BGH, Urteil vom 22.10.2009 – I ZR 119/07
Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung, dem beklagten Transportunternehmen seien die in den Rechnungen aufgeführten Waren übergeben worden, anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls bilden. Für die Überzeugungsbildung des Gerichts ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis des Inhalts eines Pakets vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der beklagte Transporteur dagegen keine substantiierten Einwände erhebt.
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Juni 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 46.841,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. März 2003 hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision einschließlich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist führender Transportversicherer der A. GmbH und ihrer Konzerngesellschaften (im Weiteren: Versenderin). Er nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versenderin wegen Verlustes von Transportgut in 105 Fällen auf Schadensersatz in Anspruch. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur noch 65 Schadensfälle.
Die Versenderin beauftragte die Beklagte im Zeitraum von August 1999 bis Juni 2001 laufend mit Paketbeförderungen innerhalb Deutschlands. Der Kläger hat behauptet, in 65 Fällen seien die von der Beklagten übernommenen Sendungen auf dem Transportweg vollständig oder teilweise in Verlust geraten. In den verlorengegangenen Paketen hätten sich die von ihm, dem Kläger, angegebenen Waren mit den von ihm genannten Werten befunden. Der durch die Verluste entstandene Schaden belaufe sich auf insgesamt 116.226,63 Euro.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte hafte für die Verluste in voller Höhe, da sie nicht in der Lage sei, den Verbleib der verlorengegangenen Sendungen aufzuklären. Er hat die Beklagte daher in den noch anhängigen 65 Schadensfällen auf Zahlung von 116.226,63 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Die Beklagte hat demgegenüber insbesondere geltend gemacht, der Inhalt der verlorengegangenen Pakete sei nicht nachgewiesen. Zudem müsse sich der Kläger ein Mitverschulden der Versenderin unter den Gesichtspunkten der unterlassenen Wertdeklaration und des unterlassenen Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens zurechnen lassen.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch anhängigen Schadensfälle in Höhe von 116.226,63 Euro stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Beklagte insoweit unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 86.826,73 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Der Senat hat die Revision der Beklagten beschränkt auf die Schadensfälle 1 bis 9, 12 bis 25, 27, 37, 39, 41, 42, 43, 45, 47, 48, 51, 53, 58 bis 60, 62, 64, 66, 69, 71 bis 78, 80 bis 83, 85, 87 bis 90, 93, 95, 98, 99 und 103 bis 105 zugelassen. In diesem Umfang verfolgt die Beklagte mit der Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger war im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Revision trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten. Die Beklagte beantragt, über ihr Rechtsmittel durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
I. Die Entscheidung hat angesichts der Säumnis des Klägers und Revisionsbeklagten im Termin zur Verhandlung über die Revision durch Versäumnisurteil zu ergehen. Sie beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern ist eine Entscheidung in der Sache, die ebenso ergangen wäre, wenn der Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung ordnungsgemäß vertreten gewesen wäre (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
II. Das Berufungsgericht hat dem Kläger hinsichtlich der 65 im Revisionsverfahren noch anhängigen Schadensfälle einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 86.826,73 Euro nebst Zinsen aus § 425 Abs. 1, § 435 HGB i.V. mit § 398 BGB zuerkannt. Zur Begründung hat es – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – ausgeführt:
Soweit sich die Beklagte gegen den vom Landgericht festgestellten Inhalt und Wert der verlorengegangenen Pakete wende, stünden die vorgelegten Lieferpapiere mit dem jeweiligen vom Kläger behaupteten Sachverhalt in Einklang. Das Vorbringen der Beklagten, die vom Kläger vorgelegten Unterlagen stützten seine Darstellung nicht positiv, da die zu einem Schadensfall eingereichten Dokumente untereinander nicht korrespondierten, erforderliche Unterlagen fehlten und bei Teilverlusten der Inhalt gerade des verlorengegangenen Pakets nicht erkennbar sei, könne nach § 531 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren nicht mehr zugelassen werden. Die Beklagte hätte sich bereits in erster Instanz mit den vom Kläger zu den Akten eingereichten Schadensunterlagen auseinandersetzen und diejenigen Einwendungen erheben müssen, mit denen sie jetzt ihre Berufung gegen die Feststellungen des Landgerichts zum Inhalt und Wert der in Verlust geratenen Pakete begründe.
Der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei aber wegen eines ihm zuzurechnenden Mitverschuldens der Versenderin, die in allen Fällen eine Wertdeklaration unterlassen habe, in den noch streitgegenständlichen Verlustfällen um 28.023,52 Euro zu kürzen. Die Versenderin habe aufgrund der Regelungen in Nummer 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten in der Fassung von Februar 1998 davon ausgehen müssen, dass die Beklagte Pakete mit einer Wertdeklaration sorgfältiger behandeln würde. Es stehe auch fest, dass die Beklagte Pakete, bei denen auf dem Frachtbrief eine Wertdeklaration von mehr als 2.500 Euro eingetragen sei, unter zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen befördere. Dies gelte allerdings nicht für im sogenannten EDI-Verfahren eingelieferte Pakete. Sofern „EDI-Kunden“ ihre Wertpakete dem Abholfahrer getrennt von den Standardpaketen übergeben würden, finde anschließend weder das von den Sendungen mit Papierfrachtbriefen her bekannte und auf solche beschränkte Pre-sheet-Verfahren noch eine andere Sonderbehandlung statt.
Ein Mitverschulden der Versenderin gemäß § 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB wegen Unterlassens eines Hinweises auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens komme nicht in Betracht, weil dieses Versäumnis der Versenderin nicht zur Schadensentstehung beigetragen habe.
III. Die Revision der Beklagten hat im Umfang ihrer Zulassung Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit dieses über einen Betrag von 46.841,20 Euro hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO mit ihren Einwänden ausgeschlossen, die sie erstmals in der Berufungsinstanz gegen die vom Kläger zum Schadensnachweis vorgelegten Unterlagen vorgebracht hat. Die Angriffe der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Mitverschulden der Versenderin sind dagegen unbegründet.
1. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht die von der Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz vorgebrachten Einwendungen gegen die vom Kläger vorgelegten Unterlagen zum Schadensnachweis gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen hat.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln i.S. des § 531 ZPO gehöre auch die Auseinandersetzung mit der Frage, ob die vom Gegner vorgelegten Unterlagen geeignet seien, einen Anscheinsbeweis zu begründen. Diese Fallgestaltung sei insoweit nicht anders zu beurteilen als beispielsweise die Auseinandersetzung mit einem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten. Die Beklagte habe in ihrer Klageerwiderung und in ihrem Schriftsatz vom 2. April 2003 lediglich pauschal den Paketinhalt und -wert bestritten und dazu unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Berufungsgerichts ausgeführt, dass die Vorlage von Rechnungen und Lieferscheinen zum Nachweis von Paketinhalten nicht ausreiche. Der Kläger habe bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Liefer- oder Warenbegleitscheine vorgelegt gehabt. Dies sei mit Schriftsatz vom 6. Januar 2004 nachgeholt worden. Das Landgericht habe im Anschluss daran einen Beweisbeschluss zum Inhalt derjenigen Pakete erlassen, für die entweder überhaupt keine Lieferscheine/Warenbegleitscheine oder lediglich solche mit dem Zusatz „Kommission“ vorgelegt worden seien. Vor diesem Hintergrund habe es für die Beklagte nicht zweifelhaft sein können, dass das Landgericht in denjenigen Schadensfällen, in denen es keine Beweiserhebung angeordnet habe, den Nachweis des behaupteten Schadens als erbracht angesehen habe. Dementsprechend hätte sich die Beklagte bereits in erster Instanz mit den zum Schadensnachweis vorgelegten Unterlagen auseinandersetzen und die erst im Berufungsverfahren geltend gemachten Einwendungen erheben müssen. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
b) Die Revision beanstandet mit Erfolg, dass das Berufungsgericht erneute Feststellungen zum Umfang des durch die Warenverluste entstandenen Schadens verfahrensfehlerhaft abgelehnt hat.
aa) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1, Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (BGHZ 158, 269, 272; 159, 254, 258; MünchKomm.ZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl., § 529 Rdn. 17). Ein solcher Zweifel begründender Verfahrensfehler liegt insbesondere vor, wenn die im erstinstanzlichen Urteil getroffenen Feststellungen auf einer unvollständigen oder in sich widersprüchlichen Beweiswürdigung beruhen oder wenn die Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGHZ 158, 269, 273 m.w.N.).
bb) Hiernach begründen konkrete – von der Beklagten vorgetragene – Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Landgericht zum Schadensumfang getroffenen Feststellungen.
(1) Das Landgericht hat angenommen, der Inhalt der abhandengekommenen Pakete stehe aufgrund der vom Kläger vorgelegten Rechnungen und Lieferscheine – ausgenommen die Fälle 101 und 102 – fest, da zu seinen Gunsten der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass die Sendungen den behaupteten Inhalt gehabt hätten. Diesen Anscheinsbeweis habe die Beklagte nicht durch ihren Vortrag erschüttert, da sie sich lediglich darauf beschränkt habe, den Inhalt der Pakete mit Nichtwissen zu bestreiten und „ins Blaue hinein“ vorgetragen habe, Rechnungen und Lieferscheine seien nicht an den genannten Daten erstellt worden und der jeweiligen Sendung beigefügt gewesen. Es sei auch unerheblich, dass in einigen Fällen lediglich ein Teil der aus mehreren Paketen bestehenden Sendung verlorengegangen sei. Denn gerade in solchen Fällen sei die Annahme des Anscheinsbeweises gerechtfertigt, weil ein Versender nicht im Voraus wissen könne, welcher Teil der Sendung nicht ankommen werde.
(2) Die Beklagte hat demgegenüber in ihrer Berufungsbegründung vorgetragen, in den Schadensfällen 1 bis 9 und 12 bis 24 seien die Empfänger der auszuliefernden Waren nicht identisch mit den in den vorgelegten Rechnungen genannten Käufern. Die Rechnungen könnten daher den einzelnen Transportfällen nicht zugeordnet werden. In den Schadensfällen 25, 27, 41, 42, 51, 62, 64, 66, 69, 71, 73 bis 78, 80 bis 83, 85, 87 bis 90, 93, 95, 98, 99 und 103 bis 105 fehle es ebenfalls an der erforderlichen Übereinstimmung zwischen den vorgelegten Liefer- und Warenbegleitscheinen einerseits und den dazu eingereichten Rechnungen andererseits. Die vorgelegten Nachweise gäben deshalb keinen Aufschluss über die Waren, die sich in den verlorengegangenen Paketen befunden haben sollen und seien damit für einen Anscheinsbeweis ungeeignet. Bei den Schadensfällen 3, 4, 8, 9, 12, 16, 21, 37, 39, 42, 43, 45, 47, 48, 53, 58 bis 60, 62, 66, 69, 71 bis 74, 78, 80 bis 82, 85, 87 bis 90, 93, 99 und 105 sei nicht die gesamte aus mehreren Paketen bestehende Sendung, sondern lediglich ein Teil der Sendung in Verlust geraten. Weder aus den eingereichten Liefer- und Warenbegleitscheinen noch aus den vorgelegten Rechnungen ergebe sich, welchen Inhalt die konkret verlorengegangenen Pakete gehabt hätten. Die vorgelegten Dokumente seien damit für einen Anscheinsbeweis ungeeignet.
(3) Dieser vom Berufungsgericht zurückgewiesene Vortrag der Beklagten war geeignet, Zweifel i.S. von § 529 Abs. 1 Nr. 1, Halbs. 2 ZPO an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegt der Beweis für den Inhalt und den Wert eines verlorengegangenen Pakets der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung, dem beklagten Transportunternehmen seien die in den Rechnungen aufgeführten Waren übergeben worden, daher anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls bilden. Für die Überzeugungsbildung ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis des Inhalts eines Pakets vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der beklagte Transporteur dagegen keine substantiierten Einwände erhebt (BGH, Urt. v. 28.9.2006 – I ZR 198/03, TranspR 2007, 110 Tz. 24; Urt. v. 20.9.2007 – I ZR 44/05, TranspR 2008, 163 Tz. 34 f. m.w.N.). Der Tatrichter muss allerdings prüfen, ob die zum Nachweis eines behaupteten Schadens vorgelegten Dokumente in sich schlüssig und geeignet sind, den Vortrag des Anspruchstellers zum entstandenen Schaden zu belegen. Die Beklagte hat mit ihren Einwänden gegen die Feststellungen des Landgerichts zum Schadensumfang geltend gemacht, die Beweislage, auf die das Landgericht seine Überzeugung gestützt habe, genüge nicht den Anforderungen, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden seien.
cc) Dieses Vorbringen der Beklagten durfte das Berufungsgericht nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt lassen. Dem erstinstanzlichen Tatrichter oblag bereits die Prüfung, ob die vom Kläger vorgelegten Unterlagen Mängel und Unvollständigkeiten aufweisen mit der Folge, dass sie nicht geeignet sind, den Vortrag des Klägers zum Schadensumfang zu stützen. Bei dem Vortrag, mit dem eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt wird, handelt es sich daher nicht um ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S. des § 531 ZPO. Dementsprechend hätte das Berufungsgericht die von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände gegen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen zum Umfang des durch die Warenverluste entstandenen Schadens berücksichtigen müssen.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht im Falle der Berücksichtigung der Einwände der Beklagten zu der Annahme gelangt wäre, die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen reichen als Beleg für den behaupteten Schaden zumindest teilweise nicht aus mit der Folge, dass der Kläger jedenfalls in diesem Umfang beweisfällig geblieben wäre.
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Mitverschulden der Versenderin halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung dagegen stand.
a) Die Revision macht geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Verletzung von § 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 1 BGB, soweit das Berufungsgericht in den Schadensfällen 12, 23, 24, 51, 71 bis 73, 80 bis 82, 85, 88 bis 90, 93, 95 und 103 eine Schadensmitverursachung der Versenderin wegen unterlassener Wertdeklaration verneint habe. Das Berufungsgericht sei in den genannten Schadensfällen davon ausgegangen, dass die Beklagte Pakete mit einer Wertdeklaration von mehr als 2.500 Euro unter zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen befördere, diese Vorkehrungen aber nicht gegriffen hätten, wenn die Parteien des Transportvertrags – wie im Streitfall – für den Zeitraum bis Ende 2004 das beleglose sogenannte EDI-Verfahren angewendet hätten. Aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe ergebe sich, dass das Berufungsgericht in den genannten Schadensfällen davon ausgegangen sei, dass die Versenderin und die Beklagte in diesen Fällen eine Beförderung im EDI-Verfahren vereinbart hätten.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei anerkannt, dass ein Versender eine gewichtige Obliegenheit verletze, wenn er für hochwertiges Transportgut keine angemessene Versendungsart wähle, insbesondere auf die vom Frachtführer angebotenen weitergehenden Schutzvorkehrungen verzichte und so freiwillig ein erhöhtes Verlustrisiko in Kauf nehme. Das sei der Versenderin mit der Wahl des EDI-Verfahrens vorzuwerfen mit der Folge, dass ihr entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB anzulasten sei.
b) Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Es kann der Versenderin nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie das von der Beklagten angebotene „EDI-Verfahren“ für den Versand von Paketen mit einem Inhalt von mehr als 2.500 Euro genutzt hat. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, die Versenderin darauf hinzuweisen, dass in diesem von ihr angebotenen Verfahren Wertpakete nicht anders als Standardsendungen behandelt werden. Die Beklagte hatte es selbst in der Hand, die Versenderin darüber aufzuklären, dass eine Beförderung unter zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen nur stattfindet, wenn für das Paket ein Frachtbrief ausgestellt und in diesem eine Wertdeklaration von mehr als 2.500 Euro eingetragen wird.
c) Die Revision wendet sich auch vergeblich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein Mitverschulden der Versenderin wegen Unterlassens eines Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens (§ 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) komme nicht in Betracht. Die Revision meint, im Revisionsverfahren sei davon auszugehen, dass eine Bereitschaft der Versenderin zur Zahlung eines höheren Beförderungsentgelts für Wertpakete nicht bestanden habe. Sofern ein Versender einen besonders hohen Wert der Sendung zwar mitteile, sich aber gleichzeitig weigere, eine förmliche Wertdeklaration gegen ein entsprechend höheres Beförderungsentgelt vorzunehmen, zeige er ein Verhalten, das nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte nur als Ausdruck des bestimmten Willens aufgefasst werden könne, das Transportgut als Standardsendung versenden zu wollen. Daran müsse sich der Versender festhalten lassen. Er verwirke deshalb die Möglichkeit, im Rahmen des Mitverschuldenseinwands gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB Vorteile daraus zu ziehen, dass er den Frachtführer auf den ungewöhnlich hohen Wert der Sendung hingewiesen, dieser die Sendung aufgrund der Weigerung jedoch wie eine Standardsendung befördert habe.
d) Mit diesem Vorbringen vermag die Revision schon deshalb nicht durchzudringen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Versenderin sich geweigert hat, ein über den Standardtarif hinausgehendes Beförderungsentgelt zu zahlen. Den Ausführungen des Berufungsgerichts lässt sich eine derartige Annahme nicht entnehmen. Ebenso wenig kann den Darlegungen des Berufungsgerichts entnommen werden, dass es die Auffassung vertreten hat, der Mitverschuldenseinwand gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB sei ausgeschlossen, wenn ein Kunde der Beklagten den ungewöhnlich hohen Wert der Sendung zwar mitteile, sich jedoch gleichzeitig weigere, eine mit höherem Beförderungsentgelt verbundene förmliche Wertdeklaration vorzunehmen, und die Beklagte daraufhin die Beförderung im Standardtarif vornehme.
IV. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht über einen Betrag von 46.841,20 Euro (Summe der für die Schadensfälle 26, 28, 29, 31 bis 36, 38, 40, 44, 49, 50, 52, 54 bis 57, 61, 63, 65, 67, 70, 79, 86, 91, 92, 94, 96, 97, 101 und 102 zugesprochenen Schadensersatzbeträge) nebst Zinsen hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision einschließlich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.