BFH, Urteil vom 21.01.2004 – XI R 3/03
1. Der Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist erfüllt, wenn der Gehilfe dem Haupttäter, der sog. Schwarzgeschäfte tätigt, die Tat dadurch erleichtert, dass dieser annehmen kann, auch in der Buchführung des Gehilfen nicht in Erscheinung zu treten.
2. Bei einer vorsätzlichen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist die Inanspruchnahme des Gehilfen als Haftungsschuldner auch ohne nähere Darlegung der Ermessenserwägungen als ermessensgerecht nach § 102 FGO anzusehen; die Vorprägung der Ermessensentscheidung durch die Teilnahme an der Steuerhinterziehung ist nicht nur für die Inanspruchnahme dem Grunde nach, sondern auch für die Inanspruchnahme der Höhe nach gegeben.
(Leitsatz des Gerichts)
Tatbestand
1
I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides gemäß § 191, § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
2
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Diplom-Kaufmann. Im Jahr 1987 erwarben er sowie die Herren A. und B. den bis dahin von dem Kaufmann C. geführten Großhandelsbetrieb mit Lebensmitteln für … Restaurants. Sie führten das Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH & Co KG unter der Firma … GmbH & Co KG (im Folgenden: KG) fort; sie selbst wurden Kommanditisten. Geschäftsführer der KG wurde D., der das Bäckerhandwerk erlernt und 1962 die Meisterprüfung abgelegt hatte, später als Handelsreisender für Lebensmittelprodukte und als Niederlassungsleiter tätig gewesen und 1987 in den Dienst des Kaufmanns C. eingetreten war. D. war im operativen Bereich (Vertrieb und Kundenbetreuung) der KG tätig. Komplementärin der KG war die E-GmbH. Deren Geschäftsführer waren der Kläger und –formal– auch A., der aber tatsächlich in anderen Bereichen der sog. F-Firmengruppe tätig war. 1988 wurde D. als weiterer Kommanditist in die KG aufgenommen. Der Kläger war ferner Geschäftsführer und kaufmännischer Leiter der G-GmbH. Diese führte einen Teil der Buchhaltung der KG (die Verbuchung des Zahlungsverkehrs und die Erstellung der Jahresabschlüsse) durch, für deren kaufmännischen Bereich (finanzielle, buchhalterische und steuerliche Angelegenheiten) der Kläger tätig war. Die Debitorenbuchungen nahm die KG vor.
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Von der KG bezog u.a. der Betreiber des … Restaurants H, Herr L. Ware. Bei seinen Bestellungen gab er –wie zahlreiche andere Kunden der KG auch– an, über welche Waren er eine Rechnung mit seinem vollen Namen und Adresse wünschte und über welche Waren eine Barverkaufsrechnung ohne Namen und Adresse ausgestellt werden sollte. Die KG nahm die Bestellungen mittels eines Formulars an, in dem die Ware getrennt nach Lieferungen auf ordnungsgemäße Rechnung mit Empfängernamen und Lieferung auf nicht ordnungsgemäße Barverkaufsrechnung notiert wurde. Zu diesem Zweck waren in dem Formular hinter der jeweiligen Artikelnummer und der Bezeichnung der Ware zwei Spalten vorhanden. In der ersten Spalte waren die Warenbestellungen zu notieren, für die der Kunde später eine vollständige Rechnung erhielt, in der zweiten Spalte die Lieferung mit Barverkaufsrechnung ohne Angabe des Empfängers. Entsprechend der Bestellung wurden dann von der KG die Rechnungen gesplittet. Die Rechnungen mit ordnungsgemäßer Kundenanschrift wurden auf dem Kundenkonto, die nicht ordnungsgemäßen Barverkaufsrechnungen über ein anonymes Sammelkonto verbucht. Intern ordnete die KG die ohne Namen und Adresse des Kunden ausgestellten Barverkaufsrechnungen anhand einer Kundennummer, die auf die Durchschrift der Barverkaufsrechnung gesetzt wurde, diesem wieder zu. Das Kundennummernsystem wurde in den Jahren 1988 bis 1992 mehrfach geändert. Von 1988 bis Anfang 1990 wurde auf der Durchschrift der Barverkaufsrechnung die Kundennummer handschriftlich vermerkt. Teilweise wurden die Nummern hinzugefügt. Diese Nummern bezeichneten interne Barverkaufskonten, über welche die Barverkaufsrechnungen zunächst verbucht wurden. Von Anfang 1990 bis Mitte 1993 wurde in den Barverkaufsrechnungen im Anschriftenfeld das Bestelldatum und die Kundennummer vermerkt. Ab Mitte 1993 wurde für jeden Kunden eine eigene Barverkaufsnummer vergeben. Der Kundennummer wurde die Zahl 65 vorangestellt. Für L. wiesen die Barverkaufsrechnungen die Kundennummer … aus. Das Rechnungssplitting war auch bereits praktiziert worden, als das Unternehmen der KG noch von C. geführt worden war.
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Im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (STRAFA-FA) bei der KG wurde der Entwurf eines Schreibens an alle Kunden vorgefunden. Das Schreiben trägt das Datum „im Januar 1990“, nimmt Bezug auf Barverkaufsrechnungen und hat folgenden Wortlaut: „Wir bitten unsere sehr verehrte Kundschaft zu beachten, dass als Barrechnungen charakterisierte Rechnungen Bestandteil unserer Buchhaltung sind und jederzeit, aufgrund des individuellen Kunden-Codes, der Empfänger der Ware und damit der Rechnung nachvollzogen werden kann.“ Das STRAFA-FA stellte ferner fest, dass L. in erheblichem Umfang Einnahmen sowie Ausgaben für die über Barverkaufsrechnungen von der KG bezogenen Waren nicht verbucht hatte. Die erzielten Einnahmen wurden, wenn die Gäste des Restaurants ihre Speisen und Getränke bezahlten, in eine elektronische Registrierkasse eingebucht. Nach Schließung des Lokals führte L. täglich einen Kassenabschluss durch. Bevor er den Tagesendsummenbon ausdrucken ließ, nahm er jeweils eine Stornobuchung vor, mit der er die insgesamt erzielten Einnahmen rechnerisch reduzierte. Auf dem Tagesendsummenbon, den er dann ausdrucken ließ, erschien lediglich der nach Abzug der Stornobuchung verbleibende Teil der Tageseinnahmen als Gesamtbetrag. Abweichend von der Serienprogrammierung hatte er die Registrierkasse so manipuliert, dass nicht die vollständigen Einnahmen und die Summe der Stornobuchungen auf den Tagessummenbon ausgedruckt wurden, sondern allein die verbleibende Differenz. Weiterhin richtete er sich seine Registrierkasse so ein, dass sich der serienmäßig vorhandene Gesamtspeicher, der es ermöglichte, die während der gesamten Betriebszeit der Kasse gebuchten Einnahmen als Gesamtbetrag abzurufen (sog. Grand-Total oder GT-Speicher), mit jedem durchgeführten Tagesabschluss selbsttätig auf Null stellte. L. trug jeweils nur den per Stornobuchung reduzierten Betrag als Tageseinnahme in sein Kassenbuch ein, während er den stornierten Betrag „schwarz“ vereinnahmte.
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Das STRAFA-FA ermittelte unter Berücksichtigung des von ihm festgestellten Bruttowareneinsatzes im Wege einer Aufschlagskalkulation die von L. durch die Schwarzeinkäufe erzielten Umsätze und Gewinne. Da die Rohgewinnaufschläge, die sich nach den von L. bis dahin eingereichten Gewinnermittlungen ergaben, deutlich unter den Erfahrungswerten der Finanzverwaltung lagen, wurden zur Ermittlung des zutreffenden Rohgewinnaufschlags zu Beginn der Fahndungsprüfung verschiedene Gerichte des L. ausgewogen und ausgewertet. Das STRAFA-FA gelangte danach zu einem rechnerisch durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz von 277 %, den es der Kalkulation zugrunde legte. Es kam zu dem Ergebnis, dass L. Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahre 1988 bis 1992 in Höhe von insgesamt 511 109 DM hinterzogen habe.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) setzte die Steuern gemäß den Feststellungen des STRAFA-FA gegenüber L. fest. Eine Zahlung der Steuerschulden durch L. erfolgte jedoch nicht. Forderungspfändungen blieben ohne Erfolg. Unter dem 29. November 1995 gab L. die eidesstattliche Versicherung zu seiner Vermögenslosigkeit ab. Die gesamten Steuerrückstände des L. betrugen am 30. Oktober 2002 einschließlich Säumniszuschlägen 1 007 244,12 DM. L. wurde durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts (LG) … wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Feststellungen des LG beruhten u.a. auf der „geständigen Einlassung“ des L. Das LG ging allerdings im Gegensatz zum STRAFA-FA nicht von einem Gesamtbetrag von hinterzogenen Steuern in Höhe von 511 109 DM, sondern von 395 567 DM aus, weil zum einen statt des vom STRAFA-FA zugrunde gelegten Bruttowareneinsatzes bei der Berechnung der Steuerverkürzung der Nettowareneinsatz hätte angesetzt werden müssen und zum anderen zu Gunsten des L. statt des in Ansatz gebrachten Rohgewinnaufschlags von 277 % nur ein solcher von 250 % vorzunehmen sei.
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Gegen den Kläger und D. eingeleitete Strafverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung wurden gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 200 000 DM für D. und 150 000 DM für den Kläger gemäß § 153a der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
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Mit Haftungsbescheiden vom 26. Mai 1997 nahm das FA sowohl den Kläger als auch D. gemäß §§ 71, 191 AO 1977 wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des L. und dadurch verkürzter Steuern in Höhe von 300 250 DM in Haftung.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 9. April 1998 setzte das FA unter Änderung des angefochtenen Haftungsbescheids die Haftungssumme auf 209 628,30 DM herab, da –so die Ausführungen des FA– nur die Schwarzeinkäufe bei der KG zu erfassen seien. Ausgegangen wurde von folgenden Nettoeinkäufen bei der KG:
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1988 41.258 DM
1989 43.987 DM
1990 38.561 DM
1991 27.887 DM
1992 24.399 DM
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Der Kläger und D. hätten sowohl objektiv als auch subjektiv Beihilfe zur Steuerhinterziehung des L. geleistet. Ihre Heranziehung als Haftende sei daher ermessensgerecht. Darüber hinausgehender Ermessenserwägungen bedürfe es nicht. Die Inanspruchnahme sei keine verschuldensabhängige Sanktion für die Verletzung steuerrechtlicher Pflichten, sondern beruhe darauf, dass der Kläger und D. als Gesellschafter/Geschäftsführer der KG einen Steuerausfall durch Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldhaft verursacht hätten und für den daraus der Allgemeinheit entstandenen Schaden ersatzpflichtig seien.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) setzte das FA den Haftungsbetrag auf 208 846,30 DM herab.
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Das FG wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2003, 357). Das FA habe den Kläger zu Recht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß §§ 71, 191 AO 1977 in Haftung genommen. Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des L. durch das LG stehe fest, dass dieser die streitbefangenen Steuern hinterzogen habe. Zu dieser Steuerhinterziehung habe der Kläger sowohl objektiv als auch subjektiv Beihilfe geleistet.
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Der Haftungsbescheid sei auch nicht wegen fehlerhafter Ermessensausübung des FA aufzuheben. Das FA habe sein Entschließungsermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Auch die Ausübung des Auswahlermessens sei nicht zu beanstanden; das FA habe den Kläger und D. in Haftung genommen. A. sei hingegen weder im operativen noch im kaufmännischen Bereich eingesetzt gewesen.
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Zur Höhe der Inanspruchnahme habe das FA –in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)– keine gesonderten Ermessenserwägungen anstellen müssen.
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Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts:
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1. Er habe die Geschäftsführungsbefugnis bei der KG lediglich pro forma innegehabt. Sein eigentlicher Tätigkeitsbereich sei bei der G-GmbH gewesen. Seine Verantwortung für die KG habe sich im Wesentlichen darauf beschränkt, dass bei der Muttergesellschaft zentral das Rechnungswesen verwaltet worden sei. Er –der Kläger– sei in das Tagesgeschäft der KG nicht eingeschaltet gewesen.
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2. Er habe weder objektiv noch subjektiv Beihilfe zu den Taten des L. geleistet. Für die Aufdeckung von Schwarzeinkäufen mache es keinen Unterschied, ob die fehlenden Rechnungen mit oder ohne Empfängerbenennung versehen seien. Das FG habe nicht berücksichtigt, dass der Haupttäter L. auch vollständig ausgefüllte Rechnungen nicht als Wareneinsatz gebucht habe. Die Barverkaufsrechnungen hätten zu keiner Minderung des Entdeckungsrisikos beigetragen; eine objektive Beihilfehandlung liege daher nicht vor.
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Auch der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung sei nicht erfüllt. Das operative Geschäft sei allein von D. geführt worden. Er –der Kläger– habe die Art der Rechnungserteilung nicht eingeführt; diese Praxis sei bereits bei der Vorgängerfirma geübt worden. Im Übrigen sei eine Zuordnung der Rechnungen zu den Kunden ohne weiteres möglich gewesen. Er habe sich zu der damaligen Zeit keine Gedanken darüber gemacht, ob die Barverkaufsrechnungen der Vorschrift des § 144 AO 1977 gerecht würden. Auch die Großbetriebsprüfung habe zwar Kontrollmitteilungen ausgestellt, aber im Übrigen keinen Anlass zu Beanstandungen gesehen. Offenbar sei die Finanzverwaltung im Jahr 1992 selbst nicht von einem strafrechtlich relevanten Vorgang ausgegangen.
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Der subjektive Tatbestand erfordere eine positive Kenntnis von der Handlung des Täters; grobfahrlässige Unkenntnis reiche nicht aus. Der Kläger habe keinen Kontakt zu den Kunden gehabt. Er habe sein Tun nicht für geeignet gehalten, die Tat zu fördern.
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3. Das FA habe sein Entschließungsermessen nicht ausreichend dargelegt. Aus dem stets zu beachtenden Übermaßgebot folge, dass die Eingriffsintensität der Haftungsinanspruchnahme nicht außer Verhältnis zu den strafrechtlichen Sanktionen stehen dürfe. Die Geldauflage habe 150 000 DM betragen; die noch im Raum stehende Haftungssumme belaufe sich auf 600 000 DM. Das mitwirkende Verschulden des FA sei zu berücksichtigen.
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Auch hätte die Gesamtinanspruchnahme durch die Finanzämter … in die Ermessenserwägungen einbezogen werden müssen.
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Schließlich hätten Feststellungen zur Inanspruchnahme des weiteren Geschäftsführers A. getroffen werden müssen. Bei der KG hätten der Kläger und A. rechtlich und tatsächlich in der gleichen Position zum Unternehmen gestanden. Nach Auffassung des FA solle es ausreichen, dass A. in der übergeordneten Tätigkeit für die Unternehmensgruppe nicht im kaufmännischen Bereich, sondern im Vertriebsbereich tätig gewesen sei.
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Der Kläger beantragt,
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das angefochtene Urteil sowie den Haftungsbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. April 1998 aufzuheben.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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1. Der Kläger habe Beihilfe gemäß § 27 des Strafgesetzbuches (StGB) geleistet. Bereits bei Bestellung hätten die Kunden zwischen Warenlieferung mit und ohne ordnungsgemäßer Rechnung wählen können. Diese Praxis sei geeignet gewesen, bei den Kunden den Eindruck zu erwecken, dass die Bestellungen ohne vollständige Rechnung später von der Finanzverwaltung nicht nachvollzogen werden könnten.
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2. Der Kläger sei für den kaufmännischen Bereich der KG verantwortlich gewesen, so dass ihm die Praxis des Rechnungssplittings bekannt gewesen sei. Der Kläger habe davon ausgehen müssen, dass die Kunden die unvollständigen Rechnungen zur Erleichterung einer Steuerhinterziehung hatten nutzen wollen.
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3. Bei einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung sei die Ermessensentscheidung vorgeprägt. Die Behauptung des Klägers, dass er keine Vorteile gehabt habe, sei nicht glaubhaft. Vielmehr sei davon auszugehen, dass viele Kunden wegen dieser Möglichkeit bei der KG Waren bezogen hätten. A. sei weder im operativen noch im kaufmännischen Bereich tätig gewesen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG entschieden, dass der angefochtene Haftungsbescheid rechtmäßig ist.
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1. Nach § 71 AO 1977 haftet für verkürzte Steuern, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Er kann gemäß § 191 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.
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In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das FG aufgrund des Geständnisses und der rechtskräftigen Verurteilung des L. durch das LG … davon ausgegangen, dass dieser die streitbefangenen Steuern i.S. von § 370 Abs. 1 AO 1977 hinterzogen hat; Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil hat der Kläger nicht erhoben. Zu der Steuerhinterziehung des L. hat er objektiv und subjektiv Beihilfe geleistet und damit i.S. von § 71 AO 1977 an dessen Tat teilgenommen.
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Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen (§ 27 Abs. 1 StGB). Als Hilfeleistung i.S. des § 27 StGB ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (ständige Rechtsprechung, Urteil des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 1. August 2000 5 StR 624/99, Neue Juristische Wochenschrift –NJW– 2000, 3010, BStBl II 2001, 79).
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Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen. Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß. Unter dieser Voraussetzung ist der Vorsatz selbst dann nicht in Frage gestellt, wenn der Gehilfe dem Täter ausdrücklich erklärt, er missbillige die Haupttat (BGH-Urteil in NJW 2000, 3010, BStBl II 2001, 79).
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Im Streitfall hat der Kläger die Haupttat objektiv unterstützt. Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass es für sog. „Schwarzgeschäfte“ nicht darauf ankommt, ob eine Rechnung den Empfängernamen enthält. Hier hat der Kläger aber dem Haupttäter L. dadurch die Tat erleichtert, dass dieser annehmen konnte, bei Erhalt von Barverkaufsrechnungen auch in der Buchführung der KG nicht als Abnehmer von Waren zu erscheinen. Dass diese Einschätzung nicht zutraf, ändert nichts an dem Umstand, dass der Kläger damit aus der subjektiven Sicht des Haupttäters diesen bei seiner Tat unterstützte.
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Auch der subjektive Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung liegt vor. Das Rechnungssplitting war dem Kläger unstreitig bekannt; es konnte keinem anderen Zweck dienen, als eine Steuerhinterziehung vorzubereiten. Das war dem Kläger ohne weiteres erkennbar.
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2. Das FA hat den Kläger ermessensfehlerfrei als Haftungsschuldner herangezogen; das gilt für die Haftung dem Grunde, der Höhe und der Auswahl nach.
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a) Der BFH hat mit Urteil vom 26. Februar 1991 VII R 3/90 (BFH/NV 1991, 504) entschieden, dass bei einer vorsätzlichen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eine Haftungsinanspruchnahme nach den §§ 191, 71 AO 1977 auch ohne nähere Darlegung der Ermessenserwägungen im Haftungsbescheid oder in der Einspruchsentscheidung als ermessensgerecht nach § 102 FGO anzusehen ist; die Vorprägung der Ermessensentscheidung im Falle einer vorsätzlichen Steuerverkürzung oder einer Beihilfe ist nicht nur für die Inanspruchnahme dem Grunde nach, sondern auch für die Inanspruchnahme der Höhe nach gegeben. Im Rahmen der Betätigung des Auswahl- und Entschließungsermessens besteht danach –insbesondere im Hinblick auf den Schadenersatzcharakter der Haftungsnormen– kein Grund, Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die sich aus der Größenordnung der Haftungsschuld im Vergleich zu den finanziellen Möglichkeiten des Haftungsschuldners ergeben (BFH-Beschluss vom 29. August 2001 VII B 54/01, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern –ZfZ– 2002, 55, mit weiteren umfassenden Nachweisen). § 71 AO 1977 soll eine Schadensersatzpflicht in Höhe der verkürzten Beträge begründen (so BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 504, unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 7. Oktober 1936 IV A 86/36, RFHE 40, 118, 120 f.; Klein/Rüsken, Kommentar zur Abgabenordnung, 8. Aufl., 2003, § 71, Rz. 2). Der Kläger wird nicht für sein Fehlverhalten als Geschäftsführer in Anspruch genommen, sondern für die vorsätzliche Beteiligung an einer fremden Steuerhinterziehung.
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b) Die Ausübung des Auswahlermessens ist ebenfalls nicht zu beanstanden; das FA hat den Kläger und D. in Haftung genommen. Da das FA beide Teilnehmer in Anspruch genommen hat, sind insoweit keine Fehler bei der Ausübung des Auswahlermessens erkennbar. Dass das FA A. nicht in Anspruch genommen hat, war gerechtfertigt, da dieser nach den bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) weder im operativen noch im kaufmännischen Bereich eingesetzt gewesen war.
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c) Der Auffassung des FG Münster im Urteil vom 11. Dezember 2001 1 K 3310/98 E (Leitsatz in EFG 2002, 655; juris STRE 200270575), wonach bei der Ausübung des Ermessens der Grad des Verschuldens und der Steuerschaden in Relation zu setzen sein sollen, ist –mit der angefochtenen Entscheidung– nicht zu folgen. Die Höhe der Inanspruchnahme ist „vorgeprägt“; wer Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung leistet, haftet für die verkürzte Steuer (BFH-Beschluss in ZfZ 2002, 55); weitere Differenzierungen sind nicht angezeigt.
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Ebenso ist die Auffassung des FG Münster (a.a.O.) abzulehnen, dass bei der Ermessensausübung auch der wirtschaftliche Vorteil des Teilnehmers berücksichtigt werden müsse. Gehaftet wird für die hinterzogenen Steuern (Klein/Rüsken, a.a.O., § 71 Rz. 12). Den Teilnehmer trifft die Haftung in Höhe der hinterzogenen Beträge, weil er Teilnehmer einer Straftat ist.
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d) Im Streitfall sind auch keine weiteren Besonderheiten gegeben, die eine Abweichung von diesen Grundsätzen verlangen.
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Eine Haftung des Klägers ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil –nach Darstellung des Klägers– der Betriebsprüfer bei einer 1991/92 durchgeführten Außenprüfung nicht auf die nicht ordnungsgemäße Rechnungserteilung hingewiesen habe. Nach den ausdrücklichen Feststellungen des FG hat der Prüfer das Rechnungssplitting aufgegriffen, zum Gegenstand einer Besprechung bei der KG gemacht und mehrere Kontrollmitteilungen gefertigt. Aus § 144 Abs. 2 AO 1977 folgt unmittelbar, dass Aufzeichnungen des Warenausgangs auch den Namen des Abnehmers enthalten müssen. Im Übrigen wäre auch ein Mitverschulden des FA bei einer Haftung wegen eines vorsätzlich herbeigeführten Steuerausfalls nicht in die Ermessenserwägungen einzubeziehen (BFH-Beschluss vom 30. Dezember 1998 VII B 160/98, BFH/NV 1999, 902).
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Nach den Feststellungen des FG bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Haftungssumme nicht den geschuldeten Steuerbeträgen entsprochen haben könnte. Für ihre Berechnung hat das FA bei der Ermittlung der Umsatzsteuerschuld des L. die von der KG in Rechnung gestellte Vorsteuer abgezogen (vgl. Einspruchsentscheidung vom 9. April 1998, S. 4).