Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19. November 2020 – 7 U 214/19
Begeht ein Verbandsfußballspieler vorsätzlich ein brutales Foulspiel im Sinne der Regeln des Deutschen Fußballbundes, so haftet er für die dadurch hervorgerufenen Verletzungen seines Gegners.
Das hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in der letzten Woche entschieden.
Zum Sachverhalt: Der Kläger war Stürmer, der Beklagte spielte auf einer Verteidigerposition. Sie gehörten unterschiedlichen Fußballmannschaften an. Im Mai 2017 trafen die beiden Fußballmannschaften in einem Kreisklassenpunktspiel aufeinander. In der 8. Spielminute nahm der Kläger in Höhe des Mittelkreises einen Ball an und wollte diesen weiterspielen. Dazu kam es nicht mehr, weil er von dem Beklagten gefoult wurde. Der Schiedsrichter ahndete das Foul mit einer roten Karte. Der Kläger erlitt infolge des Foulspiels erhebliche Verletzungen. Er verlangt nun von dem Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld und die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm auch zukünftig entstehende Schäden zu ersetzen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers vor dem Oberlandesgericht hatte Erfolg. Der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Aus den Gründen: Der Beklagte hat sich gegenüber dem Kläger schadensersatzpflichtig gemacht, denn er hat ein grobes Foulspiel im Sinne der Regel 12 der Fußball-Regeln des Deutschen Fußballbundes (DFB) für die Saison 2016/2017 begangen und die schwerwiegende Verletzung des Klägers bedingt vorsätzlich billigend in Kauf genommen.
Die Haftung für Verletzungen bei spielerischen Wettkämpfen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial, wie etwa einem Fußballspiel, ist grundsätzlich reduziert. Insoweit ist davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer die Verletzungen in Kauf nimmt, die auch bei einer Sportausübung nach den anerkannten Regeln nicht zu vermeiden sind. Handelt es sich um ein Fußballverbandsspiel, so bieten die Fußballregeln des DFB einen wichtigen Maßstab dafür, was als ordnungsgemäßes Spielverhalten anzusehen ist. Jedoch führt nicht jeder objektive Regelverstoß zwingend zu einer Schadensersatzverpflichtung. Entscheidend ist vielmehr der Grad des Regelverstoßes und das Maß des Verschuldens, das den Verletzer trifft.
Hier hat der Beklagte einen erheblichen Regelverstoß begangen und die schwere Verletzung des Klägers billigend in Kauf genommen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagte ein „brutales Spiel“ im Sinne der Regel 12 des DFB begangen hat. Er hat dieses grobe Foul begangen, ohne dass die Spielsituation einen Anlass dafür bot. Er hatte keine realistische Möglichkeit, den Ball zu erobern.
Quelle: Pressemitteilung 12/2020 des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 24.11.2020