Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.04.2006 – L 23 B 19/06 SO ER
Die durch Verwertung des Vermögens gefährdete Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung kann zwar eine Härte darstellen. Da aber bereits § 90 Abs. 2 SGB XII Alterssicherungsvermögen erfasst, müssen im Rahmen des § 90 Abs. 3 SGB XII weitere Erwägungen im Einzelfall durchgreifen. Voraussetzung ist jedenfalls, dass das Vermögen auch nachweisbar für den Zweck der Alterssicherung verwendet werden sollte; bloße Absichten oder unverbindliche Erwägungen können nicht ohne weiteres zur Herausnahme eines Teils des zu verwertenden Vermögens führen. Ausgeschlossen sind von der Herausnahme der Verwertung jedenfalls Sparformen, die den Berechtigten ein frei verfügbares, rechtlich keinen inhaltlichen Bindungen unterworfenes Kapital gewährleisten. Denn bei solchen Sparformen ist nicht sichergestellt, dass – auch wenn entsprechende Absichten bestehen – das verwertbare Vermögen auch tatsächlich zur Sicherung der Altersvorsorge eingesetzt wird (Rn.26).
§ 90 Abs. 3 SGB XII hat nicht den Zweck, einem Bedürftigen die Vermögensbildung zu ermöglichen. Es gehört zu den allgemeinen Lebensrisiken, für andere (spätere) Zwecke zurückgelegtes Kapital vorzeitig (auch unter Inkaufnahme eines Verlustes) zur Deckung eines unerwarteten Bedarfs im Rahmen des SGB XII einzusetzen (Rn. 28).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 07. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
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I.Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren streitig.
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Bei der 1946 geborenen Antragstellerin, bei der ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt wurde, besteht nach einer Entscheidung des Rentenversicherungsträgers zumindest seit 14. Dezember 2004 volle Erwerbsminderung auf Dauer. Einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung – SGB VI a. F. – wurde mit Bescheid der Landesversicherungsanstalt Brandenburg vom 04. August 1998 mit der Begründung abgelehnt, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt.
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Die Antragstellerin war als Selbständige tätig. Sie bewohnt aufgrund eines gemeinsamen Mietvertrages seit dem 01. April 1997 zusammen mit Frau I G- G. -, geboren 1937, eine Zweizimmerwohnung. Mit Vertragsbeginn am 15. April 1989 unterhält die Antragstellerin eine Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung – UPR – bei der A. Der monatliche Beitrag einschließlich Versicherungssteuer betrug im Oktober 2004 66,02 €. Die Antragstellerin ist nach den besonderen Bedingungen für die abgeschlossene UPR berechtigt, zum Ende des jeweils laufenden Versicherungsjahres die Versicherung zu kündigen. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und spätestens drei Monate vor diesem Zeitpunkt dem Versicherer zugegangen sein. Im Falle der Kündigung kann die Antragstellerin die Auszahlung des Rückkaufswertes verlangen. Dieser Rückkaufswert betrug zum 28. Oktober 2004 12 641,00 € zuzüglich einer Gewinnbeteiligung von damals 3 309,00 €. Als Erlebensfallzeitpunkt (Auszahlung des Kapitals) ist der 25. April 2009 bestimmt. Aus einer mit Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 16. Dezember 1985 geschiedenen Ehe wurden der Antragstellerin von dem Versicherungskonto des geschiedenen Ehemannes Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 302,20 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Januar 1985, übertragen.
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Der Antragsgegner gewährte der Antragstellerin für die Monate Januar und Februar 2005 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 674,63 € monatlich (Bescheid vom 19. Januar 2005). Mit Bescheid vom 21. Februar 2005 wurde die gewährte Hilfe mit Wirkung ab 01. März 2005 mit der Begründung eingestellt, dass die Antragstellerin ihr Vermögen in der Form des Rückkaufswertes der Unfallversicherung in Höhe vom 15 950,00 € vorrangig einzusetzen habe. Mit derselben Begründung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. Juli 2005 auch den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und machte geltend, die UPR diene der Altersvorsorge. Es bestehe ein Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz – VVG -. Sie sei zu einer unwiderruflichen Vereinbarung bereit, wonach das Vermögen vor dem Erreichen des Ruhestands weder ausgezahlt, übertragen, verpfändet oder zu einem anderen Zweck genutzt werden könne. Sie sei in ihrem Beruf als Geschäftsführerin gezwungen gewesen, ihre Altersversorgung privat zu organisieren. Zudem stelle die Verwertung der UPR unter Berücksichtigung der Interessen der Beitragszahlerin G. eine besondre Härte nach § 90 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – SGB XII – dar.
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Am 21. November 2005 hat die Antragstellerin sich an das Sozialgericht Neuruppin gewandt und im Wesentlichen geltend gemacht, sie befinde sich in einer Notlage, weil sie ohne jegliche Einkünfte sei. Das unter dem 08. November 2005 von dem Antragsgegner unterbreitete Darlehensangebot könne sie nicht annehmen, weil es von einer nicht akzeptablen Zustimmung der G. abhinge. Bezugsberechtigt bei garantierter Beitragsrückzahlung aus der Unfallversicherung sei nicht sie, sondern G.
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Die Antragstellerin hat u. a. Ablichtungen des Versicherungsantrages sowie des Versicherungsscheines und der Bedingungen der UPR zur Gerichtsakte gereicht und beantragt,
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den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII Kapitel 4 seit Januar 2005, hilfsweise seit November 2005, zu gewähren.
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Der Antragsgegner hat vor dem Sozialgericht geltend gemacht, dass zwar G. die Versicherungsbeiträge zahle, die Antragsstellerin aber bei Kündigung Bezugsberechtigte des Rückkaufswertes sei. Es sei lediglich eine Leistungsgewährung nach § 91 SGB XII möglich. Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht.
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Mit Beschluss vom 07. Dezember 2005 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung abgelehnt, ein Anordnungsanspruch bestehe deshalb nicht, weil die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt aus dem verwertbaren Vermögen in Form des Rückkaufswertes der UPR bestreiten könne. Ihr verbleibe ein einsetzbares Vermögen in Höhe von 13 350,00 €. Der Antragstellerin sei es möglich, den Versicherungsvertrag zum 15. April 2006 zu kündigen. Ein wirtschaftlicher Verlust trete nicht ein. Bei der Versicherung handele es sich auch nicht um Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII, insbesondere nicht um eine von der Verwertung ausgeschlossene zusätzliche Altersvorsorge im Sinne dieser Vorschrift. Der Einsatz des Vermögens stelle für die Antragstellerin auch keine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Die beabsichtigte künftige Verwendung der Prämienrückgewährzahlung zum Aufbau einer Altersversorgung lasse keinen Härtefall entstehen. Die Antragstellerin habe einen Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebensführung im Alter erscheine durch den Einsatz der Versicherungsleistung zum jetzigen Lebensunterhalt nicht gefährdet.
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Mit ihrer Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, die Prämienrückgewähr sei nach der Laufzeit des Versicherungsvertrages nicht fällig. Bei Fälligkeit solle die Versicherungsleistung der Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebensführung im Alter dienen. Dies werde unmöglich, wenn sie gezwungen sei, die Versicherungsleistung zum derzeitigen Lebensunterhalt einzusetzen. Der Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung sichere ihr nicht die Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebensführung im Alter. Gerade deshalb sei sie gezwungen gewesen, ihre Altersvorsorge privat zu organisieren. Ob dies mit einer Kapitallebensversicherung oder mit einer Kapitalunfallversicherung geschehe, sei nicht entscheidend. Bei einer Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr handele es sich um eine Mischform zwischen kapitalbildender Lebensversicherung und einer Unfallversicherung. Wegen des in dieser Versicherung enthaltenen Elements einer Lebensversicherung sei auch § 165 Abs. 3 VVG anwendbar. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der neu eingeführten Vorschrift. Gegen die Verwertbarkeit der streitgegenständlichen Versicherung spreche auch die Risikoabsicherung der Mitbewohnerin.
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Die Antragstellerin hat eine Leseabschrift des Versicherungsscheines des Versicherungsbüros G zur Gerichtsakte gereicht und beantragt sinngemäß,
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den Beschluss des Sozialgerichts vom 07. Dezember 2005 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung seit Januar 2005, hilfsweise seit November 2005 zu gewähren.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
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II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
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Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO -).
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Bereits der erforderliche Anordnungsgrund dürfte nicht glaubhaft gemacht sein. Voraussetzung dafür ist, dass einem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen, nicht zumutbar ist, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86 b Anm. 28).
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Soweit die Antragstellerin Leistungen nach § 41 SGB XII für die Zeit vor Antragstellung beim Sozialgericht (21. November 2005) begehrt, ergibt sich das Fehlen eines Anordnungsgrundes bereits daraus, dass Leistungen im Antragsverfahren nach § 86 b Abs. 2 SGG nicht für die Vergangenheit beansprucht werden können. Aber auch für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht überwiegend wahrscheinlich.
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Die Antragstellerin, die zur Abwendung einer vorgetragenen Notlage Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach den §§ 41, 42 SGB XII in Verbindung mit §§ 28, 29 SGB XII begehrt, hat das Angebot des Antragsgegners, Leistungen darlehensweise nach § 91 SGB XII bis zur Beendigung des Versicherungsvertrages mit der Auszahlung der Versicherungssumme zu diesem Zeitpunkt (April 2009) zu gewähren, abgelehnt. Dabei ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen ihr bis zur Klärung der Frage im Hauptsacheverfahren, ob sie Anspruch auf darlehensfreie Leistungen nach §§ 41, 42 SGB XII hat, die Inanspruchnahme der Darlehensleistung zur Abwendung der von ihr vorgetragenen Notlage nicht zumutbar sein soll. Nach § 91 SGB XII soll Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden, soweit für den Bedarf der Nachfragenden Vermögen einzusetzen und der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist. Die Vorschrift bietet dem Hilfeträger die Möglichkeit, trotz vorhandenen Einkommens und Vermögens flexibel auf einen Hilfefall zu reagieren. Wird eine darlehensweise Gewährung vom Antragsgegner angeboten, so ist der Hilfebedürftige bei der Beurteilung der Frage, ob ein die Annahme eines Anordnungsgrundes begründender Nachteil i.S. des § 86b Abs. 2 SGG vorliegt, zur Abwendung der Notlage vorrangig auf die Inanspruchnahme der darlehensweisen Gewährung zu verweisen. Im vorliegenden Fall dürfte dem nicht entgegenstehen, dass hinsichtlich der Versicherungssumme für den Fall des Todes der Antragstellerin G. bezugsberechtigt ist, weil sich aus dem Versicherungsvertrag keine Verfügungsbeschränkung hinsichtlich der Bezugsberechtigung während der Laufzeit des Vertrages ergibt.
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Letztlich konnte der Senat dies dahinstehen lassen, weil kein Anordnungsanspruch besteht. Die Antragstellerin hat nach der unter den Bedingungen des Eilverfahrens gebildeten Rechtsüberzeugung (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren, 4. Auflage 1998, Anm. 351 f. m.w.N.) keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII.
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Gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII können Personen, bei denen – wie bei der Antragstellerin – eine Erwerbsminderung nach § 45 SGB XII festgestellt worden ist, Leistungen der Grundsicherung erhalten, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können (§ 41 Abs. 2 SGB XII). Zu Recht hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. Juli 2005 angenommen, dass die Antragstellerin zunächst ihren notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Vermögen in Form des Rückkaufswertes der UPR bestreiten kann.
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Nach § 41 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen vom Hilfebedürftigen einzusetzen. Zum Vermögen gehören auch Zahlungen aus Lebensversicherungen und Geldleistungen in Form von Rückkaufswerten aus Versicherungen (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 90 SGB XII m.w.N.), soweit die Vermögenswerte verwertbar sind. Die Antragstellerin ist berechtigt, den mit der A. geschlossenen Versicherungsvertrag zum 15. April 2006 (Ablauf des Versicherungsjahres) zu kündigen. Bei Kündigung hat sie Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes in Höhe von mindestens 15 990,00 € (Stand: Oktober 2004). Hinsichtlich dieses Rückkaufswertes ist sie auch bezugsberechtigt. Die Zahlung der Versicherungsbeiträge durch G. führt nach dem Versicherungsvertrag nicht dazu, dass diese auch Bezugsberechtigte im Falle der Kündigung des Vertrages ist. G. ist nach dem Versicherungsvertrag allein im Todesfall der Antragstellerin bezugsberechtigt.
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Die Kündigung des Versicherungsvertrages ist auch nicht ausgeschlossen. Ein Ausschluss ergibt sich nicht aus dem Vertrag; ein solcher folgt auch nicht aus dem VVG. Aus den auf die abgeschlossene Unfallversicherung anwendbaren Vorschriften der §§ 179 ff. VVG ergibt sich kein Ausschluss des Kündigungsrechts. § 165 VVG gilt für die UPR nicht. Nach § 180 VVG gelten die Vorschriften der §§ 166 bis 168 VVG, wenn als Leistung der Unfallversicherung die Zahlung eines Kapitals vereinbart worden ist. Ausdrücklich ist damit nicht die entsprechende Geltung des § 165 VVG geregelt worden. Auch aus der Art der Unfallversicherung als Versicherung mit Beitragsrückgewähranspruch mit Kapitalbildung, einer Mischform zwischen kapitalbildender Lebensversicherung und Unfallversicherung (Knappmann in: Prolss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 25. Auflage, § 179 Anm. 2), folgt nicht die Anwendung der Vorschriften des VVG zu den Lebensversicherungen, weil die Elemente der Unfallversicherung überwiegen (Knappmann, a. a. O.). Selbst bei entsprechender Anwendung des § 165 Abs. 3 VVG entfiele hier das Kündigungsrecht nicht. Nach § 165 Abs. 3 VVG entfällt das Kündigungsrecht (§ 165 Abs. 1, Abs. 2 VVG) bei einem für die Altersvorsorge bestimmten Versicherungsvertrag, bei dem der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer eine Verwertung vor dem Eintritt in den Ruhestand ausgeschlossen hat. Einen solchen Ausschluss hat die Antragstellerin mit der UPR nicht vereinbart. Die Unfallversicherung wurde gerade nicht in erster Linie zur Altersvorsorge abgeschlossen, sondern zur Absicherung eines Einkommensausfalls infolge eines Unfalls. Für einen Versicherungsvertrag zur Altersvorsorge hätte sich eine kapitalbildende Lebensversicherung mit erstmaliger Verwertbarkeit zum Eintritt in den Ruhestand angeboten. Nachvollziehbar trägt die Antragstellerin vor, dass sie sich während ihrer Selbständigkeit selbst gegen Risiken habe versichern müssen. Dies hat sie für den Fall eines Erwerbseinkommensausfalls vor Erreichen des Ruhestandes mit der UPR getan. Dass mit der UPR auch eine Kapitalversicherung auf den Todes- sowie Erlebensfall verbunden ist, ändert nichts daran, dass die Versicherung nicht für die Altersvorsorge bestimmt war, und auch aus der Absicht, die 2009 fällige Kapitalsumme als Altersvorsorgekapital zu nutzen, ergibt sich nichts anderes.
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Die Verwertung des Rückkaufswertes ist auch nicht nach § 90 Abs. 2 Nrn. 1 bis 9 SGB XII, insbesondere nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII, ausgeschlossen, weil es sich nicht um eine zusätzliche Altersversorgung im Sinne dieser Vorschrift handelt. Auch die Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII steht dem Einsatz des Vermögens nicht entgegen. Danach darf die Sozialhilfe, d.h. auch die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung, nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde; bei Leistungen auch nach dem 4. Kapitel (Leistungen Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) ist dies nach § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII vor allem der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. In § 90 Abs. 3 SGB XII hat der Gesetzgeber die vorher in § 88 Abs. 3 Bundessozialhilfegesetz – BSHG – bestehende Regelung übernommen. Nach der Rechtsprechung zu § 88 Abs. 3 BSHG war der Einsatz einer Kapitallebensversicherung mit ihrem Rückkaufswert im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt nicht zu beanstanden, selbst wenn sie vom Hilfesuchenden zur Alterssicherung bestimmt war, er aber über das Kapital aus der Versicherung jederzeit frei verfügen konnte (Bundesverwaltungsgericht – BVerwG -, Urteil vom 13. Mai 2004, 5 C 3/03, BVerwGE 121, 34-37). Da der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Rechtsprechung hinsichtlich der Grundsätze zur Verwertbarkeit von Vermögen im Rahmen der Leistungen nach dem SGB XII keine Änderungen zum Recht nach dem BSHG vorgenommen, sondern die Vorschrift in § 90 Abs. 3 SGB III übernommen hat, ist von diesen Grundsätzen auch weiter auszugehen. Auch § 90 Abs. 3 SGB XII soll atypische Teilkonstellationen im Einzelfall erfassen, d. h. solche Umstände, die nicht schon von den Regelungen über das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 SGB XII erfasst werden. Die durch Verwertung des Vermögens gefährdete Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung kann dabei zwar eine Härte darstellen, da aber bereits § 90 Abs. 2 SGB XII Alterssicherungsvermögen erfasst, müssen im Rahmen des § 90 Abs. 3 SGB XII weitere Erwägungen im Einzelfall durchgreifen. Voraussetzung ist jedenfalls, dass das Vermögen auch nachweisbar für den Zweck der Alterssicherung verwendet werden sollte; bloße Absichten oder unverbindliche Erwägungen können nicht ohne weiteres zur Herausnahme eines Teils des zu verwertenden Vermögens führen. Ausgeschlossen sind von der Herausnahme der Verwertung jedenfalls Sparformen, die den Berechtigten ein frei verfügbares, rechtlich keinen inhaltlichen Bindungen unterworfenes Kapital gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2004, 5 C 3/03, a. a. O.). Denn bei solchen Sparformen ist nicht sichergestellt, dass – auch wenn entsprechende Absichten bestehen – das verwertbare Vermögen auch tatsächlich zur Sicherung der Altersvorsorge eingesetzt wird. Die Antragstellerin kann nach der Kündigung jederzeit frei, ohne rechtliche Bindungen, über den Rückkaufswert aus ihrer UPR verfügen; dies gilt auch nach Ablauf der Versicherung für den ihr dann zustehenden Kapitalbetrag, so dass für eine Herausnahme aus der grundsätzlichen Verwertbarkeit dieses Vermögensbestandteils kein Raum ist.
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Offen bleiben kann, ob die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – zum Verwertungsschutz einer Kapitallebensversicherung bei Beziehern von Leistungen der Arbeitslosenhilfe auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII übertragbar ist (dagegen: Bayerisches LSG, Beschluss vom 14.06.2005, L 11 B 206/05 SO ER, Breith 2005, 774-776; BVerwG a.a.O. zu § 88 Abs. 3 BSHG), weil sich für diesen Fall hieraus nichts anderes ergeben würde. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BSG für die Zeit vor dem 01. Januar 2005 für die Härtefallprüfung des § 193 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III – auf die Voraussetzung einer vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit der Lebensversicherung zu verzichten und lediglich zu prüfen, ob vorhandene Lebensversicherungsverträge nach der subjektiven Zweckbestimmung der Altersvorsorge dienten, weil Versicherungsnehmer die Voraussetzungen des erst am 01. Januar 2005 in Kraft getretenen § 12 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II – üblicherweise von vornherein dadurch nicht erfüllen konnten, weil der den Ausschluss eines Kündigungsrechts einer Lebensversicherung ermöglichende § 165 Abs. 3 VVG erst zum 1. Januar 2005 eingefügt worden ist. Die Antragstellerin hat jedoch keine Lebensversicherung abgeschlossen, sondern eine Unfallversicherung.
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Es mag zwar sein, dass der Antragstellerin durch den geforderten Einsatz des Rückkaufswertes der UPR der andernfalls mögliche Aufbau eines Altersvermögens bei Ablauf des Versicherungsvertrages verhindert wird. Dies stellt aber keinen die Annahme einer Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII rechtfertigenden Umstand dar. Letztlich hat sich für die Antragstellerin durch den Eintritt der Erwerbsminderung ein Risiko, nämlich der Einkommensausfall wegen gesundheitsbedingter Erwerbsminderung, verwirklicht, für dessen Eintritt im Falle eines Unfalls die UPR abgeschlossen worden ist. § 90 Abs. 3 SGB XII hat nicht den Zweck, einem Bedürftigen die Vermögensbildung zu ermöglichen (vgl. zu § 88 Abs. 3 BSHG: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 27. September 2005, 12 BV 03.1439, zitiert nach juris). Es gehört zu den allgemeinen Lebensrisiken, für andere (spätere) Zwecke zurückgelegtes Kapital vorzeitig (auch unter Inkaufnahme eines Verlustes) zur Deckung eines unerwarteten Bedarfs im Rahmen des SGB XII einzusetzen.
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Die Frage, ob – bei entsprechender Zweckbestimmung zur Altersvorsorge – der abgeschlossene Versicherungsvertrag seiner Höhe nach überhaupt zur Sicherung einer angemessenen Lebensführung im Alter ausreichend bemessen ist, um es der Antragstellerin voraussichtlich langfristig zu ermöglichen, unabhängig von Sozialhilfe zu leben, kann dahinstehen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.