Ausgefüllter und unterzeichneter Aufklärungsbogen ist Indiz für ärztliches Aufklärungsgespräch

OLG München, Urteil vom 13.06.2013 – 1 U 4904/09

Ein ausgefüllter und unterzeichneter Aufklärungsbogen ist ein im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigendes Indiz, dass ein Aufklärungsgespräch vorgenommen wurde. Er gibt in der Regel auch Anhaltspunkte dafür, was inhaltlich mit dem Patienten besprochen wurde. Maßgeblich und ausschlaggebend ist jedoch stets das mündliche Gespräch zwischen Arzt und Patient, von dessen Inhalt sich das Gericht anhand der Anhörung der am Gespräch Beteiligten ein Bild macht. Vorliegend haben die Ärzte Dr. P. und der Beklagte zu 3) ein Aufklärungsgespräch mit der Patientin geschildert, das das Landgericht als glaubhaft und überzeugend beurteilt hat. Auch wenn sich ein Zeuge bzw. eine Partei nicht konkret an den Patienten erinnert und ihm das individuelle Gespräch nicht mehr im Gedächtnis ist, kann das Gericht eine Überzeugung dahingehend gewinnen, dass ein Gespräch mit einem bestimmten Inhalt stattgefunden hat. Hierfür bietet ein vom Patienten unterzeichneter Aufklärungsbogen mit handschriftlichen Notizen, wie dargelegt, ein wesentliches Indiz (Rn.58).

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 10.09.2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Klagepartei trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung aus diesem Urteil und dem Urteil des Landgerichts durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
1

Der Kläger verlangt als Rechtsnachfolger der am 16.02.2011 verstorbenen Patientin Grete O. (im Folgenden: die Patientin) von den Beklagten Schmerzensgeld, Schadensersatz und Feststellung wegen behaupteter fehlerhafter ärztlicher Behandlung und unzureichender Aufklärung.

2

Am 26.11.2001 stellte sich die damals 64 Jahre alte Patientin in der gefäßchirurgischen Sprechstunde des Klinikums I. beim Beklagten zu 1) vor. Der Beklagte zu 1) stellte anamnestisch folgendes fest:

3

„Seit einigen Wochen auffällige livide Verfärbungen diverser Zehen rechts mehr betont als links mit Betonung der III. Zehe, wo vor wenigen Tagen noch eine offene Läsion vorhanden war. Keine klassische Claudicatio-Symptomatik. Wegen Vorhofflimmern steht die Patientin unter Antikoagulation mittels Marcumar, zeitweise mit Quickwerten über 30 %.“

4

Der Beklagte zu 1) stellte die Diagnose einer peripheren Angiopathie ggf. Mikroembolisation und empfahl als Therapie neben der Gabe von Dusodril Retard Tabletten unter stationären Bedingungen und nach Marcumareinstellung eine ct-gesteuerte Sympathikusblockade (Arztbrief vom 26.11.2001, Anlage K 1).

5

Am 03.12.2001 wurde die Patientin stationär aufgenommen. Am 06.12.2001 wurde eine Sympathikusblockade (lumbale Sympathikolyse rechts) vom Beklagten zu 2), dem damaligen Oberarzt des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie des Klinikums I., durchgeführt. Der Beklagte zu 3) war der damalige Chefarzt und Leiter des Instituts. Während der Behandlung äußerte die Patientin Schmerzbeschwerden, weswegen eine verminderte Alkoholgabe – bei der Sympathikolyse wird Ethanol mittels Injektion verabreicht – erfolgte und der Eingriff vorzeitig abgebrochen wurde. Die Patientin äußerte nach dem Eingriff, dass sich der rechte Unterschenkel wärmer anfühle. Sie erhielt Tramal-Tropfen. Am Entlassungstag, dem 10.12.2001, gab die Patientin ein Pelzigkeitsgefühl im rechten Oberschenkel an (Pflegebericht, Anlage K 1).

6

Ab dem 25.12.2001 wurde die Patientin erneut stationär aufgenommen. Sie klagte über starke Schmerzen und erhielt Medikamente. Am 30.12.2001 wurde sie wieder entlassen.

7

Am 01.02.2002 wurde die Patientin in der Orthopädischen Fachklinik S. im Bereich der Lendenwirbelsäule an der Bandscheibe operiert (Arztbrief vom 26.02.2002). In der Folgezeit war die Patientin bei verschiedenen Ärzten und Kliniken in Behandlung.

8

Die Patientin hat in 1. Instanz geltend gemacht, die Sympathikolyse sei medizinisch nicht indiziert gewesen. Zunächst hätten konservative therapeutische Maßnahmen gewählt werden müssen, statt eine irreversible Sympathikusblockade durchzuführen. Zudem sei die Diagnose fehlerhaft. Die Befunde seien für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit atypisch gewesen. Notwendige Voruntersuchungen seien unterblieben. Vorrangig hätte der Quickwert eingestellt werden müssen. Die Sympathikolyse sei außerdem grob fehlerhaft durchgeführt worden. Es sei das Ethanol nicht richtig dosiert und fehlerhaft appliziert worden. Dadurch sei Gewebe verletzt worden.

9

Die Aufklärung sei nicht in Ordnung gewesen. Der verwendete Bogen sei unpassend und veraltet. Die Darstellungen seien verharmlosend. Es hätten alternative und vorrangige Behandlungsmethoden mit geringerem Risikopotential bestanden, über die die Patientin nicht belehrt worden sei. Die Aufklärung sei nicht ausreichend dokumentiert. Zudem hätte über erhöhte Risiken wegen Vorerkrankungen informiert werden müssen. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung wäre die Patientin in einem Entscheidungskonflikt gestanden, ob sie den Eingriff überhaupt durchführen lasse. Die fehlerhafte Therapiewahl und die unterlassene Eingriffs- und Risikoaufklärung seien als grober Behandlungsfehler zu qualifizieren.

10

Durch die Fehlbehandlung habe sich der Gesundheitszustand der Patientin dramatisch verschlechtert. Die Behandlung habe andauernde Schmerzen zur Folge gehabt, ausgehend vom Rückenbereich bis in die Gliedmaßen. Das Ethanol habe auf sensible Fasern des Plexus Lumbalis eingewirkt, wodurch bei der Patientin nunmehr ein kombiniertes Schmerzbild aus neuropathischen Schmerzen und einer aktivierten Arthrose bestehe. Die fehlerhafte Behandlung habe zu einer Adipositas permagna geführt, nachdem die Patientin laufend Cortison zur Schmerzlinderung habe einnehmen müssen. Das Cortison habe außerdem die Magen- und Darmflora zerstört und die Skelettmuskulatur sei zurückgegangen. Ein Sturz im September 2003 und die dabei erlittene Wirbelkörperfraktur seien damit ebenfalls auf die fehlerhafte Behandlung zurückzuführen. Die Patientin sei durch den Eingriff letztlich zum Pflegefall geworden. Sie habe chronische unerträgliche Schmerzen. Bis Februar 2004 sei der Patientin ein Haushaltsführungsschaden von 24.002,42 € entstanden. Zudem habe sie einen Pflegeschaden von 72.800 € (10 €/h bei einem Betreuungsaufwand von 10 h pro Tag) erlitten. Die Pflege leiste der Ehemann. Als Mindestschmerzensgeld sei ein Betrag von 40.000 € anzusetzen.

11

Die vormalige Klägerin hat in 1. Instanz beantragt,

12

1. die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Patientin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 40.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 24.03.2004 zu zahlen.

13

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Patientin 96.802,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 24.03.2004 zu zahlen.

14

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, sämtlichen zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden der Patientin aufgrund der Falschbehandlung vom 06.12.2001 zu ersetzen.

15

Die Beklagten haben in der 1. Instanz beantragt,

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die Klage abzuweisen.

17

Die Beklagten haben vorgetragen, die ärztliche Behandlung sei in jeder Hinsicht fachgerecht und fehlerfrei gewesen. Diagnose und Indikationsstellung seien einwandfrei gewesen. Bei der Patientin habe eine periphere arterielle Verschlusserkrankung vorgelegen. Angesichts des Beschwerdebildes sei eine interventionelle Therapie empfehlenswert gewesen, da damit schnell gute Erfolge erzielbar seien. Die Nadel zur Punktion sei richtig platziert gewesen, sie werde weitab von Nervenwurzelaustrittsstellen eingeführt, so dass eine Schädigung von Nervenwurzeln ausgeschlossen sei. Die von der Patientin behaupteten Beschwerden seien zu bestreiten und stünden nicht in einem kausalen Zusammenhang mit der Behandlung, sondern seien Folge degenerativer Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Die Patientin sei bereits bei der Klinikaufnahme im Dezember 2001 adipös gewesen. Gänzlich fernliegend sei eine Verantwortlichkeit der Beklagten für die pathologisch bedingte Bandscheibenfraktur im September 2003. Die Aufklärung über Art und Weise des Eingriffs und über Risiken sei zunächst durch den Beklagten zu 1) erfolgt. Bei dem Gespräch am 26.11.2001 habe der Beklagte zu 1) auch über konservative Methoden, wie die Gabe vasoaktiver Substanzen, rheologische Maßnahmen und Infusionstherapie gesprochen. Im Hinblick auf Vorteile und Risiken habe er die Sympathikolyse empfohlen. Am 4.12.2001 sei die Patientin im Detail vom Zeugen Dr. P. aufgeklärt worden, sowie nochmals am Tag des Eingriffs durch den Beklagten zu 2). Der verwendete, von der Patientin unterzeichnete Standardbogen sei in Ordnung (Anlage B 3).

18

Das Landgericht hat nach Erholung mehrerer Sachverständigengutachten, Vernehmung von Zeugen und Anhörung der Parteien die Klage mit Urteil vom 10.09.2009 abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

19

Die (vormalige) Klägerin habe eine fehlerhafte Behandlung der Beklagten nicht nachgewiesen. Die Indikation zur Durchführung der ct-gesteuerten Sympathikolyse sei zutreffend gestellt worden. Die erhobenen Voruntersuchungen seien ausreichend gewesen. Die Dokumentation sei beanstandungsfrei. Auch hinsichtlich der Durchführung der Sympathikolyse seien Fehler nicht feststellbar. Die Aufklärungsrüge greife ebenfalls nicht durch. Die Aufklärungsgespräche, von deren Inhalt sich das Gericht im Rahmen der Beweisaufnahme überzeugt habe, seien ordnungsgemäß und ausreichend gewesen. Die Patientin habe im Übrigen bei ihrer Anhörung einen Entscheidungskonflikt nicht plausibel gemacht. Die Erholung weiterer Gutachten auf dem neurologischen und orthopädischen Gebiet sei nicht erforderlich.

20

Ergänzend wird für die Einzelheiten Bezug genommen auf das landgerichtliche Urteil (Bl. 303/328 d.A.).

21

Gegen das am 22.09.2009 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klagepartei vom 15.10.2009, begründet mit Schriftsatz vom 22.12.2009, mit der sie ihrer Ansprüche vollumfänglich weiterverfolgt hat.

22

Die Patientin hat in der Berufung geltend gemacht, zu Unrecht habe das Landgericht die Indikation für eine Sympathikolyse bejaht. Die Beklagten hätten weitere diagnostische Maßnahmen pflichtwidrig unterlassen und die Behandlung „ins Blaue hinein“ durchgeführt. Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. H. habe es mehrere mögliche Ursachen für das Beschwerdebild der Patientin gegeben, wobei seiner Meinung nach eine Cholesterinkristallisation wahrscheinlich sei. Auch sei unterlassen worden, mit Salben und Umschlägen eine lokale Wundbehandlung durchzuführen. Die Dokumentation sei mangelhaft. Ein Behandlungsfehler sei offenkundig, die Interpretation der gutachterlichen Äußerungen seitens des Gerichts sei unhaltbar. Auch sei nicht beachtet worden, dass die angewandte Behandlung laut Gerichtsgutachter Prof. Dr. Ho. die „ultima ratio“ gewesen sei. Vorrangig hätte eine Prostaglandin- Behandlung durchgeführt werden müssen. Diese Möglichkeit sei offensichtlich nicht erwogen und mit der Patientin auch nicht erörtert worden. Die Beklagten hätten stattdessen bei einer unklaren Diagnose die allerschärfste Maßnahme ergriffen und durchgeführt, die für die Patientin völlig unwirksam gewesen sei und zu massiven Schäden geführt hätte. Zudem fehle für die Sympathikolyse eine wissenschaftliche Evidenz, weswegen die Indikationsstellung besonders kritisch zu sehen sei. Dies habe das Landgericht außer Acht gelassen und damit den Inbegriff der Hauptverhandlung nicht ausgeschöpft. Darüber hinaus seien die erholten gerichtlichen Gutachten widersprüchlich. Soweit sich das Landgericht auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ha. stütze, könne dieser als Radiologe nichts Verbindliches zur Anwendbarkeit und der ordnungsgemäßen Durchführung der Sympathikolyse beitragen. Notwendig sei die Erholung eines neurologischen bzw. orthopädischen Gutachtens. Darüber hinaus sei eine sachgerechte und ordnungsgemäße Aufklärung der Klägerin nicht erfolgt und könne aus der Anhörung der Klägerin bzw. des Zeugen Dr. P. auch nicht geschlossen werden.

23

Am 16.02.2011 verstarb die vormalige Klägerin. Auf Antrag des vormaligen Klägervertreters vom 07.03.2011 wurde das Verfahren mit Beschluss vom 09.03.2011 ausgesetzt. Auf Antrag der Beklagten wurde das Verfahren am 19.03.2013 wieder aufgenommen. Der nunmehrige Kläger, der Ehemann der Verstorbenen, ist Alleinerbe und Rechtsnachfolger der Patientin.

24

Der Kläger beantragt,

25

1. Das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 10.09.2009 wird aufgehoben.

26

2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Ingolstadt zurückverwiesen.

27

Hilfsweise:

28

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Patientin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 40.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 24.03.2004 zu zahlen.

29

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Patientin 96.802,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 24.03.2004 zu zahlen.

30

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, sämtlichen zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden der Patientin aufgrund der Falschbehandlung vom 06.12.2001 zu ersetzen.

31

Die Beklagten beantragten,

32

Zurückweisung der Berufung.

33

Die Beklagten vertreten die Auffassung, die Berufungsangriffe des Klägers bzw. der vormaligen Klägerin seien unbegründet. Beide Sachverständige hätten erstinstanzlich die Indikation zur Durchführung der Sympathikolyse übereinstimmend bejaht, mag auch Prof. Dr. Ho. differenzialdiagnostisch andere Ursachen der Durchblutungsstörungen im Fuß-/Zehenbereich für wahrscheinlich gehalten haben. Prof. Dr. Ha. habe die Durchführung der Behandlung anhand der Bilddokumentation als in jeder Hinsicht fehlerfrei beurteilt. Die Notwendigkeit weiterer diagnostischer Erhebungen hätten die gerichtlichen Sachverständigen verneint. Auch die Dokumentation sei von den Gutachtern nicht beanstandet worden. Der Vorwurf einer unzureichenden lokalen Wundbehandlung habe sich gleichfalls nicht bestätigt. Es sei nicht zutreffend, dass die Sympathikolyse einen „massiven Eingriff“ darstelle. Die Behandlung mit dem Medikament Prostavasin sei bei der Patientin wegen der Vorerkrankungen problematisch gewesen und es habe akuter Handlungsbedarf bestanden. Abgesehen davon habe die Patientin parallel zur Sympathikolyse eine medikamentöse Behandlung und Infusion mit durchblutungsfördernden Medikamenten, insbesondere Prostavasin, erhalten. Man habe die problematische Durchblutungssituation in den Beinen bzw. Zehen sowohl mit der Sympathikolyse als auch mit konservativen Mitteln behandelt. Auch die Aufklärung der Patientin sei nicht zu beanstanden. Die Aufklärung habe der Sachverständige Prof. Dr. Ha., in dessen Fachgebiet diese Frage falle, als ordnungsgemäß beurteilt. Der Sachverständige Prof. Dr. Ho. habe eine individuelle Erörterung der Nutzen und Risiken der verschiedenen Möglichkeiten verlangt, was ebenfalls erfolgt sei. Der Beklagte zu 1) habe sehr gute und schnelle Erfolge mit der Sympathikolyse erzielt, weswegen er der Patientin die Behandlung empfohlen habe. Angesichts der schweren Durchblutungsstörungen habe dringender Handlungsbedarf bestanden. In jedem Fall fehle es an einem Entscheidungskonflikt der Patientin. Dass zwischen den geltend gemachten Gesundheitsproblemen der Patientin und der durchgeführten Sympathikolyse kein kausaler Zusammenhang bestehe, folge bereits aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ha. Weshalb ein Radiologe hierzu keine fundierten Aussagen treffen könne, lege die Patientin nicht dar.

34

Der Senat hat im Termin vom 22.07.2010 die vormalige Klägerin und den Beklagten zu 1) angehört, sowie den Sachverständigen Prof. Dr. Ho. gehört. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.07.2010 (Bl. 393/300 d.A.) Bezug genommen. Mit Beschluss vom 07.10.2010 hat der Senat ein neurologisches Zusatzgutachten (Bl. 428/443 d.A.) erholt.

Entscheidungsgründe

A.

35

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger stehen unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt gegen die Beklagten Ansprüche auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz zu. Die Behandlung der verstorbenen Patientin war lege artis, auch die Aufklärung vor dem Eingriff war ordnungsgemäß.

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I. Vorwurf des Behandlungsfehlers

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Zutreffend hat das Landgericht, gestützt auf die Ausführungen der beiden Sachverständigen Prof. Dr. Ho. – einem Facharzt für Innere Medizin und Angiologie – sowie Prof. Dr. Ha. – Facharzt für Röntgendiagnostik – festgestellt, dass den Beklagten ein Behandlungsfehler nicht zur Last gelegt werden kann. Auf das ausführliche und sorgfältig begründete Urteil des Landgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Auch die vom Senat durchgeführte ergänzende Beweisaufnahme hat zu keinen für die Klagepartei günstigeren Erkenntnissen geführt.

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1. Der Kläger rügt zwar in der Berufung, dass die Indikationsstellung seitens der Beklagten fehlerhaft gewesen sei und behauptet, notwendige (weitere) diagnostische Maßnahmen seien unterblieben. Tatsächlich wurde jedoch in der erstinstanzlichen Beweisaufnahme der Vorwurf der fehlerhaften Indikationsstellung und einer unzureichenden Diagnostik erschöpfend beleuchtet. Der Nachweis eines diesbezüglichen Fehlers ist der Klagepartei nicht gelungen.

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a) Wie das Landgericht in seiner Entscheidung auf S. 8 bis 13 im Einzelnen ausführt, haben beide Sachverständige die Indikation für eine Sympathikolyse bei der Patientin überzeugend bejaht. Auch der Senat ist davon überzeugt, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Behandlung gegeben waren. Die gutachterlichen Stellungnahmen sind bei verständiger Gesamtwürdigung weder widersprüchlich noch unklar, sondern stimmig und überzeugend. Der Sachverständige Prof. Dr. Ha., der die Behandlung in 30 bis 50 % der Fälle für erfolgreich hält und der in der Vergangenheit auch selbst zahlreiche Sympathikolyse-Behandlungen durchgeführt hat, hatte an der ordnungsgemäßen Indikationsstellung angesichts des klinischen Befundes der Patientin (periphere Durchblutungsstörungen) sowohl in seinem schriftlichen Gutachten vom 24.11.2008 als auch in seiner mündlichen Anhörung vom 12.05.2009 keinen Zweifel. Der Sachverständige Prof. Dr. Ho., der der Behandlungsmethode skeptischer gegenübersteht, hat die Vorgehensweise erstinstanzlich ebenfalls als mögliche Therapieoption beurteilt (Protokoll vom 19.06.2007).

40

Bei der Anhörung durch den Senat hat Prof. Dr. Ho. ergänzend erläutert, dass nach den damaligen Leitlinien die Sympathikolyse eine der beiden Methoden war, die man beim Krankheitsbild der Patientin einsetzen kann. Die Sympathikolyse lag – so Prof. Dr. Ho. – gemessen am Facharztstandard im Jahr 2001 im möglichen Behandlungskorridor und war unter Abwägung von Nutzen und Risiken für den jeweiligen Patienten anwendbar. Den von ihm erstinstanzlich verwendeten Begriff der „ultima ratio“ in Bezug auf die Sympathikolyse erläuterte Prof. Dr. Ho. bei der mündlichen Anhörung dahingehend, dass er damit seine persönliche Präferenz für evidenzbasierte Verfahren zum Ausdruck gebracht habe und nicht den damals geltenden fachärztlichen Standard. Prof. Dr. Ho. ließ bei seiner Anhörung durch den Senat keinen Zweifel daran, dass es zulässig und fachlich vertretbar war, bei der Patientin nach individueller Beratung und Aufklärung eine Sympathikolyse durchzuführen, auch wenn die Wirksamkeit der Methode nicht anhand von evidenzbasierten Studien nachgewiesen war und in der heute aktuellen Leitlinie die Sympathikolyse deshalb auch nicht mehr genannt wird. Der Sachverständige begründete dies damit, dass bei der Patientin ein akuter Handlungsbedarf bestand, es empirische Erfahrungsberichte über rasche Erfolge der Methode gab und dass gegen eine medikamentöse Infusionsbehandlung mit Prostavasin – das Verfahren, das der Sachverständige als evidenzbasiertes Verfahren persönlich bevorzugt – die Herzerkrankung der Patientin sprach. Abgesehen von der Sympathikolyse und der Gabe durchblutungsfördernder Mittel gab es für die Patientin aufgrund der Lage der Durchblutungsstörung keine weitere Behandlungsoption. Entgegen der Meinung der Klagepartei vertrat Prof. Dr. Ho. weder in den schriftlichen Gutachten noch bei seinen Anhörungen den Standpunkt, die Beklagten hätten ausschließlich oder vorrangig eine Prostavasin-Therapie vorschlagen und durchführen müssen.

41

Im Übrigen hat die Patientin, wie eine genauere Erläuterung der Behandlungsunterlagen durch die Beklagten ergeben hat (Bl. 415/417 d.A.), parallel zu der Sympathikolyse-Behandlung Prostavasin-Infusionen erhalten. Es erfolgte lediglich eine Anpassung der Dosis im Hinblick auf die – durch die gerichtliche Begutachtung bestätigte – problematische kardiale Situation der Patientin. Die Medikation, wie sie die Beklagten dargelegt haben, ist in den Behandlungsunterlagen vermerkt. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Eintragungen bzw. des Vortrags zu zweifeln.

42

Damit entbehrt der Vorwurf der Klagepartei, dass der Patientin die aussichtsreiche, vom Sachverständigen Prof. Dr. Ho. bevorzugte Behandlungsmethode vorenthalten worden sei, der Grundlage. Tatsächlich haben sich die Beklagten durch Einsatz aller fachlich in Frage kommender Behandlungsalternativen bemüht, die schlechte Durchblutungssituation in den Extremitäten der Patientin zu verbessern.

43

Die Indikation für die Vornahme der Sympathikolyse lag damit zweifelsfrei vor. Widersprüchlichkeiten oder Unklarheiten, die Anlass zu weiterer Sachaufklärung gegeben hätten, sind nicht ersichtlich.

44

b) Wie sich aus den erholten gerichtlichen Gutachten ebenfalls zweifelsfrei ergibt, schied die Sympathikolyse auch nicht deshalb aus, weil möglicherweise nicht eine kardiale Embolisation, sondern eine Cholesterinkristallembolisation oder eine Vaskulitis die livide Verfärbung der Zehen hervorgerufen hatte. Unabhängig von den Ursachen war es medizinisch zur Minderung einer Amputationsgefahr geboten, die Durchblutungssituation in den Extremitäten zu verbessern. Als Behandlungsmöglichkeiten standen – wie dargelegt – nur die Gabe von Medikamenten (Prostavasin = Prostaglandin) und die Sympathikolyse zur Verfügung, wobei es sich bei beiden Alternativen um leitlinienkonforme Therapien handelte.

45

2. Auch der Vorwurf der Patientin, die Anordnung und Durchführung der Behandlung sei „regelrecht ins Blaue“ hinein erfolgt, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unbegründet, wie das Landgericht im Einzelnen zutreffend begründet hat. Insbesondere hat der Sachverständige Prof. Dr. Ho. bei seiner mündlichen Anhörung vom 19.06.2007 auf S. 5 gerade nicht den Standpunkt vertreten, dass bestimmte Zusatzuntersuchungen (Oszillographie/Zehendruckmessung) vorab hätten durchgeführt werden müssen. Die Untersuchungen wären – so der Gutachter – lediglich wünschenswert gewesen, aber nicht zwingend erforderlich. Das Unterbleiben dieser Untersuchungen stellt sich damit nicht als pflichtwidrig oder fehlerhaft dar. Ebenso wenig ergaben sich aus den vorgelegten Behandlungsunterlagen hinreichende Anhaltspunkte für eine unzureichende lokale Wundbehandlung. Prof. Dr. Ho. hat hierzu erläutert, dass ausweislich der Unterlagen eine Wundbehandlung durchgeführt wurde. Konkrete Defizite konnte er in diesem Zusammenhang nicht feststellen.

46

Die Dokumentation wurde von ihm ausdrücklich als ausreichend und nicht als mangelhaft bezeichnet, wie die Klagepartei behauptet (Protokoll vom 19.06.2007, S. 5 und 6).

47

3. Soweit die Klagepartei darauf verweist, dass die angewandte Methode unwirksam gewesen sei, ist dies zum einen umstritten – der Beklagte zu 1) gab an, die Behandlung sei in punkto Durchblutung erfolgreich gewesen. Zum anderen belegt auch ein ex post festgestellter mangelnder Erfolg einer Behandlung nicht die Fehlerhaftigkeit der Therapie ex ante. Der Standpunkt der Klägerin, die Anwendung der Therapie sei schon deshalb ein Behandlungsfehler, weil sie nur Risiken und keinen Nutzung habe, ist durch die erholten gerichtlichen Gutachten widerlegt. Prof. Dr. Ho. hat zur Frage möglicher nachteiliger Folgen der Behandlung die Begutachtung durch einen Radiologen empfohlen. Der radiologische Sachverständige Prof. Dr. Ha. hat ausgeführt, dass ein Erfolg in 30 % bis 50 % der Fälle – so seine Erfahrungswerte – in Relation zu der drohenden Amputation zu setzen sei. Das von der Patientin behauptete schwerwiegende Schädigungsrisiko hat Prof. Dr. Ha. bei seiner Anhörung klar verneint. Die Aussagen von Prof. Dr. Ha. zum Risikopotential wurden in dem vom Senat erholten neurologischen Gutachten bestätigt.

48

4. Ebenfalls unbegründet ist die Rüge der Klagepartei, das Landgericht habe in unzulässiger Weise den Radiologen Prof. Dr. Ha. zur Anwendbarkeit der Sympathikolyse befragt. Die Methode der Sympathikolyse berührt sowohl das Fachgebiet des Radiologen als auch das des Angiologen. Dementsprechend hat das Landgericht Sachverständige aus beiden Gebieten herangezogen. Das Landgericht hat die erholten Gutachten umfassend gewürdigt und dabei zu Recht überprüft, inwieweit die Gutachter übereinstimmende oder divergierende Aussagen treffen. Selbst Aussagen eines medizinischen Sachverständigen, die nicht unmittelbar zum Beweisthema gehören, die aber für die Beurteilung eines fachgerechten Vorgehens bedeutsam sein können, muss das Gericht angesichts des in Arzthaftungssachen geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes zur Kenntnis nehmen und in seine Würdigung einbeziehen. Nachdem eine ordnungsgemäße Indikationsstellung von beiden Gutachtern übereinstimmend bejaht wurde, besteht für den Senat keine Veranlassung für die Erholung eines weiteren Gutachtens nach § 412 ZPO.

49

5. Ebenso wenig konnte die Patientin den Nachweis erbringen, dass die Sympathikolyse fehlerhaft durchgeführt wurde. Ausweislich sämtlicher erholter Gutachten haben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Vornahme der Sympathikolyse ergeben. Auf die Darlegungen im landgerichtlichen Urteil ist zu verweisen.

50

Ergänzend hat der Senat im Hinblick auf die Behauptung der Klagepartei, bei fachgerechter Vornahme der Behandlung hätte es nicht zu den von ihr behaupteten schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen können, ein neurologisches Gutachten erholt. Die Beweisaufnahme erbrachte keine Bestätigung der Behauptungen der Klagepartei. Der Neurologe Prof. Dr. B. konnte anhand der Untersuchung der Patientin und Auswertung der Akten und der Befundberichte nicht feststellen, dass die Sympathikolyse die von der Patientin geklagten schweren Gesundheitsschäden verursacht hätten. Er erachtete lediglich eine zeitweilige Beeinträchtigung des nervus genitofemoralis rechts für wahrscheinlich, was zu vorübergehenden Schmerzen und zeitweiligen, bei der Untersuchung nicht mehr vorhandenen Taubheitsgefühlen in der Leistengegend geführt haben kann. Eine derartige Nervenirritation zählt zu den bekannten eingriffsimmanenten Folgen einer Sympathikolyse, die auch bei einem Vorgehen lege artis nicht vermeidbar sind und auftreten können. Eine funktionelle Beeinträchtigung im Sinne von Lähmungserscheinungen schloss der Neurologe aus. Eine Schädigung des Plexus Lumbalis, des Nerven Iliohypogastricus und oder des Nerven ilioinguinalis infolge der Sympathikolyse war ebenfalls nicht objektivierbar. Soweit die Patientin über Schmerzen im Bereich der unteren Lendenwirbel klagte, waren diese nach Auffassung des Neurologen aller Wahrscheinlichkeit nach auf degenerative Veränderungen von Knochen und Gelenken in diesem Bereich zurückzuführen. Einen kausalen Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Behandlung konnte Prof. Dr. B. nicht erkennen, zumal eine chronologische Ordnung der Schmerz- und Beschwerdesymptomatik der an zahlreichen Krankheiten leidenden Patientin (u.a. finden sich Hinweise auf Diabetes, eine arterielle Verschlusserkrankung, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Arthritis und Osteoporose) über die Jahre kaum möglich war und die Anamnese diffus blieb. Die Ausführungen des neurologischen Gutachters sind für den Senat klar, eindeutig und fachlich überzeugend. Zweifel oder Unklarheiten haben sich nicht ergeben, so dass der Senat für eine ergänzende Befragung oder Anhörung des Gutachters von Amts wegen keine Veranlassung hatte.

51

6. Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass der Klagepartei der Nachweis eines Behandlungsfehlers nicht gelungen ist. Keines der erholten Sachverständigengutachten bestätigte die klägerische Behauptung eines Verstoßes gegen den Facharztstandard.

52

Soweit die Klagepartei in der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2013 beantragt hat, einen neuen Termin zu bestimmen und den Sachverständigen Prof. Dr. B. zu laden, ist der Antrag zurückzuweisen, da er zum einen jegliche inhaltliche Substanz vermissen lässt und damit als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist (BGH NJW 1994, 1286, Rn.13, zitiert nach juris), zum anderen auch verspätet gestellt worden ist, §§ 411 Abs. 4, 296 Abs. 1 und 4 ZPO. Die Stattgabe des Anhörungsantrags würde zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, die Verspätung ist auch nicht genügend entschuldigt.

53

Das Gutachten von Prof. Dr. B. wurde den Parteien bereits im Februar 2011 unter Hinweis auf § 411 Abs. 4 ZPO übersandt und es wurde Frist zum Vorbringen von Anträgen und Einwänden bis 10.03.2011 gesetzt. Im Hinblick auf die Unterbrechung des Verfahrens am 09.03.2011 und Wiederaufnahme wurde dem Kläger als Rechtsnachfolger nochmals mit Beschluss vom 26.04.2013 (Bl. 484 d.A.) eine Frist bis 29.05.2013 gesetzt, die Ladung des Sachverständigen zum Termin zu beantragen und etwaige Anträge und Ergänzungsfragen zu stellen. Die Frist wurde bis 06.06.2013 verlängert. Die Klagepartei hat in Kenntnis des Hinweises vom 26.04.2013 und im Kenntnis der Tatsache, dass der Senat die Sache für entscheidungsreif hält (Bl. 448 d.A.) in ihrem Schriftsatz vom 06.06.2013 keinen Antrag auf Ladung des Sachverständigen gestellt und keine Aspekte aufgezeigt, die aus Sicht der Klagepartei erläuterungsbedürftig sein könnten. Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2013 auch deutlich gemacht, dass er bewusst und gewollt in Kenntnis der prozessualen Konsequenzen keine Anhörung des Sachverständigen beantragt hat und er den Anhörungsantrag nur deshalb stellt, weil sein Mandant am Tag vor der mündlichen Verhandlung erklärt habe, er wolle ein neurologisches Gutachten. Auf Hinweis des Klägervertreters, dass dieses Gutachten bereits vorliege, meinte der Mandant – so sein anwaltlicher Vertreter – er akzeptiere das Gutachten nicht und wolle den Gutachter befragen. Die Erläuterungen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2013 sind nicht geeignet, die Verspätung des Anhörungsantrags zu entschuldigen. Es liegt im Verantwortungsbereich des Anwalts, sich in Rücksprache mit seinem Mandanten innerhalb der gesetzten Frist darüber schlüssig zu werden, ob Fragen an den gerichtlichen Gutachter gestellt werden sollen und gegebenenfalls in welchen Punkten sachliche Einwände erhoben werden können. Hierzu hatte der (nunmehrige) Klägervertreter hinreichend Zeit. Selbst wenn der Mandant, wie der Klägervertreter ergänzend zu Protokoll gegeben hat, altersbedingt nicht in der Lage sein sollte, Fristen einzuhalten, obliegt es dem Anwalt, der die haftungsrechtliche Verantwortung für die fachgerechte Vertretung seines Mandanten vor Gericht hat, entsprechende Anträge zu stellen. Seine Versäumnisse muss sich der Mandant zurechnen lassen, § 85 Abs. 2 ZPO.

54

II. Vorwurf unzureichender Aufklärung

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1. Inhalt der Aufklärung

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Auch die Berufungsangriffe der Klagepartei in Bezug auf die präoperative Aufklärung sind nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht die Überzeugung gewonnen, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung vorgenommen worden ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen, denen sich der Senat anschließt, wird Bezug genommen. Die in der Berufung hiergegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.

57

a) Dem Standpunkt der Klagepartei, der verwendete Aufklärungsbogen sei völlig unzureichend gewesen, vermag der Senat nicht zu folgen. In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist festzustellen, dass es für die fragliche Behandlung keinen spezifischen perimed- Aufklärungsbogen gibt. Der verwendete Bogen ist, wie der Sachverständige Prof. Dr. Ha. überzeugend dargelegt hat, grundsätzlich geeignet, um anhand dieser Unterlage ein ordnungsgemäßes Aufklärungsgespräch zu führen. Der Bogen enthält weder (bezogen auf den Zeitpunkt des Eingriffs, also im Dezember 2001) veraltete Aussagen noch ist er inhaltlich falsch oder irreführend.

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Ein ausgefüllter und unterzeichneter Aufklärungsbogen ist ein im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigendes Indiz, dass ein Aufklärungsgespräch vorgenommen wurde. Er gibt in der Regel auch Anhaltspunkte dafür, was inhaltlich mit dem Patienten besprochen wurde. Maßgeblich und ausschlaggebend ist jedoch stets das mündliche Gespräch zwischen Arzt und Patient, von dessen Inhalt sich das Gericht anhand der Anhörung der am Gespräch Beteiligten ein Bild macht. Vorliegend haben die Ärzte Dr. P. und der Beklagte zu 3) ein Aufklärungsgespräch mit der Patientin geschildert, das das Landgericht als glaubhaft und überzeugend beurteilt hat. Auch wenn sich ein Zeuge bzw. eine Partei nicht konkret an den Patienten erinnert und ihm das individuelle Gespräch nicht mehr im Gedächtnis ist, kann das Gericht eine Überzeugung dahingehend gewinnen, dass ein Gespräch mit einem bestimmten Inhalt stattgefunden hat. Hierfür bietet ein vom Patienten unterzeichneter Aufklärungsbogen mit handschriftlichen Notizen, wie dargelegt, ein wesentliches Indiz.

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Soweit die Klagepartei auf ihre Aussage beim Landgericht zur Frage eines Aufklärungsgesprächs verweist, ist festzustellen, dass ausweislich des landgerichtlichen Protokolls die Patientin schon zum damaligen Zeitpunkt keine Erinnerung mehr an die damaligen Geschehnisse hatte. Bei der Anhörung durch den Senat war die vormalige Klägerin nicht in der Lage, Fragen zu den damaligen Ereignissen zu beantworten bzw. eine konkrete Erinnerung an Arztkontakte abzurufen. Sie war subjektiv überzeugt, dass der Beklagte zu 1) sie nicht behandelt habe, sondern sie nur von dem Beklagten zu 3) behandelt worden sei, was zweifelsfrei nicht den Tatsachen entspricht. Wie ihr anwesender Ehemann erläuterte, bezog sie sich dabei auf eine Vorstellung sechs Monate nach der streitgegenständlichen Behandlung. Die Patientin war lediglich eingeschränkt orientiert und zu differenzierten Antworten – auch auf einfache Fragen – nicht in der Lage. Sie konnte weder Angaben zu damaligen Gesprächen mit Ärzten machen noch ihre damaligen Beschwerden und deren Entwicklung schildern, was angesichts der langjährigen, fortschreitenden gesundheitlichen Probleme und der Vielzahl von Behandlungen, denen sich die Patientin seit 2001 unterzogen hat, auch nicht erstaunlich ist.

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Demgegenüber hat der Beklagte zu 1) seine damalige Aufklärungspraxis bei Durchführung einer Sympathikolyse glaubhaft geschildert. Auf der Basis seiner Aussage sowie der Angaben des Zeugen Dr. P. war die Aufklärung der Patientin ausreichend, wie auch die Sachverständigen Prof. Dr. Ho. und Prof. Dr. Ha. bestätigt haben. Der Patientin wurde die Behandlungsmethode erläutert, sie wurde auf die möglichen operationsimmanenten Risiken, insbesondere die Möglichkeit einer Nervenverletzung und damit verbundenen zeitweiligen Schmerzen und Missempfindungen zutreffend hingewiesen. Die von der Patientin behaupten schwerwiegenden Gefahren waren mit der Behandlung nicht verbunden. Der Eingriff bot aus damaliger Sicht und den damaligen klinischen Erfahrungen auch eine gute Chance auf Besserung der Durchblutungssituation. Auch insoweit ist keine unzureichende oder mangelhafte Aufklärung der Patientin festzustellen.

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Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Patientin – wie sich im Verfahren herausgestellt hat – nicht eine andere Behandlungsmöglichkeit entgangen ist, sondern sie parallel zur Sympathikolyse auch Prostavasin erhalten hat. Insoweit entbehrt der Vorwurf, die Patientin sei nicht hinreichend auf Behandlungsalternativen aufmerksam gemacht worden, ebenfalls der Grundlage, abgesehen davon, dass der Beklagte zu 1) nach seinen Angaben mit den Patienten grundsätzlich auch die Möglichkeiten der konservativen Therapie erörtert sowie Vor- und Nachteile der Sympathikolyse erörtert hat.

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2. Kein Entscheidungskonflikt

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Bei dieser Sachlage erscheint es dem Senat auch nicht plausibel, welcher Entscheidungskonflikt sich für die Klägerin gestellt hätte. Der Patientin drohten einerseits akut schwerwiegende Folgen infolge andauernder Durchblutungsstörung. Weitere Behandlungsalternativen stellten sich nicht. Die Behandlung bot nach ärztlicher Erfahrung eine aussichtsreiche Chance der schnellen Besserung der Durchblutungssituation bei einem relativ harmlosen Spektrum unerwünschter Risiken. Weshalb die Klägerin bei dieser Sachlage in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt gekommen wäre, wenn man ihr noch deutlicher vor Augen geführt hätte, dass es an einem wissenschaftlichen Nachweis einer Wirksamkeit mangelt, ist nicht nachvollziehbar.

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III. Keine Kausalität zwischen Behandlung und geltend gemachten Beschwerden

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Auch insoweit hat die Beweisaufnahme die Behauptungen der Klagepartei in den wesentlichen Punkten widerlegt. Lediglich hinsichtlich einer vorübergehenden Gefühlsstörung in der Leistengegend, über die die Patientin präoperativ aufgeklärt worden ist, kommt demnach ein kausaler Zusammenhang zwischen Behandlung und Beschwerden in Betracht. Sonstige behauptete Beeinträchtigungen, insbesondere Lähmungserscheinungen, chronische schwere Rückenschmerzen, Adipositas u.a. stellen sich nicht als Folge der Behandlung dar, sondern sind auf davon unabhängige Erkrankungen der Patientin zurückzuführen.

B.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

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Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach den §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder das Erfordernis, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen, vermag der Senat nicht zu erkennen.

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