BGH, Urteil vom 31. Januar 1980 – III ZR 152/78
Zur Haftung der Deutschen Bundespost für im Ausland abhandengekommene Einschreibsendungen
Eine Beschlagnahme „auf Grund der Rechtsvorschriften des Bestimmungslandes“ (WPostVtr Art 41 § 2 Nr 2) setzt eine Maßnahme staatlicher Stellen des Bestimmungslandes voraus, nicht aber, daß diese Maßnahme nach den im Bestimmungsland geltenden Vorschriften rechtmäßig ist (Vergleiche BGH, 1980-01-31, III ZR 163/77).
(Leitsatz des Gerichts)
Tatbestand
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Der Kläger, Vorsitzender des A.-Komitees gab am 16. Juli 1973 in N. 327 an jüdische Einwohner der Sowjetunion gerichtete Einschreibsendungen auf, die jeweils den Text der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der UNO in russischer Sprache oder der „Internationalen Konvention über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung“ in englischer Sprache enthielten. Die Versendung war Teil einer Aktion, bei der weit mehr als 10.000 Einschreibbriefe an einen begrenzten Kreis jüdischer Empfänger in der Sowjetunion bei verschiedenen Postämtern in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin eingeliefert wurden. Die 327 Einschreiben wurden den Empfängern nicht zugestellt und gelangten auch nicht an den Kläger zurück, ebenso der weitaus größte Teil der übrigen im Rahmen der Aktion aufgegebenen Sendungen.
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Der Kläger verlangt von der beklagten Bundespost gemäß Art 40 § 2 des Weltpostvertrags Tokio von 1969 je Sendung einen Ersatzbetrag von 40 Franken (=42,08 DM), zusammen 13.760,16DM. Die Beklagte verweigert die Zahlung mit der Begründung, die Briefe seien in der Sowjetunion nach den dortigen Rechtsvorschriften beschlagnahmt worden.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Forderung weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist nicht begründet.
I.
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1. Für die Klageforderung als einen Haftungsanspruch auf dem Gebiet des Postwesens ist nach § 26 Abs 2 des Postgesetzes vom 28. Juli 1969 (BGBl I 1006) – PostG – der ordentliche Rechtsweg gegeben. Diese Rechtswegzuweisung gilt auch, wenn sich der Haftungsanspruch nach internationalen Vorschriften beurteilt (§ 27 PostG).
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2. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, daß sich die Haftung der Beklagten für die streitigen Sendungen nach den Bestimmungen des Weltpostvertrages von Tokio vom 14. November 1969 (BGBl II 1971, 245, 283) – WPV-Tokio – richtet, der für die Bundesrepublik Deutschland am 1. Juli 1971 in Kraft getreten ist (Bekanntmachung vom 1. Dezember 1971, BGBl II 1314). Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.
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a) Allerdings ist die Sowjetunion diesem Vertrag nicht förmlich beigetreten. Die Satzung des Weltpostvereins vom 10. Juli 1964 (BGBl II 1965, 1633), die die Grundlage für die späteren Weltpostverträge bildete (Art 22 § 3, vgl auch die Präambel zum WPV-Tokio), ist vielmehr für die Sowjetunion erst am 18. Januar 1978, für die Ukraine am 10. Februar 1978 und für Weißrußland am 3. Februar 1978 in Kraft getreten (Bekanntmachung über den Geltungsbereich der Verträge des Weltpostvereins vom 2. Juni 1978, BGBl II 883), zugleich mit dem Weltpostvertrag von Lausanne vom 5. Juli 1974 (BGBl II 1975, 1548), der den WPV-Tokio abgelöst hat.
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b) Gleichwohl wurde der Postverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion auch schon vor deren förmlichem Beitritt tatsächlich nach den Grundsätzen des jeweiligen Weltpostvertrages abgewickelt, während des hier maßgeblichen Zeitraums (1973) also nach denjenigen des WPV-Tokio. Dies zeigt auch die Behandlung der hier in Rede stehenden Briefaktion. Die Beklagte hat sich nicht nur im vorliegenden Rechtsstreit, sondern – wie dem Senat aus anderen Sachen bekannt ist – auch in zahlreichen Parallelprozessen auf einen Haftungsausschluß nach den Bestimmungen des WPV-Tokio berufen und vorgetragen, auch die Sowjetunion lehne unter Bezugnahme auf die Sachnormen dieses Abkommens eine Haftung ab. Daraus ist zu entnehmen, daß im Verhältnis zwischen der Beklagten und der sowjetischen Postverwaltung die Bestimmungen des WPV-Tokio als verbindlich betrachtet wurden. Eine solche „stillschweigende Ratifikation“ oder „stillschweigende Anerkennung“ des jeweiligen Weltpostvertrages durch faktische Handhabung („ratification tacite“ oder „approbation tacite“, vgl dazu: „Les Actes de l Union postale universelle, revises a Lausanne 1974 et annotes par le Bureau international“ (sog Code annote), herausgegeben vom Internationalen Büro des Weltpostvereins, 1er Fascicule, Fn 4 zu Art 25 und Fn 3 zu Art 31 der Satzung des Weltpostvereins; sowie Kämmerer, Die Rechtsgrundlagen des Weltpostverkehrs, Jahrbuch des Postwesens 1959, S 1ff) entfaltet über das Innenverhältnis der beteiligten Verwaltungen hinaus eine „Außenwirkung“ zugunsten der jeweiligen Postbenutzer. Diese können sich daher auch in Haftungsfällen, die den Postverkehr mit der Sowjetunion betreffen, auf den Weltpostvertrag berufen. Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, daß der Anspruch des Klägers nach diesen Bestimmungen zu beurteilen ist.
II.
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1. Nach Art 40 WPV-Tokio haften die Postverwaltungen für den Verlust von Einschreibsendungen auf einen Ersatzbetrag von 40 Franken je Sendung. Zur Zahlung des Ersatzbetrages ist nach Art 44 § 1 die Einlieferungsverwaltung verpflichtet, dh diejenige Postverwaltung, bei der die verlorengegangene Sendung aufgegeben worden ist; sie kann unter den in Art 43 im einzelnen aufgeführten Voraussetzungen bei der Verwaltung, in deren Bereich der Verlust eingetreten ist, Rückgriff nehmen. Der Kläger hat daher seinen Ersatzanspruch mit Recht gegen die Beklagte gerichtet.
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2. Die Postverwaltungen haften jedoch nicht für Einschreibsendungen, die auf Grund der Rechtsvorschriften des Bestimmungslandes beschlagnahmt worden sind (Art 41 § 2 Nr 2 WPV-Tokio). Von den verschiedenen in Art 41 WPV-Tokio genannten Haftungsausschlüssen kommt nur dieser hier in Betracht.
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a) Der Haftungsausschluß bei Beschlagnahme beruht auf der Erwägung, daß diese hoheitliche Maßnahme, durch die die Sendung in amtliche Verwahrung genommen oder sonst sichergestellt, jedenfalls aber dem Postverkehr entzogen wird, sich gegen den Absender oder den Empfänger, nicht aber gegen die Post richtet. Daher kann der Absender sich bei derartigen postfremden Eingriffen nicht darauf berufen; daß die Post die ihr obliegende Leistung nicht erbracht habe. Aus diesem Grund war im älteren Schrifttum und in der Rechtsprechung zum innerdeutschen Postrecht anerkannt, daß eine Beschlagnahme keinen „Verlust“ im Sinne des Postrechts darstellte (vgl Krohn, Die Gewährleistung nach den Weltpostverträgen Diss (Erlangen) 1934 S 30 Fn 142; Niggl, Postrecht 2. Aufl 1931 S 342; für Beschlagnahmen durch Dienststellen der DDR im Durchgangsverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin s auch BGHZ 14, 274, 277, 278; vgl auch Altmannsperger, Gesetz über das Postwesen, Loseblattkommentar Stand 1976, § 13 Rdn 18 bis 20, § 14 Rdn 32 bis 39; Ohnheiser, Postrecht, 2. Aufl 1977 § 13 PostG Rdn 3). Die Frage, ob in solchen Fällen ein „Verlust“ der Sendung überhaupt vorliegt, hat jedoch im Geltungsbereich der Weltpostverträge ihre Bedeutung dadurch verloren, daß diese Verträge nunmehr die Beschlagnahme als Tatbestand eines Haftungsausschlusses ausdrücklich aufführen (vgl auch Art 45 § 2 Nr 2 des derzeit geltenden WPV-Lausanne, der mit Art 41 § 2 Nr 2 WPV-Tokio inhaltsgleich ist).
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b) Das Berufungsgericht hat als erwiesen angesehen, daß die Postsendungen des Klägers durch hoheitliche Maßnahmen sowjetischer Behörden beschlagnahmt worden sind, nachdem sie ordnungsgemäß in den Gewahrsam der sowjetischen Postverwaltung gelangt waren. Es hat weiter ausgeführt, diese Beschlagnahme schließe nach Art 41 § 2 Nr 2 WPV-Tokio die Haftung der Beklagten aus. Unerheblich sei, daß die sowjetische Postverwaltung die dem hoheitlichen Eingriff in den Postverkehr zugrunde liegenden Rechtsvorschriften nicht mitgeteilt und auch die Beklagte hierzu eine Darlegung unterlassen habe. Ob der im fremden Hoheitsgebiet vorgenommene Eingriff in den Postverkehr nach innerstaatlichem Recht des Empfängerlandes rechtmäßig gewesen sei, könnten weder die Einlieferungsverwaltung noch die Gerichte des Einlieferungslandes nachprüfen.
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Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
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c) Die Feststellung, daß die Sendungen ordnungsgemäß in den Gewahrsam der sowjetischen Postverwaltung gelangt sind, ist frei von Rechtsfehlern; sie wird von der Revision auch nicht angegriffen. Diese wendet sich auch nicht gegen die weitere Feststellung, daß die Sendung durch hoheitliche Maßnahmen sowjetischer Dienststellen angehalten worden sind. Sie macht jedoch geltend, bei diesen Eingriffen habe es sich nicht um eine „Beschlagnahme auf Grund der Rechtsvorschriften“ der Sowjetunion gehandelt. Dem Berufungsgericht ist indes auch in diesem Punkt beizutreten.
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aa) Art 144 der Vollzugsordnung zum WPV-Tokio vom 14. November 1969 (BGBl II 1971, 490) sieht ein Verfahren für Nachfragen nach Einschreibsendungen vor. Danach müssen für solche Nachfragen und für Auskünfte über den Verbleib der Sendungen Formblätter nach dem Muster C 9 der Anlage zur Vollzugsordnung benutzt werden. Diese Bestimmungen betreffen indes das Innenverhältnis der beteiligten Postverwaltungen (vgl auch Art 22 § 5 der Satzung des Weltpostvereins vom 10. Juli 1964, BGBl II 1965, 1633, 1640); sie entfalten keine Außenwirkung dahingehend, daß im Verhältnis zum Postbenutzer der Nachweis eines der in Art 41 genannten Haftungsausschluß-Tatbestände nur in dieser Form geführt werden kann. Der Umstand, daß die Beklagte diese Formblätter im anhängigen Rechtsstreit nicht als Beweismittel vorgelegt hat, hinderte das Berufungsgericht daher nicht, sich vom Vorliegen einer Beschlagnahme zu überzeugen.
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bb) Das Berufungsgericht hat seine Feststellung auf die Erklärungen der sowjetischen Postverwaltung gegenüber der Beklagten vom 30. Juli 1973, 20. Oktober 1975 und 26. August 1976 gestützt. Zwar handelt es sich bei diesen Unterlagen, wie die Revision zutreffend hervorhebt, nicht um vom Gericht eingeholte amtliche Auskünfte im Sinne der Grundsätze der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. November 1963 (V ZR 6/62 = LM ZPO § 402 Nr 16). Das schließt jedoch ihre urkundenbeweisliche Verwertung und freie Würdigung nicht aus, zumal ihre Echtheit unstreitig ist. In diesen Erklärungen hat sich die sowjetische Postverwaltung auf den Standpunkt gestellt, die Briefaktion des – in der Mitteilung vom 30. Juli 1973 namentlich genannten – Klägers stelle eine gegen die Sowjetunion gerichtete Provokation dar und sei mit den inneren Rechtsvorschriften der Sowjetunion unvereinbar. Die Sendungen würden daher den Empfängern nicht zugestellt, sondern nach Art 41 § 2 Nr 2 WPV-Tokio und Art 45 § 2 Nr 2 WPV-Lausanne behandelt. Die Postverwaltung der Sowjetunion übernehme für die in Rede stehenden Einschreibsendungen keine Haftung und werde dafür keine Ersatzbeträge zahlen. Diesen Erklärungen hat das Berufungsgericht rechtsirrtumsfrei entnommen, daß die Sendungen in der Sowjetunion Maßnahmen der dortigen staatlichen Zensur unterlegen haben.
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Ob diese Maßnahmen nach den in der Sowjetunion geltenden Vorschriften rechtmäßig waren, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Vielmehr ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß den deutschen Gerichten als den Gerichten des Einlieferungslandes eine solche Prüfung verwehrt ist. Erst recht dürfen die Maßnahmen nicht an den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden rechtsstaatlichen Normen gemessen werden. Es entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Haftungsbestimmungen des WPV-Tokio, Handlungen eines Mitgliedsstaates einer Rechtskontrolle durch die Postverwaltung und die Gerichte eines anderen Mitgliedsstaates zu unterwerfen. Der Hinweis in Art 41 § 2 Nr 2 WPV-Tokio auf die „Rechtsvorschriften des Bestimmungslandes“ bedeutet daher nicht mehr, als daß eine Beschlagnahme durch staatliche Stellen des Bestimmungslandes die Haftung der Postverwaltungen für den Verlust der Sendung ausschließt. Daher ist es – entgegen der Auffassung der Revision – für die Entscheidung auch unerheblich, daß die Erklärungen der sowjetischen Postverwaltung Rechtsvorschriften, auf die die Maßnahmen sich hätten stützen können, nicht im einzelnen nennen. Für die Feststellung, daß die Sendungen auf Grund der Rechtsvorschriften des Bestimmungslandes beschlagnahmt worden sind, genügte vielmehr die sowjetische Erklärung, daß es sich bei der Beschlagnahme um die Abwehr einer gegen die Rechtsordnung der Sowjetunion gerichteten Provokation gehandelt habe, in Verbindung mit der ausdrücklichen Berufung auf den Haftungsausschluß nach Art 41 § 2 Nr 2 WPV-Tokio und Art 45 § 2 Nr 2 WPV-Lausanne (ebenso das am selben Tage verkündete Senatsurteil in der Sache III ZR 50/79).
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cc) Unerheblich ist, daß die Sendungen, derentwegen der Kläger Entschädigung verlangt, in den Erklärungen der sowjetischen Postverwaltung nicht im einzelnen genannt werden. Es besteht kein vernünftiger Zweifel daran, daß sie das Schicksal aller anderen in Verlust geratenen Sendungen aus der Briefaktion des Klägers geteilt haben. Aus diesem Grund ist dem Berufungsgericht auch darin beizupflichten, daß es den Beweiswert der Erklärungen nicht mindert, wenn die Unterlagen, die diese Sendungen betreffen, nach Art 108 der Vollzugsordnung vernichtet worden sind. Denn bei dem Umfang der Briefaktion waren inhaltlich verläßliche Mitteilungen der sowjetischen Postverwaltung auch in den Jahren 1975 und 1976 noch möglich, jedenfalls insoweit, als sie die Erklärung enthielten, daß aus sowjetischer Sicht der Haftungsausschluß nach Art 41 § 2 Nr 2 WPV-Tokio gegeben sei.
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3. Zu Unrecht macht die Revision geltend, eine Zahlungspflicht der Beklagten ergebe sich schon daraus, daß die Nachforschung nach den verlorengegangenen Sendungen nicht innerhalb der in Art 44 § 2 WPV-Tokio genannten Frist abgewickelt worden sei. Die Vorschrift bestimmt, daß der Ersatzbetrag möglichst bald, spätestens binnen sechs Monaten, vom Tag der Nachfrage an gerechnet, gezahlt werden soll. Sie dient indes lediglich der beschleunigten Abwicklung des Erstattungsverfahrens; eine anspruchsbegründende Wirkung dahingehend, daß nach Fristablauf der Verlust der Sendung fingiert und der Postverwaltung die Berufung auf einen Haftungsausschluß abgeschnitten wird, kann ihr nicht beigemessen werden. Art 44 WPV-Tokio setzt vielmehr einen Ersatzanspruch nach Art 40 voraus. Da er hier nicht besteht, ist die Beklagte trotz Fristablaufs nicht verpflichtet, Zahlungen zu leisten.
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4. Die Haftung für den Verlust von Einschreibsendungen im internationalen Postverkehr ist in den Bestimmungen des Weltpostvertrages abschließend geregelt. Aus diesem Grund kann die Klageforderung – entgegen der Meinung der Revision – nicht auf die allgemeinen Vorschriften über Amtspflichtverletzungen oder unerlaubte Handlungen (§§ 839, 823 BGB) gestützt werden. Dies gilt auch, soweit die Revision geltend macht, die Beklagte habe den Kläger bei Einlieferung der Sendungen auf die Gefahr der Beschlagnahme im Bestimmungsland hinweisen müssen. Auch insoweit verbietet es die abschließende Regelung der Art 40ff WPV-Tokio, eine Ersatzpflicht der Postverwaltung für einen nicht unter diese Bestimmungen fallenden Schaden unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens zu bejahen (vgl für den innerdeutschen Postverkehr § 11 Abs 1 und 2 PostG, sowie für den Rechtszustand unter der Geltung des Postgesetzes vom 28. Oktober 1871 (RGBl I 347): BGHZ 14, 274, 281).