AG München, Urteil vom 01.12.2009 – 155 C 16937/09
Zur Haftung der Eltern für Verunreinigung eines Taxis durch Erbrechen ihres Kindes.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klagepartei.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann von der Klagepartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abgewandt werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Die Klagepartei erhebt Ansprüche auf Schadensersatz. Die Beklagte fuhr gemeinsam mit ihrer 9-jährigen Tochter und ihrem Ehemann im Taxi des Klägers. Das Kind erbrach und verunreinigte hierdurch das Fahrzeug im Bereich der Rückenlehne des Vordersitzes, der Mittellehne und des Gurtschlosses. Die Parteien streiten um die Schadensersatzpflicht der Beklagten.
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Der Kläger trägt vor, es sei der Beklagten erkennbar gewesen, dass das Erbrechen drohe, sodass sie den hierdurch angerichteten Schaden zu ersetzen habe. Der Kläger fordert die Reinigungskosten in Höhe von Netto Euro 190,18 und die Kosten für die Anmietung eines Ersatztaxis während der für die Reinigung angefallenen Ausfallzeit für das verunreinigte Fahrzeug in Höhe von Euro 795,00
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Die Klagepartei berechnet ihren Anspruch daher mit Euro 1.015,18, begehrt Verzugszinsen von 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 21.04.09 sowie Euro 130,50 vorgerichtliche Anwaltskosten und beantragt deshalb:
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Euro 1.015,18 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 21.04.09 sowie Euro 130,50 vorgerichtliche Mahnkosten zu bezahlen.
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Demgegenüber beantragt die Beklagtenseite:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Hierzu wird behauptet, das Erbrechen habe nicht erkannt werden können, sodass ein Schadensersatzanspruch nicht bestehe. Vorsorglich wird auch bestritten, dass dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Mietwagenkosten zustehe.
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Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der Einzelheiten auf die zu den Akten gelangten Schriftsätze der Parteien, insbes. die Klageschrift und die Klageerwiderungsschrift nebst Anlagen (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2002, 381) sowie d. Protok. vom 17.11.09 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet, da ein Rechtsanspruch gegen die Beklagte nicht besteht:
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Unstreitig hat die Tochter der Beklagten dem Kläger einen nicht unbedeutenden Schaden zugefügt, da sie das Fahrzeug des Klägers erheblich durch Erbrochenes verunreinigte.
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Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass es davon ausgeht, gegen rechtliche Schadensersatzansprüche des Klägers bestünden erhebliche Bedenken, dieser Vorgang aber der Beklagten peinlich sein müsste und aus moralischen Gesichtspunkten angesichts dieser Peinlichkeit vorgeschlagen, dass man die Reinigungskosten hierfür im Wege einer gütlichen Einigung aus Kulanz freiwillig übernimmt und im Übrigen der Kläger auf weitere Ansprüche verzichtet.
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Mit dem Schriftsatz vom 24.11.09 zeigt die Beklagte, dass sie von dem Aspekt der Peinlichkeit überhaupt nicht berührt und daher auch nicht bereit ist, im Wege der gütlichen Einigung den von ihrer Tochter angerichteten Schaden aus Kulanz zu übernehmen.
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Damit aber hat der Kläger seinen von der Tochter der Beklagten verursachten Schaden selbst zu tragen, weil rechtlich zu begründende Schadensersatzansprüche zu verneinen sind.
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Da es eine Gefährdungshaftung für Kinder bekanntlich nicht gibt, kommt ein Schadensersatzanspruch des Klägers nur in Betracht, wenn eine allgemeine oder eine vertragliche Sorgfaltspflichtverletzung zu bejahen wäre.
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Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB scheitert an der Erkennbarkeit des Erbrechens. Fehlt geht die Beklagte allerdings insoweit als sie das Erbrechen als eine der Bewusstseinskontrolle und freien Willenslenkung nicht unterliegende haftungsfreie Handlung bezeichnet. Die Frage der Haftung setzt nicht hieran, sondern an der vorherigen Erkennbarkeit als Ausfluss der Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht an.
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Daran scheitert die Klage. Selbst wenn man nämlich den vom Kläger geschilderten Vorgang unterstellt, die Beklagte habe den Fahrer des Beklagten noch aufgefordert, anzuhalten, weil der Tochter schlecht sei, noch bevor das Fahrzeug zum Stehen gekommen sei, habe die Tochter jedoch erbrochen, scheitert der Vorwurf der Unterlassung der Fahrt oder des Vorrätighaltens einer Tüte, als der genannten Form der Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, an der fehlenden Erkennbarkeit. Der Kläger beruft sich zwar darauf, die Beklagte habe bereits vor Fahrtantritt von der Übelkeit der Tochter gewusst. Hierfür ist er jedoch beweispflichtig. Die Beklagte bestreitet dies. Ein Beweismittel steht dem Kläger nicht zur Verfügung. Die von ihr eingeräumten Halsschmerzen boten keinen Anlass, ein Erbrechen zu erwarten. Die Aufforderung an den Fahrer zum Anhalten und das daran anschließende sofortige Erbrechen, zeigen, dass das Unglück extrem schnell eintrat.
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Aus den gleichen Gründen kommt auch keine Haftung aus der elterlichen Aufsichtspflicht heraus, § 832 BGB oder wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht, § 280 ff. BGB, in Betracht.
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Ansprüche aus Billigkeit, § 829 BGB, scheitern schon daran, dass sich diese Norm an den Schädiger selbst und nicht an ein Elternteil richtet.
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Die Klage ist daher bereits dem Grund nach abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich gemäß § 91 ZPO.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.