BGH, Urteil vom 05.02.2013 – VI ZR 274/12
§ 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ist analog auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22. April 2009, IV ZR 160/07, BGHZ 180, 272; Aufgabe von BGH, Urteil vom 1. Dezember 1987, VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257).(Rn.8)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Mai 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung von dem beklagten Haftpflichtversicherer – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – aus gemäß § 116 Abs. 1 SGB X übergegangenem Recht die Erstattung von Aufwendungen, die sie für ihre Versicherte R. erbracht hat und künftig erbringen muss. Die Versicherte erlitt am 29. Mai 1993 einen Verkehrsunfall, bei dem sie schwer verletzt wurde. Zu dem Unfall kam es, weil der Versicherungsnehmer J. der Beklagten mit seinem Kraftfahrzeug, in dem sich die Versicherte als Beifahrerin befand, aufgrund Übermüdung von der Fahrbahn abkam. J. verstarb an der Unfallstelle. Die volle Haftung der Beklagten steht außer Streit. Die Klägerin gewährte ihrer Versicherten unfallbedingt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben, die sie in Höhe von 84.976,12 € erstattet verlangt. Die Beklagte ist der Auffassung, einem Anspruchsübergang auf die Klägerin stehe das Familienprivileg (§ 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X) entgegen, denn R. und J. seien Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gewesen und hätten in häuslicher Gemeinschaft gelebt. Das Landgericht hat die Klage, soweit nicht durch Teilanerkenntnisurteil zugesprochen, durch Schlussurteil abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, weil die analoge Anwendung von § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X auf nichteheliche Lebensgemeinschaften in der Literatur umstritten sei und diese Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt sei.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in r+s 2012, 570 veröffentlicht ist, verneint Ansprüche der Klägerin aus gemäß § 116 Abs. 1 SGB X übergegangenem Recht. Es ist der Auffassung, der in § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X normierte Haftungsausschluss, nach dem ein Anspruchsübergang bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch Familienangehörige, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft leben, ausgeschlossen ist, sei auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft analog anwendbar. Eine Erstreckung des Schutzbereichs der Vorschrift auch auf Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft sei aus denselben Erwägungen heraus geboten, mit denen der Bundesgerichtshof eine analoge Anwendung von § 67 Abs. 2 VVG a.F. bejaht habe (BGH, Urteil vom 22. April 2009 – IV ZR 160/07, BGHZ 180, 272 Rn. 17). Höherrangiges Recht, insbesondere Art. 6 Abs. 1 GG, stehe einer Einbeziehung nicht entgegen (BVerfGE 82, 6, 15; 9, 20, 34 f.). Abgrenzungsschwierigkeiten, die für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. Dezember 1987 noch ausschlaggebend gewesen seien (Senatsurteil vom 1. Dezember 1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 263 ff.), könnten mit Blick auf den durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts herausgearbeiteten Begriff der nichtehelichen Lebensgemeinschaft (BVerfGE 87, 234, 264 f.) und dessen weite Akzeptanz (etwa BGH, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 13. Januar 1993 – VIII ARZ 6/92, BGHZ 121, 116, 124; BVerwGE 98, 195, 197 ff.; BSGE 72, 125, 127) als ausgeräumt betrachtet werden. So habe auch der für die Auslegung des § 116 Abs. 6 SGB X primär zuständige VI. Zivilsenat auf Anfrage des IV. Zivilsenats erklärt, an seiner diesbezüglichen Rechtsauffassung nicht mehr festhalten zu wollen (BGH, Urteil vom 22. April 2009 – IV ZR 160/07, aaO).
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Die gegen eine Übernahme dieser Rechtsprechung auf die Sozialversicherung in der Literatur und von der Klägerin angeführten Argumente überzeugten nicht. Zum Schutz der in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen reiche der nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB IV mögliche (Teil-)Erlass von Ansprüchen durch den Versicherungsträger nicht aus. Die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke liege vor. Der Gesetzgeber habe die Frage inzwischen im Zuge der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes für die private Versicherung dahin klargestellt, dass er das Angehörigenprivileg in § 86 Abs. 3 VVG auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft erstreckt habe. Hieraus lasse sich indes nicht folgern, dass der Gesetzgeber nunmehr die Regressfrage für die private Versicherung und die Sozialversicherung unterschiedlich regeln und die Anwendung des Angehörigenprivilegs auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft auf das Privatversicherungsrecht beschränken wollte. Aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/3945, S. 82) lasse sich ein solcher Schluss nicht ziehen, denn diese schwiegen zu dieser Frage. Das Sozialversicherungsrecht sei nicht Thema der VVG-Reform gewesen. Es habe daher kein Anlass bestanden, alle anderen Gesetze an diesen im Zusammenhang mit der gesamten VVG-Reform unbedeutenden Punkt anzupassen. Angesichts der Tatsache, dass § 67 Abs. 2 VVG a.F. und § 116 Abs. 6 SGB X bisher stets gleich ausgelegt worden seien und auch der Gesetzgeber bei Schaffung des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X von einer Vergleichbarkeit ausgegangen sei, hätte es näher gelegen, dass er – wenn er das Problem gesehen hätte – hierzu ausdrücklich Stellung bezogen hätte. Einer Analogie könne auch nicht entgegengehalten werden, dass eine Einbeziehung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in den Schutzbereich des Angehörigenprivilegs Aufgabe des Gesetzgebers und nicht Aufgabe der Rechtsprechung sei. Eine solche Sichtweise lasse die hinter den gesetzlichen Regelungen stehenden Wertungsgesichtspunkte außer Acht.
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Zwar komme das Angehörigenprivileg bei einer Inanspruchnahme durch einen Sozialhilfeträger – insbesondere wegen des Nachrangs des Sozialhilferechts – nicht zur Anwendung, doch gelte dies nach gefestigter Rechtsprechung nicht für das Erstattungsverlangen von Sozialversicherungsträgern. Hier bleibe es bei dem mit dem Direktanspruch (§ 3 PflVG a.F., jetzt § 115 VVG n.F.) verbundenen Akzessorietätsgedanken, wonach dieser Anspruch der Sicherung der Forderung des Geschädigten diene und deshalb in seinem Bestand und seinen Wirkungen grundsätzlich von dem Haftpflichtanspruch abhängig sei. Weil es auf den Zeitpunkt des Anspruchsübergangs ankomme, könne die Klägerin auch nicht mit dem Argument durchdringen, dass sich die Frage des potentiellen Rückgriffs gegenüber Familienangehörigen wegen des Todes des Schädigers vorliegend nicht stelle.
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Auch das Rückwirkungsverbot stehe der entsprechenden Anwendung des Angehörigenprivilegs nicht entgegen. Zwar habe der Bundesgerichtshof erst im Jahr 2009 entschieden, dass das Angehörigenprivileg im Rahmen der Privatversicherung auch auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft Anwendung finde. Ein mit den Fällen der unechten Rückwirkung von Rechtsprechungsänderungen zu gewährender Vertrauensschutz sei der Klägerin im Streitfall jedoch nicht zuzubilligen. Zum einen bestünden bereits erhebliche Zweifel daran, ob überhaupt eine Situation vorgelegen habe, in der ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand einer Rechtsprechung habe entstehen können. Der Bundesgerichtshof habe nämlich bereits in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1987 ausgeführt, dass sich der Senat nicht aus grundsätzlichen Erwägungen an der Rechtsfortbildung und der analogen Anwendung des § 116 Abs. 6 SGB X auf die eheähnliche Lebensgemeinschaft gehindert sehe (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1987 – VI ZR 50/87, aaO, S. 262). In den dieser Entscheidung folgenden Jahren habe insbesondere das Bundesverfassungsgericht wiederholt zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften Stellung genommen und dabei bestätigt, dass insbesondere Art. 6 Abs. 1 GG einer Einbeziehung der Partner in den Schutzbereich von Vorschriften, die den Schutz der “Familie” bezwecken, nicht entgegenstehe. Zum anderen habe die Klägerin aber auch keine schützenswerten Dispositionen getroffen, denn zur Leistung an die Versicherte S. sei sie unabhängig von der Regressmöglichkeit verpflichtet. Schützenswerte Dispositionen der Klägerin im Vertrauen auf den Bestand der Rechtsprechung seien nicht erkennbar.
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Zutreffend habe das Landgericht vorliegend die Voraussetzungen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie einer häuslichen und Wirtschaftsgemeinschaft angenommen. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft liege vor, wenn es sich um eine Lebensgemeinschaft im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau handele, die auf Dauer angelegt sei, daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulasse und sich durch Bindungen auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründeten, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgingen. Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme seien diese Voraussetzungen im Streitfall gegeben gewesen.
II.
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Die Revision hat keinen Erfolg.
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1. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X analog auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar ist. Sie stehen insoweit “Familienangehörigen” im Sinne dieser Vorschrift gleich. An der gegenteiligen Auffassung (Senatsurteil vom 1. Dezember 1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 263 ff.) wird nicht mehr festgehalten.
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a) Die Anwendung des Familienprivilegs bei der Geltendmachung von Regressansprüchen aufgrund erbrachter Versicherungsleistungen oder der Leistungen sonstiger Drittleistungsträger beruht auf einem allgemeinen Rechtsgedanken (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 2011 – VI ZR 194/10, BGHZ 190, 131 Rn. 10 und vom 21. September 1976 – VI ZR 210/75, VersR 1977, 149, 150; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 32 Rn. 73; vgl. auch Verkehrsgerichtstag 2007 in Goslar, Arbeitskreis 1, Empfehlung 1). Dieser fand seinen Ausdruck zunächst nur in § 67 Abs. 2 des Gesetzes vom 30. Mai 1908 über den Versicherungsvertrag (RGBl. S. 263; VVG a.F.). Eine entsprechende Regelung fehlte im Sozialversicherungsrecht, solange der den Regress ermöglichende Forderungsübergang in § 1542 RVO geregelt war. Gleichwohl hat der erkennende Senat entschieden, dass dieser Forderungsübergang bei Schädigungen unter Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherten leben, durch den Schutzzweck der Versicherungsleistung in der Art des § 67 Abs. 2 VVG a.F. ausgeschlossen ist und dass dieser Ausschluss für alle Zweige der Sozialversicherung gilt (Senatsurteile vom 11. Februar 1964 – VI ZR 271/62, BGHZ 41, 79, 82 ff.; vom 14. Juli 1970 – VI ZR 179/68, BGHZ 54, 256, 257 f.; vom 5. Dezember 1978 – VI ZR 233/77, VersR 1979, 256, 257; vom 15. Januar 1980 – VI ZR 270/78, VersR 1980, 644 und vom 15. Januar 1980 – VI ZR 181/78, VersR 1980, 526, 527). Sinn und Zweck des § 67 Abs. 2 VVG a.F. war zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer durch einen Rückgriff gegen einen in seiner häuslichen Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen selbst in Mitleidenschaft gezogen wird. Dabei ist davon auszugehen, dass die in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebenden Familienangehörigen meist eine gewisse wirtschaftliche Einheit bilden und dass bei der Durchführung des Rückgriffs der Versicherte im praktischen Ergebnis das, was er mit der einen Hand erhalten hat, mit der anderen wieder herausgeben müsste. Zugleich soll im Interesse der Erhaltung des häuslichen Familienfriedens verhindert werden, dass Streitigkeiten über die Verantwortung von Schadenszufügungen gegen Familienangehörige ausgetragen werden (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1964 – VI ZR 271/62, BGHZ 41, 79, 83; vom 12. November 1985 – VI ZR 223/84, VersR 1986, 333, 334; vom 1. Dezember 1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 259 f. und vom 28. Juni 2011 – VI ZR 194/10, aaO; BGH, Urteile vom 30. April 1959 – II ZR 126/57, BGHZ 30, 40, 45 [unter Hinweis auf die amtl. Begründung zu § 67, RT-Drucks., 11. Legislaturperiode, II. Session Nr. 22, S. 127, abgedruckt bei Gerhard/Hagen, VVG, 1908, S. 312] und vom 22. April 2009 – IV ZR 160/07, aaO Rn. 10; BVerfGE 127, 263, 281 ff.).
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b) § 116 Abs. 6 SGB X, der erst für Schadensfälle ab dem 30. Juni 1983 gilt, normiert diese Rechtsprechung für den Bereich des Sozialgesetzbuchs. Die Gesetzesbegründung lässt erkennen, dass es dem Gesetzgeber darauf ankam, in dieser Vorschrift die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Rechtsgrundsätze zur Geltung zu bringen, nach denen der Forderungsübergang gemäß § 1542 RVO a.F. bei fahrlässigen Schädigungen durch Familienangehörige, die mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft leben, entsprechend der Regelung des § 67 Abs. 2 VVG a.F. ausgeschlossen ist (Senatsurteil vom 1. Dezember 1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 259 mit Hinweis auf BT-Drucks. 9/95 S. 28; vgl. ferner Fenn, Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung 1983, 107, 112 f.).
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c) Die Interessenlage, die beim Anspruchsübergang nach § 67 Abs. 2 VVG a.F. (§ 86 Abs. 3 VVG n.F.) die Anwendung des Familienprivilegs rechtfertigt, besteht in vergleichbarer Weise bei dem Anspruchsübergang gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
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aa) Die Vorschrift des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ist insofern inhaltsgleich mit § 67 Abs. 2 VVG a.F. (vgl. Senatsurteile vom 1. Dezember 1987 – VI ZR 50/87, aaO S. 259 und vom 15. Januar 1980 – VI ZR 181/78, VersR 1980, 526). Die Legalzession des § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X knüpft ebenso wie die des § 67 VVG a.F. (jetzt § 86 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VVG) an die Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers bzw. des Versicherers an, aufgrund eines Schadensereignisses Leistungen erbringen zu müssen, die mit dem vom Schädiger zu leistenden Schadensersatz sachlich und zeitlich kongruent sind (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 1989 – VI ZR 130/88, BGHZ 106, 284, 287 f.). Die Zession soll bewirken, dass der Sozialversicherungsträger, durch dessen Leistungen der Geschädigte schadensfrei gestellt wird, Rückgriff nehmen kann; der Schädiger soll durch die Versicherungsleistungen nicht unverdient entlastet werden, zugleich soll eine doppelte Entschädigung des Geschädigten vermieden werden (Senatsurteile vom 24. Januar 1989 – VI ZR 130/88, BGHZ 106, 284, 288 und vom 8. Juli 2003 – VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 349 f.). Von dieser Regel besteht gemäß § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X und § 86 Abs. 3 VVG (früher § 67 Abs. 2 VVG) bei der Schädigung eines Familien- bzw. Haushaltsangehörigen aus den oben angesprochenen Gründen eine Ausnahme. Die Störung des Familienfriedens durch Streitigkeiten mit Familien- bzw. Haushaltsangehörigen über die Verantwortung für nicht vorsätzliche Schadenszufügungen und der Rückgriff des Versicherers bei dem Haftpflichtigen in Widerspruch zu der wirtschaftlichen Zweckbestimmung seiner Leistungen an den Geschädigten sollen vermieden werden (Senatsurteil vom 28. Juni 2011 – VI ZR 194/10, aaO Rn. 21).
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bb) Für den Bereich des Versicherungsvertragsrechts ist das Familienprivileg inzwischen erweitert worden; es erfasst nunmehr insbesondere auch nichteheliche Lebenspartner, sofern diese bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft leben.
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(1) Mit der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neufassung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) vom 23. November 2007 (BGBl. I 2631) wurde das ehemals in § 67 VVG a.F. geregelte Haftungsprivileg dahin geändert, dass der Ersatzanspruch, den der geschädigte Versicherungsnehmer gegen einen Dritten hat, gemäß § 86 Abs. 1 VVG n.F. stets auf den Versicherer übergeht, soweit dieser den Schaden ersetzt (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 86 Rn. 46). Gleichzeitig wurde jedoch bestimmt, dass der Übergang nicht geltend gemacht werden kann, wenn sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person richtet, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht (§ 86 Abs. 3 VVG). Mit dieser Gesetzesreform hat sich das Familienangehörigenprivileg zu einem Haushaltsangehörigenprivileg gewandelt (Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl., § 2 Rn. 431). Für diese Neuregelung war ausschlaggebend, dass nach Auffassung des Gesetzgebers eine Beschränkung des Regressausschlusses auf Familienangehörige (in häuslicher Gemeinschaft) nicht mehr den heutigen Verhältnissen entspreche und die für die Sonderregelung maßgeblichen Gesichtspunkte für alle Personen gelten, die in einer häuslichen Gemeinschaft miteinander leben (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20. Dezember 2006 zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts, BT-Drucks. 16/3945, S. 82). Mit der damit verbundenen Einbeziehung nichtehelicher Lebensgemeinschaften hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass deren Zahl in den zurückliegenden Jahren deutlich zugenommen hat (vgl. Jahnke, NZV 2008, 57, 60 f. mwN; Lang, NZV 2009, 425 f.) und diese Form des Zusammenlebens, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, gesellschaftlich zunehmend Akzeptanz findet (vgl. Groß, DAR 1999, 337, 340; Jahnke, MDR 2005, 668, 669; dazu auch MünchKommVVG-Möller/Segger, 1. Aufl., § 86 Rn. 177 ff. mwN).
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(2) Nach Inkrafttreten der VVG-Reform hat der Bundesgerichtshof dem vom Gesetzgeber erkannten und berücksichtigten gesellschaftlichen Wandel rechtsfortbildend im Bereich des Versicherungsvertragsrechts auch für diejenigen Schadensereignisse Rechnung getragen, die sich vor dem 1. Januar 2009 (vgl. Art. 1 Abs. 2 EGVVG) ereignet haben. Er ist der in einigen Entscheidungen der ober- und landgerichtlichen Rechtsprechung aus jüngerer Zeit vertretenen und auch im Schrifttum zunehmend geäußerten Auffassung gefolgt, dass die Einbeziehung von Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften in den Schutzbereich des § 67 Abs. 2 VVG a.F. geboten sei (BGH, Urteil vom 22. April 2009 – IV ZR 160/07, aaO Rn. 9 ff.). Dabei hat der Bundesgerichtshof offen gelassen, ob Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als Familienangehörige im Sinne dieser Vorschrift begriffen werden können, und entschieden, dass die Vergleichbarkeit der Schutzwürdigkeit zumindest ihre analoge Anwendung erfordere. In einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, für die gemeinsame Mittelaufbringung und -verwendung prägende Merkmale seien, treffe die Inanspruchnahme des Partners den Versicherungsnehmer wirtschaftlich nicht minder als in einer Ehe. Der häusliche Friede zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften könne durch zwischen diesen auszutragende Streitigkeiten über die Verantwortung für Schadenszufügungen in gleicher Weise gestört werden wie bei Ehegatten. Der Gesetzgeber des im Jahre 2008 in Kraft getretenen VVG habe durch die Streichung des Erfordernisses der Familienangehörigkeit in § 86 Abs. 3 VVG n.F. zum Ausdruck gebracht, dass insoweit eine Änderung geboten gewesen sei; die Beschränkung auf Familienangehörige in häuslicher Gemeinschaft entspreche nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen. Dieses Urteil hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. Voit in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. § 86 Rn. 167; Geisler, jurisPR-BGHZivilR 12/2009, Anm. 2; Lang, jurisPR-VerkR 11/2009, Anm. 3; Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 86 VVG Rn. 105; Armbrüster, LMK 2009, 284055; Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, aaO Rn. 437 ff.; Lang, NZV 2009, 425, 427; ablehnend: Günther, VersR 2009, 816; zweifelnd: MünchKommVVG/Möller/Segger, aaO Rn. 183).
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cc) Zutreffend und mit überzeugender Begründung hat das Berufungsgericht entschieden, dass Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften grundsätzlich auch in den Schutzbereich des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X einzubeziehen sind.
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(1) Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 1. Dezember 1987 im Hinblick auf den zu verzeichnenden gesellschaftlichen Wandel und die zunehmende Zahl und Bedeutung eheähnlicher Lebensgemeinschaften erwogen, diese in den Schutzbereich des § 116 Abs. 6 Satz 1 SBG X einzubeziehen, weil Konfliktsituationen, die diese Vorschrift verhindern wolle, dort ebenso wie in einer Familiengemeinschaft auftreten könnten, wenn der Schädiger einem Regress ausgesetzt sei. Er hat dazu ausgeführt, dass mit einer erweiternden Anwendung dieser Vorschrift bei eheähnlichen Lebensgemeinschaften gleichfalls eine Befriedigung zu erreichen wäre. Ob dies mit dem Gesetzesverständnis, insbesondere dem objektivierten Willen des Gesetzgebers, den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift vereinbar sei, könne offen bleiben, denn gegen eine analoge Anwendung sprächen damit einhergehende Unsicherheiten in der praktischen Rechtsanwendung, die wegen des nicht nur in der Privatversicherung, sondern auch in der Sozialversicherung besonders großen Bedürfnisses nach Berechenbarkeit und leicht feststellbaren typisierenden und pauschalierenden Tatbeständen hier nicht hinnehmbar erscheine (Senatsurteil vom 1. Dezember 1987 – VI ZR 50/87, aaO S. 259 ff., 263 ff.). Diese seinerzeit geäußerten Zweifel haben angesichts des seitdem weiter fortgeschrittenen gesellschaftlichen Wandels und der diesen tatsächlichen Veränderungen Rechnung tragenden rechtlichen Fortentwicklung (vgl. BVerfG 82, 6, 12) inzwischen an Gewicht verloren und können nach heutiger Beurteilung der Einbeziehung von Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften in den Schutzbereich des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X nicht länger entgegenstehen.
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(2) Offenbleiben kann, ob Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach heutiger Sicht schon im Wortsinne als Familienangehörige begriffen werden können. Die Vergleichbarkeit der Schutzwürdigkeit erfordert im Bereich des Sozialversicherungsrechts ebenso wie im Versicherungsvertragsrecht zumindest eine analoge Anwendung des Haftungsprivilegs. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des IV. Zivilsenats zur gebotenen analogen Anwendung von § 67 Abs. 2 VVG a.F. (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2009 – IV ZR 160/07, aaO Rn. 18 mwN) und erachtet aus denselben Erwägungen heraus die analoge Anwendung auch von § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X für zulässig und geboten. Die dagegen von der Revision vorgebrachten Bedenken sind nicht begründet. Der Gesetzgeber der im Jahre 2008 in Kraft getretenen Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes hat durch die Streichung des Erfordernisses der Familienangehörigkeit in § 86 Abs. 3 VVG n.F. die Notwendigkeit der Erweiterung des Haftungsprivilegs verdeutlicht. Aus dem Umstand, dass er dabei von einer Änderung der mit § 67 Abs. 2 VVG a.F. inhaltsgleichen Vorschrift des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X abgesehen hat, kann entgegen der Auffassung der Revision nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber den bis dahin anerkannten Gleichlauf beider Vorschriften (vgl. BVerfG 127, 263, 266 f. mwN) nunmehr aufgeben wollte. Ein dahingehender Wille lässt sich den Gesetzesmaterialien, die sich mit § 116 Abs. 6 SGB X in keiner Weise befassen (vgl. BT-Drucks. 16/3945), nicht entnehmen. Ein unterschiedliches Verständnis des Angehörigenprivilegs im Bereich des Versicherungsvertragsrechts einerseits und des Sozialversicherungsrechts anderseits ist auch weder geboten noch gerechtfertigt (vgl. OLG Nürnberg, NZV 2009, 287 f.; KassKomm/Kater, Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 116 SGB X Rn. 246 [Stand: Dezember 2011]; Hauck/Noftz/Nehls, SGB X, 2. Bd., K § 116 Rn. 46 [Stand: Dezember 2012]; KSW/Waltermann, § 116 SGB X Rn. 77; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 116 Rn. 35; Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, aaO Rn. 437 ff.; ders., NZV 2008, 57, 59 f.; Dahm, NZV 2008, 280, 281; Lang, NZV 2009, 425, 429; ders., jurisPR-VerkR 19/2012 Anm. 1; Grziwotz, FamFR 2012, 360; a.A. Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 30, Rn. 78; Möller, NZV 2009, 218; zweifelnd: MünchKommVVG-Möller/Segger, aaO Rn. 185; vgl. auch Giesen in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht, 5. Aufl. § 116 SGB X Rn. 69).
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2. Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme einer die analoge Anwendung des Angehörigenprivilegs rechtfertigenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 87, 234, 264 f.) bejaht hat. Diese tatrichterliche Beurteilung lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Da der Klägerin danach der Regress gemäß § 116 Abs. 1 SGB X verwehrt ist, hat die Klageabweisung Bestand.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.