Zur Frage des Schadensersatzes wegen Flohbefalls nach Betreuung einer Katze

LG Köln, Urteil vom 11. September 2019 – 3 O 331/18

Zur Frage des Schadensersatzes wegen Flohbefalls nach Betreuung einer Katze

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand
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Die Klägerin macht mit ihrer Klage Schadensersatzansprüche wegen eines behaupteten Flohbefalls nach Betreuung einer Katze des Beklagten geltend.

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Die Klägerin und der Beklagte waren seit vielen Jahren miteinander befreundet. Sie verabredeten, dass die Klägerin – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – während einer Ortsabwesenheit des Beklagten dessen Wohnung nutzen kann, womit zugleich eine Betreuung der Katze des Beklagten einhergehen sollte. Die Klägerin wollte damit auch ihren vorangegangen Urlaub in der Eifel „verlängern“. Die Klägerin erschien vereinbarungsgemäß am 10.08.2017 nach dem vorausgegangenen Urlaub in der Eifel gegen 15 Uhr im Haus des Beklagten, packte ihre Koffer aus und richtete sich ein. Unter anderem ging sie duschen und bezog das Bett des Beklagten mit einer von ihr mitgebrachten Matratzenauflage. Gegen 21.30 Uhr erreichte die Klägerin ein Anruf des Beklagten auf dem Handy, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Am Vormittag des 11.08.2017 verließ die Klägerin die Wohnung des Beklagten ohne die Katze, nachdem sie den Beklagten zuvor über einen Flohbefall telefonisch in Kenntnis setzte. Im weiteren Verlauf folgten mehrere Schriftwechsel und SMS zwischen den Parteien, in denen die Klägerin dem Beklagten vorwarf, einen Flohbefall ihrer Wohnung verschuldet zu haben. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.03.2018 forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr durch den Flohbefall entstandene Schäden in Höhe von 5.342,07 EUR bis zum 26.03.2018 auszugleichen, was der Beklagte ablehnte.

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Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr im Telefongespräch am Abend des 10.08.2017 mitgeteilt, dass er vergessen habe, sie darüber zu informieren, dass er in den Nächten zuvor heftig von Flöhen gestochen worden sei, die seine Katze eingeschleppt habe. Der Beklagte habe ihr empfohlen, das Hochbett abzusaugen und die Wohnung mit Flohmittel zu behandeln. Die Klägerin behauptet ferner, dass sie durch die anschließende Rückkehr in ihre Wohnung Flöhe in diese eingeschleppt habe. Die Flöhe hätten sich sodann rasch vermehrt. Auch Kammerjäger seien nicht in der Lage gewesen, das Problem zu beseitigen. Im Ergebnis habe sie praktisch nahezu ihre gesamte Kleidung, den Kühlschrank und ihr Kfz entsorgen müssen. Daneben habe sie Aufwendungen für Flohbeseitigungsmittel, Dampfreiniger und ähnliches gehabt. Letztlich sei sie aus ihrer Wohnung ausgezogen, weil der Flohbefall nicht zu beseitigen gewesen sei. Ihr sei ein materieller Schaden von mindestens 5.342,07 EUR entstanden.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.342,07 EUR nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2018 zu zahlen nebst 571,44 EUR an vorgerichtlichen Anwaltskosten ebenfalls nebst 5%-Punkten Zinsen seit dem 27.03.2018 zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte bestreitet einen Flohbefall der Klägerin und behauptet, weder vor noch nach dem Vorfall mit der Klägerin habe es in seiner Wohnung ein Problem mit Flöhen gegeben. Seine Wohnung sei im damaligen Zeitraum von ihm, seiner damaligen Lebensgefährtin, anderen Musikern, Nachbarn und sonstigen Besuchern aufgesucht worden, dabei habe niemand über Flohbefall geklagt. Er behauptet, dass er in dem Telefongespräch vom Abend des 10.08.2017 mit der Klägerin allgemein gefragt habe, ob alles in Ordnung sei und nur abstrakt – ohne konkreten Anhaltspunkt seinerseits – über die Möglichkeit gesprochen worden sei, dass Katzen Flöhe haben können. Weder vor noch nach dem 10.08.2017 sei seine Katze von Flöhen befallen gewesen. Nur vorsorglich habe er nach den Schilderungen der Klägerin seine damalige Freundin gebeten, ein Flohspray zu benutzen. Die weitere Betreuung der Katze sei von den Nachbarn übernommen worden. Auch diesen sei kein Flohbefall aufgefallen.

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Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Er folgt weder aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 i.V.m. 694 BGB oder einer sonstigen vertraglichen Grundlage noch aus § 833 S. 1 BGB oder § 823 Abs. 1 BGB.

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Vertragliche Anspruchsgrundlagen kommen schon nicht in Betracht, weil die vereinbarte Betreuung der Katze nach dem Willen der Parteien und den gesamten Umständen keine vertraglichen Primär- oder Sekundäransprüche auslösen sollte. Es handelte sich vielmehr um einen unverbindlichen reinen Freundschaftsdienst. Aus der langjährigen Freundschaft der Parteien verstand es sich nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung von selbst, dass keine Vergütung – etwa für die Nutzung der Wohnung oder die Betreuung der Katze – geschuldet war. Beide empfanden es vielmehr als win-win-Situation, weil die Klägerin sich gerne in der Wohnung des Beklagten aufhielt und die Katze des Beklagten dadurch nicht allein war. Keine der Parteien war letztlich auf den Dienst des jeweils anderen angewiesen, so dass sich aus der Würdigung der Gesamtumstände ergibt, dass eine reine Gefälligkeit vorlag.

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Ein Anspruch der Klägerin scheitert unabhängig davon aber auch schon deshalb, weil die beweisbelastete Klägerin es nicht zu beweisen vermocht hat, dass sie von einem Floh der Katze des Beklagten befallen wurde. Dies ist zwar möglich und erscheint auch nicht fernliegend, kann von der Klägerin aber nicht bewiesen werden, weil ihr geeignete Beweismittel nicht zur Verfügung stehen und ein Flohbefall daneben multiple Ursachen haben kann. Denn es ist ebenso möglich, dass ein etwaiger Flohbefall durch anderweitigen Tier- oder Menschenkontakt entstanden ist. Schon nach dem Vorbringen der Klägerin, wonach der Flohbefall in ihrer Wohnung daher rühren soll, dass sie eine Nacht in der Wohnung des Beklagten verbracht hat – das Tier des Beklagten war auch nach ihrem Vortrag nie in ihrer Wohnung – ist ein Einschleppen von Flöhen durch Tierkontakt von Menschen an einem anderen Ort möglich. Denkbar ist daher, dass sie selbst oder Besucher ihrer Wohnung Flöhe eingeschleppt haben, etwa nach einem vorangegangenem Kontakt mit einer Katze oder einem Hund. Ein alleinursächlicher Zusammenhang eines etwaigen Flohbefalls ihrer Wohnung zu der Katze des Beklagten lässt sich nicht beweisen.

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Im Übrigen würde sich ein – unterstellt bewiesener – Flohbefall als Ergebnis des allgemeinen Risikos bei der Betreuung einer Katze darstellen, selbst wenn – was von dem Beklagten bestritten wird – die Katze des Beklagten in dem fraglichen Zeitraum tatsächlich von Flöhen befallen gewesen wäre. Denn ein Flohbefall ist bei einem Haustier, das die Wohnung verlassen darf, nicht ungewöhnlich und ist auch bei einwandfreien hygienischen Verhältnissen möglich. Das Risiko eines Befalls geht eine Person, die ein solches Haustier betreut, bewusst ein.

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Darüber hinaus ist aber auch eine fahrlässige Schadensverursachung durch den Beklagten nicht zu erkennen. Verschulden setzt Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolgs voraus. Insoweit ist aber allenfalls ein Flohbiss vorhersehbar. Ein Flohbefall der letztlich zur Entsorgung eines Autos und zum Auszug aus einer Wohnung zwingt ist hingegen nicht vorhersehbar, weil er außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt.

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Nach alledem kommen weder vertragliche noch deliktische Ansprüche in Betracht.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1 sowie §§ 708 Nr. 11, Alt. 1, 711 S. 1 und S. 2, 709 S. 2 ZPO.

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Der Streitwert wird auf 5.342,07 EUR festgesetzt.

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