OLG Frankfurt am Main, 28.04.2014 – 16 U 226/13
Zur Haftung wegen Sturz im Eingangsbereich der Toilettenanlage eines Kreuzfahrtschiffes
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. November 2013 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Az.: 2-24 O 33/13) wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreck-bar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufung wird auf 4.676,20 € festgesetzt.
Gründe
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I.
Die Parteien streiten um Ersatzansprüche der Klägerin aus einem Sturzereignis auf einer bei der Beklagten gebuchten und von dieser veranstalteten Kreuzfahrt mit dem Schiff X … Oktober 2012. Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
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Das Landgericht hat durch Urteil vom 8. November 2013 der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von EUR 4.676,20 nebst Zinsen sowie eines weiteren Betrages in Höhe von EUR 546,69 verurteilt, die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden, die sich aus dem Sturzereignis am Bord der X vom …10.2012 vor Barcelona ergeben können ausgesprochen und im Übrigen die weitergehende Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Landgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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Gegen dieses der Beklagten am 14. November 2013 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 16. Dezember 2013 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist mit einem am 14. Februar 2014 innerhalb der verlängerten Frist eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
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Die Beklagte greift im Schwerpunkt die Tatsachenfeststellung des Landgerichts an und führt aus, aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergebe sich keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten. Die im Toilettenbereich eingesetzten Roste seien für den Nassbereich besonders geeignet, von ihnen gingen keinerlei Gefahren aus. Sie sei auch nicht verpflichtet, den Zustand der Böden ständig zu überwachen, zumal die Besucher der im Außenbereich in der Nähe der Pools gelegenen Toiletten dort jederzeit mit Nässe rechnen und ihr Verhalten entsprechend einrichten müssten. Aus den Angaben des Zeugen A habe das Landgericht keinerlei Rückschlüsse auf den Zustand der Böden bei Sturz der Klägerin ziehen dürfen, da der Zeuge den Sturzort erst etwa eine dreiviertel Stunde nach dem Unfall aufgesucht habe. Im Übrigen treffe die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden, da im Poolbereich auch im Eingangsbereich der Toiletten immer mit Bodennässe zu rechnen sei. Es sei ferner nicht auszuschließen, dass die Schuhsohlen der Klägerin verschmutzt und deshalb rutschig gewesen sein könnten
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Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main die Klage abzuweisen und der Klägerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
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Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig aber unbegründet.
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Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung wie tenoriert verurteilt. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der festgestellten entscheidungserheblichen Tatsachen zu begründen (§ 529 Abs. 1 ZPO). Entscheidend für den hier vorliegenden Rechtsstreit ist allein die Frage, ob der Sturz der Klägerin auf Deck … des Schiffes X im Oktober 2012 durch einen Reisemangel bedingt war, ob also die Beklagte durch ihr zurechenbares Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfen eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und deshalb für die Schäden aus dem Sturzereignis haftet. Zu Unrecht greift die Beklagte mit ihrer Berufung die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Denn dieses hat nachvollziehbar und widerspruchsfrei aus den hier im Rahmen der Beweisaufnahme und des Sachvortrages der Parteien sich ergebenden Indizien den Schluss gezogen, dass das Lochblech im Eingangsbereich der Toilettenanlage rutschig war und die Klägerin deshalb an dieser Stelle ausgerutscht ist. Dabei ist die die Entscheidung tragende Erwägung die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sich ergeben habe, dass diese Stelle tatsächlich nass und glitschig war, als die Klägerin stürzte. Es hat dagegen nicht, wie die Beklagte mit der Berufung rügt, aus der Tatsache des Sturzes den Schluss gezogen, dass es dort rutschig gewesen sein muss. Das Gericht setzt sich ausreichend und nachvollziehbar mit dem hier allein bewertbaren und überschaubaren Rahmengeschehen auseinander und kommt infolge von zwei sich aus der Aussage des Zeugen A ergebenden Indizien zu dem Ergebnis, der Sturz sei ausschließlich von dem Zustand des Bodens der Toilettenanlage verursacht und nicht durch eine Unachtsamkeit der Klägerin. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Denn aus der Aussage des Zeugen ergeben sich ausreichende Anhaltspunkte, dass die Unfallschilderung der Klägerin zutreffend war. Danach soll bei Besichtigung der Sturzstelle durch den Zeugen und einen Mitarbeiter des Schiffes der Boden der Toilette insgesamt zwar abgetrocknet, wohl aber eine Schwelle noch nass und glitschig gewesen sein. Der Zeuge hatte zur Begründung seiner Feststellung angegeben, dass sowohl er als auch der ihn begleitende Sicherheitsoffizier des Schiffs den Zustand der Bleche dadurch geprüft hatten, dass sie mit dem Fuß über die Schwelle „drübergegangen“ seien. Dass dies so gewesen sein kann, leuchtet unmittelbar ein. Hinzu tritt, dass offenbar von Seiten des Personals des Kreuzfahrtschiffes nach dieser gemeinsamen Besichtigung des Sturzortes von Seiten des Schiffspersonals keine Veranlassung gesehen wurde, weitere eigene Feststellungen zu treffen. Dies hätte nach der Lebenserfahrung nahe gelegen, wenn der Sicherheitsoffizier die Einschätzung des Zeugen A zur Unfallursache nicht geteilt hätte. Auch im Bericht des medizinischen Personals wurde dieser Umstand nicht weiter beanstandet oder geprüft. Auch wurde dem Zeugen A offenbar eine Kopie des von ihm ausgefüllten Unfallberichts („Accident Report“) ausgehändigt, ohne dass die dort angegebene Unfallursache „Floor was wet, slippery“ weiter untersucht worden wäre. Der Zeuge A hat ferner im Rahmen der Sachverhaltsschilderung vom Unfallhergang angegeben, dass das T-Shirt seiner Frau schmutzig und nass gewesen war, was den Schluss zulässt, dass sie an einer nassen Stelle gestürzt ist. Zweifel, die die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage stellen, bestehen nicht. Auch die von der Klägerin vorgelegten Fotos legen es nahe, dass die Bewertung des Landgerichts von der Unfallursache zutreffend ist.
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Die Schwelle zum Übergang zum Fliesenboden ist mit einem matt glänzenden leicht schimmernden Metall belegt, dessen Oberfläche erkennbar nicht besonders griffig gestaltet ist und in das durchgängig in mehreren Reihen schmale Öffnungen eingeformt sind. Dabei sind diese nicht so eng angeordnet, dass sofort jede Feuchte abfließen kann. Auch dies macht es nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich, dass hier eine Person ausrutschen kann, wenn die Stelle nass, feucht oder schmutzig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Auswahl des Materials und die gefundene Anordnung dort im Toilettenbereich grundsätzlich gefahrgeneigt ist oder nicht. Denn das Landgericht hat verfahrensfehlerfrei und nachvollziehbar festgestellt, dass jedenfalls die überwiegenden Indizien dafür sprechen, dass es hier tatsächlich am 30. Oktober 2012 gegen 13:45 Uhr nass und glitschig war, als die Klägerin ausrutschte. An diese Feststellungen ist der Senat in der Berufungsinstanz gebunden. Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen bestehen nicht. Insbesondere spricht nicht der vom Zeugen A angegebene Zeitabstand von etwa 45 Minuten zwischen Sturz und Nachbesichtigung der Örtlichkeit. Es handelt sich bei den Angaben zum einen um eine reine Schätzung des Zeugen. Zum anderen liegt dies noch innerhalb des Zeitrahmens, bei dem man nach der Lebenserfahrung davon ausgehen kann, dass sich die äußeren Umstände noch nicht grundlegend verändert haben. Wenn die Beklagte dagegen mit der Berufung geltend macht, die Sohlen der Schuhe der Klägerin seien möglicherweise verschmutzt gewesen, handelt es sich hierbei um neuen Vortrag, der nach § 531 ZPO nicht zu berücksichtigen war. Der Vortrag ist im Übrigen auch zu unsubstantiiert, um daraus Mitverursachungsanteile der Klägerin ableiten zu können. Auch ansonsten liegen keine Anhaltpunkte für eine Mitverursachung des Schadens durch die Klägerin vor. Sie trug unstreitig ausreichend rutschsicheres Schuhwerk. Das Landgericht hat auch den Umfang der Verkehrssicherungspflichten nicht überspannt, wie die Beklagte meint. Es geht hier schlicht darum, dass die von Reisenden regelmäßig aufgesuchten öffentlichen Toilettenanlagen in der Zeit, als die Klägerin offenbar gestürzt ist, auf dem Lochblech im Eingangsbereich nass und verschmutzt war. Für die Reinigung der Böden tragen die Mitarbeiter der Schiffsbesatzung die Verantwortung. Ob und in welchem Umfang diese Reinigungen hier an Bord der X auf Deck … zu dieser Zeit durchgeführt worden sind, fehlt jeder Vortrag. Unerheblich dagegen ist, wie dies an anderen Orten typischerweise mit der Bodenreinigung organisiert sein mag.
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Da das Rechtsmittel der Beklagten erfolglos war, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO§ 26 Nr. 2 EGZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.
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Der Streitwert war gemäß § 3 entsprechend der bezifferten Verurteilung im Verfahren erster Instanz mit 4.676,20 € festzusetzen. Für die Feststellung war keine Erhöhung auszusprechen, da derzeit keine Anhaltspunkte für den Wert des etwa bestehenden Feststellungsinteresses ersichtlich sind.