OLG Koblenz, Beschluss vom 16. August 2017 – 5 U 603/17
1. In Rheinland-Pfalz ist die rettungsdienstliche Tätigkeit, die den Notfall- und Krankentransport umfasst, nach dem Rettungsdienstgesetz des Landes Rheinland-Pfalz als öffentliche Aufgabe organisiert.
2. Es gehört zu den Kardinalpflichten eines Rettungssanitäters, ärztliche Anordnungen zu befolgen. Im Zweifel muss Rücksprache mit dem die Anordnung aussprechenden Behandlungsträger gehalten werden.
3. Die zum Arzthaftungsrecht entwickelte Beweislastregel zum großen Behandlungsfehler findet auch für die Haftung wegen Sorgfaltsverstößen eines Rettungssanitäters Anwendung.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die als einheitliches Rechtsmittel des Beklagten anzusehenden Berufungen des Beklagten und seiner Streithelferin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 28. April 2017 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Beklagte und sein Streithelfer erhalten Gelegenheit, zu den Hinweisen des Senats bis zum 13. September 2017 Stellung zu nehmen. Die Rücknahme der Berufung wird empfohlen.
3. Die Berufungserwiderungsfrist der Klägerin wird bis zum 29.09.2017 verlängert.
Gründe
I.
1
Die Klägerin verfolgt materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche mit dem Vorwurf der pflichtwidrigen Durchführung eines Krankentransports.
2
Die Klägerin erlitt im Februar 2015 einen Kniescheibenbruch, der bei der Streithelferin der Klägerin im Verlauf eines bis 20. Februar 2015 andauernden stationären Aufenthalts operativ versorgt wurde. Bis zur Entlassung erfolgte eine Mobilisierung unter Einsatz von Unterarmgehstützen unter Teilbelastung des operierten Beines. Am 20. Februar 2015 kam es zur Entlassung der Klägerin. Für den Krankentransport der Klägerin in ihre Wohnung ordneten die behandelnden Ärzte einen Liegendtransport an. Der Transport wurde durch die Streithelferin des Beklagten durchgeführt, wobei die Klägerin nicht liegend, sondern sitzend gelagert wurde. Da ein Liegendtransport im Treppenhaus nicht möglich war, verbrachten die Rettungssanitäter die Klägerin in einem mitgebrachten Rollstuhl sitzend mit gestrecktem Bein in ihre Wohnung.
3
Im Anschluss traten bei der Klägerin starke Schmerzen auf und sie stellte sich erneut im Klinikum ihrer Streithelferin vor. Dort wurde eine sekundäre Dislokation des Bruchs festgestellt und es kam zu einer erneuten operativen Versorgung am 25. Februar 2015, wobei eine winkelstabile Osteosynthese-Platte eingebracht wurde.
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Die Klägerin hat erstinstanzlich zur Begründung ihres auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in einer Mindesthöhe von 25.000,- € und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.524,15 € gerichteten Begehrens vorgetragen, der Transport durch die Rettungssanitäter …[A] und …[B] sei unsachgemäß erfolgt und habe die Dislokation der Knochenfragmente verursacht. Hierdurch sei es zu einer totalen Immobilisation für sechs Wochen mit langer Heparinversorgung und damit zu einer erheblichen Verzögerung des Heilungsverlaufs gekommen. Zudem bestehe die erhöhte Gefahr von Arthrosen. Wegen des Implantats könne sie nicht auf dem Boden knien und es drohe eine weitere Operation zur Entfernung des Implantats. Der Beklagte hat eingewandt, er sei nicht passivlegitimiert, da kein Fall des Rettungsdienstes, sondern ein Krankentransport vorliege. Dieser sei nicht hoheitlich organisiert. Zudem sei ein Mitverschulden der Streithelferin der Klägerin zu berücksichtigen, da diese nicht an der Übergabe der Klägerin an den Rettungsdienst mitgewirkt habe. Ebenso liege ein Mitverschulden der Klägerin selbst vor, da sie die Rettungssanitäter nicht über ihre Teilmobilisierung informiert habe. Letztlich sei der Transport nicht fehlerhaft erfolgt.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 28. April 2017 (Bl. 280 f. GA) verwiesen.
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Das sachverständig beratene Landgericht hat der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- € nebst anteiliger Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.086,23 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Beklagte hafte nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG, da der Rettungsdienst eine öffentliche Aufgabe sei und der Krankentransport auch im Anschluss an eine stationäre Versorgung dem Begriff des Rettungsdienstes unterfalle. Der Transport durch die Streithelferin des Beklagten sei medizinisch nicht fachgerecht ausgeführt worden. Der von der Streithelferin der Klägerin ärztlich angeordnete Liegendtransport sei aus medizinischer Sicht die richtige Transportvariante gewesen. Unabhängig von der Frage, ob die medizinische Einordnung der verschiedenen Transportvarianten von Rettungssanitätern verlangt werden könne, sei von diesen jedenfalls das Befolgen ärztlicher Anweisungen zu erwarten. Die Missachtung einer ärztlichen Anordnung durch einen Rettungssanitäter sei unverständlich. Könne eine ärztliche Anweisung aus tatsächlichen Gründen – wie vorliegend im Treppenhaus am Wohnort der Klägerin – nicht befolgt werden, müsse bei fehlenden ausreichend medizinischen Kenntnissen Rücksprache genommen werden. Durch die daher fehlerhafte Art und Weise des Krankentransportes sei es zu der sekundären Dislokation der Kniescheibenfragmente gekommen. Dies könne tatsächlich festgestellt werden, sei allerdings auch aufgrund eines Eingreifens der Beweislastumkehr bei einem groben Behandlungsfehler anzunehmen. Diese Beweislastregel greife vorliegend ein, da ein medizinisches Handeln vorgelegen habe. Für ein Mitverschulden der Klägerin bestünden keine Anhaltspunkte. Von der Klägerin als medizinischer Laie könne nicht erwartet werden, dass sie den Rettungssanitätern erkläre, was das Beste für sie sei. Aufgrund der eingetretenen Schadensfolgen sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- € angemessen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Bl. 284 ff. GA) Bezug genommen.
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Hiergegen richten sich die auf die vollständige Abweisung der Klage gerichteten Berufungen des Beklagten sowie seines Streithelfers. Der Beklagte führt an, der bloße Krankentransport sei nach der Systematik des rheinland-pfälzischen Rettungsdienstgesetzes (RettDG) nicht als öffentliche Aufgabe organisiert. Zumindest die konkret verletzte Pflicht falle in den Verantwortungsbereich des Krankentransportunternehmers. Schließlich sei der Klägerin anzulasten, dass sie nicht auf ihre Mobilisierung hingewiesen habe. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung des Beklagten vom 3. August 2017 (Bl. 355 ff. GA) verwiesen. Die Streithelferin des Beklagten führt an, das Landgericht habe fehlerhaft nicht die Eigenverantwortlichkeit der Klägerin und die Mitwirkungspflichten der Streithelferin der Klägerin berücksichtigt. Die Klägerin sei teilmobilisiert entlassen worden. Sie habe gleichwohl unterlassen, die Einsatzkräfte der Streithelferin des Beklagten auf das von ihr geübte Treppensteigen hinzuweisen. Es sei ihr auch anzulasten, dass ihre Streithelferin – das Klinikum – sie umfassend über die Gefahren nach der erfolgten Knieoperation habe unterrichten müssen. Zudem hätte die Streithelferin der Klägerin das Personal der Streithelferin des Beklagten bei Übergabe der Klägerin auf Besonderheiten beim Transport hinweisen müssen. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 4. Juli 2017 (Bl. 339 ff. GA) Bezug genommen.
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Der Beklagte und seine Streithelferin beantragen,
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das Urteil des Landgerichts vom 28. April 2017 abzuändern und die Klage abzuweisen.
II.
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Der Senat ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Von ihr sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.
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Die Verurteilung des Beklagten durch das Landgericht, die alleiniger Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, begegnet keinen Bedenken. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die sorgfältig und völlig zutreffend begründete Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der Berufung überzeugen den Senat nicht. Hierzu Folgendes:
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1. Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten als richtigen Anspruchsgegner angesehen, da dieser nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG einstandspflichtig ist.
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Es ergibt sich ohne weiteres aus dem Rettungsdienstgesetz des Landes Rheinland-Pfalz (RettDG), dass der Rettungsdienst als öffentliche Aufgabe anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 S. 1 RettDG). Nach § 3 Abs. 1 RettDG sind u.a. die Landkreise Träger des Rettungsdienstes. Aus § 2 Abs. 1 RettDG ergibt sich ferner, dass zum Rettungsdienst nicht nur der Notfall-, sondern auch der Krankentransport gehört. In § 2 Abs. 1 Satz 1 RettDG wird der Rettungsdienst als öffentliche Aufgabe deklariert. Satz 2 der Regelung nimmt eine inhaltliche Bestimmung des Begriffs des Rettungsdienstes vor, indem diesem die Leistungen des Notfall- und Krankentransportes zugeordnet werden. Diese begriffliche Ausgestaltung geht klar aus dem Gesetzestext hervor, der bei der Erwähnung des Notfall- und Krankentransports auf den Rettungsdienst Bezug nimmt („Er hat … Leistungen des Notfall- und Krankentransportes … sicherzustellen.“). Insofern kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin einer dringlichen Behandlung zugeführt werden musste. Aus § 2 Abs. 2 RettDG folgt vielmehr, dass sich der Krankentransport darauf bezieht, Kranken, Verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die keine Notfallpatienten sind, fachgerechte Hilfe zu leisten und sie unter Betreuung zu befördern. Exakt dies ist vorliegend geschehen. Auch ist nicht entscheidend, welcher konkrete Sorgfaltsverstoß sich als schadensursächlich erweisen hat. Eine Differenzierung der der Aufgabenzuweisung als öffentlich bzw. privatrechtlich nach den verschiedenen Tätigkeiten ist im RettDG nicht angelegt. Insofern kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Klägerin keine Ansprüche wegen der Verletzung der Pflicht zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Notfall- und Krankentransports, sondern aus einer Pflichtverletzung anlässlich eines konkreten Krankentransports herleite.
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2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Sorgfaltsverstoß der Rettungssanitäter der Streithelferin des Beklagten angenommen. Das Landgericht hat unter nicht zu beanstandender und in vollem Umfang vom Senat geteilter Würdigung des eingeholten Sachverständigengutachtens darauf abgestellt, dass die Rettungssanitäter die ärztliche Anordnung eines Liegendtransports sowohl während des Transports im Krankenwagen als auch im Treppenhaus am Wohnort der Klägerin missachtet haben. Es erschließt sich ohne weiteres, dass Rettungssanitäter ärztliche Anordnungen zu befolgen haben. In Zweifelsfällen müssen sie Rücksprache mit dem die Anordnung aussprechenden Behandlungsträger nehmen. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug.
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3. Von dem Kausalzusammenhang zur eingetretenen sekundären Dislokation ist auszugehen. Es begegnet bereits keinen Bedenken, dass das Landgericht auf der Grundlage des Anhörungsergebnisses der Klägerin sowie der hierzu vorgenommenen Bewertung des medizinischen Sachverständigen die tatsächliche Überzeugung im Sinne des § 286 Abs. 1 ZPO von dem Ursachenzusammenhang gewonnen hat. Auch insoweit schließt sich der Senat der Würdigung des Landgerichts an. Darüber hinaus greift aber – wie das Landgericht ergänzend angeführt hat – eine Beweislastumkehr entsprechend den zum Arzthaftungsrecht entwickelten Grundsätzen zum groben Behandlungsfehler. Die Annahme eines groben „Behandlungsfehlers“ durch die Rettungssanitäter der Streithelferin des Beklagten durch das Landgericht wird vom Senat geteilt. Die Missachtung einer ärztlichen Anordnung durch einen Rettungssanitäter, der einen keineswegs eilbedürftigen oder von einem Notfallcharakter getragenen Krankentransport ausführt, ist nicht nachvollziehbar. Es gehört zu den Kardinalpflichten eines Rettungssanitäters, ärztliche Anordnungen zu befolgen. Zwar wird die Anwendung der Beweislastregel des groben Behandlungsfehlers für das Fehlverhalten eines Rettungssanitäters durchaus differenzierend betrachtet (vgl. zuletzt KG, BeckRS 2016, 10425). Indes hat der Bundesgerichtshof hierzu in einer aktuellen Entscheidung klarstellend Stellung bezogen. Danach kann die Ungewissheit, ob der Schaden abwendbar war, nach Treu und Glauben nicht dem Geschädigten aufgebürdet werden, wenn eine besondere Berufs- oder Organisationspflicht, die dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dient, grob vernachlässigt wird. Daher muss der seine Pflichten grob Vernachlässigende die Nichtursächlichkeit festgestellter Fehler beweisen, die allgemein als geeignet anzusehen sind, einen Schaden nach Art des eingetretenen herbeizuführen (BGH, NJW 2017, 2108 zum Hausnotrufvertrag). Diese Vorgabe des Bundesgerichtshofs gebietet die Anwendung der Beweislastregel zum groben Behandlungsfehler auch für die Haftung wegen Sorgfaltsverstößen eines Rettungssanitäters.
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4. Auf der Grundlage der danach gegebenen Einstandspflicht des Beklagten ist das Landgericht überzeugend zu der Verurteilung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000,- € nebst anteiliger Rechtsverfolgungskosten gelangt. Der Senat hat aufgrund der Berufung des Beklagten lediglich zu prüfen, ob das vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld angemessen ist. Hieran besteht kein Zweifel. Der Senat nimmt insoweit in vollem Umfang auf die Schmerzensgeldzumessung des Landgerichts Bezug. In dieser werden die zu Lasten der Klägerin eingetretenen Schadensfolgen umfassend und sachgerecht gewürdigt. Ein niedrigeres Schmerzensgeld erscheint aufgrund der vom Landgericht verfahrensrechtlich zutreffend festgestellten Erschwernisse für die Klägerin nicht vertretbar. Insbesondere kommt eine Absenkung des Schmerzensgeldes nicht aufgrund eines Mitverschuldens der Klägerin bzw. ihrer Streithelferin, das lediglich als Bemessungsfaktor in die Schmerzensgeldzumessung einfließen würde, in Betracht. Ein Mitverschulden der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB ist nicht feststellbar. Allein der Gesichtspunkt, dass diese bereits im Krankenhaus der Streithelferin der Klägerin teilmobilisiert wurde und sie während der Transportmaßnahme nicht auf die bereits erlernten Bewegungsabläufe verwiesen hat, vermag keinen Mitverschuldensvorwurf zu tragen. Die Klägerin befand sich gegenüber den Rettungssanitätern in einem Wissensgefälle bezüglich der Vornahme eines Krankentransports. Sie konnte auf die einschlägige Ausbildung und damit auf die Einhaltung der für einen Rettungssanitäter anzulegenden fachlichen Regeln vertrauen. Insoweit durfte sie sich auf die Einschätzung der Rettungssanitäter zur Vornahme des Transports verlassen. Es oblag ihr nicht, von selbst auf die Art und Weise der Durchführung des Krankentransports einzuwirken. Auch ein Mitverschulden der Streithelferin der Klägerin vermag keine Kürzung des zugesprochenen Schmerzensgeldes zu rechtfertigen. Zwar bezieht sich § 254 Abs. 2 S. 2 BGB auch auf § 254 Abs. 1 BGB (vgl. nur BGH, NJW 2009, 582). Allerdings ist bereits höchst zweifelhaft, ob die Streithelferin der Klägerin als deren Erfüllungsgehilfin anzusehen ist. Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 254 Abs. 2 S. 2 BGB ist eine Person, die die Pflichten erfüllt, die normalerweise vom Geschädigten selbst zu erfüllen sind (BGH, NJW-RR 2005, 1426, 1429). Vorliegend sind jedoch die Verantwortungsbereiche der Beteiligten auseinander zu halten. Die Streithelferin der Klägerin hat ihre Anordnung im eigenen Einstandskreis vorgenommen. Letztlich kann dies aber dahinstehen, da ein die Schmerzensgeldzumessung beeinflussendes Mitverschulden der Streithelferin der Klägerin nicht festgestellt werden kann. Diese ist mit ihrer Anordnung einen Liegendtransport vorzunehmen, ihren Pflichten in vollem Umfang nachgekommen. Die diese Feststellung tragenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen leuchten dem Senat unmittelbar ein. Es oblag daher allein den Rettungssanitätern, im Falle der fehlenden Möglichkeit einer Erfüllung der getroffenen ärztlichen Anordnung erneute Rücksprache zu halten. Dass dies im Wohnhaus der Klägerin versucht worden wäre, führt die Berufung nicht an. Die Frage, in welchem Umfang die Klägerin über die ihr möglichen Bewegungsabläufe im Alltag zu informieren war, stellt sich nicht: Es oblag den Rettungssanitätern, die ärztliche Anordnung auszuführen.
III.
17
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bietet die Berufung offensichtlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des neu gefassten § 522 Abs. 2 ZPO ist eine mündliche Verhandlung aus den eingangs genannten Gründen nicht geboten. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO liegen vor.
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Dem Beklagten wird empfohlen, die Berufung kostensparend zurückzunehmen. Dabei wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass seine Rücknahme vorbehaltlich einer Beschränkung auch die von der Streithelferin eingelegte Berufung umfasst, da nur ein Rechtsmittel vorliegt (vgl. nur BGH, NJW-RR 2012, 1042).
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Die übliche Frist zur Stellungnahme beträgt nach §§ 522, 277 Abs. 3 ZPO zwei Wochen (vgl. hierzu auch Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 522 Rn. 34; Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 22. Aufl. 2013, § 522 Rn. 61; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl. 2016, § 522 Rn. 27, der sogar ausspricht, dass die Frist nicht überschritten werden sollte; Fellner, MDR 2017, 435). Der Senat hat die Frist von vorneherein großzügiger bemessen. Das soll der Partei eine hinreichende Überlegungsfrist gewährleisten und Fristverlängerungsgesuche überflüssig machen. Fristverlängerungen sind deshalb auf absolute Ausnahmefälle beschränkt, weil sie in der ersten Fristsetzung bereits berücksichtigt sind (vgl. hierzu OLG Rostock, Beschl. v. 27. Mai 2003 – 6 U 43/03, OLGR 2004, 127; vgl. zur Begründung des Verlängerungsgesuches auch BVerwG, NJW 2008, 3303). Nicht prüffähige, pauschale Behauptungen genügen nicht (OLG München, MDR 2017, 483; OLG Köln, MDR 2014, 299). Es sind deshalb für ein Fristverlängerungsgesuch erhebliche Gründe in prüffähiger Form glaubhaft zu machen, die eine notwendige Fristverlängerung begründen. Dazu gehört die Darlegung, welche Schritte unverzüglich eingeleitet wurden, um eine fristgerechte Stellungnahme sicherzustellen.
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Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 10.000,- € festzusetzen.