LG Hamburg, Urteil vom 24.11.2017 – 324 O 802/16
Zur Geldentschädigung bei einer spektulativen Presseberichterstattung über eine vermeintliche Schwangerschaft einer bekannten Sängerin
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung in Höhe von 47.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag von 10.000 EUR seit dem 17.11.2015, auf weitere 10.000 EUR seit dem 28.11.2016 sowie auf weitere 10.000 EUR seit dem 18.08.2017 zu zahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 910,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 27.01.2017 zu zahlen.
III Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages;
und beschließt:
Der Streitwert wird auf 47.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Geldentschädigung wegen drei Berichterstattungen der Beklagten.
2
Die Klägerin ist eine dem Gericht bekannte Sängerin.
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Die Beklagte verlegt unter anderem die Zeitschrift „n. W.“ (Anlage K1). In deren Ausgabe Nr. 45 vom 30.10.2015 erschien auf der Titelseite und im Innenteil auf Seite 13 eine Berichterstattung über die Klägerin (Anlage K4). Auf dem Titel heißt es unter einem Foto, welches die Klägerin und ihren Lebensgefährten F. S. zeigt, unter anderem „H. F. & F. S. Hochzeit noch vor dem Baby? Endlich wird es ernst“. Über dem Beitrag im Innenteil befindet sich eine Überschrift mit gleichem Wortlaut. In der Bildüberschrift eines Fotos, das die Klägerin bei einem ihrer Konzerte zeigt, und auf dem sich die Klägerin eine Hand vor den Bauch hält, heißt es dort ferner: „Mama-Glow? Bei einem Privat-Konzert in Köln hält sie schützend die Hand über ihrem Bauch“ Im Fließtext heißt es des Weiteren: „Sie strahlt mit der Herbstsonne um die Wette! Ganz egal wo sie hinkommt – sexy Schlager-Queen H. F. (31) zieht stets alle Blicke auf sich. Und als sie jetzt die österreichische Hauptstadt besucht (…) strahlt die Sängerin vor Glück, von innen heraus. Fast so wie eine Frau, die ein kleines Geheimnis unter ihrem Herzen trägt. Sieht man sie sonst meist in knallengen Bühnen-Outfits, hat sich die schöne H. nun in einen …L-Mantel und ein weites Shirt gehüllt. Geschickt drapiert sie einen Schal vor ihrem Bauch. Versteckt sie hier etwa ein Baby-Bäuchlein? Wird es mit ihrem Liebsten F. S. (34) richtig ernst? (…) Gönnt sich H. etwa pünktlich zu Weihnachten eine Baby-Auszeit?“ Die Klägerin hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 06.11.2015 (Anlage K5) mit Blick auf die inkriminierte Berichterstattung abgemahnt, woraufhin die Beklagte eine Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage K6) abgegeben hat. Mit weiterem anwaltlichem Schreiben der Klägerin vom 06.11.2015 (Anlage K7) verlangte die Klägerin die Zahlung einer immateriellen Geldentschädigung i.H.v. 10.000 EUR, was die Beklagte ablehnte. Die Klägerin hat ihre vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung des Geldentschädigungsanspruchs auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 10.000 EUR und einer 0,65-Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer mit 455,41 EUR berechnet.
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In der Ausgabe der Zeitschrift „n. W.“ Nr. 45 vom 04.11.2016 erschien auf der Titelseite und im Innenteil auf Seite 9 eine weitere Berichterstattung über die Klägerin (Anlage K10). Auf dem Titel sowie als Überschrift des Beitrags im Innenteil heißt es: „H. F. Die Überraschung! Versteckt sie [hier] ein Glücks-Bäuchlein?“ („hier“ nur im Innenteil“). Im Innenteil ist die Überschrift mit einem Pfeil versehen, der auf ein Foto der Klägerin gerichtet ist, das sie bei einer Preisverleihung zeigt. Der Pfeil endet auf Bauchhöhe der Klägerin. Im Innenteil heißt es ferner in der Unterüberschrift u.a.: „Verblüffend, was die Schlager-Queen mit ihrem neuen Look verrät“. Im Fließtext heißt es sodann: „Angriff ist die beste Verteidigung… Denn das Gold-Accessoire soll wohl ihre schlanke Mitte betonen – lenkt jedoch alle Blicke auf ihren neuen Lagen-Look! Hochgeschlossen, mit Extra-Cape um Schultern und vor allem um die Hüften verhüllt sich die zuletzt immer so sexy gestylte Entertainment-Königin komplett! Versteckt sie etwa ein Glücks-Bäuchlein? Können sie und ihre große Liebe F. S. (35) etwa schon heimlich jubeln? Ach, es wäre die Überraschung für alle! Denn gerade erst hat die schöne Sängerin ihre neue Tournee für September 2017 angekündigt und erklärt, dass sie bereits jetzt hart dafür trainiert. Warum auch nicht? Sie scheint sich wohlzufühlen. Jede Frau weiß, dass selbst mit Babybauch Sport möglich ist. (…) Dieses Jahr können die Fans wohl auf eine ganz besondere Weihnachts-Überraschung hoffen…“. In dem Beitrag ist zudem folgende Zwischenüberschrift abgedruckt: „Jubeln sie und ihr F. schon?“ Die Klägerin hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 14.11.2016 (Anlage K11) mit Blick auf die inkriminierte Berichterstattung abgemahnt, woraufhin die Beklagte eine Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage K12) abgegeben hat. Mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 14.11.2016 (Anlage K13) verlangte die Klägerin wegen der Berichterstattung die Zahlung einer immateriellen Geldentschädigung i.H.v. 10.000 EUR, was die Beklagte ablehnte (vgl. Anlage K14). Die Klägerin hat ihre vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung des Geldentschädigungsanspruchs auch insoweit auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 10.000 EUR und einer 0,65-Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer mit 455,41 EUR berechnet.
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In einer weiteren Berichterstattung in der „n. W.“ Nr. 20 vom 12.05.2017 (Anlage K15) berichtete die Beklagte erneut über die Klägerin. Auf der Titelseite und im Innenteil auf den Seiten 12-13 heißt es jeweils: „H. F. Baby-Pfunde oder Botox? Neue Fotos verraten es“ bzw. „… verraten alles“. Im Fließtext des Innenteils heißt es weiter: „Die größte Hoffnung der Fans ist jedoch, dass H.s optische Veränderung einen ganz anderen, süßen Grund hat. Ist es vielleicht endlich so weit, dass H. und ihr Liebster, F. S. (35), ihren Traum von einem gemeinsamen Kind wahr machen und es einfach „nur“ die Baby-Pfündchen sind, die der Schlager-Göttin so gut zu Gesicht stehen?“ Wegen dieser Berichterstattung hat die Klägerin die Beklagte unter dem 30.05.2017 abgemahnt, woraufhin die Beklagte am 02.06.2017 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Berichterstattungen wird auf die Anlagen K4, K10 und K15 verwiesen. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Berichterstattung nicht schwanger und ist es bis heute nicht. Im vierten Quartal 2015 hatte die „n. W.“ eine Druckauflage von 367.186.
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Schon in der Ausgabe der Zeitschrift vom 20.05.2011 hatte die Beklagte, was vorliegend jedoch nicht streitgegenständlich ist, auf der Titelseite und in einem Beitrag im Innenteil über eine mögliche Schwangerschaft der Klägerin spekuliert (vgl. Anlage K2).
8
Die Klagschrift ist der Beklagten am 26.01.2017 zugestellt worden; der Schriftsatz des Klägervertreters vom 09.08.2017 ist ihr spätestens am 17.08.2017 zugegangen.
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Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünden die geltend gemachten Ansprüche jeweils wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu. Die Berichterstattungen über eine mögliche Schwangerschaft stellten jeweils eine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Die Beklagte spekuliere ohne jeden Anhaltspunkt über eine mögliche Schwangerschaft und stelle diese als wahrscheinlich dar. Die Berichterstattungen vom 30.10.2015 und vom 04.11.2016 betonten besondere Körperlichkeiten bei ihr anhand von Fotos und im Rahmen der Textberichterstattung, was sich erschwerend auswirke.
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Es liege auch ein besonders schweres Verschulden aufseiten der Beklagten vor. Ihr sei bewusst gewesen, dass jedenfalls im Falle einer tatsächlichen Schwangerschaft ein Bericht hierüber ihre, der Klägerin, innere Privatsphäre bzw. ihre Intimsphäre verletze. Es bestehe auch ein unabwendbares Bedürfnis für die geltend gemachte Geldentschädigung. Der Ausgleich der Persönlichkeitsrechtsverletzung in Geld und die Verschaffung einer Genugtuung sei für sie, die Klägerin, zwingend notwendig. Schließlich bestehe auch keine andere Ausgleichsmöglichkeit der Persönlichkeitsrechtsverletzung als durch Zahlung der geforderten Geldentschädigung. Ferner sei die Geldentschädigung auch aus Gründen der Präventionswirkung erforderlich, zumal die Beklagte sich nicht einsichtig gezeigt habe.
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Bei der Höhe der Geldentschädigung sei zu berücksichtigen, dass es sich vor dem Hintergrund der aus Anlage K2 ersichtlichen Berichterstattung jeweils nicht um einen Erstverstoß gehandelt habe.
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Die Klägerin beantragt:
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1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 30.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von 10.000 EUR seit dem 17.11.2015 und auf weitere 10.000 EUR seit dem 28.11.2016 sowie auf weitere 10.000 EUR ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 09.08.2017 betragen sollte.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 455,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 455,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die geltend gemachte Geldentschädigung. Die vorliegenden Berichterstattungen setzten sich nicht mit Gerüchten oder Behauptungen einer Schwangerschaft auseinander, sondern lediglich mit Fragen zur Familienplanung der Klägerin (Anlage K4) bzw. mit einer Analyse zum Auftritt der Klägerin bei der Verleihung des Medienpreises „Goldene Henne“ in einem ungewöhnlichen, an Umstandsmode erinnernden Outfit (Anlage K10). Ein Anspruch auf Geldentschädigung komme nicht in Betracht, da sie, die Beklagte, für die beanstandeten Wortpassagen auf erstes Anfordern jeweils eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben habe. Selbst wenn man eine Persönlichkeitsrechtsverletzung annehmen wolle, erreiche diese nicht die erforderliche Schwere. Sie, die Beklagte, habe mit den inkriminierten Äußerungen nicht behauptet, die Klägerin sei schwanger. Sie habe sich lediglich mit dem von der Klägerin öffentlich erklärten Wunsch nach Familienzuwachs auseinandergesetzt und offene Fragen gestellt. Insoweit lägen tatsächliche Anknüpfungspunkte vor, da die Klägerin in der jüngeren Vergangenheit ihre Nachwuchspläne vermehrt zum Gegenstand öffentlicher Erörterung gemacht habe. Daher wiege eine etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung jedenfalls nicht besonders schwer. Schließlich stehe der geltend gemachten Geldentschädigung für die Berichterstattung vom 30.10.2015 entgegen, dass die Klägerin trotz umgehender Kenntnisnahme von der Berichterstattung mit der Klageerhebung etwa 14 Monate lang zugewartet habe. Dies belege, dass es der Klägerin nicht um den Ausgleich persönlichkeitsrechtlicher Beeinträchtigungen gehe.
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Sofern die Klägerin sich durch Beibringung verschiedener, zeitlich nacheinander veröffentlichter Berichterstattungen auf die Hartnäckigkeits-Rechtsprechung beziehen wolle, sei diese nicht einschlägig. Diese komme insbesondere bei reinen Wortberichterstattungen nicht zum Tragen.
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Mit dem Geldentschädigungsanspruch entfielen auch die übrigen Klageansprüche.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist auch in der Sache begründet.
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Der Klägerin steht wegen der Berichterstattungen der Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB insgesamt in der tenorierten Höhe zu, denn die Berichterstattungen der Beklagten verletzen in schwerwiegender Weise das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin (I.). Anderweitige Ausgleichsmöglichkeiten bestehen nicht. Demgemäß ist auch der Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Klägerin begründet (II.).
I.
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Nach ständiger Rechtsprechung setzt ein Geldentschädigungsanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB voraus, dass eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung und schuldhaftes Handeln des Verletzers vorliegen sowie, dass andere Ausgleichsmöglichkeiten fehlen und ein unabwendbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung besteht (vgl. Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung 5. Aufl. 2003, 14. Kap. Rn 102, 115, 120, 127; Soehring, Presserecht 4. Aufl. 2010 § 32 Rn 21ff., 26ff. und 28ff. jeweils mit weiteren Nachweisen). Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (BGH NJW 1996, 985, 986 m.w.N.; Entscheidung des BGH vom 20.03.2012, VI ZR 123/11, Rz. 15 (Juris) m.w.N.; Entscheidung des BGH vom 17.12.2013, VI ZR 211/12, AfP 2014, S. 135 ff (140)). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
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1. Die angegriffenen Berichterstattungen begründen jeweils eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin.
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a) In den streitgegenständlichen Berichterstattungen wird jeweils in unzulässiger Weise über eine Schwangerschaft der Klägerin spekuliert. Hierdurch hat die Beklagte jeweils das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt.
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aa) Die in Rede stehende Spekulation über eine Schwangerschaft der Klägerin greift in den Schutzbereich ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein. Betroffen ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst (BGH, Urteil vom 29.11.2016, VI ZR 382/15, Juris Rn. 9).
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Die Berichterstattung über eine mögliche Schwangerschaft der Klägerin betrifft hiernach schon thematisch ihre nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Privatsphäre.
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bb) Die Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ist auch rechtswidrig. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als ein Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden. Bei dieser Abwägung sind die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der EMRK interpretationsleitend zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 2012, 763, 765 – Inka Bause). Der Eingriff ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Interessen der anderen Seite überwiegt. Im Streitfall sind das Interesse der Klägerin am Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art 8 Abs. 1 EMRK einerseits und die durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Äußerungsinteressen der Beklagten andererseits abzuwägen.
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Die Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt vorliegend zugunsten der Klägerin aus. Zu ihren Gunsten ist schon in Ansatz zu bringen, dass die in Rede stehende Spekulation im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Berichterstattungen unstreitig unwahr war. An der Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen besteht schon allgemein kein anerkennenswertes Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit. Dies wirkt sich auch hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Spekulation einer Schwangerschaft aus. Darüber hinaus betrifft der Gegenstand der aufgeworfenen Spekulation den Kernbereich der Privatsphäre der Klägerin. Des Weiteren finden sich in allen drei streitgegenständlichen Berichterstattungen jeweils eine Vielzahl von Äußerungen und Gestaltungselementen, die auf eine vermeintliche Schwangerschaft der Klägerin hindeuten sollen:
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(1) Bei der Berichterstattung vom 30.10.2015 (Anlage K4) beginnt dies bereits auf der Titelseite, wo mit Blick auf die Klägerin und ihren Lebenspartner F. S. die Frage aufgeworfen wird: „Hochzeit noch vor dem Baby?“ Die Frage ist hinsichtlich der möglichen Schwangerschaft der Klägerin nicht offen formuliert, sondern gerade durch die Formulierung, ob „noch vor dem Baby“ eine Hochzeit stattfinde, wird der Umstand, dass es ein Baby geben wird – dass die Klägerin also schwanger ist –, als gegeben vorausgesetzt. Die Berichterstattung über die Klägerin dient auf der Titelseite überdies als Hauptaufmacher. Im Innenteil intensiviert sich die schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung, indem dort weitere spekulative und eine Schwangerschaft der Klägerin suggerierende Fragen und Äußerungen folgen. Beispielsweise wird berichtet, dass die Klägerin von innen heraus strahle, „fast so wie eine Frau, die ein kleines Geheimnis unter ihrem Herzen trägt“. Mit dem genannten Geheimnis wird im Kontext offensichtlich auf eine mögliche Schwangerschaft der Klägerin angespielt. Als Indiz hierfür wird dem Leser sodann mitgeteilt, dass sich die Klägerin im Gegensatz zu früher nunmehr in besonders weite Kleidung gehüllt habe und vor ihrem Bauch einen Schal „geschickt drapiert“ habe. Die damit verknüpfte Frage „Versteckt sie hier etwa ein Baby-Bäuchlein?“ sowie die weiter unten in dem Beitrag aufgeworfene Frage „Gönnt sich H. etwa pünktlich zu Weihnachten eine Baby-Auszeit?“ kommen vor diesem Hintergrund nicht offen daher. Die Suggestion einer Schwangerschaft der Klägerin wird zudem durch die Überschrift „Jetzt wird es ernst“ sowie durch die Bildüberschrift eines Fotos der Klägerin im linken Teil des Beitrags verstärkt. In Letzterer heißt es „MAMA-GLOW? Auf einem Privat-Konzert hält sie schützend die Hand vor ihren Bauch“. Hierdurch versucht die Beklagte zudem einen Beleg für die spekulierte Schwangerschaft anhand von Äußerlichkeiten der Klägerin auszumachen – dem Leser wird nahegelegt, dass auf dem Bild ein „Baby-Bäuchlein“ sichtbar sei, das die Klägerin an anderer Stelle zu verstecken versucht habe, sodass der Leser versuchen wird, dieses „Bäuchlein“ auch zu entdecken. Dies ist für die Klägerin entwürdigend, denn sie wird damit zum Objekt voyeuristischer Neugier der Leser gemacht.
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(2) Die obigen Ausführungen gelten hinsichtlich der Berichterstattung der Beklagten vom 04.11.2016 (Anlage K10) im Kern entsprechend. Auch dort finden sich spekulative Äußerungen bzw. Fragen bereits auf der Titelseite – wenngleich nicht als Hauptaufmacher –, indem es dort heißt: „H. F. Die Überraschung! Versteckt sie ein Glücks-Bäuchlein?“, womit naheliegend nur ein Schwangerschafts-Bauch gemeint sein kann. Dies wird in der Überschrift des Beitrags im Innenteil wiederholt und vertieft – es sei, so die Unterüberschrift, „verblüffend, was die Schlager-Queen mit ihrem neuen Look verrät“. Bereits vor diesem Hintergrund sind die in der Überschrift sowie auf der Titelseite aufgeworfene Frage sowie die weitere Frage „Jubeln sie und ihr F. schon?“ alles andere als offen. Die Suggestion einer Schwangerschaft wird in dem Beitrag weiter verstärkt: So wird beispielsweise berichtet, dass die Klägerin für ihre bevorstehende Tournee hart trainiert habe. Unmittelbar im Anschluss hieran heißt es: „Warum auch nicht? Sie scheint sich wohlzufühlen. Jede Frau weiß, dass selbst mit Baby-Bauch Sport möglich ist.“ Abschließend heißt es: „Dieses Jahr können die Fans wohl auf eine ganz besondere Weihnachts-Überraschung hoffen…“, was offensichtlich auf eine Schwangerschaft der Klägerin und deren eventuelle Bekanntgabe abzielt. Schließlich wird suggeriert, dass die Klägerin durch das Tragen eines Gold-Accessoires – einer Art Gürtel – wie auf den ebenfalls abgedruckten Fotos ersichtlich, bewusst ihre schlanke Mitte betone, um ihr „Glücks-Bäuchlein“ zu verstecken, also um ihre Schwangerschaft geheim zu halten. Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin wird in der Berichterstattung dadurch verstärkt, dass die in der Überschrift aufgeworfene Frage, ob die Klägerin „hier ein Glücks-Bäuchlein“ verstecke, mit einem Pfeil versehen ist, der auf ein Foto der Klägerin zielt, namentlich auf den Bereich ihres Bauches und des genannten Gold-Accessoires. Hierdurch wird wiederum eine Körperlichkeit der Klägerin betont und der Leser dazu eingeladen, das Äußere der Klägerin, insbesondere ihren Bauch, anhand der Bilder selbst näher dahingehend zu untersuchen, ob sich an diesem eine eventuelle Schwangerschaft der Klägerin abzeichnet. Wie bereits ausgeführt wird die Klägerin damit zum Objekt voyeuristischer Neugier gemacht.
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(3) Auch hinsichtlich der Berichterstattung der Beklagten vom 12.05.2017 (Anlage K15) geltend die vorstehenden Ausführungen im Kern entsprechend. Auch dort befindet sich eine Spekulation über eine mögliche Schwangerschaft der Klägerin schon auf der Titelseite, wo es heißt: „F.s H. Baby-Pfunde oder Botox? Neue Fotos verraten es“. Neben einer Wiederholung der Titelankündigung wird im Beitrag im Innenteil dargestellt, dass sich die Klägerin äußerlich verändert habe, namentlich im Gesicht. Zu der möglichen Ursache hierfür heißt es sodann: „Die größte Hoffnung der Fans ist jedoch, dass H.s optische Veränderung einen ganz anderen, süßen Grund hat. Ist es vielleicht endlich so weit, dass H. und ihr Liebster, F. S. (35), ihren Traum von einem gemeinsamen Kind wahr machen und es einfach ‚nur‘ die Baby-Pfündchen sind, die der Schlager-Göttin so gut zu Gesicht stehen?“ Auch insoweit wird eine Körperlichkeit der Klägerin herausgehoben, um einen vermeintlichen Anhaltspunkt für eine Schwangerschaft der Klägerin zu benennen. Hierzu werden drei Fotos der Klägerin, die sie in den Jahren 2005, 2006 und aktuell im Zeitpunkt der Berichterstattung zeigen, nebeneinandergestellt, um dem Leser die vermeintlichen Veränderungen des Aussehens der Klägerin vorzuführen.
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(4) Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass sie in allen drei streitgegenständlichen Berichterstattungen nicht die feststehende Behauptung einer Schwangerschaft der Klägerin verbreitet, sondern lediglich Mutmaßungen angestellt hat. Darüber hinaus ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Klägerin auf den abgedruckten Bildern soweit ersichtlich ausschließlich im Rahmen öffentlicher Auftritte gezeigt wird, bei denen sie sich naturgemäß den Blicken der Zuschauer aussetzt. Des Weiteren ist mit dem unbestrittenen Beklagtenvortrag prozessual davon auszugehen, dass die Klägerin in der Vergangenheit einen Kinderwunsch öffentlich geäußert und dadurch ihre Privatsphäre diesbezüglich geöffnet hat. Insoweit bleibt indes auch nach dem Beklagtenvortrag weitgehend unklar, in welchem Rahmen und wann dies geschehen ist.
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Es überwiegen vorliegend dennoch die geschützten Interessen der Klägerin. Über den abstrakten Kinderwunsch hinausgehend wird in den inkriminierten Berichterstattungen jeweils darüber spekuliert, ob die Klägerin nunmehr tatsächlich schwanger sei. Es werden hierzu unter anderem Belege am äußeren Erscheinungsbild der Klägerin gesucht und vermeintlich gefunden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei einer tatsächlichen Schwangerschaft die Entscheidung ihrer Bekanntgabe sowie deren Zeitpunkt und Umstände der Klägerin im Grundsatz selbst überlassen sein müssen. Unstreitig war die Klägerin jedoch nicht schwanger, sie ist es – ebenfalls unstreitig – auch jetzt nicht. Für die vorliegenden Spekulationen gab es auch keinen Anhaltspunkt. Allein der Umstand, dass die Klägerin sich während eines Konzerts die Hand vor den Bauch hält, dass sie weitere Kleidung als sonst oder gar – vermeintlich zur beabsichtigten Ablenkung von einem eventuellen Schwangerschafts-Bauch – ein besonders enges Accessoire trägt, gibt für eine mögliche Schwangerschaft der Klägerin schlechterdings nichts her. Die aufgezeigte Handhaltung der Klägerin wirkt keineswegs unnatürlich oder auffällig, insbesondere da die Klägerin auf dem in Rede stehenden Foto in der Berichterstattung aus Anlage K4 offenbar beim Singen abgebildet ist. Die Auswahl der im Beitrag aus Anlage K10 in Bezug genommenen besonders weiten bzw. besonders engen Kleidung der Klägerin könnte schlichtweg modischen Gründen geschuldet gewesen sein und hat mit Blick auf eine mögliche Schwangerschaft der Klägerin keinerlei Aussagekraft. Auch der im Beitrag aus Anlage K15 vermeintlich ausgemachte Umstand, dass sich die Klägerin im Gesicht verändert habe und nunmehr einen besonders strahlenden Teint habe, stellt evident keinen tragfähigen Anhaltspunkt für eine Schwangerschaft dar. Zum einen unterliegt die Bewertung, ob bzw. inwieweit sich das Aussehen und insbesondere der Teint der Klägerin wie in dem Beitrag thematisiert verändert hat – ob die Klägern tatsächlich „strahlender, frischer denn je“ wirke –, einer subjektiven Bewertung des jeweiligen Betrachters. Überdies könnte dies gegebenenfalls eine Vielzahl von Gründen haben, wobei schon die Berichterstattung mit „Hyaluron- und Botoxinjektionen“ weitere potentielle Ursachen benennt. Die mithin haltlosen Spekulationen über eine mögliche Schwangerschaft hat die Klägerin nicht hinzunehmen.
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b) Jedenfalls bei einer Spekulation über eine Schwangerschaft ohne tatsächlichen Anhaltspunkt in einer Weise wie bei den hier streitgegenständlichen Berichterstattungen ist eine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben.
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Die Belastung der Klägerin durch das von der Beklagten in die Welt gesetzte Gerücht wiegt besonders schwer, weil eine Schwangerschaft jedenfalls in ihrem Anfangsstadium, in dem sie noch nicht äußerlich erkennbar ist, der von Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG besonders geschützten engeren Privatsphäre, wenn nicht sogar der absolut geschützten Intimsphäre zuzurechnen ist. Insoweit ist allgemein bekannt, dass Schwangerschaften gerade in den ersten Wochen besonderen Risiken ausgesetzt sind. Es entspricht daher dem berechtigen Interesse jeder Frau, eine Schwangerschaft zumindest in dieser Phase für sich zu behalten, schon um für den Fall, dass es nicht zur Geburt kommt, nicht befürchten zu müssen, diesbezüglich unangenehmen Fragen ausgesetzt zu werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dieser Erwägung vorliegend auch nicht entgegen, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Berichterstattungen tatsächlich nicht schwanger war, da die von einem Schwangerschaftsgerücht betroffene Person unabhängig von dem tatsächlichen Vorliegen einer Schwangerschaft durch die Verbreitung entsprechender Spekulationen und Gerüchte in ihrer innersten Privatsphäre berührt und unterliegt in der Folge einem Rechtfertigungsdruck. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung wiegt vorliegend jeweils besonders schwer, da die Aufmerksamkeit der Leser durch die verschiedenen Textpassagen – und im Falle der Berichterstattung vom 04.11.2016 (Anlage K10) besonders durch den Pfeil, der auf den Bauch der Klägerin abzielt – auf den Körper und die Anmutung der Klägerin gelenkt und der Leser dadurch eingeladen wird, den Bauch und das Gesicht der Klägerin mit Blick auf die vermeintlichen optischen Veränderungen zu untersuchen. Weiter wird die Persönlichkeitsrechtsverletzung jeweils dadurch intensiviert, dass die Artikel auf den Titelseiten der jeweiligen Zeitschriften angekündigt wurden, im Falle der Berichterstattung vom 30.10.2015 (Anlage K4) sogar als Hauptaufmacher. Schließlich war vor dem Hintergrund der Auflage der Zeitschrift „n. W.“ der vergleichsweise hohe Verbreitungsgrad zu berücksichtigen.
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2. Die Beklagte trifft ein erhebliches Verschulden. Sie hätte bei Anstrengung der ihr obliegenden journalistischen Sorgfalt jeweils erkennen müssen, dass für das von ihr verbreitete und in den streitgegenständlichen Berichterstattungen weiträumig aufbereitete Gerücht einer Schwangerschaft der Klägerin keine Anhaltspunkte bestehen.
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3. Die durch die streitgegenständlichen Berichterstattungen jeweils eingetretene schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin lässt sich nicht in anderer Weise als durch die Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes ausgleichen; die gebotene Gesamtabwägung ergibt ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung. Insbesondere die jeweils – zweifelsohne zeitnah und auf erstes Anfordern der Klägerin – abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärungen der Beklagten beseitigen dieses Bedürfnis vorliegend nicht. Schon angesichts der dargestellten Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung besteht hier ein derartiges unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung. Daneben macht auch der dargestellte ganz erhebliche Grad des Verschuldens der Beklagten die Zuerkennung eines immateriellen Schadensersatzes unabweisbar. Eine anderweitige zumutbare und angemessene Ausgleichsmöglichkeit besteht nicht.
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4. Unter erneuter Würdigung sämtlicher Umstände erachtet die Kammer eine Geldentschädigung für die Berichterstattung vom 30.10.2015 in Höhe von 12.000 EUR, für die Berichterstattung vom 04.11.2016 in Höhe von 15.000 EUR und für die Berichterstattung vom 12.05.2017 in Höhe von 20.000 EUR für geboten, aber auch für ausreichend, um der erlittenen Persönlichkeitsrechtsverletzung Rechnung zu tragen. Die Verletzung der Rechte der Klägerin hat jeweils ein ganz erhebliches Gewicht und erfolgte in keineswegs geringem Maße schuldhaft.
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Bei der Höhe der Geldentschädigung hat die Kammer hinsichtlich der Berichterstattungen vom 04.11.2016 und besonders der vom 12.05.2017 erschwerend die jeweils vorausgegangenen rechtswidrigen Berichterstattungen in Ansatz gebracht, wegen derer die Beklagte auch abgemahnt worden war und sie jeweils eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hatte. Diese waren insoweit gleichgelagert, als durch sie jeweils haltlose Spekulationen über eine Schwangerschaft der Klägerin – wenngleich durch Verbreitung unterschiedlicher Äußerungen und unter Bezugnahme auf unterschiedliche, vermeintliche Anhaltspunkte – verbreitet wurden. Überdies hat der zeitliche Abstand zwischen den insoweit gleichgelagerten Berichterstattungen jeweils abgenommen. Insoweit wirkt sich der Präventionsgedanke, wenngleich dieser den Geldentschädigungsanspruch nicht allein zu tragen vermag, bei der Höhe der Geldentschädigungen aus. Die jeweilige Höhe des Geldentschädigungsanspruchs ist ferner dem Umstand geschuldet, dass in den Berichterstattungen vom 04.11.2017 und 12.05.2017 das Augenmerk des Lesers jeweils in besonderer Weise auf Äußerlichkeiten der Klägerin gelenkt wird. In der Berichterstattung vom 04.11.2017 geschieht dies im Innenteil durch einen vergleichsweise großen roten Pfeil, der dem Leser schon beim ersten Aufschlagen des Beitrags ins Auge springt. Indem in der Berichterstattung vom 12.05.2017 vermeintlich im Gesicht der Klägerin ein Anhaltspunkt für eine Schwangerschaft ausgemacht wird, wird der Leser dazu animiert, auch bei künftigen Auftritten der Klägerin dieses besonders auf die vermeintlichen Veränderungen hin zu untersuchen. Bei dem Gesicht handelt es sich auch um einen besonders individuellen und vor allem exponierten Teil des Körpers, der, anders als beispielsweise der in den beiden anderen Berichterstattungen in Bezug genommene Bauch der Klägerin, nicht durch Kleidung bedeckt wird. Demnach ist das Gesicht der Klägerin der künftigen Untersuchung durch den Leser auf etwaige Veränderungen hin besonders zugänglich. Überdies ist der in der Berichterstattung vom 12.05.2017 vermeintlich ausgemachte Anhaltspunkt für die Schwangerschaft besonders wenig aussagekräftig.
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5. Der Zinsanspruch folgt hinsichtlich der schon außergerichtlich geltend gemachten Geldentschädigungen für die Berichterstattungen vom 30.10.2015 und vom 04.11.2016 aus §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2, 286, 288 BGB. Bezüglich der Geldentschädigung für die Berichterstattung vom 05.12.2017 folgt der Zinsanspruch aus §§ 288, 291 BGB.
II.
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Der Klägerin steht demgemäß dem Grunde nach auch der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Kosten für die Aufforderung zur Zahlung einer Geldentschädigung in der geltend gemachten Höhe zu.
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1. Ausgehend von dem Gegenstandswert des außergerichtlich jeweils geltend gemachten Betrages von 10.000 EUR ergibt sich bei Ansatz der von der Klägerin begehrten 0,65-Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer jeweils ein Betrag von 455,41 EUR.
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2. Der Zinsanspruch folgt wiederum aus §§ 288, 291 BGB.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Der Streitwertbeschluss hat seine Grundlage in §§ 3, 4 ZPO.