OLG Frankfurt, Urteil vom 11.11.2011 – 2 U 73/11
Baumaßnahmen in dem hier gegenständlichen Umfang (Abriss der Garagenanlage, der Balkone und des bestehenden Daches, Neubau einer Tiefgarage, von Balkonen und eines erweiterten Dachgeschosses) stellen eine Gebrauchsentziehung dar, die den Mieter einer Arztpraxis als Pflichtverletzung zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt mit der Folge, dass sie zu Schadenersatz bzgl. der Kündigungsfolgen verpflichtet. Denn Arbeiten in dem angekündigten Umfang haben zwangsläufig zur Folge, dass in dem von ihnen betroffenen Gebäude ein Betrieb einer Praxis für Neurologie und Psychiatrie nicht mehr in zumutbarer Weise möglich ist, so dass sie eine Entziehung des Mietgebrauchs darstellen (Rn.26).
Diese Gebrauchsentziehung stellt auch eine zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung dar, obwohl es sich bei den Arbeiten der Beklagten überwiegend um Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie und zur Schaffung neuen Wohnraums im Sinne von §§ 554 Abs. 2 S. 1, 578 Abs. 2 BGB handelt (Rn.28).
Muss der Mieter mit einer ihm ernsthaft angekündigten Gebrauchsentziehung der Mietsache rechnen und bemüht er sich frühzeitig um eine andere Anmietung, kann sich der Vermieter, der die Baumaßnahme dann auch tatsächlich begonnen hat, nicht zu seinen Gunsten darauf berufen, der Mieter habe die Sache freiwillig oder gar vertragswidrig aufgegeben (Rn.36).
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17.03.2011, Az. 2-05 O 460/10, abgeändert.
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Die Kläger begehren Schadenersatz, nachdem sie das Mietverhältnis mit der Beklagten fristlos gekündigt haben.
2
Die Klägerin zu 1) sowie ein Herr A hatten am 31.05.2002 einen Gewerbemietvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossen (Bl. 29 ff. d.A.). Das Mietobjekt befindet sich in der …straße … in Stadt1. Es handelt sich um eine im Erdgeschoss gelegene Fläche von 187,8 qm. Sie wurde zum Zweck der Nutzung als Praxis für Neurologie und Psychiatrie bis zum 30.06.2012 fest vermietet. In dem Vertrag ist unter Ziff. 9.2.5 bestimmt, dass der Vermieter dem Mieter auf schriftliche Anfrage hin gestatten wird, einen weiteren Arzt als Hauptmieter in das Mietverhältnis aufzunehmen, wobei die Zustimmung nur aus wichtigem Grund versagt werden darf. In den beigefügten Allgemeinen Vertragsvereinbarungen ist unter § 8 Abs. 1 geregelt, dass der Vermieter Arbeiten und bauliche Maßnahmen zur Erhaltung oder zur Verbesserung der Mietsache oder sonstiger Teile des Gebäudes, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums auch ohne Zustimmung des Mieters vornehmen darf. Das Kündigungsrecht nach § 554 Abs. 3 Satz 2 BGB wurde ausgeschlossen.
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Die Klägerin zu 1) hatte mit Schreiben vom 01.12.2008 der Hausverwaltung der Beklagten angezeigt, dass ihre Praxis zum 01.01.2009 um den Kläger zu 2) als weiteren Arzt erweitert werden wird (Bl. 264 d.A.). Die Beklagte widersprach dem nicht.
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Der Gebäudekomplex …straße … stammt aus den fünfziger/sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts und umfasst 33 Gewerbe- und Wohneinheiten. Die Beklagte plante eine umfassende Sanierung jener Liegenschaft sowie deren Aufstockung zur Schaffung neuen Wohnraums. Zumindest ab Oktober 2009 wurde dies zwischen den Parteien mündlich erörtert. Mit Schreiben vom 09.12.2009 (Bl. 56 d.A.) wies die Beklagte darauf hin, dass mit Beginn des 2. Quartals 2010 die vorhandenen Garagen und Stellplätze nicht mehr zur Verfügung stehen würden, wobei diese durch eine neue Tiefgarage ersetzt werden sollten. Mit weiterem Schreiben vom 05.03.2010 (Bl. 57 d.A.) erläuterte die Beklagte, dass der Baubeginn für Anfang Mai 2010 vorgesehen sei und das geplante Bauende für den Ablauf des Januars 2011. Als Um- und Ausbaumaßnahmen wurden der Abriss der bestehenden Garagenanlage und der Neubau einer Tiefgarage, der Anbau von Aufzugsanlagen an alle drei Häuser, der teilweise Abriss und Neubau der Balkone, der Abriss des bestehenden Daches in allen drei Häusern mit Neubau und Erweiterung des Daches, die evtl. Modernisierung der Fenster, die Anbringung eines Wärmeverbundsystems, die Neuinstallation der Versorgungsleitungen für Gas, Wasser und Strom sowie die Neugestaltung der Fassade und des Treppenhauses angekündigt, wobei die Gesamtkosten auf ca. 3,5 Mio. EUR beziffert wurden.
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In mündlichen Gesprächen hatte die Beklagte zuvor ihre Bereitschaft gezeigt, einen Mietaufhebungsvertrag zu schließen, der auch eine Entschädigung vorsehen sollte. Unter dem 04.01.2010 übersandte sie der Klägerin zu 1) den Entwurf einer Mietaufhebungsvereinbarung mit der Bitte um ein Angebot, wie hoch sie sich den Entschädigungsbetrag vorstelle (Bl. 58 d.A.). Zu einem solchen Vertragsschluss kam es dann jedoch nicht.
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Bereits ab Dezember 2009 kümmerten sich die Kläger um Ersatzräume. Ende Januar 2010 schlossen sie einen neuen Mietvertrag über Räume an der … in Stadt1 (Bl. 100 ff. d.A.). Ferner beauftragten sie die Schwester der Klägerin zu 1) als Architektin mit der Planung und Überwachung des Umbaus der neuen Räume. Der zum 01.04.2010 beginnende neue Vertrag sieht vor, dass in den ersten fünf Monaten keine Miete zu zahlen ist. Mit Schreiben vom 12.03.2010 kündigten die Kläger sodann den Mietvertrag mit der Beklagten gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Gebrauchsentziehung außerordentlich zum 01.04.2010, und sie räumten die bisherige Praxis. Die Baumaßnahmen hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen. Die Beklagte widersprach der Kündigung (Bl. 62 f. d.A.).
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Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass auch der Kläger zu 2) aktivlegitimiert sei, weil er zum Beginn des Jahres 2009 in den Mietvertrag eingetreten sei. Hierzu verweisen sie auf das Schreiben vom 01.12.2008. Ferner haben sie vorgetragen, dass sie für ihre Praxis auf eine erschütterungs-, staub- und lärmfreie Räumlichkeit angewiesen seien. Diverse Untersuchungen und Behandlungen, insbesondere auch solche mit bestimmten ärztlichen Geräten, die sie im Zuge ihrer Tätigkeit durchführten, seien anders nicht vorzunehmen. Dies gelte etwa für das EEG, die Duplexsonographie, elektrophysiologische sowie verkehrspsychologische Untersuchungen und Akupunkturbehandlungen, die sie jeweils in großer Zahl in ihrer Praxis vornähmen. Während der gesamten Bautätigkeit seien ihre Räume für sie daher nicht brauchbar, weshalb eine vollständige Entziehung der Nutzbarkeit vorliege, die sie zur Kündigung berechtigt habe. Da diese Arbeiten fest angekündigt worden seien und sie auch unstreitig sodann begonnen worden seien, hätte es keiner vorherigen Abmahnung von ihnen bedurft, und sie hätten auch schon vor Arbeitsbeginn die Kündigung erklären können. Allein auf jenen Arbeiten beruhe auch ihr Entschluss zum Umzug. An direkten Umzugskosten, Renovierungskosten, notwendigen Neuanschaffungen sowie bezüglich der Mietdifferenz für die Restlaufzeit des Mietvertrages sei ihnen ein Schaden von 125.437,54 EUR entstanden (vgl. die Auflistung der Einzelpositionen Bl. 22 ff. d.A.). Soweit sie die Architektenleistungen selbst noch nicht bezahlt haben, behalten sie sich vor, die Klage insoweit auf einen Freistellungsanspruch umzustellen. Die ihnen gewährten fünf mietfreien Monate seien bei der Schadensberechnung nicht zu berücksichtigen, da dies quasi eine Minderung sei, weil es dort wegen Umbaumaßnahmen zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der dortigen Räume gekommen sei.
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Die Kläger haben beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 125.437,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat darauf verwiesen, dass im Zeitpunkt der Kündigungserklärung unstreitig noch nicht saniert wurde, so dass der vertragsgemäße Gebrauch eröffnet gewesen sei. Die bloße Befürchtung einer zukünftigen Störung rechtfertige aber keine fristlose Kündigung, erst recht nicht ohne vorherige Abmahnung. Ohnehin seien die nachfolgenden Arbeiten weder im Umfang noch in der Intensität geeignet gewesen, den Geschäftsbetrieb der Kläger nachhaltig zu stören. Denn sie würden entweder an anderen Teilen des Gebäudes stattfinden oder keinen Lärm verursachen, der über das hinausgeht, was bereits an Verkehrslärm von der direkt angrenzenden mehrspurigen Kreuzung vorhanden sei. Auch sei sie bereit gewesen, im Rahmen des Möglichen bei störenden Arbeiten auf die Kläger Rücksicht zu nehmen und diese in Abstimmung mit ihnen oder am Wochenende vorzunehmen. Eine im selben Gebäude ebenfalls tätige Augenärztin habe ihre Praxis trotz des Umbaus auch weiterführen können. Da in den neuen Räumen der Kläger in den ersten fünf Monaten ebenfalls Umbaumaßnahmen stattgefunden haben sollen, was die Kläger nicht von der Anmietung abgehalten habe, folge hieraus, dass dies ihren Praxisbetrieb nicht nachhaltig stören könne. Nach dem Vertrag der Parteien wie auch gemäß § 554 BGB bestehe zudem eine Duldungspflicht der Kläger, weshalb sie, die Beklagte, keinen Schadenersatz schulde. Die geltend gemachten Schadenspositionen bestreitet sie nach Grund und Höhe. Zumindest müsse ein Abzug neu für alt vorgenommen werden.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes im 1. Rechtszug wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, soweit ihnen die Feststellungen in dem Berufungsurteil nicht entgegenstehen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).
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Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.03.2011 abgewiesen. Zwar sei es richtig, dass ein Schadenersatzanspruch in Betracht komme, wenn der Vermieter durch eine Pflichtverletzung den Mieter zu einer außerordentlichen Kündigung veranlasse. Vorliegend fehle es jedoch bereits an einer wirksamen fristlosen Kündigung. Nötig sei hierfür nämlich eine erhebliche Beeinträchtigung des Mietgebrauchs, während die alleinige Befürchtung, dass es hierzu kommen könne, nicht ausreiche. Da im Zeitpunkt der Kündigung aber noch keine Bauarbeiten begonnen hätten, habe mithin kein Kündigungsgrund bestanden. Weil die Kläger die neuen Räume bereits vor der Kündigung angemietet hätten, sei es auch so, dass die Umzugskosten nicht auf der Kündigung beruhen würden. Deshalb könnten diese Kosten auch nicht auf dem Schreiben vom 05.03.2010 beruhen, weshalb ebenso kein Anspruch nach §§ 554 Abs. 4, 578 Abs. 2 BGB in Betracht komme.
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Gegen dieses ihnen am 25.03.2011 zugestellte Urteil haben die Kläger am 31.03.2011 Berufung bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingelegt und diese am 12.05.2011 begründet. Sie sind der Auffassung, dass nicht nur eine ungewisse Befürchtung einer Beeinträchtigung des Mietgebrauchs bestanden habe, da jene Arbeiten fest angekündigt worden seien und unstreitig dann auch durchgeführt wurden. In einer solchen Situation hätten sie sich bereits frühzeitig um neue Räume kümmern dürfen und ohne weitere Abmahnung vor Arbeitsbeginn kündigen dürfen, ohne dass dies die Kausalität für die eingetretenen Schäden aufhebe. Hilfsweise verweisen sie darauf, dass sie unstreitig nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils mit Schreiben vom 29.03.2011 (Bl. 330 d.A.) wegen der nunmehr laufenden Bauarbeiten erneut fristlos gekündigt haben.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 17. März 2011 – Az 2-05 O 460/10 – abzuändern und die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, 125.437,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Kläger zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung abzuweisen.
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Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Die Kläger hätten erst abwarten müssen, ob sich ihre Befürchtungen hinsichtlich von Störungen des Praxisbetriebs bewahrheiteten, wobei bei einer überschaubaren Restlaufzeit des Vertrages wie vorliegend ein Recht zur fristlosen Kündigung ohnehin ausscheide. Auch die neue Kündigung sei unberechtigt, da die durchgeführten Bauarbeiten zu keinen nennenswerten Beeinträchtigungen geführt hätten. Da die Kläger unstreitig seit April 2010 auch keinen Mietzins mehr zahlten, hätte sie, die Beklagte mittlerweile ebenfalls ein Recht zur fristlosen Kündigung, was einen Anspruch der Kläger auf Schadenersatz ausschließe. Da sie durch den längst erfolgten Auszug deutlich gemacht hätten, dass sie die Mietfläche ohnehin nicht nutzen wollten, scheide ein Recht zur jetzt neu erklärten Kündigung schon wegen widersprüchlichen Verhaltens aus.
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Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags im 2. Rechtszug wird ansonsten auf die Berufungsbegründung vom 12.05.2011 (Bl. 323 ff. d.A.) sowie die Erwiderung der Beklagten vom 15.06.2011 (Bl. 342 ff. d.A.) verwiesen
II.
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Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). In der Sache war dabei zunächst unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils auszusprechen, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Denn indem die Beklagte die Kläger durch eine Pflichtverletzung zu einer außerordentlichen Kündigung veranlasst hat, muss sie ihnen den durch die Kündigung entstandenen Schaden ersetzen.
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Zwar scheidet § 554 Abs. 4 BGB als Anspruchsgrundlage aus. Denn Aufwendungen im Sinne dieser Norm sind nicht die mit einem Umzug verbundenen Kosten, wenn der Mieter, um der Belästigung durch die Renovierung zu entgehen, kündigt und auszieht (BGH, Beschluss vom 22.06.2010, Az. VIII ZR 192/09, WuM 2010, 565, zitiert nach juris, Rdnr. 10; Schmidt-Futterer-Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 554 Rdnr. 330). Vielmehr sind insoweit nur die Aufwendungen erfasst, die in Erfüllung der Duldungspflicht geschehen (Palandt-Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 554 Rdnr. 33). Denn dieser Aufwendungsersatz knüpft von Sinn und Regelungsgehalt her an die Fortsetzung des Mietverhältnisses an. Jedoch besteht nach § 536 a BGB ein solcher Anspruch, wenn der Vermieter einen Mangel der Mietsache zu vertreten hat. Insbesondere ist es anerkannt, dass dann, wenn eine Mietpartei durch eine Pflichtverletzung die andere zur außerordentlichen Kündigung veranlasst, sie dieser gemäß § 280 BGB den durch die Kündigung entstandenen Schaden zu ersetzen hat (BGH, Urteil vom 13.06.2007, VIII ZR 281/06, NJW 2007, 2474, zitiert nach juris, Rdnr. 9). Der Mieter kann dann etwa die Kosten für den Umzug und Ersatzräume verlangen und für die Dauer der vertraglichen Verbindung auch sonstige Nachteile ersetzt verlangen (Palandt-Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 543 Rdnr. 61-63). Dieser Fall ist vorliegend gegeben.
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Gemäß § 543 Abs. 1 BGB liegt ein zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigender Grund dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist ein wichtiger Grund insbesondere dann gegeben, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache entzogen wird. Hiernach konnten die Kläger wegen der Ankündigung und der nachfolgenden Durchführung jener Baumaßnahmen durch die Beklagte kündigen, weshalb sie auch ihren dadurch entstandenen Schaden ersetzt verlangen können.
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Insbesondere ist auch die Position des Klägers zu 2) als Vertragspartner und damit seine Aktivlegitimation nicht mehr streitig. Im Vertrag hat die Beklagte in Ziff. 9.2.5 zugesagt, auf schriftliche Anzeige hin einen weiteren Arzt als zusätzlichen Hauptmieter in das Mietverhältnis aufzunehmen, wobei eine Versagung nur aus wichtigem Grund möglich sein soll. Das Schreiben vom 01.12.2008, in dem der Eintritt des Klägers zu 2) in die Praxis mitgeteilt wurde, ist nicht bestritten worden und mithin unstreitig. Da eine Versagung der Zustimmung auf diese Anzeige hin nicht erfolgt ist, führte dies zur Aufnahme von ihm in das Mietverhältnis, ohne dass es noch eines förmlichen Gestattungsaktes bedurfte.
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Jene Baumaßnahmen stellen eine Gebrauchsentziehung dar, die als Pflichtverletzung zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigte mit der Folge, dass sie zu Schadenersatz bzgl. der Kündigungsfolgen verpflichtet. Denn Arbeiten in dem angekündigten Umfang haben zwangsläufig zur Folge, dass in dem von ihnen betroffenen Gebäude ein Betrieb einer Praxis für Neurologie und Psychiatrie nicht mehr in zumutbarer Weise möglich ist, so dass sie eine Entziehung des Mietgebrauchs darstellen. Bei dem angekündigten Abriss der Garagenanlage, der Balkone und des bestehenden Daches muss in dem gesamten Gebäude mit erheblichen Erschütterungen sowie Lärm- und Staubbelästigungen gerechnet werden, vor denen auch schallisolierte Türen, auf die die Beklagte verweist, erkennbar nicht schützen können. Der Neubau einer Tiefgarage, von Balkonen und eines erweiterten Dachgeschosses sind ebenso wie der Anbau von Aufzugsanlagen und eines Wärmeverbundsystems mit einer neugestalteten Fassade sowie die Neugestaltung des Treppenhauses tiefgreifende Eingriffe in die Substanz des Gebäudes, die sich zwangsläufig auch auf die dort befindliche Praxis der Kläger auswirken müssen. Eine Modernisierung der Fenster und eine Neuinstallation der Versorgungsleitungen müssen schließlich sogar unmittelbar in den Räumen der Kläger durchgeführt werden, wobei aber auch die gleichgelagerten Arbeiten in den anderen Räumen des Hauses mit einem solchen Lärm verbunden sein dürften, dass sich dies ebenfalls für den Praxisbetrieb negativ auswirken muss. Insgesamt handelt es sich damit um Arbeiten, die eine grundlegende Umgestaltung des gesamten Gebäudes zum Inhalt haben. Dieses wird dadurch zwangsläufig insgesamt zu einer Baustelle. Gerade eine Praxis für Neurologie und Psychiatrie erfordert aber eine Atmosphäre, die das genaue Gegenteil von dem ist, was auf einer lauten und hektischen Baustelle zu erwarten ist. Insoweit muss nicht einmal auf die von den Klägern streitig vorgetragenen besonderen Untersuchungsmethoden und –geräte abgestellt werden, um zu erkennen, dass eine solche ärztliche Tätigkeit nicht im Ambiente einer Großbaustelle durchgeführt werden kann. Schon allein der vorgesehene Kostenrahmen von 3,5 Mio. EUR verdeutlicht die Ausmaße der geplanten Baumaßnahme. Bei diesen bereits von der normalen Planung her auf einen Zeitraum von neun Monaten angesetzten Arbeiten ist auch nicht erkennbar, dass sie zeitlich so abgestimmt werden könnten, dass sie mit den üblichen Praxiszeiten der Kläger nicht kollidierten. Die Durchführung dieser die Substanz des Gebäudes tiefgreifend verändernden Maßnahmen verträgt sich daher erkennbar nicht mit einer gleichzeitigen Fortsetzung der Tätigkeit der Kläger, weshalb ihnen hierdurch die vertragsgemäße Nutzbarkeit der angemieteten Räume entzogen wird.
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Ob jene Arbeiten einen Gebrauchsentzug der Mieträume darstellen, ist dabei eine vom Gericht vorzunehmende Wertungsfrage. Soweit sich die Beklagte für die Verneinung einer Gebrauchsbeeinträchtigung pauschal auf ein Sachverständigengutachten sowie den Bauleiter als Zeugen berufen hat, musste der Senat dem nicht nachgehen, da diese nicht für eine konkrete Tatsache benannt wurden und sie letztlich nur ihre eigene Wertung zu dieser Frage hätten mitteilen können. Soweit die Beklagte schließlich im Termin vom 21.10.2011 einen Schriftsatznachlass auf den gegnerischen Schriftsatz vom 14.10.2011 beantragt hat, in dem die Kläger weitere Ausführungen zum Vorliegen einer Gebrauchsbeeinträchtigung gemacht haben, musste dem nicht entsprochen werden, weil der Senat jenen Schriftsatz seiner Überzeugungsbildung nicht zugrunde gelegt hat.
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Diese Gebrauchsentziehung stellt auch eine zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung dar, obwohl es sich bei den Arbeiten der Beklagten überwiegend um Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie und zur Schaffung neuen Wohnraums im Sinne von §§ 554 Abs. 2 S. 1, 578 Abs. 2 BGB handelt (Aufstockung um ein neues Wohnraumstockwerk, Neubau Tiefgarage, Wärmeverbundsystem, neue Fenster) und im Übrigen zumindest Erhaltungsmaßnahmen nach § 554 Abs. 1 BGB in Betracht kommen (Neuinstallation Versorgungsleitungen, Neugestaltung Treppenhaus). Zwar war zu berücksichtigen, dass hierfür grds. eine Duldungspflicht des Mieters besteht, so dass sich die Frage stellt, wie sich diese auf ein Kündigungsrecht nach § 543 BGB und das Vorliegen einer Schadenersatzpflicht wegen einer Pflichtverletzung auswirkt. Denn an die Duldungspflicht hat der Gesetzgeber das besondere Kündigungsrecht nach § 554 Abs. 3 S. 2 BGB angeknüpft, wobei er dem Mieter dieses Recht eingeräumt hat, ohne es mit einem Erstattungsanspruch für umzugsbedingte Nachteile auszustatten (Schmidt-Futterer-Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 554 Rdnr. 330), so dass dies keine Kündigung ist, die gerade auf einer Pflichtverletzung beruht.
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Ob Maßnahmen nach § 554 Abs. 2 BGB ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB geben können, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt (Erman-Jendrek, 12. Aufl. 2008, § 554 Rdnr. 21). Allein das Kammergericht (GE 2002, 1561 f.) äußerte sich dahin, dass dies grundsätzlich ausgeschlossen sei, wobei die Aussage aber auf den Fall von Erhaltungsmaßnahmen gemäß § 554 Abs. 1 BGB beschränkt wurde. Auch in der Kommentarliteratur ist diese Frage streitig. Staudinger-Emmerich, Neubearbeitung 2011, § 554 Rdnr. 51 formuliert, dass das Sonderkündigungsrecht nach § 554 BGB eine Anwendung von § 543 BGB nicht ausschließe, dasselbe findet sich in Blank-Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 554 Rdnr. 62). Münchener-Kommentar-Bieber, BGB, 5. Aufl. 2008, § 554 Rdnr. 38 führt aus, dass neben dem Sonderkündigungsrecht für eine Kündigung nach § 543 BGB nur wenig Platz sei. Palandt-Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 554 Rdnr. 28 sagt, dass eine Kündigung nach § 543 BGB in der Situation des § 554 BGB nur unter besonderen Umständen möglich sei. Lindner-Figura/Oprée, Geschäftsraumiete, 2006, Kap. 15 Rdnr. 134 und 186 führt aus, dass dem Mieter das Recht zur Kündigung nach § 543 BGB nicht zustehe, wenn er die Maßnahme, die seinen Mietgebrauch beeinträchtigten, zulässigerweise dulden müsse. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn die Mieträume in Folge der Beeinträchtigung einige Zeit gänzlich unbenutzbar seien. Erman-Jendrek, 12. Aufl. 2008, § 554 Rdnr. 21 sowie Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl. 2009, VII Rdnr. 176, vertreten die Auffassung, dass der Mieter wegen seiner Duldungspflicht und weil ihm ein besonderes Kündigungsrecht gewährt wird, nicht nach § 543 BGB kündigen könne. Schmidt-Futterer-Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 554 Rdnr. 52, verweist darauf, dass der Gesetzgeber dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gegeben habe, dem sich der Mieter nur mit Hilfe des Sonderkündigungsrechts nach § 554 BGB entziehen könne.
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Nach Überzeugung des Senats ist das Kündigungsrecht nach § 543 BGB zumindest in diesem Fall nicht ausgeschlossen. Zwar ist vorliegend auch die besondere Konstellation des § 554 BGB gegeben, doch kann dieser Norm nicht entnommen werden, dass sie die Anwendbarkeit der allgemeinen Regelung des § 543 BGB gänzlich ausschließt. Dies ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut, noch erfordern dies Sinn und Zweck dieser Norm, da sie im Kern nur die Frage regelt, welche Baumaßnahmen der Vermieter vornehmen darf, ohne dass ihm dies der Mieter untersagen kann. Die Frage, welche sonstigen Rechtsfolgen eine zulässige Baumaßnahme hat, ist dabei eine hiervon verschiedene. Deshalb ist es auch anerkannt, dass Mietminderung und Schadenersatz von ihr unberührt bleiben (Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 554 Rdnr. 31). Gleichwohl wird § 554 BGB aber auch Auswirkungen darauf haben, wann nach § 543 BGB eine fristlose Kündigung möglich ist. Allein die teilweise Gebrauchsentziehung infolge einer Baumaßnahme kann dann nicht ausreichen. Vielmehr ist eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen nötig, wie sie allgemein § 543 Abs. 1 BGB vorgibt, bei der auch mit zu berücksichtigen ist, dass § 554 BGB bestimmte Baumaßnahmen als zulässig definiert. Insgesamt bedeutet dies, dass § 554 BGB eine Kündigung nach § 543 BGB nicht ausschließt, die Anforderungen an einen Kündigungsgrund aber erhöht.
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Die damit vorzunehmende umfassende Interessenabwägung führt dazu, dass vorliegend ein Fall gegeben ist, in der trotz der Vornahme von Maßnahmen nach § 554 BGB eine Kündigung nach § 543 BGB möglich ist. Hierbei sprechen für eine Unzumutbarkeit auf Seiten der Kläger, dass ihnen für eine verhältnismäßig lange Zeit massive Nutzungseinschränkungen drohten, wobei die nächstmögliche ordentliche Möglichkeit zur Vertragsbeendigung über diesen Zeitrahmen sogar noch hinausragt, weshalb ein Verweis hierauf ihnen nicht weiterhilft. Zum Ausmaß der sie treffenden Auswirkungen der geplanten Arbeiten kann dabei auf die obigen Ausführungen zum Vorliegen einer Gebrauchsbeeinträchtigung verwiesen werden. Die von der Beklagten angekündigten Maßnahmen stellen einen die Substanz des Gebäudes tiefgreifend verändernden Eingriff dar, der Arbeiten erfordert, die von ihren Auswirkungen und ihrer Dauer her bereits an das heranreichen, was auch bei einem Neubau an Störungen zu erwarten ist. Mit dem, was der Betrieb einer auf eine halbwegs ruhige Atmosphäre angewiesenen Praxis für Neurologie und Psychiatrie erfordert, ist dies in keinem Fall vereinbar, vielmehr müssten die Kläger im Kern auf einer Baustelle praktizieren. Insbesondere ist es ihnen nicht zuzumuten, einen dermaßen langen und erheblichen Eingriff in die Möglichkeit zu einem vertretbaren Praxisbetrieb hinzunehmen, der für sie vor allem auch das naheliegende Risiko beinhaltet, dass sich ihre Patienten angesichts der bestehenden Zumutungen von ihnen abwenden und so ein wirtschaftlicher Schaden eintritt, der sogar noch über die Baumaßnahmen hinausreicht und existenzbedrohende Ausmaße erreichen könnte. Von ihnen kann nicht verlangt werden, sich auf ein solches Wagnis einzulassen, wobei sich hieran auch nicht deshalb etwas ändert, weil der Vertrag ohnehin nur eine Laufzeit bis Mitte 2012 hatte.
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Dies gilt dabei auch unter Berücksichtigung der Interessen der Beklagten, ihr Eigentum so nutzen zu können, wie es ihren Vorstellungen entspricht. Denn das, was sie plant, stellt eine so grundlegende Umgestaltung des bisherigen Gebäudes dar, dass bei ihrer Verwirklichung auf die ebenfalls berechtigten Interessen der Mieter nicht in zureichender Weise Rücksicht genommen werden kann. In einer solchen Konstellation kann sie aber nicht erwarten, dass dies die Kläger gleichwohl mit allen zu erwartenden Nachteilen durchstehen müssen. Vielmehr ist den Interessen der Beklagten ausreichend dadurch entgegen gekommen, weil sie jene Baumaßnahmen durchführen darf. Die Beklagte scheint dies im Übrigen zumindest zunächst selbst so gesehen zu haben, wie ihrem ursprünglichen Vorschlag zu entnehmen ist, die Kläger aus ihrem Mietrecht herauszukaufen. In diesem zunächst beschrittenen Weg hätte aber eine gerechte Wahrung beider Interessen gelegen, weil die eine Seite ungestört nach ihren Wünschen bauen kann und die andere hierunter nicht dermaßen lang und erheblich leiden muss, wie es bei einem Verbleiben der Fall wäre, und sie auch keine Schäden dadurch hat, dass sie dies durch den Auszug vermeidet. Hierbei war auch zu bedenken, dass der Vertrag der Parteien den Klägern das Recht zu einer Kündigung nach § 554 Abs. 3 BGB nimmt, was gemäß §§ 578 Abs. 2, 554 Abs. 5 BGB für Gewerberäume auch möglich ist. Bei massiven Eingriffen in die Nutzungsmöglichkeit am Mietobjekt muss ihnen dann aber zumindest die Möglichkeit einer Kündigung nach § 543 BGB offenstehen, um ihre Interessen wahren zu können.
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Eine zu einer fristlosen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung der Beklagten kann auch nicht in formaler Weise schon deshalb verneint werden, weil im Zeitpunkt der Kündigung mangels bereits begonnener Bauarbeiten noch keine Gebrauchsentziehung vorgelegen habe. Das Landgericht hat dies zwar pauschal angenommen und sich zur Begründung auf Staudinger-Emmerich, Neubearbeitung 2011, § 543 Rdnr. 22, bezogen, der formuliert, dass die bloße Befürchtung einer zukünftigen Entziehung eine fristlose Kündigung nur ausnahmsweise dann rechtfertigen könne, wenn durch sie bereits jetzt der Gebrauch der gemieteten Sache beeinträchtigt werde. Als ausreichend wird dort aber etwa anerkannt, dass dann, wenn eine Gaststättenerlaubnis jederzeit widerrufen werden könnte, sofort auch vor dem tatsächlichen Widerruf gekündigt werden könne. Diese Kommentarstelle schließt eine Kündigungserklärung vor Gebrauchsentziehung mithin nicht gänzlich aus.
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Vorliegend hat im Zeitpunkt der Kündigungserklärung anhand der Umstände festgestanden, dass jene Baumaßnahmen alsbald beginnen werden. Die Beklagte selbst hatte dies mit ihrem Schreiben vom 05.03.2010 unter Angabe des von ihr geplanten Baubeginns angekündigt. Dementsprechend ist sie dann auch tatsächlich verfahren. Sofern diese Arbeiten wie vorliegend eine pflichtwidrige Gebrauchsentziehung zur Folge haben, spricht dann aber nichts dagegen, bereits vor ihrem Beginn ein Kündigungsrecht zu bejahen, da es dann keine bloße Ungewissheit oder Befürchtung wäre, sondern etwas, mit dem in der nahen Zukunft fest zu rechnen ist. In einem solchen Fall muss der Mieter nicht abwarten, bis der Gebrauchsentzug tatsächlich eintritt, vielmehr darf er die Kündigung bereits vor Beginn der Arbeiten aussprechen (Schmidt-Futterer-Blank, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 543 Rdnr. 18). Angesichts von ernsthaft angekündigten und unmittelbar bevorstehenden Baumaßnahmen kann es dem Mieter nicht verwehrt sein, die fristlose Kündigung bereits für den Beginn der die Gebrauchsgewährung entziehenden Maßnahme auszusprechen (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.02.1997, Az. 3 U 219/96, NJWE-MietR 1997, 224, zitiert nach juris, Rdnr. 12). In einem solchen Fall ist ihm zuzugestehen, dass er Vorsorge treffen darf, um den aus der angekündigten Maßnahme zu erwartenden Schaden gering zu halten. Allein der Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung kann dann keine Relevanz haben, bestenfalls der Termin, zu dem sie wirksam wird, nämlich der des Beginns der Baumaßnahme, was aber die hier allein interessierende Frage der Wirksamkeit der Kündigung nicht berührt. Bei feststehenden Baumaßnahmen ist dann auch eine vorherige Abmahnung wegen § 543 Abs. 3 Nr. 1 BGB entbehrlich (Schmidt-Futterer-Blank, aaO., OLG Brandenburg, aaO.).
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Die Ankündigung und Durchführung jener Baumaßnahme stellt damit eine so gewichtige Gebrauchsbeeinträchtigung für die Kläger dar, dass dies ihnen auch einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung gab, wobei dies zudem eine Pflichtverletzung der Beklagten bedeutet, die sie auch zu vertreten hat, so dass sie für die durch die Kündigung hervorgerufenen Schäden einzustehen hat. Da die Kündigung wirksam ist, schuldeten die Kläger seither auch keinen Mietzins mehr, weshalb eine fehlende Zahlung von ihnen ihrem Anspruch nicht entgegen-stehen kann.
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Die Kausalität zwischen dieser Pflichtverletzung und den umzugsbedingten Schäden wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Kläger den neuen Mietvertrag bereits vor ihrer Kündigungserklärung abgeschlossen haben. Muss der Mieter mit einer ihm ernsthaft angekündigten Gebrauchsentziehung der Mietsache rechnen und bemüht er sich frühzeitig um eine andere Anmietung, kann sich der Vermieter, der die Baumaßnahme dann auch tatsächlich begonnen hat, nicht zu seinen Gunsten darauf berufen, der Mieter habe die Sache freiwillig oder gar vertragswidrig aufgegeben (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.02.1997, Az. 3 U 219/96, NJWE-MietR 1997, 224, zitie/prt nach juris, Rdnr. 12). Liegt tatsächlich die Konstellation vor, dass eine nicht duldungspflichtige Gebrauchsbeeinträchtigung sicher bevorstand, so dass auch eine Kündigung bereits frühzeitig ausgesprochen werden konnte, dann kann für die Kausalität nichts anderes gelten. Auch die frühzeitige Anmietung neuer Räume erfolgte dann aufgrund der angekündigten Gebrauchsentziehung und mit dem Ziel, den Schaden infolge des so erzwungenen Auszugs gering zu halten, wurde also durch die Pflichtverletzung hervorgerufen. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger auch ohne die Baumaßnahme entschlossen waren, umzuziehen, sind nicht ersichtlich, zumal die Neuanmietung auch erst einige Zeit nach der ersten Ankündigung der Sanierung erfolgte und der Umzug etwa zum Beginn der Arbeiten erfolgte. Auch ein widersprüchliches Verhalten, wie es die Beklagte geltend macht, ist damit nicht gegeben.
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Zum Vorliegen der diversen geltend gemachten Schadenspositionen ist jedoch im Einzelnen vieles streitig, wobei hierzu auch Zeugen- und Sachverständigenbeweis angeboten ist, dem der Senat nachgehen müsste. Gegeben ist damit die Konstellation, dass ein Anspruch dem Grunde und der Höhe nach streitig ist, wobei zur Zeit allein ein Ausspruch über den Grund entscheidungsreif ist. Bevor in eine eventuell umfangreichere Beweisaufnahme eingetreten wird, soll daher der bereits jetzt mögliche Ausspruch erfolgen, weshalb der Senat von der Möglichkeit des § 304 ZPO Gebrauch macht und zunächst ein Zwischenurteil über den Grund erlässt.
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Eines Ausspruchs über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf das Grundurteil nicht. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen.