LG Heidelberg, Urteil vom 01.08.2018 – 1 S 11/18
Zur Ausfallhaftung der Jagdgenossenschaft gemäß § 53 Abs. 1 Satz 4 JWMG
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 31.01.2018, Az. 30 C 338/17, wird im Verhältnis zum Beklagten Ziffer 2 verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
1
Die Klägerin begehrt Schadensersatz aufgrund von Wildschäden, die auf von ihr gepachteten Grundstücken am 18.05.2016, im Zeitraum vom 21.05.2016 – 22.05.2016 sowie im Zeitraum 09.06.2016 – 10.06.2016 entstanden sind.
2
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und auf diversen von ihr gepachteten Grundstücken landwirtschaftlich tätig.
3
Die Beklagte Ziff. 1 ist die Jagdgenossenschaft der Eigentümer der im gemeinschaftlichen Jagdbezirk gelegenen Grundstücken, zu denen auch die von der Klägerin gepachteten Grundstücke zählen.
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Der Beklagte Ziff. 2 ist der Jagdpächter des Gebietes, auf dem die gepachteten Grundstücke der Klägerin liegen.
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Zwischen der Beklagten Ziff. 1 und dem Beklagten Ziff. 2 besteht ein Jagdpachtvertrag, der am 17.11.2011 zwischen den Parteien geschlossen wurde. In diesem ist unter § 8 vereinbart, dass der Pächter für den in seinen Jagdgebieten entstandenen Wildschaden entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen vollen Ersatz zu leisten hat.
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Erstinstanzlich war die Klägerin der Rechtsauffassung, dass die Beklagte Ziff. 1 und der Beklagte Ziff. 2 gemäß § 53 JWMG und – subsidiär – § 29 I BJagdG gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz haften. Sie hatte daher beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 8.011,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Das Amtsgericht hat mit Teilurteil vom 31.01.2018 die Klage gegen die Beklagte Ziffer 1 abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte Ziffer 1 gemäß §§ 53 JWMG, 13 ff. DVO JWMG in Verbindung mit § 8 des Jagdpachtvertrages bestehe derzeit nicht, da sich keine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten ergäbe.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags erster Instanz sowie wegen Inhalt und Begründung des Urteils, einschließlich der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen wird – soweit sie nicht zu den hier getroffenen Feststellungen in Widerspruch stehen – auf Entscheidungsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 ZPO).
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Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Sie hält das Urteil des Amtsgerichts für rechtsfehlerhaft. Es führe dazu, dass sich die Beklagte Ziffer 1 der Haftung entziehen könne. Zudem habe das Amtsgericht bezüglich des § 53 I Satz 4 JWMG keine Grenzen formuliert und so eine erhebliche Rechtsunsicherheit geschaffen. Die Rechtsprechung des Amtsgerichts führe zu unzumutbaren Ergebnissen, da durch die Notwendigkeit der Feststellung der vorrangigen Haftung erhebliche Verzögerungen und somit Beweisprobleme entstehen würden. Auch im Falle einer Streitverkündung müsse im Übrigen schon im Vorfeld entschieden werden, welche Partei Beklagte sei und welcher der Streit verkündet worden sei. Ferner habe das Amtsgericht unter Verstoß gegen § 139 ZPO nicht darauf hingewiesen, dass zu den Erfolgsaussichten der Inanspruchnahme des Beklagten Ziff. 2 ergänzend hätten Tatsachen vorgetragen werden müssen. Dieser sei schon von Natur aus weniger solvent als die Beklagte Ziff.1, die eine öffentlich-rechtliche Körperschaft sei und Rückstellungen für Wildschäden bilden müsse.
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Die Klägerin beantragt,
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das Teilurteil vom 31.01.2018 abzuändern und die Beklagte zu Ziffer 1 zu verurteilen, als Gesamtschuldnerin mit dem Beklagten Ziffer 2 an die Klägerin 8.011,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte Ziff. 1 ist der Auffassung, dass sich aus der Regelung des § 53 I Satz 4 JWMG eindeutig ergebe, wer vorrangig in Anspruch genommen werden solle. Sie könne sich der Haftung nicht entziehen, sondern hafte subsidiär.
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Der Beklagte Ziff. 2 hält die fehlende anderweitige Ersatzmöglichkeit für ein negatives Tatbestandsmerkmal, deren Vorliegen die Klägerin nicht nachgewiesen habe. Weder die Weigerung, den Wildschaden zu bezahlen, noch die bessere Solvenz der Beklagten Ziffer 1 genüge dem. Die Klägerin sei durch die in § 53 I Satz 4 JWMG getroffene Regelung auch nicht rechtschutzlos gestellt, ihr stehe das Rechtsinstitut der Streitverkündung zur Verfügung.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze beider Instanzen nebst Anlagen sowie den gesamten Akteninhalt verwiesen.
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Die Kammer hat am 04.07.2018 mündlich verhandelt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04.07.2018 Bezug genommen.
II.
18
Die Berufung ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.
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1. Die Berufung ist unzulässig, soweit sie gegen den Beklagten Ziffer 2 gerichtet ist.
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Die Berufungsklägerin ist durch das Teilurteil vom 31.01.2018 im Verhältnis zu dem Beklagten Ziff. 2 nicht beschwert. Durch das abweisende Teilurteil wird der Klägerin kein Schuldner entzogen. Der Rechtsstreit gegen den Beklagten Ziff. 2 ist am Amtsgericht Heidelberg noch anhängig und als solcher bislang nicht entschieden worden.
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Eine Auslegung der Berufung dahingehend, dass die Klägerin nur gegen die Beklagte Ziff. 1 vorgehen wollte, kommt nicht in Betracht. Zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO gehört die Angabe, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Dies ergibt sich entweder nur aus der Berufungsschrift oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010- XII ZR 18/09 ; BGH Beschluss vom 11. Mai 2010 – VIII ZB 93/09 – MDR 2010, 828 Rn. 9 m.w.N. und Urteil vom 14. Februar 2008 – III ZR 73/07 – Juris Rn. 6). Grundsätzlich ist die Bezeichnung einer Partei nach der Rechtsprechung als Teil einer Prozesshandlung zwar auslegungsfähig (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 – XII ZR 18/09; BGHZ 4, 328, 334 = NJW 1952, 545 und BGH Beschluss vom 15. Mai 2006 – II ZB 5/05 – NJW-RR 2006, 1569 Rn. 11). Die Grenze der Auslegung von Prozesserklärungen liegt jedoch in dem eindeutig erkennbaren Willen des Rechtsmittelführers, wie er den äußerlich in Erscheinung getretenen Umständen üblicherweise zu entnehmen ist (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1998- VI ZR 316/97; vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 1959 – IV ZB 18/59 – NJW 1959, 724, 725; vom 8. Juli 1981 – IVb ZB 660/80 – NJW 1981, 2816, 2817). Aus der Berufungsschrift und der Berufungsbegründung sowie den gestellten Anträgen ergibt sich hier eindeutig, dass die Klägerin die Berufung gegen beide Beklagten richten wollte. Sie hat den Beklagten Ziff. 2 als solchen in ihrer Berufungsschrift und ihrer Berufungsbegründung bezeichnet. Der in zweiter Instanz aufrecht erhaltene Sachantrag begehrt ausdrücklich eine gesamtschuldnerische Verurteilung beider Beklagten zur Zahlung von 8.011,58 €. Dieser Antrag wurde nach dem Hinweis der Kammer, dass die gegen den Beklagten Ziffer 2 gerichtete Berufung unzulässig sei, gestellt. Für eine einschränkende Auslegung des Berufungsbegehrens war vor diesem Hintergrund kein Raum.
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2. Die gegen den Beklagten Ziffer 1 gerichtete Berufung ist zwar zulässig, aber unbegründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ziffer 1 derzeit keinen Anspruch auf Schadensersatz für Wildschaden in Höhe von 8.011,58 € gem. § 8 Jagdpachtvertrag iVm § 53 I JWMG, § 29 I BJagdG, §§ 13 DOG JWMG.
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a) Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 besteht nicht.
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aa) Aus § 53 I Satz 4 JWMG ergibt sich keine gesamtschuldnerische Haftung der Jagdgenossenschaft und des Jagdpächters. Vielmehr bestimmt die Norm eine subsidiäre Ausfallhaftung, die nicht der strengen Einrede der Vorausklage unterliegt, sondern geringere Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des subsidiär Haftenden bestimmt. Die Berufungskammer folgt dabei den umfangreichen Erörterungen des Amtsgerichtes Heidelberg zur Rechtsnatur des § 53 I JWMG. Das Amtsgericht verneint in überzeugender Weise eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 aus § 53 I Satz 4 JWMG. Dabei führt es aus, dass eine subsidiäre Ausfallhaftung mit bürgschaftsähnlichem Charakter nach § 771 BGB – wie es teilweise im Schrifttum vertreten werde – wegen konstruktiver Unterschiede abzulehnen sei. Grund hierfür sei der konstruktive Unterschied beider Haftungsinstitute, der darin liege, dass die nachrangige Bürgenhaftung durch vertragliche Abrede zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger zustande komme, während die nachrangige Haftung der Jagdgenossenschaft gemäß § 53 I Satz 4 JWMG auf einem Vertrag zwischen den späteren potentiellen Schuldnern beruht. Die Regelung des § 53 I Satz 4 JWMG normiere nach ihrem Wortlaut gerade nicht das Erfordernis eines vorherigen erfolglosen Versuchs der Zwangsvollstreckung. Die Regelung ähnele jedoch §§ 839 I Satz 2, 829 BGB, da es um einen Ausgleich eines durch den Geschädigten erbrachten Sonderopfers ginge. Auch dieser Rechtsgedanke widerspreche einer entsprechenden Anwendung der Bürgschaftsregeln. Ein Ersatzanspruch gegen die Jagdgenossenschaft sei vielmehr dann anzunehmen, wenn der Ersatzanspruch gegen den Jagdpächter in absehbarer und angemessener Zeit nicht durchsetzbar sowie seine Durchsetzung unzumutbar sei (vgl. BGH Urteil vom 26.03.1997 Az. III ZR 295/96). Dies müsse der Geschädigte im Prozess gegen die Jagdgenossenschaft darlegen und beweisen. Allein der Umstand, dass der Jagdpächter eine fehlende Bereitschaft zur Regulierung des Schadens zeige, reiche hierfür nicht aus. Dies würde auf eine faktische Gesamtschuld hinauslaufen.
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bb) Ergänzend zu den Ausführungen des Amtsgerichts weist die Kammer darauf hin, dass die Annahme einer Gesamtschuld bereits an dem Wortlaut des § 53 I Satz 3 und Satz 4 JWMG scheitert.
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Gemäß § 53 I Satz 3 JWMG ist der Jagdpächter als der für den Wildschaden Haftende bestimmt, wenn ein Pachtvertrag besteht. Denn hat nach dieser Vorschrift die pachtende Person die Ersatzpflicht ganz oder teilweise übernommen, so trifft die Ersatzpflicht die pachtende Person. Bei der vertraglichen Übernahme der Haftung ergibt sich daher kein Raum für die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Jagdgenossenschaft. Der Jagdpächter soll voll haften. Erst durch die Ausnahmevorschrift des § 53 I Satz 4 JWMG wird eine solche Möglichkeit wiederum eröffnet.
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Gemäß § 53 I Satz 4 JWMG bleibt die Ersatzpflicht der Jagdgenossenschaft bei Übernahme der Haftung durch den Jagdpächter bestehen, soweit die geschädigte Person Ersatz von der pachtenden Person nicht erlangen kann. Der Begriff „soweit“ hat die Bedeutung von „in dem Maße“ oder „wie“. Eine Ersatzpflicht bleibt also bestehen „in dem Maße“, in dem die geschädigte Person Ersatz von der pachtenden Person nicht erlangen kann. Gedanklich lässt sich – wie auch das Amtsgericht Heidelberg zutreffend feststellt – der Wortlaut der Norm auch folgendermaßen ergänzen: die Ersatzpflicht der Jagdgenossenschaft besteht (nur) soweit Ersatz von dem Jagdpächter nicht erlangt werden kann. Die Auslegung nach dem Wortlaut trifft eine eindeutige Aussage über das Rangverhältnis der Ersatzpflichtigen. Die Jagdgenossenschaft soll erst nach dem erfolglosen Versuch der Inanspruchnahme des Jagdpächters in Anspruch genommen werden dürfen. Würde es sich hier um ein Gesamtschuldverhältnis handeln, hätte der Gesetzgeber formuliert, dass die Jagdgenossenschaft und der Jagdpächter als Gesamtschuldner haften. Die Gesamtschuldnerschaft ist ein Sonderfall der Schuldnerschaft und als solcher auch sprachlich hervorgehoben (vgl. §§ 421, 769, 840 BGB).
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Das Rangverhältnisses entfaltet auch im Außenverhältnis gegenüber den Normadressaten Wirkung und steht der Annahme einer gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Berufungsbeklagten entgegen. Eine anderweitige Auslegung der Norm würde eine Gesamtschuld entgegen dem Wortlaut konstruieren und damit eine unzulässige Rechtsfortbildung darstellen. Das nach dem Wortlaut einer Norm sprachlich Mögliche bildet nämlich den Bereich und steckt die Grenzen ab, innerhalb derer ein vom Gesetz verwendeter Begriff überhaupt ausgelegt werden kann (BGH, Entscheidung vom 30. Juni 1966 – KZR 5/65 -, BGHZ 46, 74-87; vergleiche BGH 1952-11-13 3 StR 727/51 = BGHSt 3, 300, 303; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft – 1960 – 2. Teil 3. Kapitel Nr 2 a und f, Seiten 241, 258). Der eindeutige Wortlaut der Norm, der eine subsidiäre (Ausfall-) Haftung der Jagdgenossenschaft normiert, kann aus diesem Grund durch eine weitere Auslegung nicht überwunden werden. Die Annahme einer gesamtschuldnerischen Verpflichtung von Jagdpächter und Jagdgenossenschaft ist nicht von dem Wortlaut der Norm gedeckt.
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cc) Nur vorsorglich ist anzumerken, dass sich auch aus der historischen, systematischen und teleologischen Auslegung der Norm keine gesamtschuldnerische Verpflichtung von Jagdgenossenschaft und Jagdpächter ergibt. Dies lässt sich zum einen keiner der von der Klägerin vorgelegten historischen Begründungen entnehmen. Vielmehr wurde in § 2 des Preußischen Gesetzes zur Wildschadenserstattung von 1891 beispielhaft normiert, dass die Jagdgenossenschaft befugt ist, ihre Haftung auf den Gemeindepächter „abzuwälzen“. Auch die Systematik der Norm spricht gegen eine Gesamtschuldnerschaft. § 53 I Satz 3 und Satz 4 JWMG schafft vielmehr zwei unterschiedliche Haftungskonstellationen gegenüber zwei verschiedenen Schuldnern. Schließlich erfordert auch der Sinn und Zweck der Norm keine gesamtschuldnerische Verpflichtung von Jagdgenossenschaft und Jagdpächter. Wie aus der Gestaltung des Wildschadensersatzanspruchs als Fall der Gefährdungshaftung ersichtlich wird, will das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz landwirtschaftlichen Unternehmen zur Schadloshaltung einen umfassenden Ersatzanspruch an die Hand geben. Eine umfassende Ersatzpflicht bedeutet jedoch nicht das Recht auf die Inanspruchnahme zweier Schuldner im Wege der Gesamtschuldnerschaft. Seinen nur subsidiären Anspruch gegen die Jagdgenossenschaft kann der Geschädigte vielmehr in ausreichendem Maß über das Rechtsinstitut der Streitverkündung nach §§ 74 III, 68 ZPO absichern.
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b) Die vom Amtsgericht zutreffend herausgearbeiteten Voraussetzungen, unter denen die Klägerin die Beklagte Ziffer 1 in Anspruch nehmen könnte, sind von der Klägerin im Verfahren nicht hinreichend dargelegt und bewiesen worden. Der Vortrag der Klägerin, es handele sich bei der Beklagten Ziffer 1 um eine solventere Schuldnerin, da sie eine öffentlich-rechtliche Körperschaft sei und für Wildschäden Rückstellungen bilden müsse, begründet nicht die fehlende oder unzumutbare Durchsetzung des Ersatzanspruchs gegen den Beklagten Ziffer 2. Würde sich allein aufgrund der gemeinschaftlichen Struktur und ihrer Rechtsnatur als öffentliche Körperschaft ergeben, dass die Jagdgenossenschaft vorrangig in Anspruch zu nehmen sei, wäre § 53 I Satz 4 JWMG im Umkehrschluss hinfällig. Eine vorrangige Inanspruchnahme wäre quasi immer begründet. Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin dahingehend auslegt, dass sie die Beklagte Ziff. 1 im Speziellen als weniger solvent bezeichnete und keine allgemeine Aussage über die Solvenz einer Jagdgenossenschaft treffen wollte, kann dies nicht überzeugen. Der Vortrag der Klägerin würde lediglich eine „bessere Ersatzpflicht“ gegenüber der Beklagten Ziffer 1 begründen. Dies ist für ein Wiederaufleben der Haftung der Jagdgenossenschaft nach dem Wortlaut des § 53 I Satz 4 JWMG nicht ausreichend.
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Der Berufung war demnach im Ergebnis der Erfolg zu versagen.
III.
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1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EG ZPO.
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2. Die Revision ist gemäß § 543 ZPO nicht zuzulassen. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hat weder gem. § 543 II Nr. 1 ZPO grundsätzliche Bedeutung noch sind die Voraussetzungen des § 543 II Nr. 2 ZPO gegeben.
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Die Frage des Bestehens einer Gesamtschuld im Rahmen des § 53 I Satz 4 JWMG ist nicht klärungsbedürftig, da bezüglich des (Nicht)Bestehens einer Gesamtschuld im Schrifttum und der Rechtsprechung nur ganz vereinzelt andere Auffassungen vertreten werden (vgl. BVerfG NJW 2011, 1277). Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die hier getroffenen Entscheidung beruht auf einer am Gesetzeswortlaut orientierten Auslegung, die daher für den Rechtsanwender als richtungsweisende Orientierungshilfe gilt. Von höchstrichterlicher Rechtsprechung wurde nicht abgewichen.