Zur Duldungspflicht des Grundstückseigentümers bei staatlich strukturierter Maßnahme des Naturschutzes (hier: Auswilderung von Wisenten)

BGH, Urteil vom 19. Juli 2019 – V ZR 177/17

1. Solange der Besitzer eines im Rahmen eines Auswilderungsprogramms freigesetzten Tieres (hier: Wisent) dessen Verbleib mit dem Ziel beobachtet und überwacht, seinen – wenn auch gelockerten – Besitz zu erhalten, und ihm das Einfangen möglich wäre, hat das Tier nicht im Sinne von § 960 Abs. 2 BGB die Freiheit wiedererlangt; es wird (noch) nicht herrenlos, solange die Entscheidung darüber vorbereitet wird, ob das Tier die Freiheit wiedererlangen soll. (Rn.22)

2. Führt ein privater Träger eine Maßnahme des Vertragsnaturschutzes (hier: Wiederansiedlung von Wisenten) in eigener Verantwortung, aber auf der Grundlage eines hinreichend konkreten staatlichen Regelungskonzepts durch, können private Grundstückseigentümer gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG zur Duldung der Maßnahme verpflichtet sein. (Rn.35)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Mai 2017 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Beklagten im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über den Unterlassungsanspruch (Klageantrag zu 1) entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Revision des Klägers ist damit gegenstandslos.

Von Rechts wegen

Tatbestand
1
Der Beklagte (im Folgenden Verein) ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Satzungszweck in der „Wiederansiedlung und Erhaltung des Wisents im Rothaargebirge“ besteht. Er wurde im Nachgang zu der am 25. Juni 2008 erfolgten Unterzeichnung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags „Wisente im Rothaargebirge“ gegründet. Auf der Grundlage dieses Vertrags begann der Verein im Jahr 2010 mit der Ansiedlung von acht Wisenten in einem abgesperrten Gebiet, das zuletzt die Größe von ca. 88 ha aufwies. Am 8. April 2013 schloss der Verein mit dem örtlichen Landkreis, der Bezirksregierung Arnsberg, dem Landesbetrieb Wald und Holz sowie dem Eigentümer des für das Vorhaben ausgewählten Projektgebiets einen weiteren öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Freisetzung von Wisenten, der den Vertrag vom 25. Juni 2008 mit Zustimmung des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz ablöste. Ziel des Vertrags ist der Präambel zufolge die dauerhafte Etablierung einer frei lebenden Wisentpopulation von maximal 25 Tieren im Rothaargebirge.

2
Geregelt wird in dem Vertrag vom 8. April 2013 die auf mehrere Jahre angelegte und von einer Koordinierungsgruppe unter Vorsitz des örtlichen Landrats begleitete „Freisetzungsphase“, in der der Verein Eigentümer der Wisente bleibt; die Tiere sollen erst im Anschluss an die Freisetzungsphase nach Abschluss eines weiteren öffentlich-rechtlichen Vertrages herrenlos werden. Der Vertrag ersetzt sämtliche in der Freisetzungsphase erforderlichen Genehmigungen unter Ausnahme der (in diesem Stadium nicht als erforderlich angesehenen) jagdrechtlichen Genehmigung für die Aussetzung von fremden Tierarten und von Schalenwild in der freien Wildbahn (§ 28 Abs. 3 BJagdG, § 31 LJagdG NW). Im Anschluss entließ der Verein eine achtköpfige Gruppe von Wisenten in das rund 4.300 ha große Projektgebiet, um sie dort auszuwildern. Die zuletzt auf 19 Tiere angewachsene Herde verließ im Zuge ihrer Wanderungen das Projektgebiet und drang unter anderem in den angrenzenden Grundbesitz des Klägers ein. Hierbei handelt es sich um ein umfangreiches Waldgebiet; es liegt – ebenso wie Teile des Projektgebiets – in dem Natura 2000-Gebiet „Schanze“ (vgl. Art. 3 Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, im Folgenden FFH-RL). Die Wälder des Klägers werden überwiegend mit Rotbuchen nach dem Prinzip der Naturverjüngung bewirtschaftet. Wegen der Schäden an den Buchen, die dadurch entstehen, dass die Wisente die Rinde abfressen („Schälen“), hat der Verein Zahlungen an den Kläger geleistet. Dazu wurde ein auch mit öffentlichen Mitteln finanzierter Entschädigungsfonds eingerichtet.

3
Mit der Klage will der Kläger – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – erreichen, dass der Verein geeignete Maßnahmen ergreifen muss, um ein Betreten seiner Grundstücke durch die Wisente zu verhindern. Ferner hat er zunächst beantragt festzustellen, dass der Verein alle zukünftig durch die Wisente verursachten Schäden zu ersetzen hat. Das Landgericht hat dem ersten Antrag stattgegeben und den zweiten abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht die Verurteilung insoweit geändert, als der Verein die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat, um eine Beschädigung der auf dem Grundstück des Klägers wachsenden Bäume zu verhindern; dies steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass dem Verein die für das Einfangen und Umsetzen der Tiere erforderliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt wird. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass der Verein für die Dauer der Freisetzungsphase verpflichtet ist, dem Kläger die ihm durch die Wisente an den Bäumen zugefügten Schäden zu ersetzen. Gegen das Berufungsurteil wenden sich beide Parteien mit ihren von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen. Der Kläger will erreichen, dass der auf die Ausnahmegenehmigung bezogene Vorbehalt entfällt, während der beklagte Verein weiterhin insgesamt Abweisung der Klage beantragt.

Entscheidungsgründe
A.

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Nach Ansicht des Berufungsgerichts – dessen Entscheidung in einem Parallelverfahren in AUR 2017, 336 ff. veröffentlicht ist – steht dem Kläger ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB gegen den Verein zu. Das Eigentum des Klägers werde durch das Eindringen der Wisente und die von diesen verursachten Baumschäden beeinträchtigt. Verantwortlich hierfür sei der Verein. Zwar müssten der Inanspruchnahme Grenzen gezogen werden, damit die Bereitschaft zur Durchführung solcher grundsätzlich wünschenswerter Auswilderungsprojekte nicht geschmälert werde. Aber in wertender Betrachtung sei der Verein jedenfalls während der Freisetzungsphase als mittelbarer Handlungsstörer anzusehen, und zwar auch im Hinblick auf die in Freiheit geborenen Tiere. Denn er habe die Gefahrenlage geschaffen, indem er die Wisente als seinerzeitiger Eigentümer und Halter freigelassen und in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag die Verantwortung für die Zeit der Freisetzungsphase übernommen habe. Er hafte zudem als Zustandsstörer.

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Im Grundsatz stehe dem Beseitigungsanspruch aber entgegen, dass das Naturschutzrecht eine Duldungspflicht des Klägers im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB begründe. Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei es nämlich verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Auf diese Zugriffsverbote könne sich der Verein berufen, weil sich die Eigentumsbeeinträchtigung nur durch das Fangen oder Töten der Tiere sicher beseitigen lasse; andere Maßnahmen – wie ein Zaun um das Projektgebiet, der Erwerb weiterer Flächen und Lockfütterung, eine Induktionsschleife um das Gebiet, Schälschutzmatten an den Bäumen oder der Einsatz von Wisent-Hirten – eigneten sich allesamt nicht dazu, die Wisente sicher fernzuhalten und die Baumschäden zu verhindern. Die Voraussetzungen der Zugriffsverbote lägen vor, weil es sich bei den Wisenten um wild lebende Tiere handele. Die ursprünglich ausgesetzten Zuchttiere seien inzwischen gemäß § 960 Abs. 2 BGB herrenlos geworden und damit ebenso wie die in Freiheit geborenen Tiere als wild lebend anzusehen. Die Vereinbarung in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag, wonach die Tiere während der Freisetzungsphase nicht herrenlos werden sollen, ändere daran nichts, weil es auf die tatsächlichen Verhältnisse ankomme. Der Artenschutz greife selbst dann ein, wenn bei der Freisetzung gegen naturschutz- und jagdrechtliche Bestimmungen verstoßen worden sein sollte.

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Die aus § 44 Abs. 1 BNatSchG abgeleitete Duldungspflicht des Klägers entfalle aber dann, wenn die zuständige Naturschutzbehörde dem Verein die für das Einfangen und Umsetzen der Tiere erforderliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG erteile. Der Störer dürfe sich nicht hinter dem Verbot des § 44 BNatSchG „verschanzen“, wenn er mit Aussicht auf Erfolg eine öffentlich-rechtliche Ausnahme beantragen könne; die Verurteilung zur Unterlassung habe dann unter dem Vorbehalt der Ausnahmegenehmigung zu erfolgen. So lägen die Dinge hier. Nach summarischer Prüfung könne die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG zur Abwehr erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden auch unter Berücksichtigung des EU-Artenschutzrechts nicht ausgeschlossen werden. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen, dass nämlich die forstwirtschaftliche Nutzung der klägerischen Grundstücke infolge des Artenschutzes schwer und unerträglich getroffen sei, obwohl der Kläger als Betriebsinhaber alle Anstrengungen unternommen habe, dem entgegenzuwirken, lägen möglicherweise vor. Auf 30 Jahre gesehen müsse nämlich damit gerechnet werden, dass bis zu 70% des klägerischen Baumbestandes beschädigt werden könnten. Eine Verschlechterung der Wisentpopulation im Sinne von § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG sei nicht zu erwarten, obwohl der hier vorgesehene Siedlungsraum verloren gehe; denn die Tiere könnten etwa in den Nationalpark Bialowieza an der polnisch-weißrussischen Grenze umgesiedelt werden. Auch der Feststellungsantrag sei insoweit begründet, als der Verein die in der Freisetzungsphase eintretenden zukünftigen Schäden gemäß § 833 Satz 1 BGB ersetzen müsse; dass er in dieser Zeit weiterhin Halter der Tiere sei, entspreche der ausdrücklichen Vereinbarung in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag.

B.

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Zur Revision des Beklagten

8
I. Die Revision des Vereins hat insoweit Erfolg, als dem Unterlassungsanspruch mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht stattgegeben werden kann.

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1. Ohne nähere Begründung, aber in der Sache zutreffend sieht das Berufungsgericht den Verein als richtigen Beklagten an. Er ist nicht als Verwaltungshelfer einzuordnen (vgl. dazu Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl., § 23 Rn. 66). Denn er betreibt die Wiederansiedlung der Wisente nicht im Auftrag und auf Weisung seiner Vertragspartner, sondern wird auf der Grundlage des öffentlich-rechtlichen Vertrags vom 8. April 2013 in eigener Verantwortung privatrechtlich tätig. Rechtsgrundlage für den Unterlassungsanspruch ist deshalb nicht der öffentlich-rechtliche Abwehranspruch, sondern § 1004 BGB. Die mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag ersetzten Genehmigungen haben keinen Einfluss auf Inhalt und Umfang des bürgerlich-rechtlichen Abwehranspruchs (vgl. Senat, Urteil vom 20. April 1990 – V ZR 282/88, BGHZ 111, 158, 163 mwN).

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2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB bejaht.

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a) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass das Eigentum des Klägers an seinem Grundstück beeinträchtigt wird, indem die Wisente in den Grundbesitz des Klägers eindringen und dessen Bäume schädigen („schälen“); die Wiederholungsgefahr ist indiziert, nachdem die Schädigungen mehrfach aufgetreten sind. Dagegen erhebt die Revision auch keine Einwände.

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b) Nicht zu beanstanden ist weiter, dass das Berufungsgericht den Verein als Störer ansieht.

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aa) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist Handlungsstörer auch derjenige, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht (mittelbarer Störer, vgl. Senat, Urteil vom 7. April 2000 – V ZR 39/99, BGHZ 144, 200, 203 mwN). Dies gilt in gleicher Weise, wenn die unmittelbare Eigentumsbeeinträchtigung durch das Verhalten eines Tieres verursacht wird. Ein adäquater Zusammenhang besteht dann, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art herbeizuführen (Senat, Urteil vom 7. April 2000 – V ZR 39/99, BGHZ 144, 200, 203 mwN).

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bb) Daran gemessen ist der Verein während der Freisetzungsphase mittelbarer Handlungsstörer. Letzte Ursache der Schädigungen ist zwar das Verhalten der freigesetzten Tiere und damit ein natürliches Ereignis. Mittelbare Ursache hierfür ist aber eine Handlung des Beklagten, nämlich die Freisetzung der Wisente in dem nicht eingezäunten Projektgebiet. Ob der Verein weiterhin Eigentümer der Tiere ist, ist insoweit nicht entscheidend. Denn seine Handlung steht jedenfalls in adäquatem Zusammenhang mit der Verwilderung und Vermehrung der freigesetzten Tiere, in deren Folge es zu den wiederkehrenden Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks gekommen ist. Die Zurechnung hält auch einer wertenden Betrachtung stand. Die Störerhaftung wird zwar jedenfalls dann enden, wenn die Tiere in dem von § 40 Abs. 1 Satz 5 BNatSchG i.V.m. Art. 22 FFH-RL vorgegebenen Verfahren angesiedelt worden sind. Aber das Berufungsgericht stützt sich zu Recht auf die Überlegung, dass das Projekt während der derzeitigen Freisetzungsphase erprobt wird; es sollen zunächst Erkenntnisse gewonnen werden, auf die durch Verbesserungsmaßnahmen oder ggf. mit der Beendigung des Projekts reagiert werden soll. Die dabei auftretenden Beeinträchtigungen Dritter sind dem Verein, der das Projekt initiiert hat und aufrechterhält, in wertender Betrachtung zuzurechnen; dies gilt umso mehr, als er die Verantwortung in der Freisetzungsphase in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag selbst übernommen und sich zu umfassender Überwachung und Steuerung der Tiere verpflichtet hat.

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c) Ohne Erfolg macht die Revision weiter geltend, dass dem Verein ein Eingreifen aus naturschutzrechtlichen Gründen untersagt sei und er deshalb nicht zu einer Maßnahme verurteilt werden dürfe, die ihm verboten ist (vgl. dazu Senat, Urteil vom 20. November 1992 – V ZR 82/91, BGHZ 120, 239, 246). Zwar ist es gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind aber schon die Voraussetzungen dieser sogenannten Zugriffsverbote nicht erfüllt. Weder bei den freigelassenen noch bei den später geborenen Wisenten handelt es sich um wild lebende Tiere im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Vielmehr steht die Herde nach wie vor im Eigentum des Vereins.

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aa) Das gilt zunächst hinsichtlich der ursprünglich freigesetzten Tiere.

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(1) Im Ausgangspunkt gehören Wisente einer besonders geschützten Art im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG an (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG i.V.m. Anhang IV FFH-RL: „Bison bonasus“). Da es sich bei den freigesetzten Tieren im Zeitpunkt der Freisetzung um rechtmäßig gezüchtete und nicht herrenlos gewordene Tiere im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 1a BNatSchG handelte, waren sie von den naturschutzrechtlichen Besitzverboten (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG) ausgenommen (§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG); ihr Eigentümer und Besitzer war der Verein.

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(2) Artenschutzrechtlich gesehen können gezüchtete Tiere zu wild lebenden Tieren werden mit der Folge, dass sie fortan den (auf das einzelne Tier bezogenen) Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG unterliegen. Dies setzt aber jedenfalls voraus, dass sie herrenlos werden (vgl. Kratsch/Schumacher/J. Schumacher/A. Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 7 Rn. 23; Lütkes in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 37 Rn. 33). Insoweit wird auf die zivilrechtlichen Regeln über den Eigentumsverlust an Tieren verwiesen (§§ 959, 960 BGB; vgl. BeckOK Umweltrecht/Gläß [1.4.2019], BNatSchG § 45 Rn. 6; Frenz/Müggenborg/Lau, BNatSchG, 2. Aufl., § 45 Rn. 2; Erbs/Kohlhaas/Stöckel/Müller-Walter, Strafrechtliche Nebengesetze [März 2019], BNatSchG § 7 Rn. 13). Teilweise werden diese Vorschriften allerdings aus artenschutzrechtlicher Sicht als unangemessen empfunden; entscheidend soll sein, ob die Tiere wieder verwildert sind, also mit artspezifischem Verhalten in ihrer artgemäßen Umgebung leben (so Fellenberg in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 45 Rn. 6; ähnlich BeckOK Umweltrecht/Gläß [1.4.2019], BNatSchG § 45 Rn. 6; die Maßgeblichkeit zivilrechtlicher Vorgaben verneinend Hörnicke, AUR 2017, 347, 348 f.).

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(3) Richtigerweise bestimmt sich zunächst nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über das Eigentum an Tieren, ob ein gezüchtetes Tier einer besonders geschützten Art wild lebend geworden ist. Denn nur ein Tier, das zivilrechtlich als herrenlos eingeordnet wird, kann wild lebend im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG und § 1 Abs. 1 BJagdG sein. Infolgedessen bedarf es einer Harmonisierung von Zivilrecht und öffentlichem Recht; um diese zu erzielen, müssen artenschutz- oder jagdrechtliche Vorgaben ggf. bei der Auslegung der den Eigentumsverlust regelnden zivilrechtlichen Normen berücksichtigt werden (in diesem Sinne Erbs/Kohlhaas/Stöckel/Müller-Walter, Strafrechtliche Nebengesetze [März 2019], BNatSchG § 45 Rn. 3; vgl. auch BVerwG, NJW 2018, 3125 Rn. 16 ff. zum Einfluss des Tierschutzrechts auf das bürgerlich-rechtliche Fundrecht). Daran gemessen hat der Verein – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – das vor der Freilassung bestehende Eigentum an den Tieren nicht verloren, und diese sind nicht als wild lebend anzusehen. Weder hat der Verein sein Eigentum gemäß § 959 BGB aufgegeben noch ist die Herrenlosigkeit nach § 960 Abs. 2 oder Abs. 3 BGB eingetreten.

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(a) Eine Eigentumsaufgabe nach § 959 BGB ist nicht erfolgt. Nach dieser Vorschrift wird eine bewegliche Sache herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt. Dies gilt im Grundsatz auch für Tiere, auf die gemäß § 90a Abs. 1 Satz 3 BGB die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind (vgl. allerdings zur Unwirksamkeit einer Dereliktion aus tierschutzrechtlichen Gründen BVerwG, NJW 2018, 3125 Rn. 16). Hier fehlt es jedenfalls an dem Willen des Vereins, das Eigentum aufzugeben, weil die Tiere nach dem Vertrag vom 8. April 2013 in der Freisetzungsphase gerade nicht herrenlos werden sollen; dementsprechend stützt der Verein seine Auffassung, die Tiere seien herrenlos geworden, auch nicht auf seinen Willen zur Aufgabe des Eigentums, sondern auf das tatsächliche Verhalten der Tiere.

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(b) Ein Eigentumsverlust ergibt sich nicht aus § 960 Abs. 3 BGB. Danach wird ein gezähmtes Wildtier herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an den ihm bestimmten Ort zurückzukehren. Um gezähmte Wildtiere handelt es sich hier schon deshalb nicht, weil die Wisente vor der Freisetzung in einem Gatter und damit durch äußeren Zwang gefangen gehalten wurden (vgl. BeckOK BGB/Kindl [1.5.2019], § 960 Rn. 5; BeckOGK/Schermaier, BGB [1.5.2019] § 960 Rn. 16).

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(c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Eigentumsverlust ohne oder gegen den Willen des Vereins auch nicht gemäß § 960 Abs. 2 BGB eingetreten. Nach dieser Bestimmung wird ein gefangenes wildes Tier herrenlos, wenn es die Freiheit wiedererlangt, wenn nicht der Eigentümer das Tier unverzüglich verfolgt oder wenn er die Verfolgung aufgibt.

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(aa) Die Anwendung der Vorschrift auf ein Auswilderungsprogramm wie das hier in Rede stehende stößt schon im Ansatz auf Schwierigkeiten, weil die Bestimmung auf einen anders gelagerten Sachverhalt abzielt. Sie regelt nämlich das Entweichen oder Entfliehen des wilden Tieres aus der Gefangenschaft ohne oder gegen den Willen des Eigentümers (vgl. Motive III, S. 371). Deshalb sieht § 960 Abs. 2 BGB weiter vor, dass das Eigentum durch die (auf die Wiederherstellung der Gefangenschaft gerichtete) unverzügliche Verfolgung des Tieres erhalten werden kann (vgl. BayObLGSt 1986, 57, 59). Bei fremdländischen (also nicht heimischen und daher unterscheidbaren) Tieren soll nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers ein Eigentumsverlust des bisherigen Eigentümers ohne dessen Willen deshalb ausgeschlossen sein, weil deren Eigentümer regelmäßig in der Lage sein werde, die Verfolgung „bis zur Wiedereinfangung“ fortzusetzen (vgl. Protokolle III, S. 3793; kritisch dazu mit beachtlichen Gründen Schermaier, Festschrift W.-H. Roth, 2015, 489 ff.). Auf eine kontrollierte Freisetzung von Tieren, deren Abbruch sich der Eigentümer bewusst vorbehält, ist die Vorschrift infolgedessen nicht zugeschnitten. Solange nämlich – wie hier – die Entscheidung über die endgültige Auswilderung noch nicht getroffen ist, sondern vorbereitet werden soll, ist einerseits eine Verwilderung des Tiers gewünscht und die „Wiedereinfangung“ nicht beabsichtigt; andererseits soll aber die – wenn auch zunehmend gelockerte – menschliche Kontrolle über das Tier nicht aufgegeben werden, sondern aufrechterhalten bleiben, um den Auswilderungsversuch ggf. beenden zu können.

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(bb) Die genannten Besonderheiten des Auswilderungsprogramms müssen bei der Auslegung des § 960 Abs. 2 BGB Berücksichtigung finden. Im Ausgangspunkt kann für den Zeitpunkt, in dem ein ausgewildertes Tier die Freiheit im Sinne von § 960 Abs. 2 BGB wiedererlangt, auf die Vorgaben für den Besitz zurückgegriffen werden, so dass das Ende der menschlichen Sachherrschaft maßgeblich ist (vgl. allgemein Staudinger/Gutzeit, BGB [2018], § 856 Rn. 15; BeckOGK/Schermaier, BGB [1.5.2019], § 960 Rn. 6, 12 und 15; ders., Festschrift W.-H. Roth, 2015, 489, 508; Wieling, Sachenrecht, 5. Aufl., S. 154). In wessen tatsächlicher Herrschaftsgewalt sich eine Sache oder ein Tier befindet, hängt maßgeblich von der Verkehrsanschauung ab, also von der zusammenfassenden Wertung aller Umstände des jeweiligen Falls entsprechend den Anschauungen des täglichen Lebens (allgemein Senat, Urteil vom 17. März 2017 – V ZR 70/16, NJW-RR 2017, 818 Rn. 10; zu Tieren Staudinger/Gutzeit, BGB [2018], § 856 Rn. 15). Die Kontrolle ausgewilderter Tiere durch Verhaltensüberwachung, Telemetriehalsbänder oder implementierte Sender genügt für sich genommen nicht, um eine Aufrechterhaltung des Besitzes zu bejahen; denn sie kann auch wissenschaftlichen oder sonstigen öffentlichen Zwecken dienen. Maßgeblich ist deshalb, ob solche Maßnahmen (auch) dazu dienen sollen, die Zugriffsmöglichkeit zu erhalten (vgl. BeckOGK/Schermaier, BGB [1.5.2019], § 960 Rn. 6). Darüber hinaus setzt der fortdauernde Besitz voraus, dass der Zugriff auf das Tier – wenn auch unter Schwierigkeiten – tatsächlich weiterhin möglich ist; daran kann es bei kleinen Tieren, die sich faktisch nicht wiederfinden lassen, fehlen. Solange der Besitzer eines im Rahmen eines Auswilderungsprogramms freigesetzten Tieres dessen Verbleib mit dem Ziel beobachtet und überwacht, seinen – wenn auch gelockerten – Besitz zu erhalten, und ihm das Einfangen möglich wäre, hat das Tier daher nicht im Sinne von § 960 Abs. 2 BGB die Freiheit wiedererlangt; es wird (noch) nicht herrenlos, solange die Entscheidung darüber vorbereitet wird, ob das Tier die Freiheit wiedererlangen soll.

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(cc) Daran gemessen kann hier – anders als das Berufungsgericht meint – nicht allein aus dem tatsächlichen Verhalten der Tiere und der fehlenden Wiedererlangungsabsicht des Vereins geschlossen werden, dass diese im Sinne von § 960 Abs. 2 BGB die Freiheit wiedererlangt haben. Es handelt sich um die Erprobungsphase eines Projekts zur Wiederansiedlung einer verdrängten Tierart. Die Tiere unterliegen nach wie vor dem – wenn auch zunehmend gelockerten – Zugriff des Vereins. Da es sich um die einzigen Exemplare ihrer Art in der Region handelt, sind sie eindeutig zu identifizieren und werden nach der Verkehrsanschauung jedenfalls während der Freisetzungsphase dem Verein zugeordnet. Sie halten sich bestimmungsgemäß im Wesentlichen in dem Projektgebiet auf, wo der Verein ihr Raum-Zeit-Verhalten beobachtet, mögen sie auch frei umherstreifen, weder gefüttert noch auf andere Weise versorgt werden und inzwischen einen stärkeren Fluchtinstinkt entwickelt haben. Der Ausfall der Telemetriehalsbänder ändert hieran nichts, weil die Beobachtung der Tiere dessen ungeachtet fortgesetzt wird. Das Einfangen wäre dem Verein – wenn auch ggf. unter Schwierigkeiten – schon deshalb möglich, weil es sich um große und unverwechselbare Tiere handelt. Diese Aufrechterhaltung der Sachherrschaft ist von dem Besitzwillen des Vereins getragen. Denn in der Freisetzungsphase widerspricht der Besitzverlust – und damit einhergehend der Eigentumsverlust – der ausdrücklichen Zielsetzung des öffentlich-rechtlichen Vertrags. Die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote sollten in der Freisetzungsphase gerade nicht eingreifen, damit die vertraglich vorgesehene Möglichkeit der Kündigung oder einvernehmlichen Beendigung des Projekts ohne weiteres erhalten bleibt; zudem waren nur die für die Freisetzung, nicht aber die für die endgültige Wiederansiedlung erforderlichen Genehmigungen erteilt worden.

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(dd) Dieses Verständnis des § 960 Abs. 2 BGB entspricht den Anforderungen des Artenschutzrechts. Dass in dieser Phase kein Eigentumsverlust eintritt, ist nämlich auch aus artenschutzrechtlicher Sicht geboten, wenn – wie hier – die Auswirkungen auf das Ökosystem der Umgebung und die heimische Tier- und Pflanzenwelt erst erforscht werden sollen, bevor das Tier endgültig angesiedelt wird und den strengen artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten unterfällt. Würde eine solche Erprobungsphase durch einen vorzeitigen Eigentumsverlust beendet, könnten Auswilderungsprojekte wie das vorliegende erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden; denn bei der Genehmigung einer Erprobungsphase müsste dann stets das Risiko einbezogen werden, dass die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote schon vor Abschluss der erforderlichen Prüfungen eingreifen und die Auswilderung damit gegen den erklärten Willen der Genehmigungsbehörden unumkehrbar wird.

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Auch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie steht das Ergebnis in Einklang. Denn das strenge Schutzsystem gemäß Art. 12 FFH-RL ist für die in Anhang IVa genannten Arten (zu denen Wisente zählen) „in deren natürlichen Verbreitungsgebieten“ vorgeschrieben. Erfolgt eine Wiederansiedlung innerhalb des früheren natürlichen Verbreitungsgebietes der Art, greift dieser Schutz erst mit dem – in der Freisetzungsphase noch ausstehenden – Abschluss des in Art. 22 a) FFH-RL vorgesehenen Verfahrens ein (vgl. Leitfaden der Kommission zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG, S. 12, im Folgenden: Leitfaden). Der Eintritt der Herrenlosigkeit ist aus artenschutzrechtlicher Sicht nur dann geboten, wenn das wilde Tier der menschlichen Kontrolle vollständig entzogen und in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet in die Natur eingegliedert ist (vgl. Leitfaden, S. 12); daran fehlt es in der Freisetzungsphase.

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bb) Im Ergebnis gilt nichts anderes für die nach Öffnung des Auswilderungsgeheges geborenen Tiere. Als Eigentümer der Muttertiere hat der Verein Eigentum an den Kälbern erlangt (§ 953, § 99 Abs. 1, § 90a Abs. 1 Satz 3 BGB); davon, dass er deren Besitz erwerben wollte, ist schon wegen der Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Vertrags auszugehen (vgl. auch Staudinger/Gutzeit, BGB [2018], § 854 Rn. 50). Die Jungtiere sind – anders als das Berufungsgericht unter Hinweis auf die fehlende Fütterung meint – nicht als wild lebend, sondern als im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 15 BNatSchG gezüchtet anzusehen.

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(1) Nach dieser Vorschrift sind Tiere gezüchtet, die in kontrollierter Umgebung geboren oder auf andere Weise erzeugt und deren Elterntiere rechtmäßig erworben worden sind. Unter Zucht versteht man die schlichte Vermehrung entweder in Ställen oder in freier Umgebung (Erbs/Kohlhaas/Stöckel/Müller-Walter, Strafrechtliche Nebengesetze [März 2019], BNatSchG § 7 Rn. 35 mwN). In kontrollierter Umgebung werden Tiere geboren, wenn die Erzeugung oder Geburt in einem menschlicher Kontrolle unterliegenden Umfeld stattfindet (Landmann/Rohmer/Gellermann, Umweltrecht [Februar 2019], BNatSchG § 7 Rn. 29). Als Anhaltspunkte dafür werden die Pflege, Versorgung und tierärztliche Kontrolle, die Unterbringung oder Einflussnahme auf die Vermehrung durch den Menschen genannt (vgl. Frenz/Müggenborg/Klages, BNatSchG, 2. Aufl., § 7 Rn. 29; Heugel/Fellenberg in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 7 Rn. 43; Kratsch/J. Schumacher/A. Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 7 Rn. 53; BeckOK Umweltrecht/Brinktrine [1.4.2019], BNatSchG § 7 Rn. 39).

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(2) Richtigerweise sind die nach Öffnung des Auswilderungsgeheges geborenen Wisente als gezüchtete Tiere einzuordnen. Der Begriff der „kontrollierten Umgebung“ im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 15 BNatSchG darf nicht zu eng verstanden werden; auch insoweit muss die Auslegung den Besonderheiten eines Auswilderungsprojekts Rechnung tragen, um die aus artenschutzrechtlicher Sicht erforderliche Erprobungsphase zu ermöglichen. Die Vermehrung der Wisente in freier Wildbahn ist erklärtes Ziel des öffentlich-rechtlichen Vertrags, wonach die Herde von 8 auf maximal 25 Tiere anwachsen soll. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts muss der Verein Maßnahmen zur Vermeidung von Inzucht ergreifen. Das auf die Elterntiere bezogene Projektmanagement und die damit verbundene Überwachung der Tiere erstrecken sich auf die gesamte Herde einschließlich der Jungtiere. Auf den Einwand des Vereins, dass die Kontrolle über die Tiere immer weiter gelockert worden ist, kommt es aus denselben Gründen wie bei den ursprünglich freigesetzten Tieren nicht an.

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3. Die Revision hat aber deshalb Erfolg, weil auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts eine Duldungspflicht des Klägers im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB in Betracht kommt, die sich bei einer naturschutzrechtlichen Maßnahme aus § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG ergeben kann (vgl. Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, § 65 Rn. 5). Nach dieser Vorschrift, die das Berufungsgericht nicht in den Blick genommen hat, haben Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte von Grundstücken u.a. Maßnahmen des Naturschutzes auf Grund von Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zu dulden, soweit dadurch die Nutzung des Grundstücks nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Bis zur Beendigung der Freisetzungsphase kann sich hieraus eine Duldungspflicht ergeben.

32
a) Bei der Freisetzungsphase handelt es sich um eine Maßnahme des Naturschutzrechtes auf Grund von Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes.

33
aa) Die Wiederansiedlung von Tieren stellt grundsätzlich eine Maßnahme des Naturschutzes im Sinne von § 65 BNatSchG dar (vgl. Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 65 Rn. 7; BeckOK Umweltrecht/Teßmer [1.4.2019], BNatSchG § 65 Rn. 3; Landmann/Rohmer/Gellermann, Umweltrecht [Februar 2019], BNatSchG § 65 Rn. 8; Möller, Umweltrecht und Landnutzungsrecht, Bd. IV, 6. Aufl., 53.4; siehe auch BVerwG, RdL 1987, 234). Dies ergibt sich aus § 37 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG; hiernach umfasst der Artenschutz die Wiederansiedlung von Tieren verdrängter wild lebender Arten in geeigneten Biotopen innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets. Zudem zählen Wisente zu den prioritären Arten, für deren Erhaltung der Gemeinschaft nach den Vorgaben der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie besondere Verantwortung zukommt (Art. 1 h FFH-RL i.V.m. Anhang II: „Bison bonasus“). „Maßnahme“ ist hier die derzeitige Freisetzungsphase, also ausschließlich die der Herrenlosigkeitsphase vorgeschaltete Erprobung des Projekts.

34
bb) Der Einordnung der Freisetzungsphase als Maßnahme steht nicht entgegen, dass der Verein auf der Grundlage des öffentlich-rechtlichen Vertrags vom 8. April 2013 in eigener Verantwortung privatrechtlich tätig wird (vgl. oben Rn. 9).

35
(1) Allerdings stellen rein private Aktionen naturschutzinteressierter Bürger keine Maßnahme im Sinne von § 65 BNatSchG dar (vgl. Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 65 Rn. 6; Ebersbach, NuR 1981, 195, 199 zu § 10 BNatSchG aF). So darf etwa ein privater Vogelschutzverein Nisthilfen auf fremdem Grund nicht ohne Zustimmung des Eigentümers anbringen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass Wiederansiedlungsvorhaben nur durch den Staat und nicht durch private Träger durchgeführt werden dürfen (so jedoch Meyer-Ravenstein, jurisPR-AgrarR 1/2016 Anm. 3). Da das Naturschutzrecht dem Kooperationsprinzip besondere Bedeutung beimisst, soll die Möglichkeit konsensualen Verwaltungshandelns gemäß § 3 Abs. 3 BNatSchG vorrangig geprüft werden (vgl. Erbs/Kohlhaas/Stöckel/Müller-Walter, Strafrechtliche Nebengesetze [März 2019], BNatSchG § 3 Rn. 3; Lütkes in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 3 Rn. 11). Dem entspricht es, dass auch Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes eine Duldungspflicht gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG begründen können, sofern dies auf öffentlich-rechtlicher Grundlage geschieht (vgl. GK-BNatSchG/Sauthoff, 2. Aufl., § 65 Rn. 8). Eine ausreichende öffentlich-rechtliche Grundlage kann auch bei staatlich strukturierten Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes gegeben sein; führt also ein privater Träger eine Maßnahme des Vertragsnaturschutzes in eigener Verantwortung, aber auf der Grundlage eines hinreichend konkreten staatlichen Regelungskonzepts durch, können private Grundstückseigentümer gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG zur Duldung der Maßnahme verpflichtet sein.

36
(2) Ein Regelungskonzept dieser Art enthält der öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen dem Verein und den maßgeblichen Genehmigungsbehörden, von dessen Wirksamkeit im Rahmen der Revision des Vereins auszugehen ist. Der Vertrag erschöpft sich nämlich nicht in der Ersetzung von Genehmigungen. Vielmehr werden dem Verein enge, verpflichtende Vorgaben für die Erprobung der Auswilderung gemacht. Unter anderem wird ein umfangreiches Management vorgegeben, das sich sowohl auf den Schutz der im Projektgebiet liegenden Natura 2000-Gebiete als auch auf die Belange der öffentlichen Sicherheit bezieht. Ferner wird das Projekt durch eine mit Vertretern öffentlicher Stellen besetzte Koordinierungsgruppe engmaschig begleitet. An verschiedenen Stellen wird der öffentlichen Hand das Recht eingeräumt, das Projekt abzubrechen oder zu kündigen (§ 8 Abs. 3, § 10 und § 11 des Vertrags); die Einflussmöglichkeiten öffentlicher Stellen sind daher erheblich höher als bei einer schlichten Genehmigungserteilung.

37
cc) Der Umstand, dass die Grundstücke des Klägers nicht in dem Projektgebiet liegen, steht einer Duldungspflicht nicht entgegen. Der öffentlich-rechtliche Vertrag bezieht sich zwar auf die Freisetzung der Wisente in dem Projektgebiet. Diese dient aber gerade dazu, das Verhalten von in Freiheit lebenden Wisenten und ihre Auswirkung auf Natur und Landschaft zu ermitteln. Daher hatten die Vertragsparteien in den Blick genommen, dass die Wisentherde das Projektgebiet verlassen könnte, weshalb dem Beklagten die Überwachung und Steuerung des Raum-Zeit-Verhaltens der Tiere aufgegeben wurde, um sie dort zu halten (§ 7 des Vertrages). Dies trägt dem – auch im Rahmen von § 65 BNatSchG zu beachtenden – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt es sich durch zumutbare Maßnahmen nicht gänzlich vermeiden, dass die Wisente zuweilen das Projektgebiet verlassen und sich auf den Grundstücken des Klägers aufhalten. Die auf den Einsatz von Wisenthirten bezogene Verfahrensrüge des Klägers – die im Rahmen der Revision des Beklagten als verfahrensrechtliche Gegenrüge zu behandeln ist – hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).

38
dd) Aus § 65 Abs. 2 BNatSchG lässt sich nicht ableiten, dass die Freisetzungsphase keine Maßnahme im Sinne der Norm darstellt. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Berechtigten vor der Durchführung der Maßnahmen in geeigneter Weise zu benachrichtigen sind. Allerdings ergibt sich aus der Benachrichtigungspflicht, dass § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG in erster Linie auf geplante und zielgerichtete Maßnahmen des Naturschutzes wie etwa Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen (vgl. GK-BNatSchG/Sauthoff, 2. Aufl., § 65 Rn. 5) zugeschnitten ist. Im Hinblick auf besonders geschützte Tiere bedarf es normalerweise auch keines Rückgriffs auf diese Bestimmung, weil Eigentümer den Aufenthalt solcher Tiere auf ihren Grundstücken wegen der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote dulden müssen (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, vgl. OVG Sachsen, NuR 2010, 118 ff.; GK-BNatSchG/Sauthoff, 2. Aufl., § 65 Rn. 5 aE). Dass eine konkrete Benachrichtigung „in geeigneter Weise“ bei dem Betreten privater Grundstücke durch die ausgewilderten Tiere der Sache nach nicht möglich ist, schließt es jedoch nicht aus, ein Wiederansiedlungsprojekt wie das vorliegende als Maßnahme im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG einzuordnen. Bei einem engeren Verständnis entstünde nämlich eine Schutzlücke, die mit dem Wiederansiedlungsziel des Bundesnaturschutzgesetzes und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie unvereinbar wäre: weil die an sich streng geschützten Tiere in der Erprobungsphase (noch) nicht den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten unterfallen, sondern im Privateigentum stehen, könnten schon geringfügige Überschreitungen des Projektgebiets dazu führen, dass das gesamte Projekt mit zivilrechtlichen Mitteln zu verhindern wäre.

39
b) Schließlich kommt in Betracht, dass die Durchführung der Maßnahme die Nutzung des klägerischen Grundstücks derzeit (noch) nicht unzumutbar beeinträchtigt. Insoweit bedarf es weiterer Feststellungen. Von einer unzumutbaren Beeinträchtigung ist bei erheblicher Erschwerung der Nutzung bzw. nicht nur unerheblicher Verringerung des Ertrags auszugehen (Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 65 Rn. 12). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die wirtschaftlichen Schäden bislang durch den Verein mit Unterstützung durch den (freiwilligen) öffentlichen Entschädigungsfonds reguliert werden; dass die Schäden hierdurch jedenfalls teilweise kompensiert werden, muss in die Beurteilung der Zumutbarkeit der Maßnahme einbezogen werden. Entgegen einer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Rechtsansicht lässt sich aus § 68 BNatSchG nichts anderes ableiten. Gemäß § 68 Abs. 1 und 2 BNatSchG kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen eine Entschädigung für eine unzumutbare Belastung durch naturschutzrechtliche Eigentumsbeschränkungen verlangt werden (vgl. BeckOK Umweltrecht/Teßmer [1.4.2019], BNatSchG § 68 Rn. 1). Darum geht es hier nicht. Vielmehr ist zu klären, ob und inwieweit die auf zivilrechtlicher Grundlage geleisteten Zahlungen des privaten Vorhabenträgers die Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks ausgleichen können, so dass dem Kläger die Duldung der Maßnahme zugemutet werden kann. Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz sind dem Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Schäden in Höhe von 19.245 € ersetzt worden. Welche Schäden tatsächlich entstanden sind, und inwieweit diese durch die Zahlungen kompensiert worden sind, hat das Berufungsgericht bislang nicht festgestellt. Soweit es in anderem Zusammenhang davon ausgeht, dass 6 bis 7,5 % des klägerischen Buchenbestands geschädigt worden sind und in den nächsten sechs bis sieben Jahren existenzbedrohende Schäden entstehen werden, nimmt es ausdrücklich lediglich eine überschlägige Schätzung vor, für die es ihm – wie die Revision zu Recht rügt – an eigener Sachkunde fehlt.

40
4. Insoweit ist das Urteil daher aufzuheben. Eine eigene Entscheidung ist dem Senat nicht möglich, weil es weiterer Feststellungen bedarf. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:

41
a) Zum einen ist die Zumutbarkeit der Maßnahme im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG zu prüfen.

42
aa) Im Ausgangspunkt kommt es für die Zumutbarkeit der Freisetzungsphase als Maßnahme im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG nur auf diejenigen Schäden an, die in der Freisetzungsphase entstehen. Außer Betracht bleiben zukünftige Schäden in der möglicherweise folgenden Phase der Herrenlosigkeit, da diese ggf. auf einer anderen rechtlichen Grundlage hinzunehmen sein werden (vgl. dazu Rn. 44).

43
bb) Ob eine Maßnahme des Naturschutzes zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Grundstücks führt, beurteilt sich nach einer grundstücksbezogenen Betrachtung anhand objektiver Gesichtspunkte (vgl. BayVGH, NuR 2012, 862, 865 f.; OVG Berlin-Brandenburg, NuR 2015, 855, 857; VG Schleswig, NuR 2013, 293, 297). Insoweit kommt es auf die Schwere, die Intensität und die Dauer der Beeinträchtigung an (vgl. VG Gelsenkirchen, NuR 2016, 28, 291). Als Folge der Situationsgebundenheit des Grundstücks können Maßnahmen des Naturschutzes in größerem Umfang zu dulden sein, wenn sie auf Grundstücken durchgeführt werden, die – wie die Grundstücke des Klägers – in besonderen Schutzgebieten nach den §§ 22 ff. BNatSchG liegen und damit ohnehin bereits in besonderem Maße dem Naturschutz dienen (vgl. OLGR Schleswig 2000, 71, 72; OVG Berlin-Brandenburg, NuR 2015, 855, 858; BeckOK Umweltrecht/Teßmer [1.4.2019], BNatSchG § 65 Rn. 6; Lorz/Konrad/Konrad, Naturschutzrecht, 3. Aufl., BNatSchG § 65 Rn. 3). Infolgedessen muss zunächst mit sachverständiger Hilfe festgestellt werden, wie gravierend die durch die Wisente verursachten Schäden sind. Dem sind die zur Entschädigung geleisteten Zahlungen gegenüber zu stellen. Die Schäden, die nicht durch tatsächlich erfolgte Zahlungen kompensiert werden, müssen in Relation zu den insgesamt aus dem Grundstück gezogenen Nutzungen gesetzt werden. Zudem muss das Verhältnis der geschädigten Bäume zu dem gesamten Baumbestand des betroffenen Grundstücks ermittelt werden. Auf dieser Grundlage muss die Zumutbarkeit in einer Gesamtbetrachtung beurteilt werden.

44
cc) Sollte die Duldung danach derzeit (noch) zumutbar sein, könnte die Klage gleichwohl nur als derzeit unbegründet abgewiesen werden, weil die Duldungspflicht zeitlich begrenzt ist. Die Freisetzungsphase war von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum angelegt und darf nicht über Gebühr ausgedehnt werden. Sie dient dazu, ausreichende Erkenntnisse über das Raum-Zeit-Verhalten der Wisente und die Auswirkungen auf den Natur- und Artenschutz sowie die öffentliche Sicherheit zu gewinnen (§ 2 Abs. 3 des Vertrages). Hieran schließt sich die Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse und ggf. das für die endgültige Wiederansiedlung notwendige Verfahren an. Sollte das Projekt beendet werden, endete damit auch eine etwaige Duldungspflicht des Klägers. Andernfalls würde die endgültige Wiederansiedlung der Tiere auf einer neuen rechtlichen Grundlage erfolgen, nämlich – wie in § 10 des Vertrags vom 8. April 2013 vorgesehen – durch einen neuen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Phase der Herrenlosigkeit. Werden die Wisente auf dieser Grundlage herrenlos, unterfallen sie den Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG und müssen aus diesem Grund (wie zugewanderte Wölfe) von privaten Eigentümern grundsätzlich geduldet werden. In dem derzeitigen Stadium des Projekts wird die Inanspruchnahme des Grundeigentums des Klägers aber jedenfalls dann unverhältnismäßig und damit unzumutbar im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, wenn die Freisetzungsphase über die für die Erreichung der mit ihr verfolgten Zwecke erforderliche Zeit hinaus fortgesetzt wird.

45
b) Zum anderen setzt eine Duldungspflicht aus § 65 BNatSchG voraus, dass die Maßnahme (Freisetzungsphase) auf der Grundlage eines wirksamen staatlichen Regelungskonzepts erfolgt. Deshalb wird ggf. auch die Wirksamkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags – auf die es von dem rechtlichen Standpunkt des Berufungsgerichts aus bislang nicht ankam – zu überprüfen sein. Gemäß § 58 Abs. 1 VwVfG wird ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte eines Dritten eingreift, erst wirksam, wenn der Dritte schriftlich zustimmt. Der Kläger hat seine Zustimmung jedenfalls mit der Klageerhebung verweigert; der Vertrag kann hierdurch nur dann endgültig unwirksam geworden sein, wenn er in Rechte des Klägers eingreift.

46
aa) Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Verweis des Vereins auf die Urteile des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 11. Februar 2019 (8 K 3527/17, juris, sowie drei weitere Parallelverfahren), mit denen die u.a. auf Feststellung der Unwirksamkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtete Klage anderer Waldbesitzer gegen die Genehmigungsbehörden abgewiesen worden ist. Denn diese Urteile – die hier ohnehin keine Bindungswirkung entfalten – betreffen nur die Frage, ob der Vertrag in Rechte der dortigen Kläger eingreift. Zudem liegen deren Grundstücke – anders als die des hiesigen Klägers – nicht in dem Natura 2000-Gebiet.

47
bb) Nach inzwischen einhelliger Meinung reicht es für einen Eingriff in Rechte Dritter im Sinne von § 58 Abs. 1 VwVfG nicht aus, dass die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO besteht, sondern es muss in der Sache ein rechtswidriger Eingriff in Rechte des Dritten vorliegen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, NVwZ-RR 2016, 325 Rn. 7; OVG Lüneburg, NJOZ 2013, 1223, 1226; Thiele in Pautsch/Hoffmann, VwVfG, § 58 Rn. 11; HK-VerwR/Fehling, 4. Aufl., § 58 VwVfG Rn. 16; nunmehr auch Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Neumann/Siegel, VwVfG, 9. Aufl., § 58 Rn. 14). Handelt es sich – wie hier – um einen verwaltungsaktersetzenden Vertrag, ist ein rechtswidriger Eingriff in die Rechte des Klägers dann gegeben, wenn der Kläger einen Verwaltungsakt gleichen Inhalts mit Erfolg hätte anfechten können (vgl. OVG Lüneburg, NJOZ 2013, 1223, 1226; VG Arnsberg, Urteil vom 11. Februar 2019 – 8 K 3527/17, juris Rn. 139 ff.; BeckOK VwVfG/Spieth [1.4.2019], § 58 Rn. 5). Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, dass die Fristen für die verwaltungsrechtliche Anfechtungsklage nicht eingehalten sind; aus § 58 Abs. 1 VwVfG folgt gerade, dass die erforderliche Zustimmung eines Dritten auch geraume Zeit nach Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags verweigert werden kann (vgl. BeckOK VwVfG/Spieth [1.4.2019], § 58 Rn. 12).

48
cc) Infolgedessen wäre zu prüfen, ob der Kläger einen Verwaltungsakt gleichen Inhalts mit Erfolg hätte anfechten können. Erfolg hat eine Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist.

49
(1) Durch das Fehlen der jagdrechtlichen Genehmigung gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 LJagdG NRW (vgl. § 3 Abs. 3 des Vertrags) können Rechte des Klägers schon deshalb nicht verletzt worden sein, weil es für die Freisetzungsphase einer solchen Genehmigung nicht bedurfte. Diese ist nur für das Aussetzen von Schalenwild in der freien Wildbahn erforderlich. Die Wisente sind (noch) nicht ausgesetzt worden und unterliegen bislang nicht dem Jagdrecht, weil sie nicht herrenlos werden sollten und es auch nicht geworden sind.

50
(2) Aus dem Umstand allein, dass der Kläger gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG zur Duldung der in dem Vertrag vorgesehenen Maßnahme verpflichtet sein kann, lässt sich eine Verletzung eigener Rechte nicht herleiten. Der Schutz von Grundstückseigentümern wird insoweit (nur) durch die Anforderungen an die Zumutbarkeit gewährleistet. Allenfalls könnte die unterbliebene Benachrichtigung gemäß § 65 Abs. 2 BNatSchG den Kläger in seinen Rechten verletzen, wenn absehbar war, dass er betroffen sein würde und er gleichwohl nicht angehört worden ist. Ein solcher Verfahrensfehler wäre aber nur dann beachtlich, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Fehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht (vgl. BVerwGE 161, 180 Rn. 36; BVerwG, NVwZ 2016, 1257 Rn. 21).

51
(3) Eine Verletzung von Rechten des Klägers kann sich im Hinblick auf die in dem Vertrag ersetzte Genehmigung für das Ausbringen von Tieren nach § 40 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG aF (jetzt: § 40 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG) ergeben.

52
(a) Auf eine fehlende Einbeziehung seiner Belange – wie etwa das Grundeigentum – bei der Genehmigungsentscheidung kann sich der Kläger nicht stützen. § 40 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG aF schützt Ökosysteme, Biotope und Arten vor den Gefährdungen, die von einem unkontrollierten Ausbringen von Tieren ausgehen können (vgl. Heugel in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 40 Rn. 8; GK-BNatSchG/Köck, 2. Aufl., § 40 Rn. 7). Da es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handelt und der Behörde ein Ermessen nicht eingeräumt ist, muss die Genehmigung erteilt werden, wenn kein Versagungsgrund vorliegt (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 11. Februar 2019 – 8 K 3527/17, juris Rn. 168; GK-BNatSchG/Köck, 2. Aufl., § 40 Rn. 37; BeckOK Umweltrecht/Gläß [1.4.2019], BNatSchG § 40 Rn. 5). Auch die nach § 40 Abs. 4 Satz 5 BNatSchG aF in Verbindung mit Art. 22 FFH-RL zu prüfende Zweckdienlichkeit der Wiederansiedlung bezieht sich nur darauf, ob die Maßnahme zu der Erhaltung der Tierart beitragen kann. Eine mittelbare Gefährdung anderer Rechtsgüter ist unerheblich (vgl. Lorz/Konrad/Müller-Walter, Naturschutzrecht, 3. Aufl., BNatSchG § 40 Rn. 13; Stöckel/Müller-Walter in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze [August 2018], BNatSchG § 40 Rn. 13; wohl auch Kratsch in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 40 Rn. 18; GK-BNatSchG/Köck, 2. Aufl., § 40 Rn. 37; BeckOK Umweltrecht/Gläß [1.4.2019], BNatSchG § 40 Rn. 5).

53
(b) Als rechtswidrig kann sich die Genehmigung aber erweisen, wenn in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Versagungsgrund gemäß § 40 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG aF vorgelegen hat. Das käme in Betracht, wenn nach den bei Vertragsschluss vorhandenen Erkenntnissen eine FFH-Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 BNatSchG erforderlich war und – wie von dem Kläger behauptet – unterblieben ist (vgl. Frenz/Müggenborg/Lau, BNatSchG, 2. Aufl., § 40 Rn. 17). Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht getroffen. Deshalb steht bislang schon nicht fest, ob eine Vorprüfung („Screening“, vgl. BVerwG, NVwZ 2012, 176 Rn. 40) und ggf. eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgt ist. Dass das FFH-Gebiet „Schanze“ von dem Projekt betroffen war, ist den Vertragsparteien schon deshalb bewusst gewesen, weil Teile dieses FFH-Gebiets innerhalb des Projektgebiets liegen; aus diesem Grund enthält der Vertrag in § 6 Abs. 1 darauf bezogene Anforderungen an das Projektmanagement. Auch angesichts der umfassenden wissenschaftlichen Vorbereitung und Begleitung des Projekts (vgl. dazu Tillmann u.a., Etablierung einer freilebenden Wisentherde im Rothaargebirge, NuL 44 [9], 2012, 267, 270 f.) müsste der Kläger, der sich auf die Unwirksamkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags beruft, zunächst näher darlegen, worauf er die Rechtswidrigkeit im Einzelnen stützt.

54
(c) Sollte sich ergeben, dass nach den bei Vertragsschluss vorhandenen Erkenntnissen eine FFH-Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 BNatSchG erforderlich war und unterblieben ist (vgl. zu den darauf bezogenen Anforderungen BVerwGE 128, 1 Rn. 60 ff.; BVerwG, NVwZ 2012, 176 Rn. 40), käme es darauf an, ob der Kläger daraus eine Verletzung eigener Rechte herleiten kann. Sollte diese Frage entscheidungserheblich sein, könnte eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 2 AEUV in Betracht kommen.

55
(aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verleiht die FFH-Richtlinie einem Einzelnen – anders als anerkannten Naturschutzverbänden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 7 B 4/17, juris Rn. 9; OVG Münster, ZUR 2018, 430, 433 f.) – nicht das Recht, einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL und die für den Schutz von Meldegebieten geltenden Grundsätze zu rügen. Die genannten Vorschriften schützen ebenso wie die zu ihrer Umsetzung ergangenen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes die natürlichen Lebensräume und die Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse. Einen Bezug zu den Interessen des Einzelnen lassen sie nicht erkennen (vgl. BVerwGE 128, 358 Rn. 33 ff.; OVG Lüneburg, ZfBR 2010, 793, 795; VG Schleswig, Beschluss vom 25. September 2008 – 12 B 45/08, juris Rn. 24 ff.; Ewer in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl., § 34 Rn. 87). Das ist auch für Eigentümer von Grundstücken innerhalb eines FHH-Gebiets angenommen worden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 2. Juli 2018 – 8 A 47/17, juris Rn. 21, 49 ff.).

56
(bb) Dass § 34 BNatSchG einem Eigentümer von innerhalb des FFH-Gebiets belegenen Grundstücken nicht das Recht verleiht, die Durchführung einer erforderlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung zu verlangen, wenn ein Projekt die für sein Grundstück festgelegten Erhaltungsziele beeinträchtigen kann, scheint dem Senat aber jedenfalls im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zweifelhaft zu sein. Denn in seinem Urteil vom 8. November 2016 (C-243/15, Lesoochranárske zoskupenie VLK/Obvodný úrad Trenčínderen, EU:C:2016:838 Rn. 44) hat der Gerichtshof bezogen auf Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie ausgeführt, dass deren praktische Wirksamkeit und dem Umweltschutz dienende Zielsetzung verlangten, dass „die Bürger“ bzw. „betroffene Personen“ sich vor Gericht auf sie berufen und eine entsprechende Überprüfung verlangen könnten. Dem lag zwar die Klage eines Umweltverbands zugrunde, und das Erfordernis einer subjektiven Rechtsverletzung des Klägers in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat der Gerichtshof im Grundsatz gebilligt (C-137/14, Kommission/Bundesrepublik, EU:C:2015:683 Rn. 28 ff.). Gerade im Hinblick auf Eigentümer hat aber die Generalanwältin Sharpston in einem anderen Verfahren die Auffassung vertreten, dass Einzelpersonen, die von einem Projekt mit Umweltauswirkungen betroffen sind, „selbstverständlich“ eine Klagebefugnis zustehe zum Schutz ihres Eigentums oder ihrer sonstigen Interessen vor einem möglichen Schaden, den ein Projekt verursachen kann (C-664/15, Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation gegen Bezirkshauptmannschaft Gmünd, EU:C:2017:760 Rn. 85; vgl. auch den Vorlagebeschluss des BVerwG zur Klagebefugnis hinsichtlich der Wasserrahmenrichtlinie, DVBl 2018, 1418 Rn. 51 ff.).

57
(d) Schließlich leitet der Kläger in seiner Stellungnahme vom 8. Februar 2019 eine Verletzung eigener Rechte daraus her, dass er entgegen § 40 Abs. 4 Satz 5 BNatSchG aF in Verbindung mit Art. 22 a) FFH-RL nicht als Teil der Öffentlichkeit konsultiert worden sei. Allerdings bezieht sich die obligatorisch vorgesehene Konsultierung der betroffenen Bevölkerungskreise auf die – bislang ausstehende – Wiederansiedlung. Deshalb wird sie für die Phase der Herrenlosigkeit erfolgen müssen; es ist aber zweifelhaft, ob sie schon für die Freisetzungsphase erforderlich war. Jedenfalls musste der Kläger nicht in Person beteiligt werden, sondern als Teil der Öffentlichkeit; dass eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht oder nicht ausreichend stattgefunden hat, hat er bislang nicht hinreichend dargelegt.

58
II. Ohne Erfolg bleibt die Revision, soweit sie sich gegen die Feststellung richtet, dass der Verein verpflichtet ist, dem Kläger alle zukünftigen Schäden, die ihm durch die Wisente an den Bäumen zugefügt werden, zu ersetzen, solange die Freisetzungsphase im Sinne des öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht beendet ist.

59
1. Zutreffend sieht das Berufungsgericht den Antrag als zulässig an. Insbesondere besteht das erforderliche Feststellungsinteresse. Es kann zwar nicht aus dem Gesichtspunkt der Hemmung der Verjährung hergeleitet werden (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 256 Rn. 8); denn Gegenstand des Antrags sind Ansprüche, die erst in der Zukunft entstehen werden. Das Feststellungsinteresse ergibt sich aber daraus, dass gleichartige Schäden in der Zukunft zu erwarten sind und der Verein die Haltereigenschaft in Abrede stellt. Der Antrag dient insoweit der endgültigen Streitbeilegung, und der Kläger muss sich nicht darauf verweisen lassen, bei Schadenseintritt jeweils Leistungsklage zu erheben.

60
2. Rechtlicher Nachprüfung hält die Entscheidung auch in der Sache stand. Dabei kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob eine Duldungspflicht besteht.

61
a) Scheidet eine Duldungspflicht aus § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG mangels Zumutbarkeit aus, haftet der Beklagte für die durch die Wisente verursachten Baumschäden gemäß § 833 Satz 1 BGB. Wird durch ein Tier eine Sache beschädigt, so ist nach dieser Bestimmung derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

62
aa) Für die Tierhaltereigenschaft ist maßgeblich, wem die Bestimmungs-macht über das Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1988 – VI ZR 188/87, NJW-RR 1988, 655, 656). Allein aus dem Eigentum ergibt sich die Haltereigenschaft nicht, es kann aber ein gewichtiges Indiz für sie sein (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1990 – VI ZR 246/89, NJW-RR 1990, 789, 790). Daran gemessen ist der Verein zweifellos Halter der Wisente. Er ist nicht nur Eigentümer und unmittelbarer Besitzer der Tiere, sondern übt im Rahmen des übernommenen Projektmanagements auch die Bestimmungsmacht über sie aus; ihm fallen die mit dem Projekt verbundenen Kosten zur Last.

63
bb) Die Gefährdungshaftung nach § 833 Satz 1 BGB setzt weiter voraus, dass sich in der Beschädigung der Sache eine „spezifische“ oder „typische“ Tiergefahr desjenigen Tieres verwirklicht hat, dessen Halter in Anspruch genommen werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2018 – VI ZR 25/17, MDR 2018, 1059 Rn. 9). Dies ist hier der Fall, weil es dem unberechenbaren Verhalten der Tiere entspricht, dass sie das Projektgebiet verlassen, um außerhalb desselben Futter aufzunehmen.

64
b) Besteht hingegen eine Duldungspflicht gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, kann die Haftung zwar nicht aus § 833 Satz 1 BGB hergeleitet werden. Dem Kläger stünde dann aber ein Anspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu.

65
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats zum Nachbarschaftsrecht scheidet eine deliktische Haftung aus § 833 BGB aus, wenn der Eigentümer die Beeinträchtigung seines Eigentums gemäß § 1004 Abs. 2 i.V.m. § 906 BGB nicht abwehren kann (vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 1992 – V ZR 274/90, BGHZ 117, 110, 111 f.). Nichts anderes gilt für die Duldungspflicht aus § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Ob dies – wie der Senat seinerzeit angeführt hatte und was auf beachtliche Kritik gestoßen ist (vgl. BeckOGK/Spickhoff [1.11.2017], BGB § 833 Rn. 35 f.; BeckOK BGB/Spindler [1.5.2019], BGB § 833 Rn. 2; MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl., § 833 Rn. 29; zustimmend dagegen Staudinger/Eberl-Borges [2018], BGB § 833 Rn. 30; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 833 Rn. 9) – daraus folgt, dass bei Eingreifen der Duldungspflicht die objektive Rechtswidrigkeit fehlt, kann auf sich beruhen. Denn im Ergebnis besteht insoweit Übereinstimmung, als eine Haftung ausscheidet, wenn der Geschädigte die von der Gefahr ausgehenden konkreten Einwirkungen von Rechts wegen hinnehmen muss (vgl. nur BeckOGK/Spickhoff [1.11.2017], BGB § 833 Rn. 36; MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl., § 833 Rn. 29); so liegt es bei einer Duldungspflicht gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG.

66
bb) Die Haftung des Vereins folgt dann aus einem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB.

67
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht, wenn der Eigentümer aus öffentlich-rechtlichen Gründen an der Durchsetzung seines an sich bestehenden Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB gehindert ist (vgl. Senat, Urteil vom 7. April 2000 – V ZR 39/99, BGHZ 144, 200, 209; Urteil vom 17. September 2004 – V ZR 230/03, BGHZ 160, 232, 238 f.; Urteil vom 26. November 2004 – V ZR 83/04, NZM 2005, 318, 319). Soweit es um naturschutzrechtliche Belange geht, ist ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch grundsätzlich ausgeschlossen, falls das Naturschutzrecht dem Störer verbietet, die Einwirkung auf das Grundstück des Gestörten zu unterlassen oder abzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1992 – V ZR 82/91, BGHZ 120, 239, 252; Urteil vom 27. Oktober 2017 – V ZR 8/17, ZfIR 2018, 190 Rn. 21).

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Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger in analoger Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB Ausgleich seiner Schäden verlangen, wenn er den im Grundsatz bestehenden Unterlassungsanspruch wegen der aus § 65 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG folgenden Duldungspflicht nicht durchsetzen kann. Die Beseitigung der Störung ist dem Verein schon deshalb möglich, weil die Tiere in seinem Eigentum stehen und nicht den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten unterliegen (vgl. oben Rn. 15 ff.).

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(2) Der Beklagte ist auch Anspruchsverpflichteter. Schuldner des Ausgleichsanspruchs ist derjenige, der die Nutzungsart des beeinträchtigenden Grundstücks bestimmt. Das können sowohl die ihre Grundstücke allein nutzenden Eigentümer – oder sonstige dingliche Berechtigte – als auch Besitzer wie Mieter oder Pächter sein; die Eigentumsverhältnisse sind nicht entscheidend. Das gilt in dem Bereich der unmittelbaren Anwendung der Vorschrift des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ebenso wie in dem Bereich ihrer entsprechenden Anwendung (vgl. Senat, Urteil vom 1. April 2011 – V ZR 193/10, NZM 2011, 495 Rn. 8). Dass der Beklagte bestimmenden Einfluss auf die Nutzung des Projektgebiets ausübt, unterliegt aufgrund des öffentlich-rechtlichen Vertrags keinem Zweifel.

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c) Schließlich muss die genaue rechtliche Grundlage der Haftung auch nicht im Hinblick darauf feststehen, dass sich der deliktische Anspruch gemäß § 833 BGB nach den §§ 249 ff. BGB richtet, während der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bemessen ist (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 2013 – V ZR 230/12, BGHZ 198, 327 Rn. 24 mwN). Denn die Grenze, ab der die Beeinträchtigung bei einem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch auszugleichen wäre (vgl. dazu Senat, Urteil vom 19. September 2008 – V ZR 28/08, NJW 2009, 762 Rn. 33, insoweit in BGHZ 178, 90 nicht abgedruckt), ist überschritten, weil dem Kläger in der Vergangenheit erhebliche Baumschäden entstanden sind; schon deshalb ergibt sich für die Berechnung der zukünftigen Ansprüche kein Unterschied zwischen den beiden Anspruchsgrundlagen.

C.

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Zur Revision des Klägers

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Die Revision des Klägers wird mit der Aufhebung des Ausspruchs über den Unterlassungsantrag gegenstandslos. Da sie nur gegen den auf die Unterlassungsverpflichtung bezogenen Vorbehalt gerichtet ist, steht sie (unausgesprochen) unter der innerprozessualen Bedingung, dass die Revision des Beklagten keinen Erfolg hat.

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