OLG München, Urteil vom 11.12.2013 – 7 U 2856/13
Für das Entstehen des Frachtführerpfandrechts genügt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in den Fällen, in denen das zur Beförderung übergebene Gut nicht im Eigentum des Absenders steht, dass der Absender mit dem Transport uneingeschränkt einverstanden war. Dabei kann der Eigentümer auch konkludent sein generelles Einverständnis erklärt haben, etwa weil er eine Beförderung durch einen Dritten für möglich halten musste und gleichwohl das Gut aus der Hand gegeben hat (Rn. 5).
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts München I vom 25.06.2013, Az. 13 HK O 20578/12, aufgehoben.
2. Das Versäumnisurteil vom 29.01.2013 wird dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Kläger als Gesamtgläubiger 2.417,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.10.2012 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben, die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 70 % und die Beklagte 30 % . Die durch ihre Säumnis im Termin vom 29.01.2013 vor dem Erstgericht entstandenen Kosten hat die Beklagte zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
1
Auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen. Die Kläger verfolgen ihr erstinstanzliches Begehren auf Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils und Verurteilung der Beklagten in Höhe von 8.371,43 € weiter, die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
2
Auf die zulässige Berufung der Kläger war das Ersturteil aufzuheben und das Versäumnisurteil teilweise aufrechtzuerhalten.
3
Das Erstgericht stellt zutreffend fest, dass der Beklagten wegen ihrer Forderung aus dem mit der Firma E. Inc. geschlossenen Frachtvertrag nach § 441 HGB (a.F.) ein Frachtführerpfandrecht zusteht. Nach Artikel 5 Abs. 1 Rom I-VO ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Beförderer, hier die Beklagte, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; somit gilt hier deutsches Recht.
4
Für das Entstehen des Pfandrechts ist rechtsunerheblich, dass die Kläger Verbraucher sind und ihrerseits die mit der Firma E. Inc. vereinbarte Vergütung an diese bereits bezahlt haben. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH vom 10.6.2010, I ZR 106/08) genügt es in den Fällen, in denen das zur Beförderung übergebene Gut nicht im Eigentum des Absenders (hier der Firma E. Inc.) steht, dass der Absender mit dem Transport uneingeschränkt einverstanden war. Dabei kann der Eigentümer auch konkludent sein generelles Einverständnis erklärt haben, etwa weil er eine Beförderung durch einen Dritten für möglich halten musste und gleichwohl das Gut aus der Hand gegeben hat.
5
Von einem konkludenten Einverständnis ist hier auszugehen, weil die Kläger den Transport aus den USA nach Deutschland in Auftrag gegeben haben und mangels sonstiger Vereinbarung damit rechnen mussten, dass der Transport auch durch Dritte durchgeführt wird.
6
Bei den streitgegenständlichen Forderungen handelt es sich auch um sogenannte konnexe Forderungen, d.h. frachtvertragliche Forderungen, die gerade mit der Beförderung des dem Pfandrecht unterfallenden Gutes zusammenhängen (vgl. BGH a.a.O).
7
Die einzelnen Forderungen der Beklagten konnten allerdings nicht in voller Höhe anerkannt werden, sodass die Berufung der Kläger insoweit teilweise Erfolg hatte.
8
Im einzelnen:
9
1. Regulärer Auslieferungsservice inclusive Verzollung: 2.775,–€:
10
Die Beklagte hat durch Vorlage der Anlage B2 nachgewiesen, dass Kosten in dieser Höhe angefallen und erstattungsfähig sind.
11
2. Hafenlagergelder: 2.176,-€
12
Durch Vorlage der Anlage B 3 hat die Beklagte nachgewiesen, dass dieser Betrag hier angefallen ist. Allerdings hat die Beklagte lediglich für die Zeit vom 21.12.2011 bis zum 25.01.2012 Anspruch auf Erstattung von bis dahin angefallenen 1.836,-€. Wegen der der Beklagten obliegenden Schadensminderungsplicht hätte sie spätestens zu diesem Zeitpunkt -gerade wegen der allseits bekannten hohen Gebühren in diesem Bereich – die Fracht aus dem Hafenlagerbereich wegschaffen oder die Kläger zeitgerecht benachrichtigen müssen.
13
3. Lagerhandling: 1.015,-€:
14
Da seitens der Beklagten jeglicher Vortrag dazu fehlt, wofür dieser Betrag angefallen ist und wie sich diese Forderung zusammensetzt, war dieser Betrag nicht zuzusprechen.
15
4. Einlagerung. 3.600,-€:
16
Diese Kosten für die Einlagerung der Fracht für die Zeit vom 02.02. bis 09.08.2012 im eigenen Lager der Beklagten waren zuzusprechen. Der berechnete Satz von 135.-€ pro Woche ist nach Erkenntnissen des Senats handelsüblich und nicht zu beanstanden. Bei 27 Wochen ergibt dies 3.645.-€, somit, wie beantragt, abgerundet 3.600.-€.
17
5. Auslieferung: 975,-€:
18
Diese Kosten waren zuzusprechen. Eine Pauschale von 975,–€ für den Rücktransport von München zur Wohnung der Kläger ist nach Erkenntnissen des Senats handelsüblich und nicht zu beanstanden.
19
Damit ergeben sich folgende Forderungsbeträge zugunsten der Beklagten:
20
2.775,- €
1.836,- €
3.600,- €
975,- €
9.186,- € gesamt
abzüglich erfolgter Teilzahlung seitens der Firma E. Inc. in Höhe von
– 3.231,67 €
Offene Restforderung von
5.954,33 €
Da die Kläger – unter Vorbehalt – einen Betrag von 8.371,43 € gezahlt haben,
ergibt sich ein Rückforderungsanspruch wegen Zuvielzahlung in Höhe von
2.417,10 €
21
Die beklagtenseits beantragte Umsatzsteuer konnte nicht zuerkannt werden.
22
Beim Betrag von 2775,-€ handelt es sich um keinen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang, sondern eine nur interne Weitergabe der Kosten. Die übrigen Beträge stellen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtige Vorgänge dar, allerdings fehlt es bislang an der erforderlichen Rechnungsstellung (vgl. § 14 UStG).
23
Kosten: §§ 97,92 Abs. 1 ZPO
24
Vorläufige Vollstreckbarkeit; §§ 708 Nr. 10,713 ZPO
25
Revision: § 543 ZPO