BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 – I ZR 148/13
Zur Berechnung der Verjährungsfrist bei urheberrechtsverletzenden Dauerhandlungen
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2013 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe eines Betrages von 122.960 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Januar 2011 zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch; er macht geltend, der Beklagte habe urheberrechtlich geschützte Rechte seines Bruders an Fotografien verletzt.
Der Beklagte hat jedenfalls bis zum Jahr 2008 einen Handel mit Motorradteilen betrieben und dazu Fotografien dieser Teile auf seiner Internetseite eingestellt.
Mit Schreiben vom 31. Dezember 2010 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt habe, und führte dazu aus:
Streitgegenständlich ist ein Anspruch in Höhe von 204.160 € wegen Urheberrechtsverletzungen gegenüber meinem Bruder […]. Dieser hat mir den Anspruch abgetreten am 13. April 2009. Wegen dieser Sache hat mein Bruder bereits im Jahr 2007 mit Ihrer Frau korrespondiert. Die Forderung errechnet sich nach MFM wie folgt:
Für ein halbes Jahr im Jahr 2006: 232 Bilder x 360 € = 83.520 € Für das Jahr 2007: 232 Bilder x 520 € = 120.640 € Summe: 204.160 € Weitergehende Ansprüche behalte ich mir ausdrücklich vor.
Im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids vom 31. Dezember 2010 bezeichnete der Kläger die Hauptforderung von 204.160 € als „Forderung aus Urheberrechtsverletzung gemäß Schreiben vom 31. Dezember 2010“.
Nachdem der Beklagte gegen den Mahnbescheid Widerspruch erhoben hatte, begründete der Kläger am 25. Januar 2012 seinen Anspruch auf Zahlung von 204.160 € nebst Zinsen mit der unerlaubten Verwendung von 263 Fotografien in den Jahren 2006 und 2007. Dazu führte er aus, sein Bruder habe die Fotografien angefertigt. Der Beklagte habe die Fotografien auf seiner Internetseite ohne Nutzungsberechtigung und unter Verletzung der Pflicht zur Urheberbenennung eingestellt. Als Schadensersatz für das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen der Fotografien sei nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie eine angemessene Vergütung geschuldet. Die Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft durch Unterlassen der Urheberbezeichnung rechtfertige einen pauschalen Aufschlag von 100% auf die übliche Vergütung.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Mit einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung beim Landgericht eingereichten Schriftsatz vom 3. August 2012 hat der Kläger den Antrag angekündigt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 184.440 € nebst Zinsen zu bezahlen. Diese Forderung hat er mit der unerlaubten Nutzung von 106 Lichtbildern in den Jahren 2006 bis 2008 begründet. In einer Anlage zu diesem Schriftsatz hat der Kläger die 106 Lichtbilder im Einzelnen bezeichnet. Darüber hinaus enthält diese Anlage einen vom Bruder des Klägers am 28. Februar 2007 angefertigten Ausdruck der Internetseite des Beklagten mit 261 angekreuzten Fotografien.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, ohne die mündliche Verhandlung im Blick auf den Schriftsatz des Klägers vom 3. August 2012 wiederzueröffnen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz hat er unter Zurücknahme der weitergehenden Klage beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 184.440 € nebst Zinsen zu bezahlen. Der Beklagte ist auch diesem Antrag entgegengetreten und hat wiederum die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüchen stehe jedenfalls die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Dazu hat es ausgeführt:
Der Kläger stütze seinen im Berufungsverfahren zuletzt gestellten Antrag auf Zahlung von 184.440 € nebst Zinsen – wie in seinem nach Schluss der mündlichen Verhandlung beim Landgericht eingereichten Schriftsatz vom 3. August 2012 ausgeführt – auf die urheberrechtswidrige Nutzung von 106 Lichtbildern in den Jahren 2006 bis 2008 durch den Beklagten.
Die mit dem Mahnbescheidsantrag und der Anspruchsbegründung geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Fotografien, die der Beklagte nach Darstellung des Klägers in den Jahren 2006 und 2007 unbefugt auf seiner Internetseite eingestellt und damit öffentlich zugänglich gemacht habe, seien verjährt. Diese Ansprüche seien in den Jahren 2006 und 2007 entstanden. Dem Bruder des Klägers seien seit dem Ausdrucken der Internetseite des Beklagten einschließlich der dort eingestellten Fotografien am 28. Februar 2007 die den Schadensersatzanspruch begründenden Umstände und die Person des Schädigers bekannt gewesen. Die Verjährung dieser Schadensersatzansprüche habe daher am 31. Dezember 2007 begonnen und am 31. Dezember 2010 geendet. Die Zustellung des Mahnbescheids vom 31. Dezember 2010 habe die erhobenen Schadensersatzansprüche auch unter Berücksichtigung der dazu im Schreiben vom 31. Dezember 2010 gemachten Ausführungen nicht hinreichend individualisiert und die Verjährung daher nicht gehemmt. In dem Mahnbescheid und dem Schreiben seien die nach Darstellung des Klägers vom Beklagten unbefugt genutzten Bilder nicht hinreichend bezeichnet.
Soweit der Kläger seine Schadensersatzansprüche in der Berufungsinstanz entsprechend seinem Schriftsatz vom 3. August 2012 auf das öffentliche Zugänglichmachen der 106 Fotografien im Jahr 2008 gestützt habe, habe er bereits nicht hinreichend dargelegt, dass der Beklagte diese Fotografien noch im Jahr 2008 auf seiner Homepage zugänglich gemacht habe. Selbst wenn die entsprechende Behauptung des Klägers zu seinen Gunsten als wahr unterstellt würde, seien die geltend gemachten Schadensersatzansprüche jedenfalls auch insoweit verjährt.
II. Die Revision hat teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar mit Recht angenommen, dass dem Kläger gegen den Beklagten keine Schadensersatzansprüche wegen eines öffentlichen Zugänglichmachens von Fotografien im Jahr 2008 zustehen. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können aber die auf ein öffentliches Zugänglichmachen von Fotografien in den Jahren 2006 und 2007 gestützten Schadensersatzansprüche in Höhe von 122.960 € nebst Zinsen nicht verneint werden.
1. Der Kläger nimmt den Beklagten – soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung – aus abgetretenem Recht seines Bruders wegen der Verletzung urheberrechtlich geschützter Rechte an den mit Schriftsatz vom 3. August 2012 im Einzelnen bezeichneten 106 Fotografien nach § 97 UrhG auf Schadensersatz in Anspruch. Er behauptet, der Beklagte habe diese Fotografien in den Jahren 2006 bis 2008 unbefugt auf seiner Internetseite eingestellt.
a) Soweit der Kläger seine Schadensersatzansprüche auf das öffentliche Zugänglichmachen der Fotografien in den Jahren 2006 und 2007 stützt, ist mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts für die rechtliche Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass der Beklagte diese Fotografien in jenen Jahren unbefugt auf seiner Internetseite eingestellt und damit das ausschließliche Recht zum öffentlichen Zugänglichmachen der Fotografien (§ 19a UrhG) verletzt hat. Ferner ist zu unterstellen, dass der Beklagte damit zugleich das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft an den Fotografien (§ 13 UrhG) verletzt hat, weil er die Fotografien nicht mit einer Urheberbezeichnung versehen hat.
b) Soweit der Kläger seine Schadensersatzansprüche aus einem öffentlichen Zugänglichmachen der Fotografien im Jahr 2008 herleitet, hat das Berufungsgericht angenommen, der Kläger habe bereits nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der Beklagte die Fotografien in diesem Jahr auf seiner Homepage zugänglich gemacht habe. Einer solchen Darlegung und eines Beweisantritts hätte es jedoch bedurft, weil der Beklagte und seine Streithelferin die entsprechende Behauptung des Klägers bestritten hätten. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision hat nicht geltend gemacht, das Berufungsgericht habe Vorbringen des Klägers hierzu übergangen. Das Berufungsgericht hat die vom Kläger erhobenen Schadensersatzansprüche insoweit mit Recht als unbegründet erachtet.
2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dem vom Kläger auf ein öffentliches Zugänglichmachen der Fotografien in den Jahren 2006 und 2007 gestützten Schadensersatzansprüchen (§§ 97, 19a, 13 UrhG) stehe die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen (§ 214 Abs. 1 BGB). Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Die vom Kläger erhobenen Schadensersatzansprüche sind entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht verjährt.
a) Das Berufungsgericht hat allerdings ohne Rechtsfehler angenommen, dass die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 102 Satz 1 UrhG, § 195 BGB) für Schadensersatzansprüche wegen unbefugten Einstellens von Fotografien auf der Internetseite des Beklagten in den Jahren 2006 und 2007 zum Zeitpunkt der Geltendmachung dieser Ansprüche abgelaufen war.
aa) Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts gemäß § 102 Satz 1 UrhG die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung finden und somit auch im Urheberrecht die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren gilt. Diese Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
bb) Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass die Verjährung der mit dem Mahnbescheidsantrag und der Anspruchsbegründung geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen unbefugten öffentlichen Zugänglichmachens von Fotografien auf der Internetseite des Beklagten in den Jahren 2006 und 2007 am 31. Dezember 2007 begonnen und am 31. Dezember 2010 geendet hat und durch die Zustellung des Mahnbescheids vom 31. Dezember 2010 nicht gehemmt worden ist.
(1) Da bei einer rechtsverletzenden Dauerhandlung – wie hier dem unbefugten öffentlichen Zugänglichmachen von Fotografien im Internet (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2010 – I ZR 127/09, GRUR 2011, 415 Rn. 12 = WRP 2011, 609 – Kunstausstellung im Online-Archiv) – die Fortdauer der schädigenden Handlung fortlaufend neue Schäden und damit neue Ersatzansprüche erzeugt, ist die Dauerhandlung zur Bestimmung des Beginns der Verjährung gedanklich in Einzelhandlungen (also in Tage) aufzuspalten, für die jeweils eine gesonderte Verjährungsfrist läuft (BGH, Urteil vom 14. Februar 1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86, 94 – Fahrradgepäckträger II; Urteil vom 26. Januar 1984 – I ZR 195/81, GRUR 1984, 820, 822 = WRP 1984, 678 – Intermarkt II; Urteil vom 14. Januar 1999 – I ZR 203/96, GRUR 1999, 751, 754 = WRP 1999, 816 – Güllepumpen; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 11 Rn. 1.21; Schulz in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 11 Rn. 79; MünchKomm.UWG/Fritzsche, 2. Aufl., § 11 Rn. 114; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 11 Rn. 23; Fezer/ Büscher, UWG, 2. Aufl., § 11 Rn. 30; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 32 Rn. 5; Ahrens/Bornkamm, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 34 Rn. 18).
Die Schadensersatzansprüche wegen unbefugten öffentlichen Zugänglichmachens von Fotografien auf der Internetseite des Beklagten in den Jahren 2006 und 2007 sind danach in den Jahren 2006 und 2007 entstanden. Die diese Schadensersatzansprüche begründenden Umstände und die Person des Schädigers waren dem Bruder des Klägers nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt, seitdem er die Internetseite des Beklagten einschließlich der dort eingestellten Fotografien am 28. Februar 2007 ausgedruckt hatte. Demnach hat die Verjährung der in den Jahren 2006 und 2007 entstandenen Schadensersatzansprüche am 31. Dezember 2007 begonnen und am 31. Dezember 2010 geendet.
(2) Die Zustellung des Mahnbescheids hemmt die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB nur, wenn dieser Anspruch im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids in einer den Anforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entsprechenden Weise hinreichend individualisiert ist. Dazu ist erforderlich, dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab. Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung ist allerdings nicht, dass aus dem Mahnbescheid für einen außenstehenden Dritten ersichtlich ist, welche konkreten Ansprüche mit dem Mahnbescheid geltend gemacht werden. Es reicht aus, dass dies für den Antragsgegner erkennbar ist. So kann im Mahnbescheid zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs auf Unterlagen Bezug genommen werden, die dem Mahnbescheid nicht in Abschrift beigefügt sind, wenn sie dem Antragsgegner bekannt sind (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 229/09, NJW-RR 2010, 1455 Rn. 11 mwN).
Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass nach diesen Maßstäben die geltend gemachten Schadensersatzansprüche im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids nicht in einer den Anforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entsprechenden Weise hinreichend individualisiert waren. Im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids vom 31. Dezember 2010 hat der Kläger die Hauptforderung von 204.160 € als „Forderung aus Urheberrechtsverletzung gemäß Schreiben vom 31. Dezember 2010“ bezeichnet. Im Schreiben des Klägers an den Beklagten vom 31. Dezember 2010 heißt es, streitgegenständlich sei ein Anspruch in Höhe von 204.160 € wegen Urheberrechtsverletzungen gegenüber dem Bruder des Klägers; der Bruder des Klägers habe wegen dieser Sache bereits im Jahr 2007 mit der Frau des Beklagten korrespondiert. Die nach Darstellung des Klägers vom Beklagten unbefugt genutzten 232 Fotografien sind weder im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids noch im Schreiben des Klägers an den Beklagten näher bezeichnet. Es ist auch vom Berufungsgericht nicht festgestellt und vom Kläger nicht vorgetragen, dass diese Fotografien in der Korrespondenz, die der Bruder des Klägers mit der Ehefrau des Beklagten geführt hat, näher bezeichnet sind. Dessen hätte es zur hinreichenden Individualisierung des erhobenen Anspruchs jedoch bedurft, da jede Fotografie jeweils einen eigenen Schutzgegenstand bildet, an dem jeweils ein eigenes Schutzrecht besteht.
b) Die Revision macht jedoch zutreffend geltend, dass die vom Kläger erhobenen Schadensersatzansprüche nach der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Regelung der § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB zum Zeitpunkt ihrer Geltendmachung nicht verjährt waren.
aa) Gemäß § 102 Satz 2 UrhG findet § 852 BGB entsprechende Anwendung, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt hat. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 Satz 2 BGB). Diese Verjährungsfrist war nicht abgelaufen, als der Kläger die Schadensersatzansprüche mit Schriftsatz vom 3. August 2012 unter Hinweis auf die in der Anlage zu diesem Schriftsatz im Einzelnen bezeichneten 106 Lichtbilder geltend gemacht hat.
bb) Die Verweisung in § 852 BGB auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung bezieht sich nicht auf die Voraussetzungen, sondern auf den Umfang der Bereicherungshaftung. Bei § 852 BGB handelt es sich nicht um einen Bereicherungsanspruch, sondern um einen sogenannten Restschadensersatzanspruch, also einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist (vgl. zu § 852 Abs. 3 BGB aF BGHZ 71, 86, 98 f. – Fahrradgepäckträger II; BGH, GRUR 1999, 751, 754 – Güllepumpen).
Auf die Regelung des § 852 BGB wird nicht nur in § 102 Satz 2 UrhG, sondern auch in § 141 Satz 2 PatG, § 24f Satz 2 GebrMG, § 49 Satz 2 DesignG, § 20 Satz 2 MarkenG, § 9 Abs. 3 Satz 2 HalblSchG und § 37f Satz 2 SortSchG verwiesen; sie gilt darüber hinaus im Wettbewerbsrecht (vgl. BGH, GRUR 1999, 751, 754 – Güllepumpen). Demnach gilt im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht allgemein der Grundsatz, dass das durch eine Schutzrechtsverletzung oder einen Wettbewerbsverstoß Erlangte auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben ist (vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, S. 270).
cc) Der auf die Verletzung des ausschließlichen Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Fotografien und des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft an den Fotografien gestützte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG ist nicht verjährt, weil er im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB auf die Herausgabe einer durch die Verletzung dieses Rechts erlangten ungerechtfertigten Bereicherung gerichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 175/10, GRUR 2012, 715 Rn. 36 bis 41 = WRP 2012, 950 – Bochumer Weihnachtsmarkt; vgl. auch OLG München, OLGR 1994, 33).
(1) Der Beklagte hat durch die – zu unterstellende – Verletzung des Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Fotografien und des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft an den Fotografien auf Kosten des Rechtsinhabers etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Er hat durch das Einstellen der Fotografien auf seiner Internetseite in den Zuweisungsgehalt des dem Bruder des Klägers zustehenden Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen der Fotografien und auf Anerkennung seiner Urheberschaft an den Fotografien eingegriffen und sich damit auf dessen Kosten den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund verschafft. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 = WRP 2010, 927 – Restwertbörse I, mwN; BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 39 und 40 – Bochumer Weihnachtsmarkt). Wer durch die Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall auch nicht mit Erfolg nach § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall seiner Bereicherung berufen, da das Erlangte – also der Gebrauch des Schutzgegenstands – nicht mehr entfallen kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1971 – I ZR 58/70, BGHZ 56, 317, 322 – Gasparone II; BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 41 – Bochumer Weihnachtsmarkt).
(2) Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, nach § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB könne nicht die Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr beansprucht werden. Der Anspruch sei auf Gewinnabschöpfung angelegt und verlange, dass durch die Verletzung ein mit der Verletzung nicht identischer Vorteil erlangt worden sei. Im vorliegenden Fall stelle die Erlangung eines temporären Vorteils die unmittelbare Kehrseite der Verletzung dar, ohne einen darüber hinausgehenden Vermögensvorteil zu begründen. Wollte man dies anders sehen, so wäre die Grundregel des § 102 Satz 1 UrhG nahezu überflüssig, weil fast alle Schadensersatzklagen § 102 Satz 2 UrhG unterfielen.
Es kann offenbleiben, ob mit dem Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB die Herausgabe eines durch eine Schutzrechtsverletzung erlangten Verletzergewinns beansprucht werden kann (vgl. zum Streitstand Hülsewig, GRUR 2011, 673 ff.). Der Anspruch aus § 852 BGB setzt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung jedenfalls nicht voraus, dass der Verletzer einen Gewinn erzielt hat. Vielmehr genügt es, dass er einen Vermögensvorteil in Gestalt eines Gebrauchsvorteils erlangt hat. Mit dem Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB kann daher die Herausgabe des durch die Verletzung eines Schutzrechts erlangten Gebrauchsvorteils im Wege der Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr verlangt werden.
Die Grundregel des § 102 Satz 1 UrhG wird dadurch nicht nahezu überflüssig. Zum einen ist § 102 Satz 1 UrhG nicht nur bei Schadensersatzansprüchen und Bereicherungsansprüchen, sondern – anders als § 102 Satz 2 UrhG – beispielsweise auch bei Ansprüchen auf Beseitigung, Unterlassung, Vernichtung, Rückruf und Überlassung anwendbar (vgl. Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 102 Rn. 4). Zum anderen ist ausschließlich § 102 Satz 1 UrhG auf Schadensersatzansprüche anwendbar, mit denen wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangt wird. Urheber und Lichtbildner können nach § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Einem solchen immateriellen Schaden des Verletzten steht jedoch kein nach § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB abschöpfbarer Vermögensvorteil des Verletzers gegenüber.
(3) Die Revisionserwiderung macht vergeblich geltend, der angebliche Anspruch könne allenfalls zur Hälfte bestehen, weil der verlangte Aufschlag von 100% den immateriellen Schaden wegen fehlender Urheberbenennung ausgleichen solle. Entgegen der Ansicht der Revision soll der geforderte Aufschlag wegen der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft im Streitfall nicht einen immateriellen, sondern einen materiellen Schaden des Verletzten ausgleichen, dem ein nach § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB abschöpfbarer Vermögensvorteil des Verletzers gegenübersteht.
Die in der fehlenden Benennung des Urhebers oder des Lichtbildners liegende Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 Satz 1 UrhG) an einem Lichtbildwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) oder einem Lichtbild (§ 72 Abs. 1 UrhG) kann einen Schadensersatzanspruch nach § 97 UrhG begründen. Dieser Anspruch kann sowohl auf den Ersatz materiellen Schadens als auch auf den Ersatz immateriellen Schadens gerichtet sein (vgl. J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 101; Wild in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 97 UrhG Rn. 178 und 180; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 73; Reber in Möhring/Nicolini, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97 UrhG Rn. 130).
Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Urheber oder der Lichtbildner nach § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dies setzt voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. zum Urheberpersönlichkeitsrecht BGH, Urteil vom 5. März 1971
– I ZR 94/69, GRUR 1971, 525, 526 – Petite Jaqueline; zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht BGH, Urteil vom 15. November 1994 – VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 12 f. – Caroline von Monaco I). Der Ersatz eines solchen immateriellen Schadens dient der Genugtuung und der Prävention, nicht aber der Abschöpfung eines durch die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts erzielten wirtschaftlichen Vorteils (vgl. BGHZ 128, 1, 14 ff. – Caroline von Monaco I).
Nur wegen des Schadens, der Vermögensschaden ist, kann der Urheber oder der Lichtbildner seinen Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG auch auf der Grundlage des Betrages berechnen, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Die fehlende Benennung des Urhebers oder des Lichtbildners führt insbesondere dann zu einem Vermögensschaden, wenn dem Urheber oder Lichtbildner dadurch Folgeaufträge entgehen (vgl. Dietz/Peukert in Schricker/Loewenheim aaO § 13 UrhG Rn. 21a; Dustmann in Fromm/Nordemann aaO § 13 UrhG Rn. 30; Schulze in Dreier/Schulze aaO Vor § 31 Rn. 287; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 13 UrhG Rn. 50). Ist unter den Parteien streitig, ob ein materieller Schaden entstanden ist und wie hoch sich dieser Schaden beläuft, so entscheidet hierüber das Gericht nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Dabei kann es die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines durch die fehlende Urheberbenennung verursachten Schadens geschuldet ist, in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen, die für die jeweilige Nutzung (hier das öffentliche Zugänglichmachen der Fotografien) zu zahlen ist (vgl. Dustmann in Fromm/Nordemann aaO § 13 UrhG Rn. 30 f.; J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 97 UrhG Rn. 101; Dietz/Peukert in Schricker/Loewenheim aaO § 13 UrhG Rn. 21a; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 13 Rn. 35; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 76; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 13 UrhG Rn. 50, jeweils mwN zur Rechtsprechung). Dem Vermögensnachteil des Verletzten in Form der entgangenen Lizenzgebühr steht als abschöpfbarer Vermögensvorteil die vom Verletzer ersparte Lizenzgebühr gegenüber.
Der Kläger macht im Streitfall wegen der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft keinen immateriellen, sondern einen materiellen Schaden geltend. Er beansprucht keine Geldentschädigung, sondern eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe eines pauschalen Aufschlags von 100% auf die fiktive Lizenzgebühr für das öffentliche Zugänglichmachen der Fotografien. Er behauptet nicht, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht seines Bruders auf Anerkennung der Urheberschaft an den Fotografien handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Es ist daher unerheblich, dass es in der Klageschrift fälschlich heißt, mit dem Aufschlag von 100% werde der immaterielle Schaden geltend gemacht. Der Sache nach hat der Kläger mit diesem Aufschlag den Ersatz eines durch Eingriff in das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft verursachten materiellen Schadens beansprucht.
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht kann nicht angenommen werden, die vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien jedenfalls verwirkt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 – I ZR 86/12, GRUR 2014, 363 Rn. 38 = WRP 2014, 455 – Peter Fechter, mwN) ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Umstandsmoment).
b) Der Kläger hat die in den Jahren 2006 und 2007 entstandenen Schadensersatzansprüche zwar erst mit Schriftsatz vom 3. August 2012 unter Hinweis auf die in der Anlage zu diesem Schriftsatz im Einzelnen bezeichneten 106 Lichtbilder geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat jedoch keine Umstände festgestellt, die die Annahme rechtfertigen, der Beklagte habe zu diesem Zeitpunkt darauf vertrauen dürfen, wegen einer – unterstellt – unbefugten Nutzung dieser Fotografien auf seiner Internetseite nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Gegen eine solche Annahme spricht, dass dem Beklagten jedenfalls durch das Schreiben des Klägers vom 31. Dezember 2010 bekannt war, dass dieser von ihm wegen einer angeblichen Verletzung von Urheberrechten an Fotografien Schadensersatz fordert. Bis zum 31. Dezember 2010, dem Ablauf der Regelverjährung (vgl. oben Rn. 23 f.), konnte sich bei dem Beklagten insoweit grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen bilden. Dem steht entgegen, dass eine Verkürzung der (kurzen) regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren durch Verwirkung nur unter ganz besonderen Umständen angenommen werden kann, weil dem Gläubiger die Regelverjährung grundsätzlich ungekürzt zur Prüfung und Überlegung, ob er einen Anspruch gerichtlich geltend macht, erhalten bleiben soll (vgl. BGH, GRUR 2014, 363 Rn. 50 – Peter Fechter, mwN).
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision des Klägers unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als in Höhe eines Betrages von 122.960 € nebst Zinsen zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Dieser Betrag entspricht dem auf die Jahre 2006 und 2007 entfallenden Anteil des für die Jahre 2006 bis 2008 geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung von 184.440 € nebst Zinsen. Die Sache ist im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da noch weitere Feststellungen zu treffen sind.