrichtiger“ Verhaltensweisen des Klägers (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 160, 58, 66) ihrer Grundlage beraubt. Bei dauerhaften Vermögensanlagen wie bei einem Immobilienfonds, bei denen der Anleger – wie auch der Kläger im Streitfall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts – „Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz“, also nachhaltige Werthaltigkeit, erwartet, verbietet sich im Regelfall (vorbehaltlich konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte im Einzelfall) die Annahme, eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage (objektiv) abträgliche Umstände – wie etwa auch die signifikante Überhöhung der prospektierten Innenprovisionen – hätte bei Anlageinteressenten allein schon deshalb, weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen „Entscheidungskonflikt“ begründet (vgl. BGHZ 160, 58, 66 – jedoch für eine andere Fallgestaltung). Auch hier greift vielmehr zunächst einmal die (tatsächliche) Vermutung ein, dass der Anlageinteressent wegen gewichtiger Bedenken hinsichtlich der Werthaltigkeit der Anlage diese nicht gezeichnet hätte. Die Erwartung von Steuervorteilen für eine begrenzte Zeit aus einer Immobilie kann zwar ausnahmsweise Selbstzweck der Anschaffung der Immobilie sein. In aller Regel wird diese aber als dauerhafte Wertanlage erworben.
c) Ein weiterer durchgreifender Mangel der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt darin, dass es bei seinen Kausalitätserwägungen all diejenigen unrichtigen oder irreführenden und daher von der Beklagten richt zu stellenden Prospektangaben ausklammert, die der Kläger vor der Zeichnung der beiden Anlagen nicht zur Kenntnis genommen hatte (die Zeichnungen des Klägers erfolgten aufgrund der mündlichen Informationen des Vertriebsbeauftragten der Beklagten, bei W. 1 anhand eines Kurzexposés, ohne dass die eigentlichen Prospekte vorlagen; bei W. 1 wurde er nachgereicht, bei W. 2 nicht). Der Schluss, solche Prospektangaben hätten für den Anlageentschluss des Klägers keine Rolle spielen können, ist, jedenfalls bei Zugrundelegung des diesbezüglichen Vortrags des Klägers, rechtlich nicht haltbar.
aa) Nach den von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätzen wird ein Kausalzusammenhang zwischen einem prospektierten Unternehmensbericht und dem Kaufentschluss des Anlegers vermutet, wenn die Aktien nach Veröffentlichung des Unternehmensberichts erworben worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Anleger den Bericht gelesen oder gekannt hat. Ausschlaggebend ist, dass der Bericht die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und damit eine Anlagestimmung erzeugt. Diese Stimmung kann der Erwerber für sich in Anspruch nehmen (BGHZ 139, 225, 233; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 f und BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 217/03 – NJW 2004, 2668, 2671). Ob diese Grundsätze für den speziellen Bereich der Emissionsprospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung auch auf den Vertrieb von Kapitalanlagen in der Form geschlossener Immobilienfonds, für die die Initiatoren Prospekte herausgegeben hatten, übertragen werden könnten (vgl. auch zur Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 13a des Verkaufsprospektgesetzes in der Fassung des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes zum 28. Oktober 2004, BGBl. I S. 2630, Bohlken/ Lange, DB 2005, 1259, 1260), braucht nach dem derzeitigen Sachstand im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt zu werden, zumal es bisher an Feststellungen beziehungsweise Parteivortrag zu einer „Anlagestimmung“ aufgrund der Prospekte für W. 1 und 2 fehlt.
bb) Hierauf kommt es nicht an, denn nach dem jetzigen Sachstand können schon deshalb nicht einzelne (unrichtige) Prospektaussagen als vom Kläger überhaupt nicht zur Kenntnis genommen ganz ausgeschieden werden, weil bei W. 1 dem Kläger einen Tag nach der Erklärung seines Beitritts – aber vor Ablauf der Widerrufsfrist – der Prospekt ausgehändigt worden ist und der Beitritt zu W. 2, zwar ohne Aushändigung eines Prospekts, aber, wie die Revision zutreffend rügt, nach dem Klägervortrag auf der Grundlage der Erklärung des Vermittlungsbeauftragten E. erfolgt ist, die wirtschaftlichen Eckdaten bei W. 2 seien ähnlich wie bei W. 1.
cc) Darüber hinaus ist es rechtlich bedenklich, wenn das Berufungsgericht daraus, dass der Kläger sich über bestimmte Umstände – hier in erster Linie die Innenprovisionen – nicht informiert hat, ohne weiteres den Schluss zieht, diese Umstände hätten den Kläger überhaupt nicht interessiert und die unrichtigen Angaben im Prospekt könnten schon deshalb für seinen Anlageentschluss nicht ursächlich gewesen sein. Insbesondere, was den Komplex Innenprovisionen angeht, hat sich das Bewusstsein hierfür in den Anlegerkreisen erst nach und nach entwickelt (s. die Hinweise auf die in der Fachliteratur geführten Diskussion in dem Senatsurteil BGHZ 158, 110, 118 und in BGHZ 145, 121, 129). Nach dem Klägervortrag ist davon auszugehen, dass auch ihm bei Zeichnung der Anlagen diese Problematik nicht bekannt war. Es kann aber nicht angehen, dass beim Vertrieb einer Kapitalanlage verwendete irreführende Beschreibungen von – für die Werthaltigkeit – (objektiv) wesentlicher Bedeutung schadensersatzrechtlich allein deshalb sanktionslos bleiben, weil der Anlageinteressent aufgrund mangelnder oder nur begrenzter Anlegererfahrung keinen Anlass gesehen hatte, sich zu dem betreffenden Punkt Informationen geben zu lassen. Das gilt auch, soweit – was nicht auszuschließen ist – mangelnde Information zu diesem Gesichtspunkt dazu geführt hat, dass dieser nicht von Anfang an vom Kläger als Pflichtverletzung der Beklagten in den vorliegenden Prozess eingeführt worden ist.
d) Die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind schließlich auch insoweit unzureichend, als es die Frage, wie der Kläger sich im Falle korrekter Informationen über die in Rede stehenden Kapitalanlagen verhalten hätte, erörtert, ohne darauf einzugehen, auf welche Art und Weise die „Richtigstellung“ der zunächst einmal vorhandenen Unrichtigkeiten im Prospekt hätte erfolgen müssen. Insoweit trifft es zwar nicht zu, dass, wie die Revisionsbegründung geltend macht, Richtigstellung zwangsläufig bedeutet hätte, dass die bisherige Prospektierung als „unredlich“ aufgedeckt worden wäre. Eine sachgerechte Richtigstellung hätte aber möglicherweise geeignet sein können – z.B. bezüglich der Innenprovisionen -, ein Problembewusstsein bei dem Kläger zu wecken oder ihn zu veranlassen, sich zu diesem Punkt vor der Anlageentscheidung fachkundigen Rat geben zu lassen.
3. Da, wie vorstehend erörtert, die tatrichterliche Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen den Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten und den Anlageentschlüssen des Klägers in wesentlichen Punkten von unzutreffenden Ansätzen ausgeht, trägt die bisher vom Berufungsgericht gegebene Begründung die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht ohne die angesprochenen rechtlichen Mängel nicht zu der von ihm erklärten „Überzeugung“ gelangt wäre. Auf die weiteren gegen die Würdigung des Berufungsgerichts gerichteten Rügen der Revision, insbesondere die, dass wesentliches Parteivorbringen des Klägers übergangen oder falsch verstanden worden sei, kommt es nicht mehr an.
Das Berufungsgericht hat in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit, sich auch damit auseinanderzusetzen.
IV.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Auffassung der Revisionserwiderung, die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede sei begründet, hat im vorliegenden Prozessstoff keine Grundlage. Nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht gilt für Schadensersatzansprüche des Anlegers gegen den Anlagevermittler grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. (BGHZ 83, 222, 227; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 – IVa ZR 231/82 – WM 1984, 1075, 1077; Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 – III ZR 118/03 – WM 2004, 278, 279). Dass diese Frist, was grundsätzlich nicht ausgeschlossen war, wirksam rechtsgeschäftlich verkürzt worden wäre, ergibt sich aus dem Vorbringen der Revisionserwiderung nicht. Eine diesbezügliche Absprache unmittelbar zwischen dem Kläger und der Beklagten (Anlagevermittlerin) wird nicht behauptet. Dem Parteivortrag ist auch nicht zu entnehmen, dass aufgrund der durch den Beitritt des Klägers zu den Fonds – in Verbindung mit den Anlageprospekten – begründeten Vertragsbeziehung zu den Anlagegesellschaften zugunsten der Beklagten als Dritter eine Verjährungsverkürzung wirksam vereinbart worden wäre. Der Prospekt W. 1 enthält zwar einen „Haftungsvorbehalt“, der nach seinem Gesamtzusammenhang auch darauf abzielt, die Kapitalvermittlungsgesellschaft haftungsrechtlich mit zu entlasten. Als Teil der in den Beitrittsvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beteiligungsgesellschaft wäre diese Bestimmung aber jedenfalls als überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG ungültig (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 aaO). Der Überraschungscharakter wird auch – was die Verkürzung der Verjährung gerade gegenüber der Kapitalvermittlungsgesellschaft angeht – nicht durch hinreichende drucktechnische Hervorhebung der Klausel (vgl. Senatsurteil aaO S. 281) beseitigt; der auf die Verjährung bezogene, fettgedruckte Teil des „Haftungsvorbehalts“ (S. 30 des Prospekts W. 1, rechte Spalte) spricht nur Schadensersatzansprüche „gegen die vorgenannten Personen oder Gesellschaften“ an, ohne letztere in diesem optisch herausgestellten Teil konkret zu bezeichnen. Selbst wenn hierdurch ein hinreichend deutlicher Hinweis jedenfalls auch auf die „Kapitalvermittlungsgesellschaft“ erfolgt wäre, war damit noch nicht ohne weiteres die Beklagte gemeint, denn nach dem Prospekt (S. 18) war die D. Planungs-, Entwicklungs- und Management AG mit der Eigenkapitalbeschaffung beauftragt.
Die Anwendung der von der Revisionserwiderung ebenfalls zur Sprache gebrachten Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG scheitert schon daran, dass die Beklagte weder als ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig geworden ist, noch die ihm angelasteten Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen begangen hat (s. zu den Voraussetzungen dieser Vorschrift auch das zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmte Senatsurteil vom 19. Januar 2006 – III ZR 105/05).
V.
Das Berufungsurteil kann daher in dem angefochtenen Umfang keinen Bestand haben. Mangels Entscheidungsreife im Revisionsverfahren ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen treffen kann. Insbesondere hat das Berufungsgericht noch einmal umfassend zu prüfen – gegebenenfalls auch unter persönlicher Anhörung des Klägers -, ob und inwieweit die bestehende (tatsächliche) Vermutung der Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten für die Anlageentscheidungen des Klägers entkräftet ist.