Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19.07.2011 – 6 U 70/10
Wasserschaden – darf Versicherung vorschreiben, welcher Unternehmer Trocknungsarbeiten durchführt?
Bei einem Wasserschaden, für den eine Versicherung den Schaden zu zahlen hat, muss der versicherte Geschädigte grundsätzlich nicht ein von dem Versicherungsunternehmen ausgewähltes Unternehmen beauftragen, sondern darf die Schadensbeseitigung auch einem Unternehmen seiner Wahl überlassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherungsvertrag nichts Gegenteiliges vorsieht.
Darauf hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes in einem vor kurzem verkündeten Urteil in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit hingewiesen.
Zum Sachverhalt: In einem Haus in Bad Oldesloe war im Sommer letzten Jahres aufgrund einer defekten Waschmaschine ein Leitungswasserschaden aufgetreten. Der Hauseigentümer beauftragte daraufhin das klagende Unternehmen aus dem Kieler Umland mit der Durchführung der Trocknungsarbeiten. Für den Wasserschaden bestand eine Schadensversicherung (verbundene Gebäudeversicherung). Als der Regulierungsbeauftragte der Versicherung vor Ort erschien, um sich den Schaden anzusehen, meinte er, dass die begonnene Art der Raumtrocknung im Hinblick auf den Bodenaufbau (schwimmender Estrich) nicht fachgerecht sei. Ob der Beauftragte den Hauseigentümer auch aufgefordert hat, den Vertrag mit der Trocknungsfirma zu kündigen, war zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls kündigte der Hauseigentümer in der Folgezeit dem Unternehmen und es wurde ein anderes Unternehmen mit den Trocknungsarbeiten beauftragt, das der Regulierungsbeauftragte der Versicherung dem Hauseigentümer genannt hatte.
Das Oberlandesgericht sah kein unlauteres Wettbewerbsverhalten der beklagten Versicherung und wies den Eilantrag des klagenden Unternehmens für Trocknungsarbeiten zurück (einstweiliges Verfügungsverfahren). Das klagende Unternehmen hatte noch in erster Instanz vor dem Landgericht Lübeck Erfolg gehabt.
Zur Begründung führt das Oberlandesgericht u.a. aus: Zwar hatte das beklagte Versicherungsunternehmen tatsächlich nicht das Recht, ihrem Versicherungsnehmer zu verbieten, selbst die Schadensbeseitigung in marktgerechter Weise in Auftrag zu geben. Da der Regulierungsbeauftragte der Versicherung aber von einer nicht fachgerechten Ausführung der Arbeiten ausging, stellte sich im konkreten Fall auch eine Aufforderung zur Kündigung des bisherigen Unternehmens nicht als unlauteres Geschäftsverhalten dar. Dies gilt selbst dann, wenn die Einschätzung des Regulierungsbeauftragten unzutreffend gewesen sein sollte und die bisherigen Arbeiten tatsächlich fachgerecht waren. Allenfalls liegt dann eine unsorgfältige Beurteilung des Regulierungsbeauftragten vor, die aber keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch rechtfertigt.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Pressemitteilung 22/2011