Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21.02.2014 – 26 U 28/13
15.000 Euro Schmerzensgeld nach fehlerhafter augenärztlicher Behandlung
Augenärzte schulden einem Patienten 15.000 Euro Schmerzensgeld, nachdem sie eine Netzhautablösung zu spät erkannt und den Patienten, anstelle ihn frühzeitig an einen Augenchirurgen zu überweisen, zu lange mit Laserkoagulationen behandelt hatten, so dass der Patient auf einem Auge 90 % seiner Sehkraft verloren hat.Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21.02.2014 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Paderborn bestätigt.
Anfang Juni 2009 stellte der seinerzeit 58 Jahre alte Kläger aus Hövelhof beim Joggen fest, dass auf dem rechten Auge nicht mehr richtig sehen konnte. Am nächsten Tag begab er sich in die Behandlung der beklagten Augenärztin aus Paderborn, die zunächst als Urlaubsvertreterin des ebenfalls beklagten Augenarztes aus dem Kreis Paderborn tätig wurde. Die Beklagte stellte ein Netzhautloch und eine Glaskörperblutung fest und behandelte den Kläger mit einer Laserkoagulation. Eine Ultraschalluntersuchung nahm sie nicht vor. Die Behandlung wiederholte sie 10 Tage später.
Mitte Juni 2009 setzte der Beklagte die Behandlung mit einer 3. Laserkoagulationen fort. Eine Ultraschalluntersuchung unterließ auch er. In der Folgezeit kam es zu einer Netzhautablösung, die Anfang Juli 2009 in einer Augenklinik durch eine Glaskörper-Operationen behandelt wurde. Eine Verbesserung der Sehkraft trat dadurch jedoch nicht mehr ein. Die Sehkraft auf dem rechten Auge des Klägers ist dauerhaft um 90 % reduziert.
Mit der Begründung, er sei behandlungsfehlerhaft nicht täglich kontrolliert und nicht frühzeitig zur Operation in eine Augenklinik überwiesen worden, hat der Kläger von den Beklagten Schadensersatz verlangt, u. a. ein Schmerzensgeld i. H. v. 20.000 Euro.
Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat das dem Kläger bereits vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld i. H. v. 15.000 Euro bestätigt. Auf der Grundlage des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens stehe fest, so der Senat, dass die nach 10 Tagen wiederholte Behandlung mit einer Laserkoagulation nicht mehr indiziert gewesen sei. Vielmehr habe der Kläger spätestens zu diesem Zeitpunkt zum Zwecke eines operativen Eingriffs an einen Augenchirurgen überwiesen werden müssen. Die durchgeführte Laserbehandlung setze neben der Möglichkeit der sicheren und dichten Umstellung des Netzhautloches mit Laserherden Sichtverhältnisse voraus, nach denen festgestellt werden könne, dass die restliche Netzhaut sicher anliege. Diese Sichtverhältnisse seien beim Kläger nicht mehr vorhanden gewesen. Auf den zentralen Glaskörper seines Auges habe man wegen Blutauflagerungen nicht hinreichend sicher sehen können. Es habe die Gefahr bestanden, dass sich Flüssigkeit zum Zentrum des Auges hin verlagere und dort unbemerkt die Netzhaut ablöse. Bei dieser Situation habe der Kläger einem Augenchirurgen vorgestellt werden müssen. Zudem habe bereits die Beklagte die tatsächliche Situation der Netzhaut unzureichend untersucht. Sie habe es versäumt, die Netzhaut insbesondere in ihrem zentralen Bereich bereits zu Beginn der Behandlung und fortlaufend bis zur sicheren Erkenntnis über ihren Zustand durch dafür geeignete Ultraschalluntersuchungen zu befunden. Auch der Beklagte habe dies versäumt, als er die Behandlung fortgesetzt habe.
Beide Beklagten hafteten für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers. Zu seinen Gunsten greife insoweit eine Beweislastumkehr ein. Zum Einen liege es nahe, die Behandlungsfehler der Beklagten als grob fehlerhaft zu bewerten. Von beiden sei zum Anderen der sehr wahrscheinlich reaktionspflichtige Befund einer Netzhautablösung nicht
erhoben worden. Auch das rechtfertige die Beweislastumkehr, weil es sich ebenfalls als grob fehlerhaft dargestellt hätte, einen solchen Befund zu verkennen oder auf ihn nicht richtig zu reagieren.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 09.04.2014