OLG München, Beschluss vom 05.04.2012 – 4 StRR 30/12
Die im Strafverfahren auf freiwilliger Basis abgegebenen Angaben des Angeklagten, er habe zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins seinen Wohnsitz im Inland gehabt, sind wie vom Ausstellerstaat herrührende unbestreitbare Informationen zu werten. Sie sind Behördeninformationen des Ausstellerstaates, etwa eines Einwohnermeldeamtes mindestens gleichwertig. Denn nur der Angeklagte selbst weiß mit Bestimmtheit, ob er das für die Ausstellung eines EU-Führerscheins erforderliche Wohnsitzerfordernis mit einem Aufenthalt von mindestens 180 Tagen erfüllt.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 20.09.2010 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I.
1
Das Amtsgericht Laufen erließ am 7.12.2009 (Gz.: 1 Cs 350 Js 31343/09) Strafbefehl gegen den Angeklagten wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Auf Einspruch des Angeklagten hat das Amtsgericht den Angeklagten mit Urteil vom 21.1.2010 vom Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis freigesprochen. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Traunstein Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 20.9.2010 hat das Landgericht Traunstein auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Laufen vom 21.1.2010 aufgehoben und den Angeklagten wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 25,– Euro verurteilt.
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Die Strafkammer hat der Verurteilung folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt:
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„Am 2.11.2009 zwischen 18.15 Uhr und 18.30 Uhr fuhr der Angeklagte mit seinem Kollegen A. L. auf dessen Bitte hin von der gemeinsamen Betriebswohnung in B. R. – M. über die verkehrsreiche Bundesstraße 20 in das etwa 3 km entfernte P. zum dortigen REWE Markt, um Verpflegung für den Abend einzukaufen.
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Der Angeklagte steuerte dabei das Firmenfahrzeug LKW Iveco, amtl. Kennzeichen xxx, das ein zulässiges Gesamtgewicht von 3.200 kg hatte.
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Der Angeklagte war dabei nur im Besitz einer tschechischen Fahrerlaubnis für die Klasse B, ausgewiesen durch einen tschechischen Führerschein, ausgestellt am 26.03.2009, in welchen neben den Personalien des Angeklagten auch der tschechische Wohnort H. P. eingetragen war.
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Der Angeklagte wusste, dass ihm seine deutsche Fahrerlaubnis durch Urteil des Amtsgerichts Dachau vom 16.06.2003, rechtskräftig seit 16.06.2003, wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr entzogen worden war, mit einer Sperrfristanordnung für die Wiedererteilung bis 15.05.2004; seitdem hat der Angeklagte jedoch keine neue deutsche Fahrerlaubnis beantragt und erhalten. Statt dessen erwarb er, nach 2 Tagen theoretischen Unterrichts, drei Tage praktischen Fahrunterrichts und 1,5 Tagen Prüfung in der Tschechei die dortig Fahrerlaubnis vom 26.03.2009. Zu diesem Zweck ließ er sich mit Wohnsitz in H. P., nahe der Fahrschule, über einen Vermittler anmelden und nach Erhalt des Führerscheins wieder abmelden.
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Der Angeklagte hatte sich weder vorher noch nachher bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Dachau erkundigt, ob eine solche tschechische Fahrerlaubnis anerkannt werde; dementsprechend stellte er auch keinen Antrag auf Anerkennung seiner tschechischen Fahrerlaubnis bzw. auf Zuerkennung des Rechts, von der tschechischen (EU-) Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen gemäß § 28 Abs. 5 FeVO.
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Der Angeklagte hätte bei entsprechender Sorgfalt und Erkundigung bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde wissen können und müssen, dass seine tschechische Fahrerlaubnis vom 26.03.2009 in Deutschland ungültig war und ist, solange ihm nicht gemäß § 28 Abs. 5 FeVO das Recht zuerkannt ist, von dieser Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.
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Es war daher für ihn vorhersehbar und vermeidbar, dass er ohne eine erforderliche Fahrerlaubnis auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug steuerte.“
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Die Strafkammer hat ausgeführt, dass die Feststellungen auf dem Geständnis des Angeklagten beruhen und dazu ausgeführt, dieser habe ausgesagt, er habe am 26.3.2009 in H. P./Tschechische Republik eine tschechische Fahrerlaubnis erworben, weil er über Bekannte erfahren habe, dass man in der „Tschechei“ kostengünstig eine neue Fahrerlaubnis erwerben könne. Er sei dann in der „Tschechei“ mit Wohnsitz in einem Zimmer nahe der Fahrschule angemeldet worden. Sein Hauptwohnsitz sei aber in Dachau geblieben, schon wegen seines Sohnes und seiner Arbeit. Nach Abschluss der Fahrausbildung und dem Erwerb des Führerscheins sei er über den Vermittler wieder von dem tschechischen Wohnsitz abgemeldet worden. Für den theoretischen Unterricht sei er für 2 Tage in die „Tschechei“ gefahren, später für 3 Tage zu den praktischen Fahrstunden und dann für 1 ½ Tage zur Prüfung. Diese Unterrichts- und Prüfungsmaßnahmen seien mit Dolmetscher durchgeführt worden (BU S. 6). Er sei unter seiner Wohnanschrift in Dachau gemeldet gewesen und habe sich nur für die Dauer der Schulung (ca. 1 Woche) in der „Tschechei“ aufgehalten und sei nur für diese Zeit dort mit Wohnsitz gemeldet gewesen.
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Zur rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts hat die Strafkammer das Nachfolgende erhoben:
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„Aufgrund des festgestellten Sachverhalts war der Angeklagte schuldig zu sprechen des fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 I Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVG, § 16 Abs. 1 StGB.
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Die vom Angeklagten erworbene, benützte und bei der polizeilichen Kontrolle vorgelegte tschechische Fahrerlaubnis (Klass B) vom 26.03.2009 war jedoch in Deutschland ungültig:
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Zwar dürfen gemäß § 28 Abs. 1 FeVO Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.
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Gemäß § 28 Abs. 4 FeVO gilt diese Berechtigung nach Absatz 1 aber nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht entzogen worden ist ( § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeVO in der Fassung der 3. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnisverordnung vom 07.01.2009, BGB I 2009/I, 29).
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Diese Ausnahmeregelung ist dann anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind (§ 28 Abs. 4 S. 3 FeVO).
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Diese Voraussetzungen sind hier allesamt erfüllt. Der Angeklagte ist zwar Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, ausgestellt in der Tschechei am 26.03.2009. Dem Angeklagten wurde aber durch Urteil des Amtsgerichts Dachau vom 26.06.2003, rechtskräftig seit dem 16.06.2009, die Fahrerlaubnis entzogen und seitdem in Deutschland nicht wieder erteilt. Dieser rechtskräftige gerichtliche Entzug der Fahrerlaubnis wirkt als sogenannte „Negativmaßnahme“ bis heute fort (Sperrwirkung). Diese gerichtliche Entscheidung vom 16.03.2003 ist zwar nicht mehr im Strafregister eingetragen und wurde hier auch im Rahmen der Strafzumessung nicht mehr als Vorstrafe verwertet, sie ist aber noch im Verkehrszentralregister eingetragen und darf bzw. muss daher bei Entscheidungen gemäß § 28 Abs. 4 FeVO berücksichtigt werden.
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Die Regelungen in § 28 Abs. 1 und § 28 Abs. 4 FeVO sind jeweils Ausdruck der wechselseitigen grundsätzlichen Anerkennung von verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidungen im Rahmen der Europäischen Union. So wie der legale Erwerb und Gebrauch einer EU-Fahrerlaubnis im Inland zu respektieren ist (gemäß § 28 Abs. 1 FeVO), so ist umgekehrt auch eine rechtskräftige inländische Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde über eine Negativmaßnahme bei der Beurteilung der Gültigkeit einer EU-Fahrerlaubnis zu respektieren.
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Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 28 Abs. 4 S. 1 FeVO unmittelbar die Ungültigkeit eines EU-Führerscheins, falls die Ausnahmevoraussetzungen gegeben sind; denn es heißt in § 28 Abs. 4 S. 1 FeVO unmissverständlich: „Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis….“
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Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die er auf die näher begründete Verletzung des formellen Rechts und auf eine ausgeführte Sachrüge stützt. Er beantragt, ihn unter Aufhebung des Berufungsurteils freizusprechen, hilfsweise das Verfahren dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen, ob freiwillige Angaben des Angeklagten in einem Strafverfahren unbestreitbare Erkenntnisse des Ausstellerstaates sind. Die Generalstaatsanwaltschaft in München ist angehört worden und hat mit Vorlagebericht vom 29.3.2011 beantragt, die Revision des Angeklagten kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.
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Mit Beschluss des Senats vom 5. August 2011 (Gz: 4 StRR 57/11) wurde die Entscheidung über die Revision des Angeklagten bis zur Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Verfahren des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes mit dem Aktenzeichen 11 B 10.1030 und im Verfahren des Landgerichts Gießen mit dem Aktenzeichen 1 Ns 603 Js 36155/08 zurückgestellt. Am 1. März 2012 hat die Zweite Kammer des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C – 467/10 in dem Strafverfahren gegen B. A. im oben benannten Verfahren des Landgerichts Gießen entschieden.
II.
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Die zulässige Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 20.09.2010 hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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1. Der Angeklagte hat keine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge erhoben; sie erweist sich demnach als unzulässig.
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Eine Aufklärungsrüge ist zulässig, wenn das Gericht Ermittlungen unterlassen hat, zu denen es sich auf Grund seiner Sachaufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO gedrängt sehen musste (vgl. Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 244 Rdn. 80 i.V.m. Rdn. 12). Zur Begründung der Aufklärungsrüge nach § 344 Abs. 2 StPO ist erforderlich (vgl. Gollwitzer in LR-StPO 25. Aufl. § 244 Rdn. 355), dass vom Revisionsführer ohne jede Bezugnahme unter lückenloser Angabe aller erforderlichen Tatsachen bestimmt und aus sich selbst heraus verständlich ausgeführt wird, welche konkreten Tatsachen das Gericht hätte aufklären müssen, welche für das Gericht erkennbaren konkreten Umstände dazu gedrängt haben, welches genau und bestimmt bezeichnete, geeignete und erreichbare Beweismittel das Gericht hätte heranziehen müssen und welcher für den Revisionsführer günstigere Einfluss auf das Beweisergebnis davon zu erwarten gewesen wäre. Aufzuzeigen ist, welche Sachverhaltsannahme oder welcher Beweisgrund des Urteils bei erfolgreicher Durchführung der unterbliebenen Beweiserhebung entfallen und welches für den Revisionsführer günstigere Beweisergebnis dadurch erreicht worden wäre.
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Die von dem Angeklagten erhobene Aufklärungsrüge erfüllt die vorgenannten Anforderungen nicht. Insbesondere das Aufklärungsmittel wird nicht genau und bestimmt bezeichnet, noch werden die konkreten Beweistatsachen vorgetragen, die das Gericht im Wege einer Beweisaufnahme hätte klären können.
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2. Die Sachrüge hat keinen Erfolg.
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Die vom Landgericht vorgenommene Verurteilung wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Der von der Kammer festgestellte Sachverhalt trägt eine Verurteilung wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG. Der am 26. März 2009 ausgestellte tschechische Führerschein berechtigte den Angeklagten am 2. November 2009 nicht zu einer Fahrt mit einem PKW auf öffentlichen Straßen in der Bundesrepublik Deutschland. Denn der tschechische Führerschein des Angeklagten muss gemäß § 28 Abs.4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der ab 19. Januar 2009 gültigen Fassung vom 7. Januar 2009 i.V.m. der 3. Führerscheinrichtlinie (Artikel 7 Abs. 1 lit. e i.V.m. Artikel 12 der Richtlinie 2006/126/EG) im Inland nicht anerkannt werden, da feststeht, dass das Wohnsitzprinzip nicht eingehalten wurde.
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aa) Nach § 28 Abs. 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
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Nach Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,
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(1) ……
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(2). die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
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(3) – (6) ………..
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bb) Zwar ist es grundsätzlich Aufgabe des Ausstellermitgliedstaates zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenige hinsichtlich des ordentlichen Wohnsitzes erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verwehrt es dabei dem anderen Mitgliedsstaat die Beachtung dieser Ausstellungsvoraussetzungen zu prüfen. Vielmehr ist der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins als Nachweis dafür zu sehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag seiner Ausstellung diese Vorraussetzungen erfüllt. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen ist der Aufnahmestaat berechtigt den in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerschein in seinem Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen.
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cc) Der Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip ergibt sich vorliegend aus dem Geständnis des Angeklagten im Rahmen des vorliegenden Strafverfahrens. Er räumte ein, zu keinem Zeitpunkt in Tschechien einen ordentlichen Wohnsitz begründet zu haben, vielmehr zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins in Deutschland gewohnt zu haben. Lediglich für die Dauer der Schulung (eine Woche) habe er sich in der Tschechischen Republik aufgehalten und sei dort mit Wohnsitz gemeldet gewesen.
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dd) Nach dem Urteil des EuGH vom 29.April 2004 – Kapper (NJW 2004,1725) ist das Wohnsitzerfordernis des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV i.d. Fassung vom 7. August 2002, wonach „die Berechtigung des Abs. 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWG Fahrerlaubnis gilt, die zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten“, nicht mit EG-Recht vereinbar. Mit Urteilen des EuGH vom 26.Juni 2008 – W. und Z. (C-329106) wurden jedoch zwei Einschränkungen vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennungspflicht vorgenommen. Danach muss die ausländische Fahrerlaubnis nicht anerkannt werden, wenn sich aus den im Führerschein selbst enthaltenen oder aus vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde. Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes wurde bei der Neufassung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV berücksichtigt und in nationales Recht übernommen.
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ee) Aufgrund des Geständnisses des Angeklagten liegt einer der in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV genannten Fälle vor, wonach die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht gilt, denn der tschechische Führerschein wurde unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip ausgestellt.
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Dieser Verstoß steht zwar nicht ausweislich des Führerschein fest (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 erste Alternative FeV), aber aufgrund einer Information, die vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zumindest gleichkommt und deshalb der zweiten Alternative des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV entspricht.
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Der Angeklagte hat vorliegend im Rahmen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens diese Angaben zum fehlenden ordentlichen Wohnsitz in Tschechien zum Zeitpunkt der Ausstellung des tschechischen Führerscheins nicht aufgrund einer Mitwirkungspflicht erteilt, vielmehr hätte er schweigen oder eine unzutreffende Sachverhaltsschilderung abgeben können. Die im Strafverfahren auf freiwilliger Basis abgegebenen Angaben des Angeklagten zum fehlenden ordentlichen Wohnsitz sind Behördeninformationen, etwa eines Einwohnermeldeamtes des Ausstellerstaates, mindestens gleichwertig. Denn nur der Angeklagte selbst weiß mit Bestimmtheit, ob er das für die Ausstellung eines EU-Führerscheines erforderliche Wohnsitzerfordernis mit einem Aufenthalt von mindestens 180 Tagen erfüllt hat. Daher ist die Aussage des Angeklagten wie eine vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Information einzuordnen.
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ff) Das Urteil des EuGH vom 1. März 2012 – B. A. (C 467/10), ergangen auf das Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Gießen vom 21. September 2010 steht dem nicht entgegen.
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Danach ist es Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob Informationen, die unter Umständen, wie denen des Ausgangsverfahrens erlangt wurden, als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen eingestuft werden können (Rdn. 73 und 74 des oben benannten Urteils), die belegen, dass der Inhaber des Führerscheins zum Zeitpunkt des Erhalts seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte. Zwar führte der EuGH aus, dass die Informationen von einer Behörde dieses Staates herrühren müssen, um als unbestreitbar eingestuft werden zu können, etwa von einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellerstaates (Rdn. 67, 69 des oben benannten Urteils). Zudem führte der EuGH aus, dass die Ausnahme von der Anerkennungspflicht nicht weit verstanden werden dürfe. Hinsichtlich der vom Inhaber des Führerscheins herrührenden Informationen schloss der EuGH dies lediglich aus, soweit der Führerscheininhaber diese Angaben im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaates obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat (Rdn. 70 des oben benannten Urteils).
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b) Die vom Landgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigen eine Verurteilung wegen Fahrlässigkeit. Auf Seite 5 des Berufungsurteils wird ausgeführt, „der Angeklagte habe sich weder vorher noch nachher (vor und nach der Erteilung) bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamtes Dachau erkundigt, ob eine solche tschechische Fahrerlaubnis in Deutschland anerkannt werde. ….Der Angeklagte hätte bei entsprechender Sorgfalt und Erkundigung bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde wissen können und müssen, dass seine tschechische Fahrerlaubnis vom 26.03.2009 in Deutschland ungültig war….“. Auf Seite 7 des Berufungsurteils wird des weiteren ausgeführt, „…dass sich aus der verlesenen Auskunft des Landratsamtes Dachau vom 09.03.2010 ergibt, dass wenn er sich dort erkundigt hätte, hätte man die Gültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis verneint“.
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c) Das Urteil ist auch insoweit nicht widersprüchlich als es auf Seite 12 der Urteilsgründe bei den Ausführungen zur Strafzumessung enthält: “Die Sach- und Rechtslage ist schwierig; der Angeklagte hat sich möglicherweise ungeprüft auf falschen Rat verlassen, obwohl sich die erforderlichen Bedenken aus den Gesamtumständen (siehe oben B.2.) geradezu aufdrängen“. Es handelt sich insoweit um Ausführungen zum Grad des Verschuldens. Die Kammer wertet hier lediglich zugunsten des Angeklagten, dass das Maß des Verschuldens nicht erheblich ist, da er sich ohne Prüfung auf den Rat nicht kompetenter Auskunftsstellen möglicherweise verlassen hat.
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3. Eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung liegt nicht vor.
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Eine solche ergibt sich bis vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nicht aus den Urteilsgründen. Eine daher notwendige, den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge (Rdn. 127 zu § 46 StGB, Thomas Fischer, Strafgesetzbuch, 59. Auflage), wurde nicht vom Revisionsführer erhoben.
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Eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist, die von Amt wegen zu berücksichtigen ist, liegt unter Berücksichtigung der Umstände des Falles, insbesondere des europarechtlichen Bezuges, nicht vor. Die Akten wurden vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist (diese endete am 18. November 2010) und Eingang der Revisionsbegründung am 9. November 2010, von der Staatsanwaltschaft Traunstein der Generalstaatsanwaltschaft München am 17. November 2010 vorgelegt. Mit Vorlagebericht der Generalstaatsanwaltschaft vom 29. März 2011 wurden die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Wie auch vom Revisionsführer beantragt, hat der Senat mit Beschluss vom 5. August 2011 die Entscheidung über die Revision bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in den beiden benannten Verfahren zurückgestellt. Am 1. März 2012 hat der EuGH im Verfahren des Landgerichts Gießen entschieden.
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4. Die Entscheidung des EuGH im Verfahren des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofes mit dem Aktenzeichen 11 B 10.1030 ist nicht (mehr) entscheidungserheblich, da der aufgrund der Feststellungen des Landgerichts bestehende Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis vorliegend dazu führt, das die tschechische Fahrerlaubnis den Angeklagten am 2.November 2010 nicht zu einer Fahrt mit einem PKW auf öffentlichen Straßen im Inland berechtigte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.1 Satz 1 StPO.