Zur Irreführung hinsichtlich eines Lebensmittels als ergänzende bilanzierte Diät

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.03.2016 – 6 U 56/15

1. Das Angebot eines Lebensmittels als „Ergänzende bilanzierte Diät zur diätetischen Behandlung von Präadipositas und Übergewicht mit erhöhtem Fettanteil“ ist irreführend, weil damit kein Beschwerde- oder Krankheitsbild beschrieb wird, das einen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf begründet.

2. Mit der einem Lebensmittel beigelegten, fachlich umstrittenen gesundheitsfördernden Wirkung darf grundsätzlich nur geworben werden, wenn diese Wirkung durch mindestens eine Studie nach dem „Goldstandard“ wissenschaftlich abgesichert ist; hierfür ist der Werbende im Prozess darlegungs- und beweispflichtig. Legt der Beklagte eine diesen Anforderungen inhaltlich genügende Studie vor, ist es Sache des Klägers, die Unvertretbarkeit der aus der Studie gezogenen Schlüsse darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen; hierzu reicht der Hinweis auf Verbindungen zwischen dem Autor der Studie und einem Hersteller allein nicht aus.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. 2. 2015 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Produkt „A“
1.
als „Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diät). Ergänzende bilanzierte Diät zur diätetisches Behandlung von Präadipositas und Übergewicht mit erhöhtem Körperfett“ zu vertreiben,
sofern dies geschieht, wie in Anlage K 1 wiedergegeben,
2.
in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben mit dem Begriff „B“ im Zutatenverzeichnis
sofern dies geschieht, wie in Anlage K 1 wiedergegeben,
3.
mit den Angaben zu bewerben:
3.1
„B kombiniert Extrakte aus den Früchten Blutorange, Grapefruit und Orange mit Guarana. Darin enthalten sind hoch konzentrierte Polyphenole, die zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen und zusammen mit dem Koffein aus dem Guarana für die fettverbrennende Wirkung verantwortlich sind“
sofern dies geschieht, wie in Anlage K 1 wiedergegeben;
3.3
„Der in „A“ enthaltene Citrusfruchtextrakt B fördert die Fettverbrennung, verringert das Körpergewicht und reduziert den Bauch- und Hüftumfang. Die besonderen Inhaltsstoffe des Rohstoffs fördern die Aufspaltung von Fett in den Fettzellen, indem es das Enzym Phosphodiesterase blockiert“;
sofern dies geschieht, wie in der Anlage K 2 wiedergegeben;
3.4
„Die Triglyceride in den Fettzellen werden in Glycerin und freie Fettsäuren aufgespalten und dann ins Blut abgegeben und abtransportiert. Somit wird die Fettverdauung (Lipolyse und Lipoxidation) in den Fettzellen erhöht und das Depotfett kann mobilisiert werden, was eine Gewichtsabnahme bewirkt“
sofern dies geschieht, wie in Anlage K 2 wiedergegeben;
II.
Die Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Oktober 2014 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/8 und die Beklagte 7/8 zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin aus dem Unterlassungstenor gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 44.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Parteien die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Teils abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Teils leistet.

Gründe
I.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist Herstellerin und Vertreibern des Produkts „A“, das laut Produktverpackung „zur diätetischen Behandlung von Prädadipositas und Übergewicht mit erhöhtem Körperfett“ geeignet ist und das als bilanzierte Diät vertrieben wird.

Der Kläger greift den Vertrieb des Produkts als bilanzierte Diät sowie einzelne auf der Produktverpackung bzw. in der Produktwerbung enthaltene Werbeaussagen an, die er für irreführend hält. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Produkt „A“

1. als „Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diät). Ergänzende bilanzierte Diät zur diätetisches Behandlung von Präadipositas und Übergewicht mit erhöhtem Körperfett“ zu vertreiben,

sofern dies geschieht, wie in Anlage K 1 wiedergegeben,

2. in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben:

a. unter der Bezeichnung „A“,

b. mit dem Begriff „B“ im Zutatenverzeichnis

c. mit der Angabe der Menge der Zutat „B“, Zusammensetzung Citrusextrakt pro 100g 73,8 g pro Kapsel 450 mg pro Tagesportion 900 mg

jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage K 1 wiedergegeben,

3. mit den Angaben zu bewerben:

3.1.

„B kombiniert Extrakte aus den Früchten Blutorange, Grapefruit und Orange mit Guarana. Darin enthalten sind hoch konzentrierte Polyphenole, die zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen und zusammen mit dem Koffein aus dem Guarana für die fettverbrennende Wirkung verantwortlich sind“

3.2.

„B besitzt die Eigenschaften und Merkmale, den Fettabbau zu unterstützen, in dem es diätetisch den Bauch- und Hüftumfang sowie das Körpergewicht nachweislich reduziert, wie in einer klinischen Studie nachgewiesen werden konnte,

jeweils, sofern dies geschieht wie in Anlage K 1 wiedergegeben;

3.3.

„Der in „A“ enthaltene Citrusfruchtextrakt B fördert die Fettverbrennung, verringert das Körpergewicht und reduziert den Bauch- und Hüftumfang. Die besonderen Inhaltsstoffe des Rohstoffs fördern die Aufspaltung von Fett in den Fettzellen, indem es das Enzym Phosphodiesterase blockiert“;

3.4.

„Die Triglyceride in den Fettzellen werden in Glycerin und freie Fettsäuren aufgespalten und dann ins Blut abgegeben und abtransportiert. Somit wird die Fettverdauung (Lipolyse und Lipoxidation) in den Fettzellen erhöht und das Depotfett kann mobilisiert werden, was eine Gewichtsabnahme bewirkt“

jeweils, sofern dies geschieht, wie in Anlage K 2 wiedergegeben;

3.5.

„A verringert nachweislich das Körpergewicht“,

3.6.

„fördert die Fettverbrennung“,

3.7.

„reduziert Hüft- und Bauchumfang“,

3.8.

„wirkt mit B“,

jeweils, sofern dies geschieht wie in Anlage K 1 wiedergegeben;

Darüber hinaus ist die Beklagte verurteilt worden, dem Kläger seine Abmahnkosten zu erstatten.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Bezeichnung des Produkts „A“ als diätetisches Lebensmittel für besonderes medizinische Zwecke sei irreführend, weil das Erzeugnis nicht die Voraussetzungen einer bilanzierten Diät erfülle. Ein medizinisch bedingter Nährstoffbedarf sei bei der Zielgruppe des Produkts nicht gegeben, weil dort kein Krankheitszustand vorliege. Darüber hinaus habe die Beklagte nicht nachgewiesen, dass ihr Erzeugnis wirksam sei. Die vorgelegte Studie mit dem Titel „Mit Polyphenolen aus Zitrusfrüchten angereichertes Nahrungsergänzungspräparat bewirkt Körperfettreduktion und eine Verbesserung des Entzündungsstatus sowie des oxidativen Status bei Personen mit Übergewicht“ von … et. al., Frankreich aus dem Jahr 2013 (Anlage B 6) sei zum Nachweis nicht geeignet. Die Studie enthalte inhaltliche Mängel und belege lediglich eine geringe Wirkung des Präparates. Es fehle an einer statistischen Signifikanz. Dementsprechend könnten auch alle weiteren Werbeaussagen, die sich auf die Wirksamkeit des Produktes bezögen, nicht abgegeben werden.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, die ihr erstinstanzliches Ziel weiterverfolgt. Die Beklagte legt ein statistisches Gutachten zu der oben genannten Studie vor (Anlage B 13). Im Übrigen wirft die Beklagte dem Landgericht vor, ohne eigene Sachkunde Feststellungen über die Qualität der oben genannten Studie getroffen zu haben.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat den Unterlassungsantrag gemäß Ziffer 2.3. des oben dargestellten Urteilstenors mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen. Er beantragt im Übrigen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

II.

Das Rechtsmittel der Beklagten hat lediglich insoweit Erfolg, als die Unterlassungsanträge, die sich ausschließlich auf die gewichtsreduzierende Wirkung des Produkts beziehen (Anträge zu 2.1., 3.2., 3.5 – 3.7.), abzuweisen sind. Im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg, weil die Beklagte mit Recht zur Unterlassung und zur Erstattung der Abmahnkosten verurteilt worden ist. Dazu im Einzelnen:

1.

Der Klageantrag zu 1.) ist begründet. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 3a UWG i. V. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i. V. mit Art. 7 Abs. 1 lit b LMIV zu. Die Bezeichnung des Produkts „A“ als bilanzierte Diät ist irreführend, weil es nicht die gesetzlichen Anforderungen eines diätetischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke gem. § 1 Abs. 4a, § 14b DiätVO erfüllt.

Nach § 1 Abs. 4a Satz 1 DiätV sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Gem. § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 DiätV können sie der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf dienen, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen.

Ein Nährstoffbedarf ist medizinisch bedingt, wenn Beschwerden, Krankheiten oder Störungen vorliegen, bei denen ein besonderer Bedarf an bestimmten Nährstoffformulierungen besteht (BGH GRUR 2009, 75 [BGH 02.10.2008 – I ZR 51/06] Tz. 18 – Priorin). Aus dem Begriff „Patient“ wird deutlich, dass bilanzierte Diäten nicht zur Prävention, sondern für die diätetische Therapie von Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingesetzt werden. Es muss somit ein medizinisch bedingter Nährstoffbedarf vorliegen, der auf ein definiertes Beschwerdebild ausgerichtet ist (Senat vom 12. 1. 2006 – 6 U 241/04 – Priorin). Hieran fehlt es bei dem vorliegenden Produkt:

Das Lebensmittel der Beklagten wird „zur diätetischen Behandlung von Präadipositas und Übergewicht mit erhöhtem Körperfett“ angeboten. Präadipositas bzw. Übergewicht sind synonyme Begriffe, die u. a. in der Gewichts-Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verwandt werden und sich ausschließlich an dem sog. Body-Mass-Index orientieren, der die Relation zwischen Körpergröße und Körpergewicht beschreibt (vgl. Wirth „Adipositas“, 3. Aufl. 2007 – Anlage K 11).

Übergewicht fällt nicht unter den Begriff der Krankheit, weil es sich um einen natürlichen physiologischen Zustand handelt (vgl. Zipfel, Lebensmittelrecht, Stand 2011, Rn 89 zu § 1 DiätVO m. w. N.). Eine Störung bzw. ein Beschwerdebild mit Krankheitswert i. S. der DiätVO tritt erst dann ein, wenn entweder hieraus gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorgehen oder wenn sich ein aus dem Übergewicht hervorgehendes Gesundheitsrisiko manifestiert hat.

Dass bereits die hier angegebene Indikation eines BMI ≥ 26, gepaart mit „erhöhtem Körperfett“ ein solches Risiko zwingend hervorruft, lässt sich der von der Beklagten vorgelegten wissenschaftlichen Literatur nicht entnehmen.

Nach der von der Beklagten selbst zitierten Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft bestimmt neben dem Gewicht des Patienten vor allem das Fettverteilungsmuster das metabolische und kardiovaskuläre Gesundheitsrisiko. In diesen Leitlinien wird deswegen eine Therapie des Übergewichts ab einem BMI zwischen 25 und 29.9 und gleichzeitigem Vorliegen eines abdominellen Fettverteilungsmusters empfohlen (Bl. 98 d. A.). Gleiches gilt für alle weiteren von der Beklagten zitierten Studien, die jeweils einen Zusammenhang zwischen dem Bauchfettanteil und der Mortalität hergestellt haben. Dieser lässt sich durch die Indikation „zur Behandlung von Präadipositas und Übergewicht mit erhöhtem Körperfettanteil“ dagegen nicht herstellen, so dass diese nicht Gegenstand einer ergänzenden bilanzierten Diät sein kann. Dem von der Beklagten unterbreiteten Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigengutachtens muss nicht nachgegangen werden, da bereits der Sachvortrag der Beklagten dafür keine Grundlage liefert.

2.

Der Klageantrag zu 2.2. ist ebenfalls begründet. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3a UWG n. F. i. V. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i. V. Art. 7 Abs. 1 lit b LMIV wegen der unzulässigen Verwendung der Bezeichnung „B“ im Zutatenverzeichnis des Lebensmittels zu.

Der Phantasiename „B“ wird im Zutatenverzeichnis den Angaben „Citrusfrucht- und Guaranaextrakt (Blutorange,Grapefruit, Orange, Guarana)“ vorangestellt. Die Verwendung dieses Phantasienahmen im Zutatenverzeichnis kann bei einem nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs die irreführende Erwartung hervorrufen, es handle sich bei „B“ um eine besondere Art eines Citrusfrucht- und Guaranaextrakts. Das Produkt richtet sich an das breite Publikum. Die Senatsmitglieder gehören selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen und können daher die Verbrauchererwartung aus eigener Sachkunde beurteilen. Da dieses Missverständnis auch nicht in anderer Weise auf der Produktverpackung aufgeklärt wird, ist die Fehlvorstellung geeignet, eine geschäftliche Handlung des Verbrauchers herbeizuführen, woraus die Spürbarkeit des Rechtsverstoßes abgeleitet werden kann (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., Rn 122 zu § 3 UWG).

3.

Begründet sind auf identischer gesetzlicher Grundlage ferner die Klageanträge zu 3.1., 3.3. und 3.4.. Sie richten sich gegen Werbeaussagen, mit denen dem Produkt schlankheitsfördernde bzw. gewichtsreduzierende Eigenschaften beigemessen werden, was wiederum auf bestimmte Inhaltsstoffe des Rohstoffs und deren biochemische Wirkungen zurückgeführt wird.

Der in dem Produkt enthaltene Citrusfruchtextrakt besteht überwiegend aus Polyphenolen. Eine Wirkung von Polyphenolen, sich an bestimmte körpereigene Enzyme anzubinden und damit den körpereigenen Fettabbau zu beschleunigen, wird wissenschaftlich nicht beschrieben (Anlagen K 24 – K 27). Es ist deshalb in der wissenschaftlichen Diskussion umstritten, ob der in den Werbeaussagen beschriebene vermeintliche Wirkmechanismus, nämlich eine Hemmung der sog. Phosphodiesterase durch die Mischung aus einem Citrusextrakt und dem coffeinhaltigen Guarana, belegt werden kann.

Mit der gesundheitsfördernden Wirkung eines Präparats darf nicht geworben werden, wenn diese Wirkung fachlich umstritten ist (BGH GRUR 2002, 273 [BGH 07.12.2000 – I ZR 260/98] – Eusovit). Etwas anderes gilt nur dann, wenn in der Werbung auf die Gegenmeinung hingewiesen wird, was hier nicht geschehen ist (vgl. BGH GRUR 2013, 649 [BGH 06.02.2013 – I ZR 62/11] Tz. 16 -Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).

4.

Die weiteren Unterlassungsanträge des Klägers haben keinen Erfolg. Der Kläger beanstandet Werbeaussagen, mit denen ausschließlich die fettverbrennende bzw. schlankheitsfördernde Wirkung des Produkts hervorgehoben wird.

Derartige Aussagen sind nur zulässig, wenn der Werbende die wissenschaftliche Absicherung seiner Aussage dartun kann (BGH GRUR 2013, 649 [BGH 06.02.2013 – I ZR 62/11] Tz. 16 f. – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Ausreichend, aber auch erforderlich ist mindestens die Vorlage einer Studie, die nach dem sog. „Goldstandard“ erstellt worden ist, also eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (BGH GRUR 2013, 649 [BGH 06.02.2013 – I ZR 62/11] Tz. 19 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil; BGH GRUR 2009, 75 [BGH 02.10.2008 – I ZR 51/06] Tz. 25 – Priorin; BGH GRUR 2012, 1164, [BGH 15.03.2012 – I ZR 44/11] Tz 20 – Artrostar).

Die Beklagte beruft sich auf die oben bereits zitierte Studie von … et al. (Anlage B 6). Der Senat vertritt abweichend vom Landgericht die Ansicht, dass dieser Studie nicht die notwendige Aussagekraft abgesprochen werden kann:

Es muss angenommen werden, dass die Studie das streitgegenständliche Produkt betroffen hat, nachdem der Kläger dem Hinweis der Beklagten, „B“ sei der Markenname des in der Studie verwendeten Extrakts, nicht entgegen getreten ist.

Die relevanten Ergebnisse der Studie sind bereits im Urteil des Landgerichts zusammengefasst worden, so dass hierauf verwiesen werden kann (S. 14 LGU). Die Studie von … et. al. erfüllt die oben dargestellten Anforderungen an das Studiendesign wissenschaftlicher Untersuchungen. Sie bezieht eine hinreichende Anzahl von Probanden ein und auch die Studiendauer von 12 Wochen ist aus medizinischer Sicht nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat mit der Berufung eine statistische Auswertung vorgelegt, wonach die Studienergebnisse statistisch signifikant sind (Anlage B 13). Dieser Vortrag ist im Berufungsverfahren zuzulassen, weil der Kläger dieser Auswertung inhaltlich nicht entgegengetreten ist und außerdem weil die statistische Signifikanz vom Landgericht erstmals im Urteil problematisiert worden war (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Das Landgericht hält die Studienergebnisse nicht für aussagekräftig, weil die „Abnehmerfolge“ zwischen der sog. „Verumgruppe“ und der sog. „Placebogruppe“ nicht wesentlich differierten. Der Senat kann diesen Vorwurf nicht teilen. Wenn die statistische Signifikanz belegt ist, dann kann eine Verbesserung des Gesundheitszustands der Placebo – Gruppe, die hinter der der Verum – Gruppe zurückbleibt, den Studienerfolg nicht gefährden (BGH GRUR 2009, 75, [BGH 02.10.2008 – I ZR 51/06] Tz. 27 – Priorin).

Sofern die wissenschaftliche Absicherung der Werbeaussage dargetan ist, reicht es nicht aus, dass der Anspruchsteller lediglich Zweifel am Wert der Studie äußert. Er hat vielmehr seinerseits die Unvertretbarkeit der aus der Studie gezogenen Schlüsse darzulegen und ggf. zu beweisen (Köhler/Bornkamm, aaO., Rn 4.183a zu § 5 UWG m. w. N.).

Der Kläger verweist in erster Linie auf die Tatsache, dass der Autor der Studie, Herr …, zum Studienzeitpunkt Patentinhaber des getesteten Produkts … (das „B“ entsprechen soll), Scientific Manager sowie Anteilseigner der Herstellerfirma … war. Dies allein reicht aber noch nicht aus, um durchgreifende Zweifel am Aussagegehalt der Studie erwecken zu können, denn der hierdurch hervorgerufene Interessenkonflikt kann grundsätzlich durch ein geeignetes externes Monitoring ausgeglichen werden. Da die Studie von … in Zusammenarbeit mit mehreren medizinischen Zentren durchgeführt worden ist, lässt sich anhand des bisherigen Vortrags des Klägers nicht belegen, dass die Unabhängigkeit der mit der Studiendurchführung betrauten Personen beeinträchtigt und ein unabhängiges externes Monitoring nicht gewährleistet war.

5.

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Senat hat sich an der Verteilung der Streitwerte auf die einzelnen Anträge in der Klageschrift orientiert.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Die Schuldnerschutzanordnung folgt aus § 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf einer einzelfallbezogenen Auswertung des Sach- und Streitstoffs auf Grundlage der höchstrichterlichen Vorgaben.

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