LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 08.06.2017 – 8 O 295/15
Zur Haftung auf Schadensersatz wegen der Verschmutzung von Gewässern mit Gülle
Tenor
Der Beklage wird dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin den Schaden aus dem Vorfall vom 18.03.2015 (Gülleaustritt) zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlung von Schadensersatz wegen der Verschmutzung der S2 und anderen Gewässern durch Gülle.
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Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft der T GmbH. Sie ist für die Wasserversorgung in ihrem Stadtgebiet verantwortlich. Hierzu lässt sie unter anderem die S2 im Norden der Y vom A betreiben. Sie ist Grundeigentümerin der Talsperre und der zugehörigen Einrichtungen.
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Die Talsperre ist eine derzeit nicht zur Versorgung genutzte Trinkwassertalsperre. Sie dient grundsätzlich als Reserve für die Versorgung der Remscheider Bevölkerung, es wird jedoch erwogen, die S2 künftig aufgrund der klimatischen Verhältnisse wieder aktiv zur Sicherung der Trinkwasserversorgung zu nutzen.
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Der Beklagte ist Landwirt. Sein Hof befindet sich in einer Entfernung von weniger als 500 m zum Bachlauf eines die Talsperre speisenden Baches. Das Gelände fällt zum Bach hin ab. Der Gülletank des Beklagten ist nicht gemäß eines Merkblatt zum Runderlass IV B 4 . 220-5 vom 08.08.1996 des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft mit einer doppelten Sicherungseinrichtung versehen.
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Die Parteien stritten bereits vormals vor dem Landgericht Hagen unter dem Az. 10 O 64/15. Hintergrund dieses Verfahrens war ein Gülleaustritt und Einlauf in einen Bach auf dem Grundstück des Beklagten im November 2014. Das Verfahren endete mit einem Vergleich.
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Wegen des hier streitgegenständlichen Vorfalls ist bei der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren anhängig.
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Der hier streitgegenständliche Vorfall ereignete sich am 18.03.2015. Bei seinem Rundgang um den Hof bemerkte der Beklagte gegen 6:30 Uhr, dass aus seinem Gülletank stetig Gülle in Richtung des Bachlaufs lief. Er stellte fest, dass der Verbindungsschlauch zwischen Abpumpcontainer und Güllespeicher gelöst war. Er informierte umgehend die Feuerwehr und die Polizei. Als die Polizei nebst Mitarbeitern der unteren Wasserbehörde des H sowie der I2, des A und der Klägerin um ca. 8:10 Uhr vor Ort eintrafen, stellten diese fest, dass bereits 1500-1700 m³ Gülle aus dem Behälter über die abfallende Wiese in den 300 m entfernten Bach geflossen war. Zur Vermeidung weiteren Eintrags der Gülle auf die Wiese, wurde dem Beklagten von der unteren Wasserbehörde die Auflage erteilt, eine Mulde auszupacken und diese mit Folie abzudichten. Dieser Auflage kam der Beklagte auch nach. Daneben wurde auch die Entleerungsarmatur des Güllebehälters versiegelt. Die Klägerin ließ von einem Wasserlabor Wasserproben unterhalb des Hofes des Beklagten entnehmen.
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Einen Tag später wurde die Überleitung aus der S2 in die Z geschlossen.
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Am 20.03.2015 fand ein Ortstermin mit der unteren Wasserbehörde sowie dem zuständigen Mitarbeiter der Klägerin, Herrn Dr. G2, statt.
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Drei Tage später wurde vom A und der Klägerin bei einem Ortstermin beschlossen, dass das starkbelastete Tiefenwasser der S2 in die Kläranlage J geleitet werden solle.
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Am 21.04.2015 fand ein Abstimmungstermin mit Vertretern der beteiligten unteren Wasserbehörden, des A, des K sowie der Klägerin statt. Dem Haftpflichtversicherer des Beklagten wurde die Teilnahme hieran seitens des „Veranstalters“, der N, untersagt. In diesem Termin legten die Beteiligten fest, dass das Landesamt und der A durch regelmäßige Untersuchung die Auswirkung der Gülleeinleitung auf den Bach S3 oberhalb der S2 untersuchen sollten, während die Klägerin die Entwicklung der Wasserqualität in der S2 durch Wasserprobentiefenprofilmessungen im Abstand von zwei Wochen bis zum Jahresende verfolgen sollte.
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Am 22.05.2015 wurde die Klägerin als Eigentümerin der Fischteiche in D per Ordnungsverfügung aufgefordert, die Fischteiche zu sanieren. Gleichzeitig wurde eine Ersatzvornahme mit einem Kostenvolumen von 25.000,00 EUR angedroht.
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Mit Schreiben vom 27.07.2015 wurde der Beklagte erfolglos von der Klägerin zur Zahlung von 49.223,65 EUR bis zum 21.08.2015 aufgefordert. Mit Schreiben vom 10.08.2015 wurde mit Fristsetzung wie im vorherigen Schreiben erfolglos ein weiterer Betrag von 8.099,74 EUR gefordert.
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Am 21.12.2015 erhielt die Klägerin zwei Bescheide des A, in welchen sie zur Zahlung von insgesamt 97.305,05 EUR aufgefordert wurde. Die Bescheide enthielten keine Angaben zur Ermächtigungsgrundlage. Auch fehlte es an einer Begründung.
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Mit Schreiben vom 14.01.2016 forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos zur Zahlung von weiteren 157.131,43 EUR bis zum 02.02.2016 auf.
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Die Klägerin behauptet, dass am Abend des auf den Vorfall folgenden Tages die Anwohner, die mit Wasser aus der S2 versorgt würden, vermeldet hätten, dass aus den Wasserleitungen nur noch nach Gülle riechendes Wasser austrete. Als Sofortmaßnahme sei ein Wasserwagen aufgestellt worden, der jedoch lediglich für wenige Stunden ausgereicht hätte. Um die weiter oben genannten Anwohner mit Wasser zu versorgen, sei von einem Hydranten des örtlichen Versorgungsträgers über ein Standrohr eine provisorische Schlauchleitung zu einer Druckerhöhung gelegt worden, die den Wasserbehälter für die Anwohner bedienen sollte. Dieser Behälter sei mit verseuchtem Wasser verunreinigt gewesen und habe zuvor entleert und gereinigt werden müssen. Hiermit seien mehrere Mitarbeiter der Klägerin während des gesamten Tages beschäftigt gewesen. Insgesamt seien hierbei 7.403 m³ Wasser von der O GmbH geliefert und verbraucht worden.
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Am 20.03.2015 habe das von der Klägerin beauftragte Wasserlabor Wasserproben an der Oberfläche der S2 sowie dem unterhalb der Stadtmauer gelegenen Springbrunnenteich entnommen. Diese Wasserproben und die Proben vom 18.03.2015 hätten bei dem Zulauf zur S2 unterhalb des Hofes des Beklagten einen Ammonium-Stickstoffgehalt von etwa 1800 mg/Liter aufgewiesen. Die Wasserprobe hinsichtlich des Springbrunnenteils habe einen Ammonium-Stickstoffgehalt von etwa 80 mg/Liter ergeben. Die Oberfläche der S2 habe keine erhöhten Werte aufgewiesen.
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Am 21.03.2015 habe eine Abfischaktion der Fischteiche in D stattgefunden. Hierbei hätten nur tote Fische und Frösche geborgen werden können.
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Zwei Tage später habe eine Tiefenprofilmessung des beauftragten Wasserlabors ergeben, dass sich in der Talsperre in einer Wassertiefe von etwa 18 m eine „Gülleblase“ gebildet hätte. Die stärkste Belastung läge bei etwa 20-21 m Tiefe. In dieser Tiefe sei eine Sauerstoffsättigung von nur noch 30 % gemessen worden. Der Begriff „Gülleblase“ sei jedoch nicht als technischer Begriff zu verstehen, sondern stelle lediglich eine bildhafte Beschreibung dar. Aufgrund der Dichte der Gülle sei diese abgesackt. Auch habe eine teilweise – aufgrund der Menge der Gülle aber keine vollständige – Vermischung mit dem Wasser stattgefunden. Schließlich seien 1.700 m³ Gülle eingeleitet aber 100.000 m³ Wasser-Gülle Gemisch abgeleitet und zur Klärung in die Kläranlage J verbracht worden. Hierbei habe es sich auch nicht um Sediment gehandelt. Bei den nachgewiesenen Schadstoffen handele es sich um Gülle und nicht um Ablagerungen. Ein anderes Ereignis als der streitgegenständliche Vorfall könne die Belastung nicht erklären.
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Am 27.03.2015 habe die Klägerin 500 m³ des Gülle-Wassergemischs aus den beiden größten Fischteichen in D abgelassen, um eine weitere Verunreinigung der S2 bei Regenfällen zu verhindern; dieses Gemisch sei auf benachbarten landwirtschaftliche Flächen ausgebracht worden.
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Um der Verfügung vom 22.05.2015 nachzukommen, habe die Klägerin etwa 2.500 m³ Gülle-Wassergemisch aus den Teichen in D abgepumpt.
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Aufgrund des weiter stark abgenommenen Sauerstoffgehalts in den unteren Wasserschichten der S2, werde seit Ende Mai 2015 sauerstoffarmes Tiefenwasser in den Unterlauf gegeben. Dies habe bislang nicht zu einem Anstieg des Sauerstoffgehalts geführt.
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Das Vorbringen des Beklagten hinsichtlich des Verdachts auf einen Herrn E sei widerlegt durch eine – insofern unstreitige – Funkzellenauswertung der Staatsanwaltschaft, die ergeben habe, dass Herr E zum fraglichen Zeitpunkt nicht vor Ort gewesen sei.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte unter dem Gesichtspunkt der §§ 89 WHG und 906 BGB verschuldensunabhängig für die der Klägerin entstandenen Kosten zur Beseitigung der Folgen der ausgetretenen Gülle hafte. § 89 Abs. 2 WHG verpflichte den Betreiber einer Anlage zum Ersatz des Schadens der dadurch entstehe, dass aus der betriebenen Anlage Stoffe in ein Gewässer gelangten, wenn hierdurch nachteilig die Wasserbeschaffenheit verändert würde. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass § 89 WHG einen sehr weiten Anlagenbegriff verwende. Von der Ersatzpflicht seien grundsätzlich alle Vermögensnachteile erfasst. Der auf dem Hof des Beklagten vorgehaltene Tank sei als Anlage in diesem Sinne zu verstehen, weil von ihr typischerweise erhebliche Gefahren für die Beschaffenheit des Wassers ausgingen. § 89 Abs. 2 WHG fordere indes nicht, dass die Stoffe lediglich gewollt in das Gewässer gelangten. Demnach sei der Beklagte zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
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Hinsichtlich des Einwands der „höheren Gewalt“ ist die Klägerin der Ansicht, dass der Beklagte hierfür voll darlegungs- und beweisbelastet sei. Bereits geringstes eigenes Verschulden schließe höhere Gewalt aus. Aufgrund des Vorfalls aus dem November 2014 und dem Runderlass des Ministeriums habe der Beklagte genug Anlass gehabt, weitergehende Sicherungen an seiner Anlage vorzunehmen, so dass eine Beeinflussung der Anlage durch Dritte schon deshalb keine höhere Gewalt darstellen könne, da der Beklagte die Anlage nicht ausreichend gesichert habe.
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Die Klägerin behauptet hinsichtlich eines entstandenen Schadens, dass sämtliche von ihr durchgeführte Maßnahmen notwendig und angemessen gewesen seien. Insbesondere seien auch die regelmäßigen Untersuchungen notwendig gewesen, da eine Überwachung der Fortentwicklung des Schadensbildes sowie die Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen zwingend gewesen seien.
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Im Einzelnen beziffert die Klägerin ihren Schaden wie folgt:
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Für verschiedenste Abpumptätigkeiten der Firma L seien der Klägerin insgesamt 22.015,88 EUR netto, für die regelmäßigen Wasseruntersuchungen insgesamt 48.543,50 EUR netto, für das Verlegen der Leitung zum Absaugen des belasteten Wassers hin zur Kläranlage J 15.395,01 EUR netto, für die Versorgung mit Trinkwasser der betroffenen Anwohner und Tiere insgesamt 12.215,38 EUR netto und für die Einholung eines fachgutachterlichen Gutachtens insgesamt 18.980,00 EUR netto in Rechnung gestellt worden. Diese Beträge seien von der Klägerin auch allesamt bezahlt worden. Daneben habe sie auch auf die Bescheide des A insgesamt 97.305,05 EUR bezahlt.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, 57.323,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 22.08.2015 sowie weitere 157.131,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 02.02.2016 an die Klägerin zu zahlen.
31
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
33
Der Beklagte bestreitet das Vorbringen der Klägerin sämtlich mit Nichtwissen.
34
Er behauptet darüber hinaus, dass der Gülletank nur von einer dritten Person, wobei er hierbei Herrn E verdächtige, hätte geöffnet werden können. Ein Austritt von alleine sei nicht möglich. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Schlauch sich nicht habe von selbst lösen können, sondern vielmehr große Kraftaufwendung notwendig gewesen sei. Die Anlage sei auch ausreichend vor dem Zugriff durch Dritte geschützt. Die Anlage sei von einer Fachfirma unter Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik installiert worden. Dass Herr E hierfür verantwortlich sei, ergebe sich aus dem – insoweit unstreitigen – WhatsApp Chat vom März 2015, in welchem dem Beklagten angedroht wurde: „Das Gewitter was jetzt kommt kennst du noch nicht und davon ist noch kein Ende abzusehen das verspreche ich.“ Daneben sei eine Manipulation der Anlage nur dann möglich, wenn man sich mit ihr auskenne. Dies sei bei Herrn E der Fall. Auch werde Herr E nicht durch die Funkzellenauswertung entlastet, da diese nur beweise, dass sein Handy zum fraglichen Zeitpunkt nicht vor Ort gewesen sei, nicht jedoch er selbst auch.
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Der Beklagte ist hierzu der Ansicht, dass diese Sabotage als „höhere Gewalt“ einzustufen sei. Als höhere Gewalt seien von außen kommende außergewöhnlichen Ereignissen zu verstehen, welche unter den gegebenen Umständen auch durch äußerste, nach Lage der Sache vom Inhaber vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbar seien. Hierunter seien auch Handlungen Dritter zu verstehen. Aufgrund der Nichtvorhersehbarkeit dieser Eingriffe Dritter sei das Ereignis daher auch nicht abwendbar. Ein sinnvoller Schutz gegen Eingriffe von außen sei nicht möglich. Dies könne nur wirkungsvoll von einem Wachdienst geleistet werden. Dies würde sich jedoch als unverhältnismäßig darstellen. Gemäß § 89 Abs. 2 S. 3 WHG sei daher eine Haftung des Beklagten ausgeschlossen.
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Ein Anspruch aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB scheitere ebenfalls an der höheren Gewalt. Dies ergebe sich aus dem allgemeinen Schadensrecht, wonach höhere Gewalt den Zurechnungszusammenhang durchbreche. Daneben handele es sich bei § 906 BGB um einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch. Die Grundstücke der Klägerin sowie das Grundstück des Beklagten seien jedoch nicht benachbart.
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Hinsichtlich der Schadenshöhe bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen, dass sämtliche Maßnahmen erforderlich gewesen wären, wobei auch der Beklagte davon ausgehe, dass grundsätzlich ein Schaden auf Seiten der Klägerin entstanden sei.
38
Hinsichtlich des Bescheides des A habe die Klägerin gegen diesen aufgrund fehlender Angabe einer Ermächtigungsgrundlage sowie einer Begründung rechtswidrigen Bescheid Widerspruch einlegen müssen. Durch die Nichteinlegung des Widerspruchs habe die Klägerin ihre Schadensminderungspflicht verletzt. Es sei darüber hinaus auch nicht klar, ob die mit dem Bescheid geltend gemachten Positionen auch angefallen seien.
39
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
40
Die Klage ist zulässig und dem Grunde nach begründet.
41
Die Klägerin hat gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 89 Abs. 2 WHG i.V.m. § 249 BGB.
42
Bei der S2 und den übrigen Teichen handelt es sich um Gewässer im Sinne der Vorschrift gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 3 Nr. 1 WHG. Es handelt sich sämtlich um oberirdische Gewässer. Ein solches ist dann gegeben, wenn es sich um ein in einem Bett stehendes X2 handelt. Ein solches Gewässer liegt hier vor. Es handelt sich um ein stehendes Gewässer, da es keinerlei Strömung aufweist. Darüber hinaus befindet sich dieses Gewässer auch in einem „Bett“ im Sinne der Vorschrift, da die S2 und die übrigen Teiche – anders als bspw. große Pfützen – sich an der konstant gleichen Stelle befinden. Darüber hinaus ist es auch in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden (vgl. Kohler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2010, § 89 WHG Rn. 8).
43
Bei der eingeleiteten Gülle handelt es sich auch um einen „Stoff“ im Sinne des § 89 WHG, da unter Stoffe gemäß § 62 Abs. 3 WHG sämtliche festen, schlammigen oder flüssigen Materien zu verstehen sind (vgl. Kohler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2010, § 89 WHG Rn. 9). Bei Gülle handelt es sich um einen zumindest flüssigen, wenn nicht gar festen Stoff. Dieser Stoff ist auch unstreitig in das Gewässer gelangt.
44
Der Gülletank des Beklagten ist auch eine Anlage im Sinne der Vorschrift. Das WHG definiert diesen Anlagenbegriff nicht. Übereinstimmend werden jedoch hierunter all jene Einrichtungen verstanden, mit denen für eine gewisse Dauer bestimmte in § 89 Abs. 2 WHG genannte Zwecke verfolgt werden. Das Güllesilo des Beklagten dient der wenigstens zeitweiligen Lagerung von Gülle. Zusätzlich wird in den Anlagenbegriff noch hineingelesen, dass es sich hierbei um Stoffe handeln muss, die potentiell wassergefährdend sind (vgl. Kohler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2010, § 89 WHG Rn. 53). Dies ist bei Gülle der Fall und ergibt sich aus der tatsächlich eingetretenen nachteiligen Veränderung des Gewässers.
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Die Gülle hat auch eine nachteilige Wasserveränderung bewirkt. Gemäß § 3 Nr. 10 WHG liegt eine schädliche Gewässerveränderung immer dann vor, wenn das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung beeinträchtigt wird. Die S2 dient – unstreitig – zur Wasserversorgung in Notzeiten und gehört damit auch zur öffentlichen Wasserversorgung. Dass die Gülle grundsätzlich das Gewässer S2 und die übrigen Gewässer geschädigt hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Auch in der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2016 hat der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten mitteilen lassen, dass er grundsätzlich von einer Schädigung ausgehe und nur hinsichtlich der konkret durchgeführten Maßnahmen Zweifel habe, ob diese auch sämtlich erforderlich und angemessen gewesen seien.
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Es liegt auch kein Ausschluss der Haftung durch höhere Gewalt gemäß § 89 Abs. 2 S. 3 WHG vor.
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Höhere Gewalt liegt immer dann vor, wenn ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ergebnis vorliegt, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlichen Mitteln auch durch die äußerste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden oder unschädlich gemacht werden kann auch nicht wegen seiner Häufigkeit vom Betriebsinhaber hinzunehmen ist (BGH, Urteil vom 05.10.1989, Az.: III ZR 66/88).
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Eine solche höhere Gewalt wäre hier selbst dann nicht anzunehmen, wenn die Anlage durch einen Dritten geöffnet wurde. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, so hätte der Beklagte ein solches Eingreifen nicht mit entsprechender Sorgfalt verhütet. So ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte die doppelte Sicherung wie im Merkblatt zum Runderlass IV B 4 . 220-5 vom 08.08.1996 des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft gefordert nicht eingebaut hatte. So heißt es in diesem Merkblatt wörtlich: „Mindestens eine der Sicherheitseinrichtungen ist gegen Betätigung durch Unbefugte zu sichern.“ Selbst wenn man daher unterstellen würde, es habe einen Eingriff einer dritten Person gegeben, so würde dieser Eingriff schon zeigen, dass von den Sicherheitseinrichtungen des Beklagten gerade keine der Vorhandenen gegen die Betätigung durch Unbefugte gesichert war. Aus diesem Grund vermag der Beklagte mit seinem Vortrag, er habe eine Fachfirma mit der Erstellung beauftragt und diese habe alles entsprechend dem Stand der Technik erstellt, nicht durchzudringen. Stand der Technik wäre es gerade gewesen, dass ein Eingriff durch einen Dritten eben nicht möglich wäre. Sofern jedoch kein Eingriff Dritter vorgelegen hätte, so ist weder vorgetragen noch ersichtlich, worauf sich eine etwaig vorliegende höhere Gewalt ansonsten stützen könnte.
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Erschwerend kommt hier für den Beklagten hinzu, dass es bereits im November 2014 einen Vorfall wegen Gülleaustritts gegeben hat und der Beklagte daher deutlich erhöhte Sorgfalt hätte aufwenden müssen. Er hätte eben nicht mehr bloß darauf vertrauen dürfen, dass seine Anlage, nur weil sie von einem Unternehmen errichtet wurde, auch ausreichend gesichert ist. Vielmehr hätte der Beklagte die entsprechenden Sicherheitseinrichtungen überprüfen müssen und gegebenenfalls nachrüsten müssen.
50
Hinsichtlich des Schadens ist zumindest unstreitig, dass ein solcher grundsätzlich entstanden ist, so dass lediglich die konkrete Höhe zu klären sein wird und ein Grundurteil daher zu erlassen war. Dieser Schadensersatz ist hinsichtlich der Höhe jedoch auf die Schäden begrenzt, die von § 89 Abs. 2 WHG umfasst sind. Im Gegensatz zu § 823 Abs. 1 BGB setzt der Schaden nach § 89 WHG i.V.m. § 249 BGB keine Anknüpfung an eine Rechtsgutverletzung voraus (vgl. Kohler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2010, § 89 WHG Rn. 27). Daneben ist auch ein Verschulden nicht erforderlich. Ausreichend ist daher ein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen der Veränderung der Wasserbeschaffenheit und der Schadensverwirklichung (vgl. Kohler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2010, § 89 WHG Rn. 28). Aufgrund der nicht durch eine Enumeration beschränkten Haftung für Schäden in § 89 WHG sind mit Blick auf den Schutzzweck von § 89 WHG nur die Schäden erfasst, die in persönlicher und sachlicher Hinsicht eine unmittelbare Betroffenheit vorliegen haben (vgl. Kohler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2010, § 89 WHG Rn. 29, 30). Gemäß dieser Norm kann der Geschädigte nicht die Herstellung des ursprünglichen Zustandes verlangen. Auch reine Schäden aufgrund der Beschädigung von Flora und Fauna sind nicht umfasst. Weitere Ausführungen hierzu bleiben dem Schlussurteil vorbehalten.
51
Da die Ausführungen der Beklagtenseite in dem Schriftsatz vom 31.05.2016 für die Entscheidung dieses Urteils nicht erheblich waren, brauchte der Klägerseite auf diesen Schriftsatz auch keine Schriftsatzfrist gewährt zu werden.
52
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.