BGH, Urteil vom 02.03.1999 – VI ZR 175/98
1. Hersteller und Vertreiber von Flaschen mit Schnullern für Kleinkinder, die den Getränkestrahl auf besonders gefährdete Zahnstellen des Kindes lenken, haben die Flaschen mit einem deutlichen Hinweis auf die beim Dauernuckeln kariogener Getränke drohenden Zahnschäden zu versehen.
2. Ob beim Fehlen eines derartigen Warnhinweises eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, daß ein ausreichender Hinweis beachtet worden wäre, ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller unstreitigen, festgestellten und vom klagenden Kind selbst vorgetragenen Umstände des konkreten Falles zu beurteilen.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Schlußurteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. April 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 9. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die am 21. Januar 1990 geborene Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld, Ersatz von Betreuungsaufwand und Feststellung der Ersatzpflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden in Anspruch genommen. Sie hat zur Begründung vorgebracht, kariogene Kinderteeprodukte der Beklagten und Fruchtsäfte der früheren Beklagten zu 1, die ihr von ihren Eltern über eine von der Beklagten vertriebene, 120 ml fassende Plastik-Saugerflasche zugeführt worden seien, hätten zu einem Kariesbefall ihres Milchzahngebisses geführt. Sie habe aus der Plastikflasche, die sie später auch selbst gehalten habe, häufig längere Zeit genuckelt. Weder die ihr mit der Flasche verabreichten Fruchtsäfte der früheren Beklagten zu 1 noch die Saugerflasche hätten Hinweise darauf enthalten, daß das Dauernuckeln zuckerhaltiger Getränke zu Zahnschäden führe.
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Das Landgericht hat das zunächst auch gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klagebegehren in vollem Umfang abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Klägerin die gegen die Beklagte zu 1 geführte Klage durch Teilurteil vom 20. September 1995 an das örtlich zuständige Landgericht München I verwiesen und durch Schlußurteil vom 28. April 1998 die Beklagte verurteilt, als Gesamtschuldnerin mit der Beklagten zu 1 an die Klägerin ein Schmerzensgeld von 7.500 DM nebst Zinsen zu zahlen. Es hat ferner festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin für künftige oder sonstige und weitere Schmerzen und Schäden aus dem Kariesbefall Schmerzensgeld und Schadensersatz zu leisten.
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Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der (zugelassenen) Revision, mit der sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Abweisung der gegen sie gerichteten Klage erstrebt.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Berufungsgericht meint, die Beklagte hafte als Vertreiberin der von der Klägerin benutzten Kunststoffflasche und Schnuller für die Schäden, die durch den Konsum der Kindertees der Beklagten und der Säfte der früheren Beklagten zu 1 an dem Gebiß der Klägerin entstanden seien. Zwar hätten die Verpackungen der Kinder-Kräutertees keinen Fehler aufgewiesen, da sie mit ausreichenden Warnhinweisen der sogenannten “dritten Generation” oder noch weitergehenden Warnungen versehen gewesen seien. Jedoch hätte die Beklagte bei sorgfältiger Produktbeobachtung ab 1984 die Verbraucher vor den gesundheitlichen Folgen eines naheliegenden Fehlgebrauchs ihrer Plastikflasche warnen, nämlich darauf hinweisen müssen, daß eine Überlassung der Flasche an Kleinkinder zum Dauernuckeln kohlehydrathaltiger Getränke zu Zahnschäden führe. An einem ausreichenden Warnhinweis habe es auch dann gefehlt, wenn die Beklagte entsprechend ihrer Behauptung den Plastikflaschen einen Einleger beigefügt und dieser ab 1988 außer dem Gebot, die Flasche dem Kind nicht als “Dauer-Beruhigungsschnuller” zu überlassen, auch einen Hinweis darauf enthalten habe, daß häufiger oder dauernder Kontakt der Zähne mit Flüssigkeit Karies verursachen könne. Denn es sei nicht gewährleistet gewesen, daß ein solcher Hinweis der Betreuungsperson des Kindes vor der Verwendung der Flasche zur Kenntnis gelange; er könne bereits zuvor beim Auspacken der Flasche entfernt worden sein.
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Dafür, daß die Zahnschäden der Klägerin durch eine ausreichende Warnung vermieden worden wären, spreche eine tatsächliche Vermutung, die von der Beklagten nicht entkräftet worden sei. Der Umstand, daß die Eltern der Klägerin die auf den Verpackungen der Kindertees enthaltenen Hinweise nicht beachtet hätten, erlaube nicht den Rückschluß, daß sie auch eine auf der Saugerflasche selbst aufgebrachte Warnung mißachtet hätten.
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Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten stehe fest, daß sich sowohl die Kindertees der Beklagten als auch die Kindersäfte der früheren Beklagten zu 1 und zusätzlich auch die der Klägerin über die Kunststoffflasche verabreichten Säfte eines anderen Herstellers (P.-Säfte) schädigend auf die Zähne ausgewirkt hätten. Aufgrund der Angaben des Sachverständigen über die durch die jeweiligen Getränke verursachten Zahnschädigungen seien die von der Beklagten zu verantwortenden Schadensanteile nach § 287 ZPO zu schätzen. Dabei müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden ihrer Eltern bei der Schadensentstehung und -abwendung anrechnen lassen. Denn die Eltern hätten, nachdem sie mit der Klägerin am 2. April 1991 bei einem Zahnarzt gewesen und von diesem über den Zusammenhang zwischen dem Saugerflascheneinsatz und den Gebißschäden informiert worden seien, entgegen dem ärztlichen Rat in der Folgezeit nicht nur Milch oder Mineralwasser über die Flasche verabreicht, sondern mit dieser der Klägerin noch bis zum Alter von 36 Monaten weiterhin P.-Säfte zugeführt. Auch seien sie der Empfehlung des Zahnarztes, mit der Klägerin eine Zahnklinik aufzusuchen, nicht nachgekommen. Zudem hätten sie die Warnhinweise auf den Teepackungen auch noch zu einem Zeitpunkt nicht beachtet, als bei der Klägerin bereits eine Schädigung eingetreten und bemerkbar gewesen sei.
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Auf dieser Grundlage sei ein Schmerzensgeld von 7.500 DM angemessen. Ein Schadensersatzanspruch wegen des Betreuungsaufwandes stehe der Klägerin nicht zu. Ihre Feststellungsklage sei begründet, da angesichts der umfassenden Schädigung des Gebisses weitere Folgeschäden nicht auszuschließen seien.
II.
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Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
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1. Keinen Bedenken begegnen allerdings die Erwägungen, von denen das Berufungsgericht zunächst ausgeht.
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a) Mit Recht bejaht das Berufungsgericht für die hier maßgeblichen Jahre 1990 und 1991 eine Pflicht der Beklagten, die von ihr in den Verkehr gebrachte 120 ml fassende Plastikflasche, deren Sauger den Getränkestrahl auf besonders gefährdete Zahnstellen des Kindes lenkte, mit einem deutlichen Warnhinweis zu versehen, der unter klarer Herausstellung der drohenden Zahnschäden die Gefahren aufzeigte, die mit einem Dauernuckeln kohlehydrathaltiger Getränke verbunden waren. Daß der Beklagten als Vertreiberin der Plastik-Saugerflasche ebenso wie deren Herstellerin eine solche Instruktionspflicht oblag, hat der erkennende Senat bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. Urteile vom 11. Januar 1994 – VI ZR 41/93 – VersR 1994, 439, 440 und vom 31. Januar 1995 – VI ZR 27/94 – NJW 1995, 1286, 1289; siehe auch OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 25, 26 f. mit NA-Beschluß des Senats vom 27. Januar 1998 – VI ZR 126/97 -).
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b) Rechtsfehlerfrei ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, der Instruktionspflicht der Beklagten stehe nicht entgegen, daß sie die 120 ml fassende Plastikflasche ab Sommer 1988 nicht mehr als “kleine Teeflasche” bezeichnet, sondern zur Milchaufnahme in den Handel gebracht habe, zumal sie zu der Flasche auch Sauger für dünnflüssige Nahrung angeboten habe. Gleiches gilt für die Auffassung des Berufungsgerichts, ein nach der Behauptung der Beklagten auf der Flasche seinerzeit befindlicher Aufdruck “Überlassen Sie Ihrem Kind die Flasche nicht als Dauer-Beruhigungsschnuller. Gebrauchsanweisung beachten” sei mangels deutlicher Herausstellung der drohenden Gefahren als Warnhinweis nicht ausreichend gewesen. Zu beiden Punkten bedarf es hier keiner weiteren Ausführungen; insoweit wird das Berufungsurteil von der Revision auch nicht angegriffen.
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c) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist ferner die Ansicht des Berufungsgerichts, ein der Plastikflasche von der Beklagten etwa beigefügter Einleger habe trotz der nach der Behauptung der Beklagten darin unter Hinweis auf die drohende Kariesgefahr deutlich ausgesprochenen Warnung vor einem Gebrauch der Flasche als “Dauer-Beruhigungsschnuller” zur Erfüllung der Instruktionspflicht der Beklagten nicht genügt. Zwar würde ein derartiger Einleger seinem Inhalt nach zur Warnung ausgereicht haben (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 27, 29); bei der bloßen Einlage des Warnzettels in die Flasche bestand jedoch die Gefahr, daß derjenige, der die Flasche kaufte und auspackte, den losen Zettel wegwarf mit der Folge, daß ein anderer Verwender der Flasche den Einlagezettel gar nicht erst zu Gesicht bekam und schon deshalb keine Kenntnis von der darauf gedruckten Warnung erlangte (siehe Kullmann in FS für Brandner, 1996, S. 313, 324).
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d) Zutreffend sind schließlich auch die grundsätzlichen Erwägungen des Berufungsgerichts zur Verteilung der Beweislast bei dem Nachweis der Ursächlichkeit des Fehlens eines Warnhinweises für den Schadenseintritt. Nach ständiger Rechtsprechung obliegt dem geschädigten Kind die Beweislast dafür, daß die Schäden durch eine ausreichende Warnung vor dem Risiko vermieden worden wären. Dabei kann allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, daß dann, wenn auf die bestehenden Gefahren deutlich und für den Adressaten plausibel hingewiesen worden wäre, diese Warnung auch Beachtung gefunden hätte (BGHZ 116, 60, 73; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 27, 30).
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2. Rechtlich nicht fehlerfrei sind dann jedoch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Ursächlichkeit des Verstoßes der Beklagten gegen die ihr obliegende Instruktionspflicht für die Schäden der Klägerin bejaht.
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a) Wie das Berufungsgericht an mehreren Stellen seines Urteils selbst andeutet, hätte der Inhalt des von der Beklagten auf der Plastikflasche anzubringenden Hinweises lediglich dahin lauten müssen, daß vor den Gefahren einer länger andauernden Zufuhr kariogener Getränke gewarnt werde. Eine Verpflichtung, generell auch vor einem Dauernuckeln von Getränken wie etwa Milch, ungesüßten Arzneitees oder Mineralwasser zu warnen, bestand für die Beklagte nicht; ein solches Gebot würde eine Überspannung der Verkehrssicherungspflicht darstellen (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 25, 27 mit NA-Beschluß des erkennenden Senats vom 27. Januar 1998 – VI ZR 126/97 -). Nun hat aber im Streitfall die Mutter der Klägerin, wie auch die Revisionserwiderung noch einmal hervorhebt, bei ihrer Anhörung vor dem Berufungsgericht angegeben, daß sie nach dem Besuch beim Zahnarzt die Zuckerhaltigkeit der Getränke als die eigentliche Schadensursache angesehen, die bislang verwendeten Produkte darum abgesetzt und an ihrer Stelle gerade deshalb P.-Säfte verabreicht habe, weil diese keinen Zucker hätten; sie sei davon ausgegangen, daß diese Getränke wegen fehlenden Zuckergehaltes für die Klägerin ungefährlich seien. War aber die Mutter der Klägerin der Überzeugung, mit den P.-Säften nicht-kariogene Getränke zu verabreichen, so hätte sie auch ein Hinweis auf der Flasche, der in der gebotenen Weise vor dem Dauernuckeln zuckerhaltiger Getränke warnte, nicht davon abhalten können, der Klägerin, wie geschehen, mit der Plastikflasche noch bis zum 36. Lebensmonat Säfte zuzuführen, die sie für zuckerfrei hielt.
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b) Für den vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten, aus der Lebenserfahrung als tatsächliche Vermutung hergeleiteten Erfahrungssatz, daß eine hinreichend deutliche Gefahrenwarnung beachtet worden wäre, fehlt es überdies an der erforderlichen Grundlage, wenn konkrete Umstände des Sachverhalts für das Gegenteil sprechen. Deshalb sind, ähnlich wie bei der Prüfung der Voraussetzungen eines ebenfalls auf der Lebenserfahrung beruhenden Anscheinsbeweises, alle unstreitigen, festgestellten und vom Kläger selbst vorgetragenen Umstände daraufhin zu prüfen, ob sich aus ihnen bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung ein für die zu beweisende Tatsache typischer Geschehensablauf ergibt (zum Anscheinsbeweis siehe Senatsurteile vom 19. November 1985 – VI ZR 176/84 – VersR 1986, 343, 344 und vom 19. März 1996 – VI ZR 380/94 – VersR 1996, 772 f.). Zudem kann dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, die daraus folgende tatsächliche Vermutung von der durch sie belasteten Partei ihrerseits entkräftet werden (BGHZ 116, 60, 73; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 27, 30). Diese Möglichkeit hat hier zwar auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Bei der Prüfung, ob der Annahme einer tatsächlichen Vermutung für die Beachtung ausreichender Warnhinweise auf der Plastikflasche der Beklagten durch die Eltern der Klägerin tatsächliche Umstände entgegenstehen oder ob eine solche Vermutung durch die Beklagte entkräftet worden ist, hat es jedoch, wie die Revision mit Recht rügt, den von den Parteien vorgetragenen Streitstoff entgegen § 286 Abs. 1 ZPO nicht umfassend gewürdigt. Zudem hat es das Berufungsgericht, soweit es einzelne Umstände in dieser Richtung geprüft hat, unterlassen, die insoweit erforderliche Gesamtbetrachtung anzustellen.
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aa) Zu isoliert gesehen wird vom Berufungsgericht bereits die Tatsache, daß die Eltern der Klägerin auf den auf den Verpackungen der Kindertees der Beklagten enthaltenen Hinweis nicht reagiert haben. Diese Hinweise, die zumindest der sogenannten “dritten Generation” angehörten, reichten, wie das Berufungsgericht selbst ausführt, mit der darin deutlich ausgesprochenen Warnung vor dem konkret genannten Risiko der Verursachung von Karies bei einer Verwendung der Flasche als Nuckelfläschchen zur Erfüllung der Instruktionspflicht der Beklagten in bezug auf die Kindertees aus (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 1995 – VI ZR 27/94 – aaO, S. 1287; siehe auch BVerfG, NJW 1997, 249, 250). Das Fehlen des daneben gebotenen Hinweises auf der Saugerflasche wirkt sich aber, wie der erkennende Senat in seinem zum Urteil des OLG Frankfurt in VersR 1996, 861 inhaltlich nicht mit abgedruckten NA-Beschluß vom 27. Februar 1996 – VI ZR 166/95 – ergänzend ausgeführt hat, jedenfalls dann nicht schadensursächlich aus, wenn mit der Flasche ausschließlich Teegetränke verabreicht werden, deren Verpackungen einen ausreichenden Warnhinweis enthalten (siehe auch OLG Frankfurt, VersR 1996, 863 mit NA-Beschluß des Senats vom 27. Februar 1996 – VI ZR 194/95 -). Nun sind zwar im Streitfall der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit der Plastikflasche der Beklagten außer den Tees auch Säfte zugeführt worden, deren Verpackungen keinen Warnhinweis enthielten. Doch hätte das Berufungsgericht nicht schon aus diesem Grunde die Nichtbeachtung der Warnhinweise auf den Teedosen der Beklagten durch die Eltern der Klägerin bei der Prüfung der Kausalität für unerheblich halten, sondern das Verhalten der Eltern im Zusammenhang mit den im folgenden abzuhandelnden weiteren Umständen beurteilen müssen.
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bb) So würdigt das Berufungsgericht erst und allein bei der Erörterung eines Mitverschuldens der Eltern der Klägerin mehrere Umstände, die schon für die Feststellung der Ursächlichkeit des fehlenden Warnhinweises auf der Kunststoffflasche von Bedeutung sein können. Dabei hält das Berufungsgericht den Eltern mit Recht vor, daß sie die Warnungen auf den Teepackungen auch noch zu einem Zeitpunkt nicht beachtet haben, als eine Schädigung bei der Klägerin bereits eingetreten und bemerkbar war. Ferner legt das Berufungsgericht den Eltern erst in dem genannten späteren Zusammenhang zur Last, daß sie entgegen dem Rat des Zahnarztes vom 2. April 1991, mittels der Saugerflasche nur noch Milch oder Mineralwasser zu verabreichen, der Klägerin mit der Flasche noch bis zum Alter von 36 Monaten P.-Säfte zugeführt haben. Schließlich wirft das Berufungsgericht den Eltern allein im Rahmen des § 254 BGB vor, der Empfehlung des Zahnarztes, mit der Klägerin eine Zahnklinik aufzusuchen, nicht nachgekommen zu sein. Alle diese Umstände wären jedoch bereits zusammen mit der oben unter aa) abgehandelten Nichtbeachtung der Warnhinweise auf den Teepackungen dahin zu würdigen gewesen, ob sie bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Kausalität des Unterlassens einer Warnung auf der Plastikflasche für die Schäden der Klägerin entgegenstehen.
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cc) Im Rahmen einer diese Umstände einschließenden Gesamtwürdigung hätte dann auch der Behauptung der Beklagten Gewicht zukommen können, daß auf der Plastikflasche der oben bereits erwähnte, für sich allein allerdings nicht ausreichende Aufdruck “Überlassen Sie Ihrem Kind die Flasche nicht als Dauer-Beruhigungsschnuller. Gebrauchsanweisung beachten” vorhanden gewesen ist. Zudem hätte, wie die Revision mit Recht rügt, das Berufungsgericht nicht ohne Auseinandersetzung mit dem unter Vorlage der einschlägigen Banderolen erfolgten Vorbringen der früheren Beklagten zu 1, die von ihr hergestellten Fruchtsäfte seien sämtlich mit deutlichen Warnhinweisen versehen gewesen, zu Lasten der Beklagten davon ausgehen dürfen, daß es bei diesen Säften an solchen Warnhinweisen gefehlt habe.
III.
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Das Berufungsurteil ist daher gemäß § 564 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Da die bislang unterbliebene umfassende Würdigung des Vorbringens der Parteien nach § 286 Abs. 1 ZPO dem Tatrichter obliegt, ist die Sache zur weiteren Verhandlung nach § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
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Sofern das Berufungsgericht nach weiterer Verhandlung erneut die Einstandspflicht der Beklagten für einen Teil der Schäden der Klägerin bejahen sollte, wird es auch den Feststellungsausspruch im Urteilstenor auf diesen Schadensteil zu begrenzen haben.