LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 18.05.2011 – 2 O 8329/10
Es genügt nicht, auf Bahnsteigen bei winterlichen Verhältnissen ausschließlich den Bereich vor der weißen Linie zur Bahnsteigkante hin zu räumen. Vielmehr ist der Bahnsteig auf einer solchen Breite zu räumen, dass auch ein Bereich hinter der weißen Linie geräumt ist, der ausreichend breit ist, um den Bahnreisenden ein gefahrloses Begehen zu ermöglichen. Die Kammer neigt zu der Auffassung, dass nach der weißen Linie noch zumindest eingeräumter Bereich mit einer Breite von 0,80 m erforderlich ist.
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 1.556,57 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.10.2010, weitere 35.000,-€ sowie weitere 1.761,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.10.2010 zu bezahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger jeweils 2/3 aller zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis auf dem Bahnhofsgelände … vom 17.02.2010 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind; bei der Beklagten zu 2 ist diese Haftung begrenzt auf die Höchstgrenzen des § 9 Haftpflichtgesetz.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 39 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 61 % zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 92.696,45 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Unfall auf dem Bahnsteig des Bahnhofs … vom 17.02.2010.
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Der am 12.04.1993 geborene Kläger fuhr am Mittwoch, den 17.02.2010 (Aschermittwoch) gemeinsam mit Bekannten, den Zeugen … , mit dem Nahverkehrszug 35709 von … nach … und stieg dort gemeinsam mit diesen Bekannten bei dem planmäßigen Halt des Zuges gegen 01.35 Uhr aus. Der Kläger ging sodann den Bahnsteig entlang in Richtung … zum östlichen Ausgang des Bahnsteigs. Nachdem der Zug angefahren war, geriet der Kläger ins Straucheln und stürzte, wobei er mit den Füßen über die Bahnsteigkante in den Schienenbereich geriet. Der anfahrende Zug erfasste den linken Fuß des Klägers. Der Kläger erlitt dabei schwere Verletzungen am linken Fuß, die mit extremen Schmerzen verbunden waren.
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Die Beklagte zu 1 ist Betriebsunternehmerin zum Betrieb der Eisenbahnfahrzeuge, durch deren Schienenfahrzeug der Kläger verletzt wurde. Die Beklagte zu 2 hält das Schienennetz vor, auf die Schienenfahrzeuge der Beklagten zu 1 verkehren. Die Beklagte zu 3 ist Eigentümerin und Betreiberin der Bahnhöfe einschließlich des Bahnhofs … Aufgabe der Verkehrssicherung und insbesondere des Winterdienstes hat sie Drittunternehmen übertragen, die versichert sein müssen.
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Zum Unfallzeitpunkt war der vom Kläger benutzte Bahnsteig des Bahnhofs … zum Teil geräumt. Der Bereich von der Bahnsteigkante bis etwa zu bzw. bis kurz vor der auf dem Bahnsteig angebrachten Sicherheitslinie, die sich in einer Entfernung von etwa 1 m zur Bahnsteigkante befindet, war – wenn auch der genaue Zustand im Detail streitig ist – geräumt, der Bereich hinter der Sicherheitslinie war nicht geräumt.
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Wegen der Verletzung wurde der Kläger zunächst über 7 Wochen stationär im Klinikum … behandelt. Er wurde insbesondere mehrfach operiert. Nachdem eine Wiederherstellung des linken Fußes des Klägers nicht möglich war, musste letztlich infolge der erlittenen Quetschungen der linke Fuß des Klägers etwa ab der Ferse amputiert werden. Im Anschluss an diese Behandlung folgte eine 6-wöchige Reha-Behandlung in … .
6
Der Kläger war bis zu dem streitgegenständlichen Unfall ein sehr sportbegeisterter Schüler und wählte im Gymnasium das Leistungsfach Sport und wollte nach dem Abitur ein Sportstudium mit dem Ziel des Lehramts an Gymnasien beginnen. Ferner war der Kläger bis zum Unfallgeschehen aktiver Fußballspieler in der 1. Mannschaft des SSV … (Bayernliga) und strebte auch eine Profikarriere an. Aufgrund des Unfalls ist dem Kläger die bisherige Lebensgestaltung, die durch seine sportlichen Freizeitaktivitäten geprägt waren, nicht mehr möglich.
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Infolge des Unfalls entstanden dem Kläger folgende Schäden:
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Die Eltern des Klägers besuchten diesen während der 7-wöchigen stationären Behandlung im … in … täglich, die einfache Wegstrecke von deren Wohnsitz in … zum Klinikum … mit dem Pkw beträgt 28 km.
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Während des 6-wöchigen Reha-Aufenthalts besuchten die Eltern den Kläger in der Reha-Klinik … zweimal wöchentlich, die einfache Wegstrecke von … nach … mit dem Pkw beträgt 187 km.
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Die beim Unfall vom Kläger getragene neuwertige Kleidung musste vom Rettungspersonal zerschnitten werden und wurde dabei völlig zerstört; im Einzelnen:
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1 Jeans der Marke Lee | 110,00 € |
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Sportschuhe der Marke Puma | 50,00 € |
T-Shirt | 20,00 € |
Winterjacke „H+M“ | 40,00 € |
Weste | 30,00 € |
insgesamt | 250,00 € |
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Der Kläger kann sein bisheriges Schuhwerk nicht mehr benutzen und schaffte sich deshalb über die Leistung der gesetzlichen Krankenkasse hinaus auf eigene Kosten Prothesenschuhe an.
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Hierdurch entstanden Kosten in Höhe von . 159,90 €.
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Über die Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse hinaus schaffte der Kläger eine Narbensalbe an. Hierdurch entstanden Kosten in Höhe von 11,95 €.
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Für die Beschaffung eines ärztlichen Attests zur Befreiung von der Musterung entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 5,00 €.
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Ferner entstanden dem Kläger durch den Krankenhaus- und Reha-Aufenthalt pauschale Aufwendungen für Telefon, Porto, Toilettenartikel etc. von 100,00 €.
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Vorgerichtlich ließ der Kläger die … mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.05.2010 auffordern, bis spätestens 08.06.2010 die Haftung dem Grunde nach anzuerkennen und eine frei verrechenbaren Vorschuss in Höhe von mindestens 40.000,- € zu bezahlen.
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Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 06.10.2010 ließ der Kläger ferner eine Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung erholen.
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Der Kläger behauptet nun, dass der Kläger auf einer kleinen Eisfläche in dem geräumten Bereich zwischen Bahnsteigkante und Sicherheitslinie gestürzt sei. Auch dieser auf den ersten Blick geräumt erscheinende Bereich habe teilweise Glättestellen aufgewiesen. In den Tagen vor dem Unfallgeschehen habe Hochdruckwetter geherrscht, weshalb sich im umgeräumten Bereich des Bahnsteigs Tauwasser gebildet habe, welches sodann auf den geräumten Bereich gelaufen sei und dort kleine Glätteflächen gebildet habe.
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Er ist der Auffassung, dass für den Unfall ein unzureichend geräumter Bahnsteig ursächlich gewesen sei; durch das nicht erfolgte Räumen des eigentlichen Gehbereichs hinter der Sicherheitslinie seien die Fahrgäste insbesondere in der Dunkelheit gezwungen gewesen, zu nach auf dem vermeintlich geräumten Bereich am fahrenden Zug vorbeizulaufen, was sodann beim Kläger zu dem Sturz geführt habe. Bei gehöriger Räumung des Bahnsteigs auch hinter der Sicherheitslinie wäre das Unfallgeschehen unschwer zu vermeiden gewesen, da dann der Kläger schon instinktiv wesentlich weiter vom fahrenden Zug entfernt seinen Weg Richtung Ausgang gefahrlos hätte antreten können. Die Beklagten haften daher nach Ansicht des Klägers aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und verschuldensunabhängig nach dem Haftpflichtgesetz. Die Beklagten hafteten auch gesamtschuldnerisch. Sie seien Eisenbahnunternehmer nach dem Haftpflichtgesetz, weil sie arbeitsteilig und lediglich aus ökonomischen Gesichtspunkten wirtschaftlich getrennt ein Eisenbahnunternehmen zusammen führen.
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Den materiellen Schaden beziffert der Kläger dabei mit insgesamt 2.696,45 €; die unstreitigen Fahrten seiner Eltern ins Krankenhaus … in die Reha-Klinik beziffert er dabei mit 49 Fahrten x 56 km x 0,30 € = 823,20 € (Fahrten in das Klinikum …) und mit 12 Fahrten x 374 km x 0,30 € = 1.346,60 € (Fahrten in die Reha-Klinik …)
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Ferner verlangt der Kläger Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 60.000,– €.
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Im Hinblick auf künftige materielle und immaterielle Schäden etwa für einen Umbau eines Kraftfahrzeugs oder aufgrund weiterer Schmerzen oder Beschwerden im Bereich des Stumpfes verlangt der Kläger die Feststellung der künftigen Eintrittspflicht der Beklagten.
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Letztlich macht der Kläger noch Rechtsanwaltskosten geltend, und zwar für die vorgerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten gegenüber der … 1.999,32 € (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 92.696,45 € zuzüglich Kostenpauschale und Mehrwertsteuer) und 649,74 € für die Erholung der Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung durch seine Prozessbevollmächtigten.
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Der Kläger beantragt:
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1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 2.696,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus seit Klagezustellung zu bezahlen.
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2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ein angemessenes, in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichtes gestelltes Schmerzensgeld zu bezahlen; mindestens jedoch einen Betrag in Höhe von 60.000,-€.
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3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis auf dem Bahnhofsgelände … vom 17.02.2010 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
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4. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger weitere 1.999,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus seit Klagezustellung zu bezahlen.
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5. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger weitere 649,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus seit Klagezustellung zu bezahlen.
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Die Beklagten beantragen
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Klageabweisung.
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Zu der klägerischen Unfallschilderung tragen sie vor, dass tatsächlich an der Sturzstelle kein Eis gewesen sei, es habe im Bereich des Sturzes nicht einzelne vereiste Stellen gegeben. Es müsse somit eine andere Ursache für das Unglück gegeben haben. Zwar habe sich eine erste Meldung nicht bestätigt, es habe eine Rangelei zwischen angetrunkenen Jugendlichen gegeben, die zu dem Unglück geführt habe. Allerdings liege der Gedanke nicht fern, dass Alkohol eine Rolle gespielt haben könnte, wenn eine Gruppe von fünf Jugendlichen am Aschermittwochmorgen aus einer Diskothek nach Hause kämen. Der Kläger habe angegeben, an dem Abend zwei Biermixgetränke à 0,33 € zu sich genommen zu haben. Weiter habe er noch angegeben, dass er sonst das ganze Jahr über keinen Alkohol trinke, da er fünf Mal in der Woche zum Fußballtraining gehe. Da könne ein Bier mehr oder weniger in der Wirkung eine erhebliche Rolle spielen.
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Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Beklagten zu 1 und zu 2 schon von vorne herein nicht hinsichtlich der klägerseits behaupteten Verletzung der Verkehrssicherungspflichten in Betracht kämen. Für eine Passivlegitimation der Beklagten zu 2 genüge nicht, dass diese im Zusammenwirken mit anderen Bahnunternehmen den Eisenbahnbetrieb durch Vorhaltung eines Schienennetzes ermögliche; ein irgendwie gearteter kausaler Bezug zum streitgegenständlichen Unfallereignis fehle völlig.
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Hinsichtlich etwaiger Ansprüche nach dem Haftpflichtgesetz seien die Haftungsobergrenzen des § 9 Haftpflichtgesetz zu beachten; auch müsse ggf. der Regress der Sozialversicherungsträger Berücksichtigung finden.
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Zu den klägerseits geltend gemachten Schadenspositionen sind die Beklagten der Auffassung, dass das geforderte Schmerzensgeld überhöht sei. Auch die Fahrtkosten der Eltern des Klägers seien übersetzt, da diese nur erstattungsfähig seien, wenn und soweit die Besuche aus medizinischen Gründen angezeigt erschienen. Tägliche Elternbesuche seien danach allenfalls in der ersten Zeit als der Heilung förderlich anzusehen; keinesfalls gelte dies für die Besuche in der Rehabilitation. Zudem sei der Kilometersatz nur mit 0,25 € je Kilometer anzusetzen. Ferner könne der Kläger keine Kosten für die Erholung einer Deckungszusage verlangen, da eine gesonderte Rechtsanwaltsgebühr hierfür nicht anfalle.
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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten mit Schriftsätzen vom 20.04.2011 und vom 21.04.2011 (sowie auch die Streithelferin mit Schriftsatz vom 03.05.2011) weiter vorgetragen, dass sie u.a. den Winterdienst mit einem (als Anlage vorgelegten) Rahmenvertrag auf die Streithelferin übertragen habe; den Rahmenvertrag habe die … im Auftrag der Beklagten zu 3 mit der Streithelferin geschlossen. Danach sei Räumen und Streuen auf der gesamten Bahnsteiglänge von 209 m in einer Breite von 1,8 m ab Bahnsteigkante geschuldet. Ihrer Kontrollpflicht sei die Beklagte zu 3 nachgekommen, zuletzt durch Kontrollen des Winterdiensteinsatzes auf dem streitgegenständlichen Bahnhof am 21.01.2010 durch … und am 08.02.2010 durch … jeweils ohne Beanstandung, sowie durch die … am 19.01.2010 und am 20.02.2010; bei letzterer Kontrolle sei festgestellt worden, dass wegen erneuten Schneefalls nochmaliges Räumen erforderlich sei.
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Diesen Vortrag bestreitet der Kläger und rügt ihn als verspätet.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen … .
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Ferner war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung die Akte 606 UJs 112017/10 der Staatsanwaltschaft … Außerdem hat das Gericht den Kläger und dessen Mutter informatorisch zu den Verletzungsfolgen und insbesondere der stationären Behandlung des Klägers befragt. Hinsichtlich Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme sowie der informatorischen Anhörung wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung vom 15.03.2011 (Bl. 49-71 d.A.).
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger kann von sämtlichen Beklagten in Höhe einer Haftungsquote von 2/3 Ersatz des ihm bei dem streitgegenständlichen Unfall entstandenen Schadens verlangen, bei der Beklagten zu 2 allerdings begrenzt auf die Haftungshöchstgrenzen des § 9 Haftpflichtgesetz.
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1. Die Beklagten zu 1 und zu 2 sind als Gesamtschuldner (innerhalb der Haftungsgrenzen des § 9 Haftpflichtgesetz) nach § 1 Haftpflichtgesetz dem Kläger zum Ersatz des aus dem Unfall vom 17.02.2010 entstandenen Schadens verpflichtet.
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a) Der Kläger wurde beim Betrieb einer Schienenbahn, also einem Betriebsunfall der Bahn, verletzt. Ein solcher Betriebsunfall liegt vor, wenn ein unmittelbarer äußerer – örtlicher und zeitlicher – Zusammenhang zwischen einem Unfall und einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung der Eisenbahn besteht oder wenn der Unfall durch eine dem Bahnbetrieb eigentümliche Gefahr verursacht worden ist (vgl. BGH, BGHZ 158, 130-142 mwN). Ein Betriebsunfall in diesem Sinne liegt im streitgegenständlichen Fall zweifellos vor: Der Kläger bzw. dessen linker Fuß wurde nach dem Verlassen des Zuges beim Verlassen des Bahnhofs von dem anfahrenden Zug überrollt, so dass der geforderte unmittelbare äußere örtliche und zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfall des Klägers und dem Anfahren des Zuges als Betriebsvorgang vorliegt.
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b) Die Beklagten zu 1 und zu 2 sind auch Bahnbetriebsunternehmer im Sinne dieser Vorschrift und somit Haftungsgegner.
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Bahnbetriebsunternehmer im Sinne des § 1 Haftpflichtgesetz sind sowohl Eisenbahnverkehrsunternehmen wie die Beklagte zu 1 als auch Eisenbahninfrastrukturunternehmen wie die Beklagte zu 2. Denn Betriebsunternehmer im Sinne dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung derjenige, der eine Bahn für eigene Rechnung betreibt und dem die Verfügung über den Betrieb zusteht. Damit ist zwar grundsätzlich die Verfügung über den Bahnbetrieb als Ganzes gemeint, also über Beförderungsmittel und Infrastruktur. Betriebsunternehmer kann aber auch sein, wer lediglich die Herrschaft über einen Teil des Betriebes innehat, wenn das Merkmal des Betreibens auf eigene Rechnung erfüllt ist. Entscheidend ist, dass er gerade durch die Einwirkungsmöglichkeiten und -verpflichtungen hinsichtlich dieses Teils des Betriebes imstande ist, die hiervon ausgehenden Gefahren abzuwenden oder zu verringern. Schon vor der rechtlichen Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das Allgemeine Eisenbahngesetz vom 27. Dezember 1993 konnte demnach als Betriebsunternehmer im Einzelfall auch derjenige anzusehen sein, der lediglich die Verfügungsgewalt über einen der beiden Bestandteile des Bahnbetriebs hatte. Nunmehr ist davon auszugehen, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen und Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Regelfall nebeneinander Betriebsunternehmer sind, die im Schadensfall einem außenstehenden Geschädigten als Gesamtschuldner haften. Durch die rechtliche Trennung mit dem Allgemeinen Eisenbahngesetz sollte eine Enthaftung des Eisenbahninfrastrukturunternehmens nicht erfolgen, etwaige Nachteile für Geschädigte wollte der Gesetzgeber keinesfalls in Kauf nehmen (vgl. hierzu bspw. BGH, BGHZ 158,130-142, mwN). Im Ergebnis ist somit nicht nur die Beklagte zu 1; die die Beförderung von Personen übernimmt und damit Eisenbahnverkehrsleistungen erbringt, als Eisenbahnverkehrsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1, 2 AEG ein Bahnbetriebsunternehmer, sondern auch die Beklagten zu 2, die die Schienenwege der Bahn und mithin (einen Teil) ihrer Betriebsanlagen betreibt, als Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Sinne von §2 Abs. 1, 3, 3a AEG.
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Ein kausaler Bezug zwischen dem von dem einzelnen in Anspruch genommenen Unternehmen betriebenen jeweiligen Betriebsteil einschließlich der davon ausgehenden spezifischen Gefahren und dem jeweiligen Betriebsunfall, aus dem ein Geschädigter Ansprüche herleitet, ist für die Haftung der jeweiligen Bahnbetriebsunternehmen nach Auffassung der Kammer hingegen nicht erforderlich. Insbesondere fordert die die Außenhaftung der Bahnbetriebsunternehmen begründende Vorschrift des § 1 Haftpflichtgesetz gerade keinen solchen Zusammenhang. Auch aus der oben bereits dargestellten Entwicklung des Bahnbetriebs mit einer rechtlichen Trennung von Eisenbahnverkehrsunternehmen und Eisenbahninfrastrukturunternehmen lässt sich ein solches Erfordernis gerade nicht herleiten, da aus der rechtlichen Trennung gerade keine Nachteile für die Geschädigten erwachsen sollten; einen solchen Nachteil würde es jedoch darstellen, wenn dem Geschädigten nunmehr auferlegt wäre festzustellen, welcher Betriebsteil die Verantwortung für den Bahnunfall trägt.
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Auch aus § 13 Haftpflichtgesetz lässt sich ein solches Erfordernis eines kausalen Zusammenhangs nicht herleiten. Denn diese Vorschrift, die bei einer Mehrheit von Haftpflichtigen die Verpflichtung und den Umfang zum Ersatz davon abhängig macht, wie weit der Schaden überwiegend von dem einen oder dem anderen verursacht worden ist, betrifft ausschließlich die interne Haftungsverteilung bei mehreren Haftpflichtigen, jedoch gerade nicht deren Haftung nach außen gegenüber dem Geschädigten. Insbesondere ist nach seinem Wortlaut auch eine Konstellation erfasst, bei der zumindest ein gegenüber dem Dritten Haftpflichtiger keinen Verursachungsbeitrag für den Schaden gesetzt hat. Denn § 13 Haftpflichtgesetz spricht u.a. ausdrücklich davon, dass im Verhältnis untereinander neben dem Umfang auch überhaupt die „Pflicht (…) zum Ersatz von den Umständen“ abhängt.
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c) Diese Haftung der Beklagten zu 1 und zu 2 ist jedoch begrenzt auf die Haftungshöchstgrenzen des § 9 Haftpflichtgesetz, wobei sich dies mangels Überschreiten der dort genannten Höchstgrenzen bei den bezifferten Ansprüchen des Klägers nur auf den Feststellungsantrag auswirkt.
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2. Eine Haftung der Beklagten zu 3 nach § 1 Haftpflichtgesetz kommt hingegen nicht in Betracht; die Beklagte zu 3 betreibt „lediglich“ Serviceeinrichtungen im Sinne von § 3 Abs. 2c AEG und ist mithin weder ein Eisenbahnbetriebsunternehmen noch ein Eisenbahninfrastrukturinternehmen im Sinne des § 2 AEG und somit auch kein Bahnbetriebsunternehmer im Sinne des § 1 Haftpflichtgesetz.
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3. Die Beklagte zu 1 haftet über § 1 Haftpflichtgesetz hinaus auch aufgrund der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht aus dem mit dem Kläger geschlossenen Beförderungsvertrag, auf die die Haftungsgrenzen des § 9 Haftpflichtgesetz keine Anwendung finden; im Ergebnis kommt somit bei der Beklagten zu 1 (im Gegensatz zu der Beklagten zu 2) diese Haftungsbegrenzung nicht zum Tragen.
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a) Zuzugeben ist der Beklagten zu 1, dass im Gegensatz zu der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 20.06.1985 (VersR 1987, 77) mittlerweile die rechtliche Verantwortung für den Eisenbahntransport einerseits und die Bahnhöfe andererseits rechtlich getrennt ist und mithin der Beklagten zu 1 als dem Transportunternehmen ein unmittelbarer Einfluss auf die Bahnhöfe und Bahnsteige nicht mehr möglich ist.
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b) Dies ändert nach Auffassung der Kammer jedoch nichts daran, dass die Fürsorge- und Schutzpflichten der Beklagten zu 1 weiterhin umfassen, den Fahrgästen im Rahmen der unmittelbaren Einsichtsmöglichkeiten des Zugpersonals einen sicheren Zugang zu und Weggang von den Zügen sicherzustellen. Erkennt also ein Zugführer oder Zugbegleiter oder muss er dies bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können, dass ein- oder aussteigenden Zugreisenden aufgrund des Zustands des Bahnsteigs ein Anfahren des Zuges nicht möglich ist, ohne hierbei möglicherweise Bahnreisende wegen eines zu geringen Abstands zum Zug zu gefährden, muss dies das Zugpersonal bei seiner Entscheidung, den Zug zur Abfahrt freizugeben, berücksichtigen und notfalls die Abfahrt zurückstellen.
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c) Diese Verpflichtung hat die Beklagte zu 1 nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall fahrlässig und somit schuldhaft verletzt: Der Zug ist bereits angefahren, obwohl der Zugfahrer zumindest hätte erkennen können und müssen, dass sich die ausgestiegenen Fahrgäste, unter ihnen der Kläger, in dem Bereich unmittelbar neben Bahnsteigkante und Zug bewegen bzw. aufhalten. In diesem Fall wäre es geboten gewesen, entweder den Kläger durch eine Aufforderung, sich weiter vom Zug zu entfernen und den Bahnsteig erst zu verlassen und weiter zu gehen, wenn dieser gänzlich abgefahren ist, vor den dadurch bestehenden Gefahren zu bewahren oder mit der Abfahrt zu warten, bis sich der Kläger aus dem Gefahrenbereich entfernt hat. Dies hat das Zugpersonal unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt unterlassen.
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4. Die Haftung der Beklagten zu 3 folgt aus § 831 BGB.
56
a) Unstreitig eröffnet die Beklagte zu 3 in ihrem Bereich, nämlich den Bahnhöfen, den Verkehr und ist verantwortlich für den Zustand der Bahnsteige, die schon mit Blick auf die dort befindlichen, ungesicherten Kanten zu den Bahngleisen hin eine Gefahrenquelle darstellen, so dass sie diesbezüglich eine Verkehrssicherungspflicht trifft. Die Aufgaben im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 3 einschließlich der dazugehörenden Aufgaben des Winterdienstes hat die Beklagte zu 3 unstreitig auf Drittunternehmen übertragen, die diese Tätigkeiten als Verrichtungsgehilfen der Beklagten zu 3 ausführen.
57
b) Die Kammer hält es aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der unstreitigen Umstände für erwiesen, dass das/die von der Beklagten zu 3 beauftragten Drittunternehmen nicht das im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht erkennbar Erforderliche, Mögliche und Zumutbare getan haben, um den Bahnsteig auch bei winterlichen Verhältnissen und insbesondere bei Schnee in einem verkehrssicheren Zustand zu halten.
58
Unstreitig herrschten zum Unfallzeitpunkt winterliche Verhältnisse mit (altem) Schneebelag auf dem Bahnsteig. Dabei war ein Teil des Bahnsteigs geräumt, und zwar der Bereich von der Bahnsteigkante bis etwa zu der auf dem Bahnsteig angebrachten weißen Linie, wobei die weiße Linie selbst nicht sichtbar, sondern von Schnee(resten) bedeckt war. Diese weiße Linie ist auf den Bahnsteigen des Bahnhofs … (und wohl auch auf denjenigen sämtlicher oder nahezu sämtlicher übriger Bahnhöfe) als Warnzeichen in einer Entfernung von jedenfalls nicht mehr als 1 m von der Bahnsteigkante angebracht, um für die Zugreisenden erkenntlich den gefährlichen Bereich neben der Bahnsteigkante abzugrenzen von dem hinter der Linie befindlichen Bereich, in dem die Zugreisenden sich gefahrlos aufhalten und bewegen können. Auf zusätzlich auf den Bahnsteigen üblicherweise aufgestellten Schildern werden Bahnreisende darauf aufmerksam gemacht, dass sie den Bereich zwischen der weißen Markierung und der Bahnsteigkante nur betreten sollen zum Einsteigen in einen Zug, wenn dieser angehalten hat und steht. Mit einem Piktogramm wird ergänzend vor der Sogwirkung durchfahrender Züge gewarnt, vor der diese Sicherheitslinie in erster Linie auf dem Bahnsteig befindliche Bahnreisende schützen soll. Die weiße Linie stellt somit ein Warnzeichen für die Bahnkunden dar, die nach Auffassung der Kammer allerdings eine Warnwirkung nicht nur in Bezug auf durchfahrende Züge entfaltet und entfalten soll, sondern generell vor den Gefahren in der Nähe der Bahnsteigkante durch ein- oder anfahrende Züge bzw. auch durch die ansonsten ungesicherte Bahnsteigkante selbst (erhöhte Gefahren im Falle eines Sturzes) warnen soll; dies zeigt insbesondere ein Vergleich mit ähnlichen Örtlichkeiten wie etwa Bahnsteigen an U-Bahnhöfen, an denen ähnliche Sicherheitslinien zu finden sind.
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Letztlich trennt somit nach Auffassung der Kammer die auf dem Bahnsteig aufgebrachte weiße Linie den Bereich hinter der Linie, der den Fahrgästen als Weg und Aufenthaltsraum dient, von dem Bereich vor der Linie zur Bahnsteigkante hin, der nur zum Verlassen und Betreten eines stehenden Zuges genutzt werden soll.
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Aus diesem Grund genügt es nicht, bei winterlichen Verhältnissen ausschließlich den Bereich vor der weißen Linie zur Bahnsteigkante hin zu räumen, wie dies im vorliegenden Fall unstreitig und auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geschehen ist. Denn auch aus den von der ermittelnden Bundespolizeiinspektion … gefertigten Lichtbildern des streitgegenständlichen Bahnsteigs und der Unfallstelle geht klar hervor, dass nur der vordere Teil zur Bahnsteigkante hin in unterschiedlicher Breite geräumt war, der Bereich ab der weißen Linie nach hinten jedoch nicht; auch die weiße Linie selbst war noch schneebedeckt. Vielmehr ist der Bahnsteig auf einer solchen Breite zu räumen, dass auch ein Bereich hinter der weißen Linie geräumt ist,
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der ausreichend breit ist, um den Bahnreisenden ein gefahrloses Begehen zu ermöglichen. Ob hierfür ein Streifen mit einer Breite von insgesamt 1,5 Metern (ab Bahnsteigkante) ausreichend ist (wie dies das LG Chemnitz in der von den Beklagtenvertretern zitierten Entscheidung vom 03.09.2001, NZV 2002, 187, allerdings für eine Straßenbahn vertreten hat), mithin nach der im Abstand von etwa 1m zur Bahnsteigkante verlaufenden Sicherheitslinie ein Bereich mit einer Breite von etwa 0,50 m noch zu räumen wäre, oder ob ein größerer Bereich zu räumen wäre (die Kammer neigt zu der Auffassung, dass nach der weißen Linie noch zumindest eingeräumter Bereich mit einer Breite von 0,80 m erforderlich ist), braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, da hinter der weißen Linie gar nicht geräumt war.
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Diese Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des von der Beklagten zu 3 beauftragten Drittunternehmens durch das fehlende Räumen auch des Teils des Bahnsteigs hinter der weißen Linie ist auch adäquat kausal für die Verletzung des Klägers bei dem Sturz geworden.
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Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger beim Verlassen des Bahnsteigs auf dessen geräumtem Teil in dem Bereich neben der Bahnsteigkante gelaufen ist. Dies scheint zwischen den Parteien nicht streitig zu sein, steht zur Überzeugung der Kammer jedoch auch fest aufgrund der Angaben des Zeugen … der nachvollziehbar bekundet hat, dass sowohl der Kläger als auch er selbst links von der auf dem Bahnsteig angebrachten weißen Linie, also auf der zur Bahnsteigkante hin befindlichen Seite, gelaufen seien, da auf der anderen Seite (wie auch aus der Lichtbildmappe der beigezogenen Ermittlungsakte 606 UJs 112017/10 ersichtlich ist) festgetretener Schnee gewesen sei.
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Wäre der Kläger nun bei einem entsprechend den obigen Ausführungen umfangreicher geräumten Bereich hinter der weißen Linie in einer größeren Entfernung von der Bahnsteigkante gestürzt, hätte sich die bei einem Sturz in Nähe der Bahnsteigkante innewohnende Gefahr wohl nicht verwirklicht, hierbei zumindest teilweise über die Bahnsteigkante zu fallen und mit den Beinen auf die Bahngleise zu geraten; erst hierdurch sind ja die erheblichen Verletzungen des Klägers entstanden.
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c) Ein Verschulden der Beklagten zu 3 bei der Auswahl und Beaufsichtigung des von ihr beauftragten Drittunternehmens wird vermutet, § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB; diese Vermutung hat die Beklagte zu 3 nicht widerlegt. Denn sie hat weder konkret und substantiiert vorgetragen, welche Anweisungen sie dem Drittunternehmen hinsichtlich der Durchführung des Winterdienstes gegeben noch in welcher Form und mit welchem Ergebnis sie ihre Aufsichtspflichten wahrgenommen hat.
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Hierzu hat sie erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung und ohne, dass ihr entsprechender Schriftnachlass gewährt worden wäre, mit Schriftsätzen vom 20. und 21.04.2011 vorgetragen, so dass das Vorbringen nach § 296a ZPO verspätet ist. Die grundsätzliche Notwendigkeit eines Vortrags hierzu hat die Beklagte zu 3 nicht verkannt, wie sich aus dem Vortrag unter Nr. 2 der Klageerwiderung (Bl. 21 d.A.) ergibt. In der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2011 machte das Gericht vor Antragstellung deutlich, dass es den Rechtsstreit für entscheidungsreif hält, und fragte auch nach, ob die Beklagte – ausdrücklich auch mit Blick auf etwaiges noch ausstehendes Vorbringen zu dieser Thematik – Schriftsatzfrist benötige. Eine solche wurde jedoch nicht beantragt.
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d) Die weitere Behauptung des Klägers, in dem von ihm benutzten grundsätzlich geräumten Bereich habe sich eine Eisfläche befunden, auf der er ausgerutscht und sodann gestürzt sei, hat sich durch die durchgeführte Beweisaufnahme hingegen nicht zur Überzeugung der Kammer bestätigt.
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Der Kläger selbst hat keine Erinnerung an das Unfallgeschehen. Zeugen, die den Sturz des Klägers aus nächster Nähe mit erlebt haben und genaue Auskunft über die konkrete Sturzstelle des Klägers geben könnten, gibt es nicht; auch der Zeuge … der als einziger den Sturz des Klägers gesehen hat, ist nach seiner Aussage mit einem deutlichen Abstand von etwa 10 Metern hinter dem Kläger hergegangen.
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Zwar haben sowohl der Zeuge … als auch die weiteren Zeugen … und … übereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass der Kläger ihnen gegenüber unmittelbar nach dem Sturz gesagt habe, er sei aus- bzw. weggerutscht. Nur der Zeuge … erklärte aber, dass der Bahnsteig nicht perfekt geräumt gewesen sei und dass zum Teil vereiste Stellen auch über die weiße Linie in Richtung Bahnsteigkante hinübergingen, also in den geräumten Bereich hinein. Im Übrigen konnte keiner dieser Zeugen bestätigen, dass es an der Unfallstelle glatt war oder sie auf dem geräumten Teil des Bahnsteigs selbst wegen glatter Stellen Probleme beim Laufen gehabt hätten. Die Zeugen erklärten jeweils übereinstimmend, hieran keine konkrete Erinnerung zu haben, da sie- wegen des Unfalls – dann auch anderes im Kopf gehabt hätten. Erst auf Vorlage der polizeilichen Lichtbildtafel aus der beigezogenen Ermittlungsakte 606 UJs 112017/10 der Staatsanwaltschaft … gab der Zeuge … an, dass – wie auf den Lichtbildern ersichtlich – auch in dem geräumten Bereich Schnee gelegen habe und auch an der Grenze zwischen geräumtem und nicht geräumtem Bereich zum Teil Eisflächen gewesen seien. Die Zeugen … und … konnten hingegen auch nach Vorlage der Lichtbilder keine konkreten Angaben mehr zum Zustand des Bahnsteigs machen; denn der Zeuge … meinte lediglich, dass er denke, dass es schon so gewesen sein dürfte, wobei sich seine Erinnerung allerdings eher auf den Bereich bei den Gleisen (wo er gegangen ist) bezog und nicht auf den Bahnsteig („Jedenfalls war neben den Gleisen Schnee, so wie man es dort sieht.“), der Zeuge … erklärte, sich auch nach Vorlage der Lichtbilder nicht mehr konkret erinnern zu können.
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Im Übrigen haben die zum Zustand des Bahnsteigs vernommenen Zeugen … und… , die als Polizeibeamter (Zeuge …) bzw. Einsatzleiter der hinzugerufenen Feuerwehr (Zeuge…) unmittelbar nach dem Unfall vor Ort und Stelle waren, einander widersprechende Aussagen zum Zustand des Bahnsteigs gemacht. Denn während der Zeuge … erklärte, der Bahnsteig sei im geräumten Bereich absolut trocken und eisfrei gewesen, die auf den Lichtbildern im Unfallbereich erkennbaren weißen Stellen stammten seiner Erinnerung nach von den Feuerwehrleuten, die dort die Beleuchtung aufgestellt hätten, gab der Zeuge … an, der geräumte Bereich sei auf dem ganzen Bahnsteig „marmoriert glatt“, also zwar nicht einheitlich glatt, aber an den erhöhten Stellen des nicht ebenen Asphalts glatt gewesen sei, so dass er seine Kameraden davor gewarnt habe. Welche dieser sich widersprechenden Angaben zutrifft, kann von der Kammer letztlich nicht beurteilt werden. Weder ist auf Seiten des Zeugen … ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse zu erkennen, dem Kläger zu einem Obsiegen in diesem Rechtsstreit zu verhelfen bzw. die Beklagten unterliegen zu lassen, noch gilt dies in umgekehrter Form für den Zeugen… . Auch durch ihr Verhalten während der Aussage und in der Aussage selbst haben sich jeweils keine Anhaltspunkte für eine fehlende Glaubhaftigkeit der Aussage bzw. Glaubwürdigkeit der Zeugen ergeben.
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Letztlich erscheint es der Kammer somit zwar durchaus möglich und wahrscheinlich, dass der Kläger auf einem glatten Teilbereich ausgerutscht und deshalb zu Sturz gekommen ist; denn auf den Lichtbildern ist – abgesehen von den weißen Schneeflecken streitiger Genese im geräumten Bereich -auch zu erkennen, dass die Kante zum nicht geräumten Bereich nicht glatt durchgeht, sondern sich der festgetretene und offenkundig teils zu Eis gewordene Schnee unterschiedlich weit in den geräumten Bereich hineinzieht. Allerdings kann aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Zeugen jedoch auch eine andere Sturzursache (etwa Stolpern aufgrund einer Unebenheit im Boden o.ä.) nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
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5. Der Kläger muss sich gegenüber den Beklagten jedoch ein Mitverschulden im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst in Höhe von 1/3 anrechnen lassen. Der Kläger konnte jedenfalls erkennen, dass der Bahnsteig nur in einem maximal 1 Meter breiten Streifen direkt entlang der Bahnsteigkante geräumt war und er mithin beim Verlassen des Bahnsteigs in der Nähe der Bahnsteigkante ging, und zwar in einem Bereich, der üblicherweise bei ordnungsgemäß geräumtem oder schlichtweg freiem Bahnsteig nur zum Besteigen und Verlassen des Zugs benutzt wird, nicht jedoch als Wartebereich oder als Weg, um vom Zug zum Ausgang des Bahnsteigs zu gelangen oder umgekehrt vom Eingang des Bahnsteigs zum Zug. Gleichfalls konnte er erkennen, dass der Zug nicht mehr stand, sondern anrollte. In dieser Situation hätte der Kläger nach dem Maßstab eines ordentlichen und verständigen Menschen besondere Vorsicht bei seinem Weg auf dem Bahnsteig walten lassen müssen, denn grundsätzlich ist jeder gehalten, auf den von ihm benutzten Weg zu achten und Gefahrenstellen zu vermeiden. Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung bleibt jedoch das eigene, nicht unerhebliche Mitverschulden des Klägers hinter den Verantwortlichkeiten der Beklagten zurück, so dass eine Haftungsverteilung von 1 : 2 zugunsten des Klägers angemessen erscheint.
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Nicht bestätigt hat sich hingegen in der Beweisaufnahme die Vermutung der Beklagten, der Kläger sei alkoholisiert gewesen. Die hinsichtlich des Mitverschuldenseinwands beweisbelasteten Beklagten konnten in keiner Weise einen Nachweis führen, dass der Kläger mehr Alkohol zu sich genommen hat als die von ihm angegebenen 2 Biermixgetränke ä 0,33 I in der Diskothek zwischen 20.00 Uhr und etwa Mitternacht. Bei einem solchen Alkoholkonsum erscheint auch bei einem nicht alkoholgewöhnten schlanken Jugendlichen ausgeschlossen, dass dieser bei dem Sturz des Klägers irgendeine Rolle gespielt hat.
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6. Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten folgt aus § 421 BGB.
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II. Der Schadensersatzanspruch des Klägers beziffert sich somit wie folgt:
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Schmerzensgeld:
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Angesichts der unstreitigen Verletzungen des Klägers, der bei dem Unfall einen Teil seines linken Fußes verloren hat und deswegen bislang 6mal operiert werden musste sowie insgesamt 13 Wochen stationär behandelt werden musste (zunächst 7wöchiger Klinikaufenthalt und sodann 6wöchiger Aufenthalt in einer Reha-Klinik), sowie der damit verbundenen Einschränkungen der Lebensqualität des Klägers, der insbesondere seine bisherigen leistungsorientierten sportlichen Aktivitäten nicht mehr fortsetzen kann, hält die Kammer unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils des Klägers ein solches in Höhe von 35.000,– € für angemessen.
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Die Höhe des immateriellen Schadens ist durch das Gericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Für die konkrete Bemessung des Schmerzensgeldes ist zum einen die Ausgleichsfunktion zu bewerten. Der Geschädigte soll in die Lage versetzt werden, die erlittenen immateriellen Nachteile, d-h. vor allem die Einbuße im körperlichen und seelischen Wohlbefinden, durch Vorteile auszugleichen, die sein Wohlbefinden erhöhen (Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., 2003, § 253, RdNr. 10, Palandt, BGB, 70. Aufl., 2011, §253, RdNr. 4). Darüber hinaus soll die Entschädigung dem Verletzten auch eine Genugtuung dafür verschaffen, dass er durch einen Dritten in einem seiner in § 253 Abs. 2 BGB aufgezählten Rechtsgüter verletzt wurde, so genannte Genugtuungsfunktion (Münchener Kommentar, a.a.O., RdNr. 11). Für die konkrete Bemessung der als angemessen erachteten Entschädigung sind insbesondere Art, Intensität und Dauer der erlittenen Rechtsgutverletzung in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Hier sind auf der einen Seite auch die besonderen Auswirkungen für die Folgen des Geschädigten zu berücksichtigen, wenn die Beeinträchtigung bei dem Geschädigten aufgrund seiner körperlichen Konstitution besonders ins Gewicht fällt. Auf der anderen Seite ist aber auch der Verschuldensgrad des Schädigers zu berücksichtigen, der bei ganz leichten Sorgfaltsverletzungen ein im Vergleich zum Regelfall niedrigeres Schmerzensgeld auslöst. Dem gegenüber führt ein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Schädigers regelmäßig zu dessen Erhöhung.
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Unter der Beachtung der Besonderheiten des jeweils konkret zu entscheidenden Falles muss bei der Ausübung des gerichtlichen Ermessens aber auch beachtet werden, dass vergleichbare Verletzungen annähernd gleiche Entschädigungen zur Folge haben (Münchener Kommentar, a.a.O., RdNr. 37 m.w.N.). Zum vorliegenden Fall vergleichbar ist etwa die Entscheidung des OLG München vom 21.02.2002 (NZV 2003, 344), das einer 17-jährigen Frau ebenfalls nach einem Bahnunfall bei einem Mitverschuldensanteil von 50 % bei einer Vorfußamputation links, einer Gesichtsverletzung, einem Schädelhirntraume, einem stumpfen Bauchtraume mit Leberquetschung und einer Kopfschwartenablederung ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,- € zugesprochen hat. Als Vergleichsmaßstab herangezogen hat die Kammer ferner einerseits eine Entscheidung des OLG Hamm vom 24.06.1996, Az. 32 U 177/95 (immdat) herangezogen, das einem Kraftfahrer bei einer 100-prozentigen Haftung bei einer Vorfußamputation links, die 3 Operationen und eine 5monatige ambulante Nachbehandlung erforderlich machte, ein Schmerzensgeld in Höhe 25.000,– DM = 12.782,30 € zugesprochen hat, andererseits eine Entscheidung des LG Bielefeld vom 22.11.2005, Az. 2 O 23/04 (immdat), das einem Lokomotivführer bei einer Fußamputation links und 2 Zehenamputationen rechts, einer Dünndarmzerreißung und Baucheinblutungen und einer offenen Unterschenkelfraktur, der intensivstationär und mehrfach operativ behandelt werden musste und Dauerschäden davongetragen hat, bei einer 10Oprozentigen Haftung ein Schmerzensgeld in Höhe von 75.000,-€ zugesprochen hat.
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1. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten materiellen Schäden bestreiten die Beklagten lediglich die Erforderlichkeit der häufigen Besuche der Eltern des Klägers im Klinikum … und der Reha-Klinik … und den geltend gemachten Kilometersatz.
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Im Ergebnis ist die Kammer der Auffassung, dass sowohl die täglichen Besuche der Eltern im Klinikum … als auch die 2-mal pro Woche erfolgenden Besuche in der Reha-Klinik … angesichts der Gesamtumstände als der Heilung des Klägers förderlich und somit medizinisch notwendig anzusehen sind. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt erst knappe 17 Jahre alt und mithin minderjährig. Während des 7wöchigen stationären Krankenhausaufenthalts im Klinikum … musste er sich nach den Angaben seiner Mutter in der Verhandlung vom 15.03.2011, die seitens der Beklagten offensichtlich auch nicht in Abrede gestellt werden, insgesamt 6 Operationen unterziehen, wobei zunächst versucht wurde, seinen linken Fuß wiederherzustellen, und dann, nachdem dies gescheitert ist, in den weiteren Operationen nach und nach immer, mehr Teile seines linken Fußes amputiert wurden. Dass dies eine extrem belastende Situation ist und ein minderjähriger Patient in einer solchen Situation auf die Unterstützung und Anwesenheit seiner Eltern angewiesen ist, bedarf nach Auffassung der Kammer keiner näheren Erörterung. Gleiches gilt auch für die regelmäßigen Besuche der Eltern in der Reha-Klinik 2mal pro Woche. Diese Anzahl der Besuche erscheint keinesfalls übertrieben/Allerdings schätzt die Kammer den Kilometersatz gemäß § 287 ZPO in Anlehnung an § 5 Abs. 2 Nr., 1JVEG mit lediglich 0,25 €.
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Daraus ergibt sich folgende Abrechnung:
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Fahrtkosten Eltern: | 1.808,00 € |
---|---|
49 x 28 km x 2 x 0,25 = 686,00 € (Klinikum) | |
12 x 187 km x 2 x 0,25 €= 1.122,00 € (Reha) | |
Kleidung | 250,00 € |
Prothesenschuhe | 159,90 € |
Narbensalbe | 11,95 € |
Attestkosten Befreiung Musterung | 5,00 € |
Unkostenpauschale | 100,00 € |
insgesamt | 2.334,85 € |
hiervon 2/3 | 1.556,57 € |
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2. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann der Kläger (entsprechend der Verurteilung der Beklagten) aus einem Gegenstandswert in Höhe von 56.556,57 € verlangen, mithin bei einem Gebührensatz von 1,3 einen Betrag in Höhe von .1.761,08 € (inkl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer); den Wert für die tenorierte Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten auch für künftige Schäden hat die Kammer dabei mit 20.000,- € bewertet. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger vorprozessual nicht mit den Beklagten korrespondierte, sondern mit der … . Denn diese war offensichtlich von den Beklagten mit der Bearbeitung des Schadensfalles beauftragt (vgl. deren Schreiben vom 04.05.2010 gegenüber der … und vom 27.05.2010 gegenüber den Prozessbevollmächtigten des, Klägers, jeweils als Anlagen vorgelegt vom Kläger).
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3. Der vom Kläger nur hinsichtlich der materiellen Schäden und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, 261, 253 ZPO.
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4. Der Feststellungsantrag ist hinsichtlich einer Haftungsquote von 2/3 begründet, bei der Beklagten zu 2 zusätzlich beschränkt auf die Haftungshöchstgrenzen des § 9 Haftpflichtgesetz. Angesichts der dauerhaften Art der Verletzung des Klägers (Amputation eines Teils des linken Fußes) erscheint wahrscheinlich, dass dem Kläger künftig weitere Schäden materieller wie immaterieller Art entstehen werden.
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5. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten für die Erholung einer Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung.
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So erscheint bereits fraglich, ob dem Anwalt des Klägers hinsichtlich der Erholung der Deckungszusage überhaupt ein gesonderter Gebührenanspruch zusteht oder diese Tätigkeit nicht bereits durch die allgemeine Geschäftsgebühr mitabgegolten ist. Ferner könnte einem solchen Gebührenanspruch des Anwalts im Einzelfall ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegenüber seinem Anwalt entgegengehalten werden, der daraus resultiert, dass der Anwalt den Geschädigten pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt hat, dass durch die Deckungsschutzanfrage gesonderte Gebühren entstehen. Fraglich kann im Einzelfall auch sein, ob die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Erholung einer Deckungsschutzanfrage überhaupt aus Sicht des Geschädigten erforderlich im Sinne des § 249 BGB war, oder nicht nur für den Geschädigten zweckdienlich oder bequem.
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Ungeachtet der vorstehend – teilweise den individuellen Einzelfall betreffenden -Aspekte, scheitert eine Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten für die Erholung einer Deckungszusage beim eigenen Rechtsschutzversicherer in jedem Fall daran, dass diese Kosten nicht vom Schutzzweck des § 249 BGB umfasst sind.
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Die Kosten für die Erholung einer Deckungszusage sind zwar adäquat-kausal auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Ohne den Unfall wäre der Kläger nicht in die Situation gekommen, für die Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber den Haftpflichtigen ihre Rechtsschutzversicherung in Anspruch zu nehmen. Ein solcher Geschehensablauf liegt auch nicht außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit, so dass eine Zurechnung unter – auch für den Schädiger erkennbaren – Kausalitätsgesichtspunkten nicht infrage stehen dürfte (a.A. LG Erfurt, 27.11.2009 – 9 O 1029/09, juris).
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Allerdings gehört das Risiko, das durch die Unterhaltung einer Rechtsschutzversicherung abgedeckt wird, allgemeinen Prozessrisiko eines jeden Klägers, das ein allgemeines und nicht den spezifischen Haftungsfall betreffendes Risiko ist. Denn der Geschädigte (respektive im vorliegenden Fall dessen Vater) unterhält eine Rechtsschutzversicherung, um sein eigenes Kostenrisiko abzudecken. Macht er seine Ansprüche gerichtlich erfolgreich geltend, bedeutet dies für ihn kein primäres Kostenrisiko (§ 91 Abs. 1 ZPO). Verliert er hingegen, so muss er neben den eigenen Kosten auch noch die des Prozessgegners tragen. Damit dient die Rechtsschutzversicherung v.a. der Absicherung eines Kostenrisikos für ein Gerichtsverfahren, das im Endergebnis der Geltendmachung unberechtigter, da klageabweisend verbeschiedener Ansprüche des Geschädigten dienen sollte (vgl. §5(1) lit. h ARB 2008). Das Risiko im Rahmen eines Rechtsstreits – sei es hinsichtlich der Forderung dem Grunde oder der Höhe nach – überhöhte Forderungen geltend zu machen, ist jedoch vom konkreten Unfall als haftungsauslösendem Umstand unabhängig. Ein solches allgemeines und nicht den spezifischen Haftungsfall betreffendes Risiko muss jedoch der Geschädigte selber tragen und kann es nicht auf den konkreten Schädiger überwälzen.
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Ein einem Verkehrsunfall spezifisches Haftungsrisiko, das den Einsatz einer Rechtsschutzversicherung erforderlich machen könnte, kann auch nicht darin gesehen werden, eine eigene (sekundäre) Kostenlast trotz Obsiegens zu vermeiden. Denn ein Insolvenzrisiko des primären Kostenschuldners besteht im Falle einer Inanspruchnahme der Beklagten faktisch nicht (vgl. zum Ganzen z.B. Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 09.09.2010, 8 O 1617/10).
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO; soweit bei der Beklagten zu 2 im Gegensatz zu den Beklagten zu 1 und zu 3 der Feststellungsantrag entgegen dem Antrag des Klägers zu begrenzen ist auf die Höchstgrenzen des § 9 Haftpflichtgesetz, hat dies nach Auffassung der Kammer keine Auswirkung auf die zu bildende Kostenquote, da dieses geringfügig höhere Obsiegen der Beklagten zu 2 sich in der zu bildenden Quote schon rechnerisch nicht niederschlägt, zumal derzeit überhaupt nicht absehbar ist, ob die Haftungshöchstgrenzen jemals erreicht bzw. überschritten werden.
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Hinsichtlich der durch die Nebenintervention der … war eine Kostenentscheidung nach § 101 ZPO nicht zu treffen, insbesondere dem Kläger nicht anteilig diese Kosten aufzuerlegen. Denn der Beitritt zum Rechtsstreit ist erst mit Schriftsatz vom 03.05.2011, eingegangen beim Landgericht Nürnberg-Fürth per Fax am selben Tag, und somit nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. In einem solchen Fall kommt eine Auferlegung von Kosten der Nebenintervention auf den Gegner nicht in Betracht, da eine Unterstützung der Hauptpartei nicht mehr möglich und der Beitritt daher als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (vgl. Münchner Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, § 101 Rn. 15).
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IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.