OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.07.2011 – 1 U 242/10
Fußgänger und Radfahrer bei der gemeinsamen Nutzung eines Rad-/Gehweges gemäß § 1 Abs. 2 StVO im besonderen Maße wechselseitig aufeinander Rücksicht zu nehmen. Da Inlineskater nach der für den Unfallzeitpunkt maßgeblichen h. M. als Fußgänger anzusehen sind, ist im Verhältnis zwischen diesen und Radfahrern nach Maßgabe des § 1 StVO ebenso ein wechselseitiges Gebot der Rücksichtnahme gegeben (Rn. 11).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 03. November 2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
1
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht ist auf Grund zutreffender Tatsachenfeststellungen zu der Einschätzung gelangt, dass eine für § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 StVO erforderliche schuldhafte Sorgfaltspflichtsverletzung der Beklagten nicht bewiesen wurde. Einer Parteivernehmung des Klägers von Amts wegen nach § 448 ZPO bedurfte es nicht.
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Im Einzelnen ist folgendes auszuführen:
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Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift bestehen schon dann, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle einer Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vergl. BGH, NJW 2003, 3480, OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.05.2005, Az. I1 U 158/03). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts begründen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (BGH, NJW 2004, 1876). Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (BGH, NJW 2006, 152 mit Hinweis auf BGHZ 159, 254, 258).
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Derartige Zweifel sind in Bezug auf die Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil nicht gegeben. Insbesondere hat das Landgericht mangels entsprechenden Anfangsbeweises von der Durchführung einer Parteivernehmung des Klägers von Amts wegen gemäß § 448 ZPO rechtsfehlerfrei abgesehen.
II.
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Da es sich vorliegend um eine Kollision eines Radfahrers mit einem als Fußgänger zu behandelnden Inline-Skater handelt, kommt als Haftungsgrundlage für die geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche allein §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 1 Abs. 1 StVO, 249 Abs.1, 253 Abs. 2 BGB in Betracht.
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Den erforderlichen Nachweis für eine solche Haftung, nämlich dass die Beklagte das Unfallereignis durch einen schuldhaften Verstoß gegen die ihr im Zusammenhang mit der konkreten Verkehrslage auf den Fuß-und Radweg obliegenden Pflichten zumindest mit verursacht hat, hat der Kläger indes nicht erbracht.
III.
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Zwischen den Parteien unstreitig ereignete sich die Kollision auf einen für Kraftfahrzeuge gesperrten und durch das Straßenverkehrszeichen Nr. 240 zu § 41 Abs.2 Nr. 5 StVO („Gemeinsamer Fuß- und Radweg) für Fußgänger und Fahrradfahrer gleichermaßen freigegebenen Weg, den der Kläger als Radfahrer und die Beklagte als Inline-Skaterin befuhr.
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Bei der Beklagten handelte es sich dabei um eine Fußgängerin, die sich eines besonderen Fortbewegungsmittels im Sinne des § 24 Abs. 1 StVO bediente. Da die gesetzliche Neuregelung des § 24 Abs.1 StVO n.F. hinsichtlich der klarstellenden, verkehrsrechtlichen Beurteilung der Inlineskater als Fußgänger erst mit Wirkung zum 01.09.2009 in Kraft trat, konnte diese unmittelbar für die Beurteilung des Unfallereignisses am 19.08.2008 nicht herangezogen werden. Ausgehend von der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.03.2002 (NJW 2002, 1955) war aber bereits vor dieser Novellierung anerkannt, dass es sich bei Inline-Skates um besondere Fortbewegungsmittel i.S.d. § 24 Abs. 1 StVO a.F. handelte, so dass der Inlineskater grundsätzlich den für Fußgänger geltenden Verkehrsregeln unterworfen war (vgl. auch OLG Koblenz, NJW-RR 2001, 1392; KG Berlin, Urteil vom 05.07.2007, Az.: 12 U 195/05 zitiert nach Juris, Jagow/Burmann/Hess, Straßenverkehrsrecht, § 24 Rdnr. 3). Infolgedessen war die Beklagte als Fußgängerin unter Nutzung von Inlineskates insbesondere auch berechtigt, gemeinsame Fuß- und Radwege, die durch das Zeichen 240 nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 StPO ausgeschildert sind, zu nutzen (vgl. KG Berlin, a.a.O.).
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1. Ein schuldhafter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot durch die Beklagte kam aufgrund der vorgenannten rechtlichen Einordnung im Hinblick auf die Benutzung von Inline-Skates nicht in Betracht. Aus der grundsätzlichen Einordnung der Inlineskater als Fußgänger folgt, dass die Beklagte gerade nicht dem strikten Rechtsfahrgebot unterlag, sondern wie herkömmliche Fußgänger den Rad-/Gehweg grundsätzlich in der gesamten Breite nutzen durfte. Denn Fußgänger können auch auf einem von Radfahrern und Fußgängern zulässigerweise benutzten gemeinsamen Rad-/Gehweg den von ihnen bevorzugten Wegteil frei wählen (KG Berlin VersR 1977, 770; Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage, § 27 Rdnr. 600 ). Dies folgt ausdrücklich für Inline-Skater nunmehr auch aus der ab dem 01.09.2009 geltenden Neuregelung des § 31 Abs. 2 StVO, wonach ein Rechtsfahrgebot lediglich auf Fahrbahnen, Seitenstreifen und Radwegen, bei denen ausnahmsweise durch das Zusatzzeichen die entsprechende Freigabe für Inlineskater vorgegeben wird, gilt. Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus, dass bei einer gemeinsamen Freigabe eines Weges für Fußgänger und Fahrradfahrer der Inlineskater sich gerade nicht an dem entsprechenden rechten Fahrbahnrand bewegen muss. Eine Pflichtverletzung der Beklagten war daher nicht bereits deshalb gegeben, wenn sie – wie vom Kläger behauptet – den Radweg nicht äußerst rechts befahren hätte und ausgeschert wäre.
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2. Der Beklagten ist auch kein nachgewiesener Verstoß gegen das Gebot zur wechselseitigen Rücksichtnahme gemäß § 1 Abs. 2 StVO anzulasten. Danach haben Fußgänger und Radfahrer bei der gemeinsamen Nutzung eines Rad-/Gehweges gemäß § 1 Abs. 2 StVO im besonderen Maße wechselseitig aufeinander Rücksicht zu nehmen (vgl. zuletzt BGH NZV 2009, 177; OLG München, Urteil vom 23.10.2009, Az. 10 U 2809/09, BeckRS 2009, 28836, zitiert nach Beckonline; Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage, § 27 Rdnr. 84). Da Inlineskater nach der für den Unfallzeitpunkt maßgeblichen h. M. als Fußgänger anzusehen sind, ist im Verhältnis zwischen diesen und Radfahrern nach Maßgabe des § 1 StVO ebenso ein wechselseitiges Gebot der Rücksichtnahme gegeben (jeweils für den Fall des Begegnungsverkehres: KG Berlin, Urteil vom 05.07.2007, Az.: 12 U 195/05 zitiert nach Juris.; OLG Hamm, OLGR 2001, 153).
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a. Auch aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme folgt für den Inlineskater jedoch nicht von vornherein bereits eine Verpflichtung, bei der Benutzung der vollen Breite des Fuß- und Radweges ohne weitere Anhaltspunkte auf den rückwärtigen Verkehr besondere Aufmerksamkeit zu richten. Denn ein Fußgänger muss auf einen für Radfahren und Fußgängern gemäß § 41 Abs. 2 Nr. 5c StVO freigegebenen Sonderweg den Radfahrern keinen Vorrang einräumen und ist daher auch nicht ohne weiteres gehalten, nach diesen Umschau zu halten (KG Berlin Vers 1977, 770; Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage, § 27 Rdnr. 600). Im Einzelfall kann sich bei Fußgängern mit Inline-Skates allenfalls aus der Besonderheit des vorgenommenen Fahrmanöver eine derartige Pflicht ergeben (vgl. LG Coburg, Urteil vom 29.07.2002, Az.: 11 O 320/02 zitiert nach Beck Online: Schlangenlinien fahren des Inlineskaters), wofür im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich ist.
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b. Eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf den rückwärtigen Verkehr besteht ansonsten jedoch nur Anlass bezogen bei Kenntnisnahme von einer sich rückwärtig annähernden Gefahrenquelle, wobei dann die wechselseitig bestehenden und sich beeinflussenden Pflichten des Radfahrers, der ein Überholmanöver durchführen will, einerseits und des dies erkennenden Fußgängers und Inlineskaters andererseits, in Relation zu setzen sind.
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Der Radfahrer hat danach auf einem kombinierten Rad- und Fußweg gegenüber Fußgängern – und damit auch Inline-Skatern – für ein gefahrloses Überholen zu sorgen und dabei einen ausreichenden Seitenabstand einzuhalten (vgl. Pardey ZfS 2006, S. 488). Ferner besteht eine aus §§ 1 Abs.1, 16 Abs. 1 Nr.1 StVO resultierende Pflicht des Radfahrers, Warnzeichen abzugeben, wenn ein anderer – insbesondere ein Fußgänger – durch den Überholvorgang möglicherweise gefährdet sein könnte (Senat, NZV 2007, 614; OLG München, VRS 69, 255; Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage, § 27 Rdnr. 600; Pardey ZfS 2006, 488). Der Radfahrer darf dabei erst Überholen, wenn er nach Anzeigen seiner Überholabsicht durch Klingeln oder Zuruf davon ausgehen durfte, dass der Vorausfahrende oder Gehende dies wahrgenommen hat (vgl. Rebler, DAR 2009, 12, 16). Ohne erkennbare Reaktion des anderen Verkehrsteilnehmers auf ein Klingelzeichen ist er indes gehalten, seine Geschwindigkeit zu reduzieren und sich bremsbereit zu verhalten (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 239; OLG München, Urteil vom 23.10.2009, Az. 10 U 2809/09, BeckRS 2009, 28836, zitiert nach Beckonline). Der Fußgänger darf demgegenüber grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich ein von hinten nähernder und zum Überholen ansetzender Radfahrer durch Warnzeichen rechtzeitig entsprechend § 16 Abs. 1 Nr. 1 StVO bemerkbar macht (KG Berlin, VersR 1977, 770; Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage, § 27 Rdnr. 600; vgl. auch Senat, NZV 2007, 614).
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c. Hat er die Warnsignale wahrgenommen, so ist der Fußgänger dann gemäß § 1 Abs. 1 StVO verpflichtet, dem Radfahrer eine Passage freizugeben und eine gefahrfreie Vorfahrt zu ermöglichen (vgl. Senat, NZV 2007, 614; KG Berlin, VersR 1977, 770; Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage, § 27 Rdnr. 600; Pardey, ZfS 2006, 488).
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Eine etwaige Haftung der Beklagten käme daher selbst bei einem unterstellten Ausscheren der Beklagten nach links, um neben oder versetzt zu dem Zeugen T. herzufahren, nur dann in Betracht, wenn der Kläger seinen Überholvorgang rechtzeitig durch ein Warnsignal wie etwa ein Klingeln oder Zuruf angekündigt hätte, da sie dann gemäß § 1 Abs. 1 StVO nach dem Gebot der Rücksichtnahme zur Ermöglichung einer Gefahren freien Vorbeifahrt verpflichtet gewesen wäre. Erst dann hätte für sie die Pflicht bestanden, ihrerseits von einer etwaig angestrebten Benutzung der gesamten Breite des Radweges durch ein Ausscheren nach links Abstand zu nehmen. Einen entsprechenden Nachweis, dass die Beklagte trotz rechtzeitiger und deutlich wahrnehmbarer Klingelzeichen nach links ausscherte als er überholte, hat der Kläger aber nicht zu führen vermocht.
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Bereits unter Berücksichtigung der zunächst durchgeführten informatorischen Anhörung des Klägers ergeben sich erhebliche Bedenken, dass dieser rechtzeitig durch Ausübung des Warnsignals auf seinen Überholvorgang hingewiesen hat. So hat der Kläger selbst angegeben, dass er erst zu einem Zeitpunkt, als er ungefähr auf der Höhe der Inlineskater gewesen sei, durch Benutzung der Klingel seines Fahrrades Zeichen gegeben hat, dass er jetzt überholen werde (vgl. Bl. 82 d.A). Gerade im Hinblick auf die aus der Heftigkeit des Sturzes zu folgernde erhöhte Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers (vgl. hierzu OLG Köln, VersR 2001, 76) erscheint es dann aber bereits zweifelhaft, ob sich die Beklagte selbst bei einem unterstellten Ausscheren nach links auf den Überholvorgang des Klägers noch rechtzeitig einstellen konnte..
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Jedenfalls aber ergibt sich unter Berücksichtigung der informatorischen Anhörungen der Parteien und der Aussage des Zeugen T. im Weiteren kein Nachweis, dass der Kläger überhaupt ein entsprechendes Warnsignal durch ein Klingeln abgegeben hat.
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Zwar hat er selbst bekundet, dass er sich 100 %ig daran erinnern könne, geklingelt zu haben. Dies sei für ihn ein automatische Reaktion wie etwa das Setzen des Blinkers. Gerade bei solchen alltäglichen und zur „Gewohnheit“ gemachten Abläufen kommt es aber regelmäßig vor, dass eine sichere Wahrnehmung oder Erinnerung dazu, ob eine bestimmte Handlung tatsächlich vorgenommen worden ist oder nicht, tatsächlich nicht mehr besteht, sondern vielmehr aus dem äußeren Geschehensablauf – hier dem Überholvorgang – geschlussfolgert wird, dass ein Betätigen der Klingel erfolgt sein muss.
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Demgegenüber hat die Beklagte im Rahmen ihrer Anhörung jedoch angegeben, dass sie vor dem Zusammenprall weder eine Klingel, noch ein Rufen, noch sonstige Bemerkungen gehört habe, die darauf hindeutete, dass jemand überholen wollte. Diese Angaben stehen auch nicht im Widerspruch zu ihrem vorherigen Prozessvortrag. Bereits in der Klageerwiderung vom 16.10.2009 (Bl. 31 d.A.) hat dieser vorgetragen, dass der Kläger weder seine Angaben noch einen Überholvorgang angekündigt hat, und zwar weder durch Klingeln, noch durch Rufzeichen. Dieses Vorbringen ist im Schriftsatz vom 26.11.2009 (Bl. 46 d.A.) wiederholt worden. Lediglich vertiefend ausgeführt, dass generell bestritten werden müsse, dass das betreffende Fahrrad des Klägers zum Unfallzeitpunkt überhaupt über eine Fahrradklingel verfüge.
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Von maßgeblicher Bedeutung ist für den Senat, dass die Angaben der Beklagten im Wesentlichen von dem Zeugen T. bestätigt werden. Dieser hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass es vor dem Überholvorgang des Klägers gerade keine Vorwarnung gegeben hat. Auch er habe weder ein Klingeln oder Rufen, noch sonstige Bemerkungen gehört, die darauf hindeuteten, dass jemand überholen oder vorbei wollte. Der Zeuge hat ferner ausgeführt, dass er ein Fahrradklingeln auch aus einiger Entfernung gehört hätte, wenn dies abgegeben worden wäre. Für die Glaubhaftigkeit dieser Aussage spricht, dass der Zeuge nachvollziehbar und authentisch bekundete, von dem Zusammenstoß so überrascht gewesen zu sein, dass er selbst vor Schreck zur Seite sprang und im Acker landete.
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Unter Berücksichtigung dieser wechselseitigen Aussagen und Bekundungen ist selbst bei unterstellten Ausscheren der Beklagten nach links ein Beweis dahingehend, dass der Kläger rechtzeitig ein Warnsignal vor dem Überholvorgang durch Klingeln abgegeben hat, demzufolge die Beklagte eine Pflicht traf, ihm ein gefahrloses Überholen zu ermöglichen und daher nicht mehr nach links auszuscheren, nicht geführt.
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d. Selbst bei einem zu seinem Gunsten unterstellten Abgabe des Warnsignals, wäre im Übrigen vom Kläger ebenso wenig bewiesen, dass die Beklagte überhaupt tatsächlich auf dem Weg nach links in seinen Fahrweg zog, um neben dem Zeugen T. zu laufen und nicht, wie von ihr vorgetragen, zum Zeitpunkt der Kollision im Schlittschuhschritt versetzt hinter diesem fuhr.
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Die Aussage des Zeugen T. spricht dabei eher für die Version der Beklagten. Dieser hat ausgesagt, dass er und die Beklagte „ein wenig versetzt hintereinander her gefahren seien“, wobei er sie noch aus den Augenwinkeln hinter sich laufen habe sehen können. Aufgrund der Ausfall- (Schlittschuh-) schritte und des unterschiedlichen Laufrhythmus (vgl. Bl. 86 d.A.) komme es nahezu immer dazu, dass man mal versetzt zueinander fahre. Diese Ausführungen sind lebensnah und nachvollziehbar. Sie entsprechen den im täglichen Verkehr bei Inline-Skatern regelmäßig zu beobachtenden Abläufen. Für die Aussage des Zeugen spricht auch, dass er offen einräumt, dass er nicht sicher sagen könne, ob die Beklagte unmittelbar vor dem Unfallgeschehen gerade dazu ansetzte, neben ihm fahren zu wollen. Geplant sei ein Nebeneinanderfahren jedenfalls nicht gewesen, vielmehr wollte man ursprünglich hintereinander laufen. Entgegen der Annahme des Klägers ist hierin gerade kein Widerspruch zu den Bekundungen der Beklagten, dass man hintereinander gefahren sei, zu sehen. Denn die Klägerin hat bereits in der Klageerwiderung vorgetragen, dass sie im für Inline-Skaten typischen Schlittschuhschritt gefahren sei (Bl. 31 d.A.), wodurch sich automatisch aus den Bewegungsabläufen in der Regel ein Versatz ergibt. Der Zeuge T. spricht ferner davon, dass die Beklagte ein „wenig“ versetzt gefahren sei, so dass eine Inanspruchnahme des Weges links neben ihm eher ausgeschlossen ist. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO ist daher das vom Landgericht zu Ungunsten des beweisbelasteten Klägers gewonnene Ergebnis, dass ein entsprechender Nachweis einer Verursachung des Unfalls durch eine Pflichtverletzung nicht geführt wurde, nicht zu beanstanden.
IV.
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Ohne Erfolg rügt der Kläger, das Landgericht habe es in verfahrensfehlerhafter Weise unterlassen, ihn zu dem Unfallhergang als Partei zu vernehmen.
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1. Die Voraussetzungen einer Parteivernehmung nach § 447 ZPO lagen bereits deshalb nicht vor, da sich die Beklagte mit der von dem Kläger beantragten Parteivernehmung nicht einverstanden erklärt hat. Denn in ihrem Schweigen auf den entsprechenden Beweisantrag des Klägers kann nicht bereits ein Einverständnis gesehen werden (vgl. OLG Saarbrücken, OLGR 2004, 329 mit Verweis auf BAG, NZA 1991, 667, 669).
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2. Soweit daher vorliegend allenfalls die Durchführung eine Parteivernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO in Betracht kam, hat das Landgericht diese aus zutreffenden, in seinem Urteil dargelegten Erwägungen abgelehnt.
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Zwar kann die Berufung grundsätzlich darauf gestützt werden, dass die festgestellten und vom Kläger unter Beweis gestellten tatsächlichen Umstände seine Darstellung vom Unfallverlauf in einem für die Anordnung der Parteivernehmung nach § 448 ZPO ausreichenden Maß stützen können und dies vom Ausgangsgericht verkannt wurde (vgl. BGH, VersR 1984, 665). Die Anordnung der Parteivernehmung steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei das Berufungsgericht die Ausübung dieses Ermessens in vollem Umfang überprüfen kann (vgl. BGH, NJW 1983, 234).
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Der Kläger wäre aber nach § 448 ZPO ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast nur dann zu vernehmen gewesen, wenn das Ergebnis der Verhandlung und einer Beweisaufnahme nicht ausreichte, um die Überzeugung der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen. Dies aber war nicht der Fall.
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Der Zweck der Vorschrift des § 448 ZPO besteht darin, dem Gericht dann, wenn nach dem Ergebnis der Verhandlung und der Beweisaufnahme eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung spricht und andere Erkenntnisquellen nicht mehr zur Verfügung stehen, ein Mittel zur Gewinnung letzter Klarheit an die Hand zu geben (vgl. Zöller/Greger ZPO, 28. Auflage, § 448 Rdnr. 2). Erforderlich ist daher, dass seitens der zu vernehmenden Partei bereits ein Anfangsbeweis geführt worden ist (vgl. Senat Urteile vom 02.10.2010 I-1 U 42/10 sowie vom 26.01.2010 I-1 U 97/09), das heißt: Es muss mehr für als gegen die streitige Behauptung sprechen. Nicht ausreichend ist dabei, wenn der Vortrag des beweispflichtigen Klägers ebenso wahr wie unwahr sein könnte.
31
Ein derartiger Anfangsbeweis hat sich nach Auffassung des Senats nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Verhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens in der Berufungsinstanz nicht ergeben.
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Zwar kann, wie der Kläger zutreffend anführt, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit im Sinne eines Anfangsbeweises auch durch eine formlose Parteianhörung erbracht werden (vgl. KG Berlin, Urteil vom 07.01.91, Az: 12 U 74/02, 89 zitiert nach Juris; Zöller/Greger ZPO, 28.Auflage, § 448 Rdnr. 4). Jedoch ergeben sich, wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt wurde, im Hinblick auf die Anhörung der Parteien und die Vernehmung des Zeugen T. keine gewisse Wahrscheinlichkeit i.S. eines Anfangsbeweises. Die Bekundungen des Klägers und der Beklagten im Rahmen ihrer informatorischen Anhörungen stehen sich in wesentlichen Punkten, nämlich ob der Kläger den Überholvorgang durch Klingeln angezeigt hat und ob die Beklagte ihrerseits unvermittelt nach links ausgeschert ist und neben dem Zeugen T. fuhr, unvereinbar gegenüber. Nach dem Ergebnis der Verhandlung und der Beweisaufnahme sprechen, wie bereits ausgeführt, erhebliche Umstände eher für die Behauptungen der Beklagten, dass ein Warnsignal nicht erfolgte und sie nicht nach links ausgeschert ist. Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass im Rahmen einer formellen Parteivernehmung ein anderes Beweisergebnis erzielt worden wäre und die Beweiswürdigung der Aussagen des Klägers zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.
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Soweit die Klägerseite sich in ihrem Berufungsvorbringen ferner darauf beruft, dass sich in Beweisnot befunden habe und bereits deshalb die Parteivernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO durchzuführen gewesen wäre, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Selbst wenn sich eine Partei sich in Beweisnot befindet, entbindet sie dies nicht von der weiteren Voraussetzung für eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO, das für die Richtigkeit des Tatsachenvortrags dieser Partei eine gewisse Wahrscheinlichkeit sprechen muss (vgl. BGH, NJW 1983, 2033 und VersR 1984, 665). Denn auch die Regelung des § 448 ZPO will und darf die beweisbelastete Partei nicht ohne Weiteres vor den Folgen der Beweisfälligkeit befreien; ihr Zweck liegt vielmehr darin, dem Gericht nur dann, wenn nach dem Ergebnis der Verhandlung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung spricht, ein Mittel zur Gewinnung die letzte Klarheit an die Hand zu geben.
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Die Notwendigkeit einer Parteivernehmung lässt sich daher auch bei Vorliegen einer Beweisnot nicht aus dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit ableiten (vgl. OLG Brandenburg, VersR 2003, 344; LG Stade, Schaden-Praxis 2009, 8). Diesem Grundsatz kann statt einer Parteivernehmung bereits dadurch genügt werden, dass die durch ihre prozessuale Stellung bei der Aufklärung benachteiligte Partei nach § 141 ZPO persönlich angehört wird (vgl. BGH, NJW 1999, 363, 365; OLG Koblenz, Urteil vom 19.01.2004, Az. 12 U 1412/02). Soweit es daher auch nach der Rechtsprechung des Senats bei vorliegender Beweisnot einer Partei im Hinblick auf die Stellung eines Zeugen aus dem gegnerischen Lager aus Gründen der Waffengleichheit geboten wäre, die hierdurch benachteiligte Partei anzuhören (vgl. Senat, Urteil vom 26.01.2010, Az. I-1 U 97/09), so ist diesem Umstand durch die ausführliche informatorische Anhörung des Klägers vor dem Landgericht in der öffentlichen Sitzung vom 06.10.2010 Genüge getan worden.
V.
35
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
36
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
37
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
38
Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren: 13.918,98 €.