BGH, Urteil vom 19.12.2017 – II ZR 88/16
1. Einen vom Insolvenzverwalter zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO aufgestellten Liquiditätsstatus, der auf den Angaben aus der Buchhaltung des Schuldners beruht, kann der Geschäftsführer nicht mit der pauschalen Behauptung bestreiten, die Buchhaltung sei nicht ordnungsgemäß geführt worden. Er hat vielmehr im Einzelnen vorzutragen und ggf. zu beweisen, welche der in den Liquiditätsstatus eingestellten Verbindlichkeiten trotz entsprechender Verbuchung zu den angegebenen Zeitpunkten nicht fällig und eingefordert gewesen sein sollen.(Rn.20)
2. Bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO anhand einer Liquiditätsbilanz sind auch die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva II) einzubeziehen.(Rn.34)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. März 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), das auf Eigenantrag vom 13. Februar 2009 am 1. Mai 2009 eröffnet wurde. Er nimmt den Beklagten als Geschäftsführer der Schuldnerin gemäß § 64 Satz 1 GmbHG auf Ersatz von 4.725.195,81 € nebst Zinsen wegen Zahlungen, die im Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 8. Januar 2009 vom Konto der Schuldnerin bei der D. Bank veranlasst wurden, in Anspruch. Der Kläger behauptet, die Schuldnerin sei spätestens seit dem 1. Dezember 2008 zahlungsunfähig gewesen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Kläger habe die von ihm behauptete Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 1. Dezember 2008 nicht dargetan. Die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit richte sich auch im Rahmen von § 64 GmbHG nach § 17 Abs. 2 InsO. Der Kläger habe jedoch weder eine Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO noch eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO substantiiert vorgetragen. Der von ihm anhand der Buchhaltungsunterlagen der Schuldnerin erstellte und mehrfach korrigierte Liquiditätsstatus, in dem der Kläger zuletzt zum 1. Dezember 2008 fällige Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von 3.517.275,91 € gegenüber verfügbaren Mitteln in Höhe von 67.454,43 € ausgewiesen habe, reiche für die Darlegung einer Zahlungsunfähigkeit zum Stichtag nicht aus. Dabei könne offen bleiben, ob der Vortrag des Klägers überhaupt dem Maßstab im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2007 (IX ZR 210/04, ZIP 2007, 1913 Rn. 4 ff.) genüge. Jedenfalls hätten der Beklagte und seine Streithelferin die Richtigkeit der Buchhaltung und damit des darauf beruhenden Liquiditätsstatus substantiiert bestritten, soweit dieser fällige Verbindlichkeiten von mehr als 505.112,89 € ausweise. Die Streithelferin habe im Einzelnen dargelegt, dass von den in der klägerischen Auflistung aufgeführten 519 Rechnungsposten lediglich 99 Positionen mit Rechnungen unterlegt worden seien. Diese stimmten lediglich in drei Positionen mit den in der klägerischen Tabelle enthaltenen Posten überein, woraus folge, dass diese Tabelle zu 99 % unzutreffend sei. Der Beklagte habe darüber hinaus dargelegt, dass ausweislich der einzelnen Buchhaltungskonten zahlreiche Verbindlichkeiten bereits längst bezahlt und zahlreiche angebliche Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden seien. Nach den von ihm im Einzelnen in einer „korrigierten Kreditorentabelle“ dargelegten Ergebnissen seiner Auswertung seien zum 1. Dezember 2008 nur Verbindlichkeiten in Höhe von 505.112,89 € belegt. Diesem Vorbringen sei der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Den damit schlüssig dargelegten Verbindlichkeiten zum Stichtag in Höhe von lediglich 505.112,89 € stünden unstreitig liquide Mittel in Höhe von 67.454,43 € gegenüber. Außerdem sei ein Anspruch der Schuldnerin gegen eine Schwestergesellschaft aus einem täglich kündbaren Darlehen in Höhe von 752.179,62 € zu berücksichtigen, das die Schuldnerin jederzeit, jedenfalls binnen drei Wochen hätte fällig stellen können. Dass dies tatsächlich erst mit Wirkung vom 27. Januar 2009 erfolgt sei, sei unschädlich.
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Die Voraussetzungen einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin habe der Kläger ebenfalls nicht dargetan. Die schlüssig dargelegten Stichtagsverbindlichkeiten von nur 505.112,89 € seien im Verhältnis zum Betrag der im Dreiwochenzeitraum beglichenen Altschulden nicht als wesentlich anzusehen. Bezüglich der nach Behauptung des Klägers bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglichenen Forderungen habe der Beklagte zu einem Großteil deren fehlende Fälligkeit im Sinne von § 17 InsO dargelegt; der danach verbleibende Restbetrag sei im Verhältnis zu den weiteren Geldeingängen und Zahlungen im Dreiwochenzeitraum so gering, dass daraus nicht auf eine Zahlungseinstellung geschlossen werden könne.
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II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an den Vortrag des Klägers zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO überspannt. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 1. Dezember 2008 nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht auszuschließen.
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1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 1. Dezember 2008 gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht dargetan, überspannt die Anforderungen an den Vortrag des Klägers.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2007 – II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Rn. 5; Urteil vom 15. März 2016 – II ZR 114/15, ZIP 2016, 1376 Rn. 18).
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Für die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit bedarf es einer geordneten Gegenüberstellung der zu berücksichtigenden fälligen Verbindlichkeiten und liquiden Mittel des Schuldners, etwa in Form einer Liquiditätsbilanz. Von einer Zahlungsunfähigkeit ist danach regelmäßig auszugehen, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 145; Beschluss vom 27. Juli 2006 – IX ZB 204/04, BGHZ 169, 17 Rn. 16; Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 27 f.; Urteil vom 6. Dezember 2012 – IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 19).
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b) Der Vortrag des Klägers genügt diesen Anforderungen.
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aa) Der Kläger hat die nach seiner Behauptung am Stichtag verfügbaren Mittel und fälligen Verbindlichkeiten mit Schriftsatz vom 6. März 2015 in einer Liquiditätsbilanz tabellarisch unter Angabe der der elektronischen Buchhaltung der Schuldnerin hierzu entnommenen Daten (Kontoart, -nummer und -bezeichnung, Buchsaldo sowie Betrag) chronologisch nach Kontonummern aufgelistet. Außerdem hat er mit Schriftsatz vom 24. November 2014 zu den Stichtagsverbindlichkeiten Ausdrucke der jeweiligen Einzelbuchhaltungskonten in entsprechender Reihenfolge und – soweit vorhanden – Rechnungen vorgelegt.
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Zu den in den folgenden drei Wochen zu verzeichnenden Geldeingängen hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 24. November 2014, 6. März 2015 und 11. September 2015 unter Darlegung der Bankkonten im Einzelnen vorgetragen. Die innerhalb dieses Zeitraums nach seiner Behauptung fällig werdenden Verbindlichkeiten hat er wiederum mit Schriftsatz vom 6. März 2015 in einer auf der Buchhaltung der Schuldnerin basierenden Tabelle alphabetisch nach Kontobezeichnung (jeweils unter Angabe von Kontonummer und -bezeichnung, Belegdatum und -nummer, Buchungstext, Rechnungsbetrag und Fälligkeitsdatum) aufgeführt. Zusätzlich hat er eine chronologische Tabelle der täglich fällig werdenden Gesamtbeträge einschließlich der nicht in der Buchhaltung erfassten Kosten vorgelegt und auch hierzu die Vorlage der Einzelbuchhaltungskonten angeboten.
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Dass dabei in der Auflistung der am Stichtag fälligen Verbindlichkeiten in der Liquiditätsbilanz – anders als bei der Auflistung der anschließend fällig werdenden Verbindlichkeiten – das eingebuchte Belegdatum, die Belegnummer und das Fälligkeitsdatum nicht angegeben wurden, ist unschädlich, da sich die erforderlichen Angaben den vorgelegten Einzelbuchhaltungskonten entnehmen lassen. Die notwendigen Informationen über den jeweiligen Anspruch liegen damit vor, ohne dass es der zusätzlichen Angabe des Rechtsgrunds zu den einzelnen Verbindlichkeiten oder ihrer Fälligkeit bedurfte.
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bb) Die Vorlage einer Rechnung war für die schlüssige Behauptung der Fälligkeit der jeweiligen Forderung nicht erforderlich.
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Zwar setzt Fälligkeit einer Forderung im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO über die Fälligkeit nach § 271 BGB eine Gläubigerhandlung voraus, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt (sog. „ernsthaftes Einfordern“). Die Übersendung einer Rechnung ist hierfür ausreichend, aber nicht erforderlich. Das Merkmal des „ernsthaften Einforderns“ dient lediglich dem Zweck, solche Forderungen auszunehmen, die rein tatsächlich – also auch ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung – gestundet sind (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 17 f.; Urteil vom 14. Mai 2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 22; Beschluss vom 26. Februar 2013 – II ZR 54/12, GmbHR 2013, 482 Rn. 12 mwN).
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Danach ist hier bereits aufgrund der entsprechenden Einbuchung der jeweiligen Verbindlichkeit in der Buchhaltung der Schuldnerin auch ohne Vorlage einer Rechnung von einem ernsthaften Einfordern der Gläubiger auszugehen. Die vom Kläger behaupteten Verbindlichkeiten sind in der Buchhaltung der Schuldnerin eingepflegt und als (spätestens) zum Stichtag fällig ausgewiesen. Im Verhältnis zu dem für die ordnungsgemäße Rechnungslegung zuständigen Geschäftsführer kann die Gesellschaft – und damit hier auch der Kläger – davon ausgehen, dass der Geschäftsführer die Bücher so geführt hat oder durch Angestellte hat führen lassen, dass sie ein richtiges und vollständiges Bild von allen Geschäftsvorfällen vermitteln, die im Betrieb angefallen sind. Stützt sich die Gesellschaft im Prozess gegen ihren Geschäftsführer auf vorhandene Buchungen und Buchungsunterlagen, obliegt es daher dem Geschäftsführer, eine etwaige Unrichtigkeit der Buchhaltung darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 – II ZR 61/15, ZIP 2016, 615 Rn. 25).
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c) Anders als vom Berufungsgericht angenommen war der Kläger auch nicht aufgrund des Bestreitens des Beklagten und seiner Streithelferin zu einer weiteren Substantiierung seines Vortrags gehalten.
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aa) Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers gemäß § 138 Abs. 2 ZPO das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag darüber hinaus substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen. Je detaillierter der Vortrag der darlegungsbelasteten Partei ist, desto höher ist die Erklärungslast des Gegners gemäß § 138 Abs. 2 ZPO. Liegt danach hinreichender Gegenvortrag der nicht darlegungsbelasteten Partei vor, ist es wiederum Sache der darlegungs- und beweisbelasteten Partei, ihren Sachvortrag zu ergänzen und näher aufzugliedern (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 – VIII ZR 14/98, WM 1999, 1034, 1035; Urteil vom 4. April 2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 11; Urteil vom 20. Mai 2015 – IV ZR 127/14, VersR 2016, 133 Rn. 17).
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bb) Nach diesen Maßstäben hätte es hier angesichts des detaillierten Vortrags des Klägers eines konkreten und substantiierten Bestreitens der von ihm aufgestellten Liquiditätsbilanz und der Auflistung der fällig werdenden Verbindlichkeiten durch den Beklagten oder seine Streithelferin bedurft. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist indes nicht zu entnehmen, dass ihr Vorbringen bislang diesen Anforderungen genügt.
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(1) Der pauschale Einwand, die vom Kläger zugrunde gelegte Buchhaltung der Schuldnerin sei unrichtig, da der Beklagte bzw. seine Mitarbeiter der Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung gemäß §§ 238, 239 HGB, § 41 GmbHG in der Endphase der werbenden Tätigkeit der Schuldnerin nicht mehr in vollem Umfang nachgekommen seien, genügt nicht.
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(aa) Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es dem Beklagten nicht von vorneherein verwehrt ist, sich auf die Unrichtigkeit der – von ihm nach §§ 238, 239 HGB, § 41 GmbHG zu verantwortenden – Buchhaltung zu berufen. Aus der Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH, für die ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen, ergibt sich keine unwiderlegbare Vermutung zu seinen Lasten dahin, der Inhalt einer Buchung gebe die Rechtswirklichkeit zutreffend wieder (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 – II ZR 61/15, ZIP 2016, 615 Rn. 25).
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(bb) Der Beklagte kann sich als Geschäftsführer jedoch nicht auf die Behauptung beschränken, die Buchhaltung sei im fraglichen Zeitraum nicht mehr ordnungsgemäß geführt worden. Da der Geschäftsführer mit den finanziellen Verhältnissen der insolvent gewordenen Gesellschaft aufgrund seiner Tätigkeit vertraut ist, ist er vielmehr gehalten, im Einzelnen substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen, welche der in der Buchhaltung vorhandenen Buchungen in welcher Hinsicht unrichtig sein sollen (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013 – II ZR 229/11, ZIP 2014, 168 Rn. 17 zum Bestreiten der Werte einer Handelsbilanz; BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 – II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 30; Beschluss vom 26. Februar 2013 – II ZR 54/12, GmbHR 2013, 482 Rn. 14). Dem Beklagten oblag es daher, im Einzelnen vorzutragen und ggf. zu beweisen, welche der vom Kläger in die Liquiditätsbilanz eingestellten Verbindlichkeiten konkret nicht bestanden haben oder nicht fällig gewesen sein sollen.
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Mit der Auferlegung dieser Darlegungs- und Beweislast wird von dem beklagten Geschäftsführer nichts Unmögliches verlangt. Denn er ist berechtigt, zum Zwecke seiner Beweisführung Einsicht in die Buchhaltung der Gesellschaft zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 – II ZR 61/15, ZIP 2016, 615 Rn. 25). Dass sich die Buchhaltungsunterlagen der Schuldnerin hier beim Kläger befinden, vermag den Beklagten – anders als vom Berufungsgericht angenommen – daher nicht zu entlasten. Insbesondere ist nicht dargetan oder ersichtlich, dass der Kläger dem Beklagten die Einsicht und Auswertung der bei ihm befindlichen Unterlagen verwehrt hätte.
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(cc) Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht angeführten Umstand, dass die Buchhaltung unstreitig nicht von dem Beklagten selbst sondern von seinen Mitarbeitern geführt wurde. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, eine eigene Kenntnis von den Buchungsvorgängen über die vorhandenen Unterlagen hinaus könne von ihm im Hinblick auf die Delegation der Buchführung und insbesondere in Anbetracht des inzwischen verstrichenen Zeitraums nicht erwartet werden. Als Geschäftsführer war der Beklagte zwar nach § 41 GmbHG nicht zur eigenhändigen Buchführung verpflichtet, sondern durfte die technische Buchführung auch auf Unternehmensangehörige delegieren. Das enthebt ihn aber nicht von seiner grundsätzlichen Verantwortlichkeit für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen.
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Auch der Einwand, eine Verletzung der ihm obliegenden Auswahl-, Einweisungs- und Überwachungspflicht durch den Beklagten sei weder vorgetragen noch festgestellt, trägt nicht. Ob dem Beklagten eine Verletzung seiner Pflichten aus § 41 GmbHG vorzuwerfen ist oder nicht, ändert nichts an der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, da die Buchungsvorgänge unabhängig davon im Verhältnis zum Kläger grundsätzlich allein im Wahrnehmungs- und Verantwortungsbereich des Beklagten als Geschäftsführer lagen.
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(2) Den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein hinreichend konkretes und substantiiertes Bestreiten des Beklagten und seiner Streithelferin nicht zu entnehmen.
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Der vom Berufungsgericht angeführte Einwand der Streithelferin, von den 519 vom Kläger als zum Stichtag 1. Dezember 2008 fällig angegebenen Verbindlichkeiten seien lediglich 99 Positionen mit Rechnungen unterlegt, von denen wiederum nur drei mit den in der Tabelle des Klägers angegebenen Positionen übereinstimmten, und ein Vergleich der behaupteten Verbindlichkeiten mit den vorgelegten Rechnungen ergebe, dass lediglich ein Betrag von 1.128.656,03 € durch Rechnungen belegt sei, ist kein substantiiertes Bestreiten. Ob und inwieweit die Angaben des Klägers durch Rechnungen unterlegt sind, ist für die Schlüssigkeit und Substantiierung seines Vorbringens ohne Relevanz. Der Kläger ist nicht gehalten, das Entstehen und die Fälligkeit der Verbindlichkeiten durch Vorlage von Rechnungen zu belegen, sondern kann sich insoweit auf die entsprechenden Daten der Buchhaltung des Beklagten stützen. Es ist vielmehr Sache des Beklagten, darzulegen, dass die einzelnen Verbindlichkeiten entgegen der Buchungen nicht fällig waren, und dies ggf. durch Vorlage von Rechnungen oder auf andere Weise zu beweisen.
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Ein ausreichendes Bestreiten ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Einwand des Beklagten, ausweislich der einzelnen Buchungskonten im Anlagenkonvolut K 26 seien zahlreiche Verbindlichkeiten bereits längst bezahlt und zudem zahlreiche angebliche Forderungen nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden, so dass sich nach der von ihm erstellten „korrigierten Kreditorentabelle“ lediglich belegte Verbindlichkeiten in Höhe von 505.112,89 € ergäben. Dieser pauschalen Angabe ist nicht zu entnehmen, welche Verbindlichkeiten im Einzelnen trotz entsprechender Verbuchung nicht (mehr) bestanden haben oder aufgrund einer Stundungsabrede noch nicht fällig gewesen sein sollen. Eine solche Konkretisierung ergibt sich auch nicht aus der generellen Bezugnahme des Berufungsgerichts auf die gesamte „korrigierte Kreditorentabelle“ des Beklagten, zumal darin ein Großteil der Verbindlichkeiten lediglich mit der – als solche unzureichenden (s.o.) – Begründung „Rechnung fehlt“ auf Null herabgesetzt wurden.
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Der vom Berufungsgericht danach vorgenommene Rückschluss von „zahlreichen“ – nicht im Einzelnen festgestellten – Unrichtigkeiten auf eine Entkräftung des gesamten klägerischen Vorbringens, soweit dieser fällige Verbindlichkeiten über 505.112,89 € behauptet, ist nicht zulässig. Erforderlich wäre vielmehr eine konkrete Feststellung des Berufungsgerichts zu jeder einzelnen vom Kläger behaupteten Verbindlichkeit, ob diese nach der Darlegung des Beklagten als fällige Verbindlichkeit in die Liquiditätsbilanz einzustellen ist oder nicht, und sich danach insgesamt nur noch eine Liquiditätslücke von unter 10 % ergibt. Hierzu bedürfte es konkreten Vortrags des Beklagten oder der Streithelferin dazu, welche Forderungen in der Bilanz des Klägers nicht bestehen oder nicht fällig gewesen sein sollen. Soweit mit dem Einwand fehlender Rechnungen die Fälligkeit der Verbindlichkeiten bestritten werden sollte, müsste im Einzelnen dargelegt und – je nach Stellungnahme des Klägers – ggf. bewiesen werden, warum die jeweilige Verbindlichkeit nicht fällig oder ernsthaft eingefordert gewesen sein soll. Gleiches gilt für den Vortrag des Beklagten, zahlreiche Forderungen seien bereits bezahlt gewesen, der konkret in Bezug auf die jeweilige Verbindlichkeit näher dargelegt und ggf. bewiesen werden müsste.
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2. Der Rechtsfehler des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich. Nach dem Vortrag des Klägers zu den Verbindlichkeiten und verfügbaren Mitteln der Schuldnerin lag zum Stichtag 1. Dezember 2008 Zahlungsunfähigkeit vor, da bei der hierfür vorzunehmenden Liquiditätsbetrachtung nicht nur die am Stichtag bereits fälligen, sondern auch die in den nächsten drei Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind.
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a) Zahlungsunfähigkeit und nicht nur eine vorübergehende Zahlungsstockung liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen und die Liquiditätslücke auf unter 10 % zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 138 ff.; Urteil vom 21. Juni 2007 – IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 37).
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Diese Beurteilung ist allein anhand objektiver Umstände vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 140; Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28). In die zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit aufzustellende Liquiditätsbilanz sind auf der Aktivseite neben den verfügbaren Zahlungsmitteln (sog. Aktiva I) die innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel (sog. Aktiva II) einzubeziehen und zu den am Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva I) sowie den innerhalb von drei Wochen fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (sog. Passiva II) in Beziehung zu setzen.
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b) Auch die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden Verbindlichkeiten (Passiva II) sind bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen.
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aa) Die Einbeziehung der Passiva II in die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt und in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur umstritten.
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(1) Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs sind in der Liquiditätsbilanz zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (vgl. Urteil vom 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 138 ff.; Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; Urteil vom 14. Mai 2009 – IX ZR 63/08, ZIP 2009, 1235 Rn. 37, in BGHZ 181, 132 insoweit nicht abgedruckt; Urteil vom 29. März 2012 – IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 8; Urteil vom 6. Dezember 2012 – IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 19; Urteil vom 7. Mai 2013 – IX ZR 113/10, ZIP 2013, 2323 Rn. 15; Urteil vom 8. Januar 2015 – IX ZR 203/12, ZIP 2015, 437 Rn. 13; Urteil vom 12. Februar 2015 – IX ZR 180/12, ZIP 2015, 585 Rn. 18). Die fehlende Erwähnung der innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten könnte zwar dafür sprechen, dass sie nach Auffassung des IX. Zivilsenats nicht zu berücksichtigen sind. Eine klare Aussage in diesem Sinne ist seiner bisherigen Rechtsprechung indes – sei es in tragenden Erwägungen oder in einem obiter dictum – nicht zu entnehmen.
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Auch der II. Zivilsenat hat die Frage bislang offen gelassen (vgl. Beschluss vom 11. Oktober 2010 – II ZR 130/09, juris; Urteil vom 26. Januar 2016 – II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 31).
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Nach einer Entscheidung des 1. Strafsenats (Beschluss vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12, ZIP 2013, 2469 Rn. 14) ist bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zur Abgrenzung von einer bloßen Zahlungsstockung eine Prognose zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit binnen drei Wochen durch eine Finanzplanrechnung vorzunehmen, in die die hinreichend konkret zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben der nächsten 21 Tage einzustellen, mithin zu berücksichtigen sind. Der 3. Strafsenat (Beschluss vom 23. Juli 2015 – 3 StR 518/14, ZinsO 2015, 2021 Rn. 17) und der 2. Strafsenat (Beschluss vom 16. Mai 2017 – 2 StR 169/15, ZinsO 2017, 1364 Rn. 30) haben wiederum ausgeführt, die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit sei in der Regel durch Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel vorzunehmen, ohne sich zur Berücksichtigung der innerhalb von drei Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten zu äußern.
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(2) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (OLG Hamburg, BeckRS 2009, 25496) und in der Literatur wird die Einbeziehung der Verbindlichkeiten, die erst innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag entstehen, unter Berufung auf die Rechtsprechung des IX. Zivilsenats teilweise abgelehnt (G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 158 ff.; Becker/Jansen/Müller, DStR 2009, 1660, 1661; Bruns, EWiR 2005, 767, 768).
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Der weit überwiegende Teil des Schrifttums spricht sich jedoch für eine Einbeziehung der im Dreiwochenzeitraum fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten aus (vgl. nur Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., vor § 64 Rn. 19; Arnold in Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl., § 17 InsO Rn. 6; Casper in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 64 Rn. 48; MünchKommInsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 19 f.; Gehrlein in Gehrlein/ Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., vor § 64 Rn. 9; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., vor § 64 Rn. 15; KK-InsO/Hess, § 17 Rn. 39; Kadenbach in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 3. Aufl., § 17 Rn. 18; Kleindiek in Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 64 Rn. 13; Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 17 Rn. 85; Mönning/Gutheil in Nerlich/Römermann, InsO, Stand: August 2014, § 17 Rn. 36; MünchKommGmbHG/Müller, 2. Aufl., § 64 Rn. 15; M. Schmidt-Leithoff/Schneider, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., vor § 64 Rn. 105; HambKommInsO/Schröder, 6. Aufl., § 17 Rn. 16; Bork, ZIP 2008, 1749, 1751 ff.; Frystatzki, NZI 2010, 389, 390 f.; Ganter, ZinsO 2011, 2297, 2299 ff.; Hölzle, ZIP 2007, 613, 615; Krauß, ZinsO 2016, 2361, 2362 ff.; Pape, WM 2008, 1949, 1952; Plagens/Wilkens, ZinsO 2010, 2107, 2114 ff.; Weber/Küting/Eichenlaub, GmbHR 2014, 1009, 1010 f.; Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 172 ff.; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 151 ff.; Prager/Jungclaus, Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 105 ff.; Kayser, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Insolvenzrecht, 6. Aufl., Kapitel I A.II.1. Rn. 16; ähnlich auch K. Schmidt in K. Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 17 Rn. 23, 25, 29).
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bb) Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung, dass die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten des Schuldners bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO in Abgrenzung von der bloßen Zahlungsstockung zu berücksichtigen sind.
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(1) Der Wortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist insoweit unergiebig. Ihm ist bereits nicht zu entnehmen, ob bei der Beurteilung der Liquidität überhaupt künftige Entwicklungen einzubeziehen sind. Vielmehr könnte die Vorschrift rein wortlautmäßig auch im Sinne einer bloßen Stichtagsbetrachtung verstanden werden, bei der weder künftige Verpflichtungen noch erst künftig zur Verfügung stehende Mittel zu berücksichtigen sind (vgl. Ganter, ZinsO 2011, 2297, 2299; Graf-Schlicker/Bremen, InsO, 4. Aufl., § 17 Rn. 16 a.E.). Dann würde es bereits eine einseitige Abweichung vom Wortlaut der Vorschrift zu Gunsten des Schuldners darstellen, wollte man bei der Liquiditätsbewertung nur die künftig verfügbaren Mittel einbeziehen (vgl. Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 173; Prager/Jungclaus, Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 110; aA G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 158).
43
(2) Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass der Begriff der Zahlungsunfähigkeit nicht rein stichtagsbezogen zu verstehen ist. Vielmehr ist auch die zeitliche Dauer einer etwaigen Liquiditätslücke zu berücksichtigen, um die Zahlungsunfähigkeit von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung abzugrenzen (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Insolvenzordnung,BT-Drucks. 12/2443, S. 114). Nach Auffassung des Gesetzgebers braucht im Gesetz nicht besonders zum Ausdruck gebracht werden, dass eine vorübergehende Zahlungsstockung keine Zahlungsunfähigkeit begründe, da es sich von selbst verstehe, dass ein Schuldner, dem in einem bestimmten Zeitpunkt liquide Mittel fehlen, der sich die Liquidität aber kurzfristig wieder beschaffen könne, im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO (damals § 21 InsO-E) in der Lage sei, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Einer näheren Definition der Zahlungsunfähigkeit in zeitlicher Hinsicht – ebenso wie hinsichtlich ihrer Größenordnung – hat der Gesetzgeber sich nach der weiteren Gesetzesbegründung bewusst enthalten, um einer übermäßig einschränkenden Auslegung des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit, etwa durch Annahme einer bloßen Zahlungsstockung auch bei einer über Wochen oder gar Monate fortbestehenden Illiquidität, entgegenzuwirken (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 114). Damit hat er erst Recht auch nicht danach differenziert, ob die Zahlungsunfähigkeit unter Einbeziehung künftiger Liquiditätszuflüsse und/oder künftig fällig werdender Verbindlichkeiten zu bestimmen ist (vgl. Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 173; Prager/Jungclaus in Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 110).
44
(3) Systematisch führt die Einbeziehung der im Dreiwochenzeitraum anfallenden weiteren Verbindlichkeiten zu keinen Abgrenzungsproblemen gegenüber der drohenden Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO.
45
Zwar erfolgt die Prüfung der eingetretenen und der drohenden Zahlungsunfähigkeit damit anhand derselben Kriterien, da bei Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 Abs. 2 InsO nach allgemeiner Meinung entsprechend dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auch erst künftig fällig werdende Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 114 f.; BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – IX ZR 93/11, ZIP 2014, 183 Rn. 10; Urteil vom 22. Mai 2014 – IX ZR 95/13, ZIP 2014, 1289 Rn. 33; Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 18 Rn. 43 ff.). Der Unterschied besteht jedoch darin, dass eingetretene Zahlungsunfähigkeit vorliegt, wenn der Schuldner eine bereits am Stichtag vorhandene Liquiditätslücke von 10 % oder mehr nicht innerhalb von drei Wochen schließen kann, während eine solche Liquiditätslücke bei drohender Zahlungsunfähigkeit noch nicht besteht, sondern unter Berücksichtigung des weiteren Verlaufs voraussichtlich (erst künftig) eintreten wird (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 – IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966 Rn. 10; Urteil vom 8. Oktober 2009 – IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 Rn. 11).
46
Damit verbleibt auch bei Berücksichtigung der Passiva II im Rahmen des § 17 InsO ein davon abgrenzbarer Anwendungsbereich des § 18 InsO in der Zeit vor und nach Ablauf des dreiwöchigen Prognosezeitraums. Ist der Schuldner innerhalb dieses Prognosezeitraums nicht in der Lage, seine Liquiditätslücke zu schließen, ist er am Stichtag bereits zahlungsunfähig, so dass sich die Frage einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht mehr stellt. Ergibt die Liquiditätsprüfung hingegen, dass er seine Liquiditätslücke innerhalb dieser Frist schließen kann, gilt der Schuldner zum Stichtag als zahlungsfähig. Da ihm innerhalb der drei Wochen auch genügend liquide Mittel zur Deckung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen, droht für diesen Zeitraum auch keine Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO. Sowohl vor als auch nach Ablauf des Prognosezeitraums stellt sich aber die Frage, ob dann ggf. mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – IX ZR 93/11, ZIP 2014, 183 Rn. 10; Beschluss vom 5. Februar 2015 – IX ZR 211/13, ZinsO 2015, 841 Rn. 13) von einer in Zukunft drohenden Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO auszugehen ist, weil später mit einer erheblichen, nicht mehr schließbaren Liquiditätslücke zu rechnen ist (vgl. Bork, ZIP 2008, 1749, 1752; Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 175; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 153).
47
Zudem spricht in systematischer Hinsicht gerade der Umstand, dass eingetretene und drohende Zahlungsunfähigkeit aufeinander bezogene Insolvenzgründe sind (BGH, Urteil vom 13. August 2009 – IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966 Rn. 10; Urteil vom 8. Oktober 2009 – IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 Rn. 11), dafür, zur Vermeidung von Brüchen auch im Rahmen von § 17 InsO die innerhalb des Dreiwochenzeitraums fällig werdenden Verbindlichkeiten einzubeziehen (vgl. Ganter, ZinsO 2011, 2297, 2301 f.; Prager/Jungclaus in Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 116).
48
(4) Auch das in der Gesetzesbegründung zur Insolvenzordnung zum Ausdruck kommende Regelungsziel des Gesetzgebers spricht für eine Einbeziehung der Passiva II.
49
Ziel des Gesetzgebers war es, mit der Insolvenzordnung eine gegenüber der Konkursordnung frühzeitigere Verfahrenseröffnung zu erreichen, um damit die Sanierungsmöglichkeiten zu verbessern oder – falls das Vermögen liquidiert werden muss – die Insolvenzmasse weitgehend zu erhalten und bessere Verwertungsergebnisse zu erzielen, eine rechtsstaatlich korrekte gleichmäßige Gläubigerbefriedigung zu gewährleisten und die Rechte etwaiger Arbeitnehmer und den Schutz des Rechtsverkehrs zu wahren (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 80 f.).
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Diesem Ziel widerspräche es, würde man bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit lediglich die innerhalb von drei Wochen nach dem Stichtag flüssig zu machenden Mittel, nicht aber die in demselben Zeitraum fälligen Verbindlichkeiten einbeziehen, da damit der Zeitpunkt der Insolvenzreife theoretisch sogar auf Dauer verzögert werden könnte. Dem Schuldner würde ermöglicht, mit den neu hinzukommenden Mitteln lediglich die Altverbindlichkeiten zu begleichen und damit eine unter Umständen erhebliche Unterdeckung dauerhaft vor sich herzuschieben, die am Ende des Dreiwochenzeitraums sogar noch größer sein könnte als zu Beginn. Dann aber handelt es sich nicht mehr um eine – vom Gesetzgeber von der Zahlungsunfähigkeit ausgenommene – lediglich vorübergehende, sondern um eine dauerhafte Zahlungsunfähigkeit, die zeigt, dass das Unternehmen unterkapitalisiert und damit mangels ausreichenden Eigenkapitals insolvenzreif ist (vgl. etwa MünchKommInsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 22; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 64 Rn. 13; Bork, ZIP 2008, 1749, 1753; Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2299 ff.; Krauß, ZInsO 2016, 2361, 2362 ff.; Staufenbiel/Hoffmann, ZinsO 2008, 891, 893; Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 176 f.; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 152; Prager/Jungclaus, Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 111 ff.). Die Gegenansicht würde im Ergebnis eine permanente „erzwungene Stundung“ für Gläubiger hinnehmen (vgl. Heublein, KSI 2006, 12, 15) und ein Schneeballsystem sowie die damit verbundene Gefahr einer Insolvenzverschleppung begünstigen (vgl. Kolmann in Saenger/Inhester, GmbHG, 3. Aufl., vor § 64 Rn. 110).
51
Auch der Einwand, im Interesse der Gläubiger bestehe gerade kein Anlass zur Annahme von Zahlungsunfähigkeit bzw. zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, wenn der Schuldner zwar eine „Bugwelle“ von Verbindlichkeiten vor sich herschiebe, diese aber ausnahmslos in drei Wochen erfüllen könne (vgl. G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 159), trägt nicht. Dem steht das erklärte Ziel der Insolvenzordnung entgegen, durch eine frühzeitige Verfahrenseröffnung eine geordnete und gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger sicherzustellen und im Interesse des Rechtsverkehrs eine fortgesetzte Teilnahme von Schuldnern mit erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten am Rechts- und Geschäftsverkehr zu verhindern (vgl. HambKommInsO/Schröder, 6. Aufl., § 17 Rn. 16; Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2299 ff.; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 152; Prager/Jungclaus in Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 113).
52
Die Berücksichtigung von Passiva II führt daher auch nicht zu einer unbilligen Verschärfung der gesetzlich normierten Voraussetzungen (so aber G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 158). Zutreffend ist, dass der Schuldner danach in der Lage sein muss, Verbindlichkeiten, die möglicherweise erst wenige Tage vor Ablauf der Dreiwochenfrist fällig werden, in der verbleibenden kurzen Zeit auszugleichen. Das ist aber nicht unbillig, da er andererseits auch davon profitiert, dass die ihm erst kurz vor Ablauf der Dreiwochenfrist zufließenden Aktiva berücksichtigt werden. Es ist daher nur konsequent, ihm spiegelbildlich auch das Risiko aufzuerlegen, dass kurz vor Fristende neue Verbindlichkeiten fällig werden, die eine Erholung zunichtemachen (vgl. Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2301).
53
Andernfalls würde die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit zeitlich verzerrt und Aktiv- und Passivseite würden bei der Erstellung der Liquiditätsbilanz künstlich einer unterschiedlichen Bewertung unterworfen: Während der Zahlungsmittelbestand dynamisch, nämlich zeitraumbezogen ermittelt würde, würde der Bestand an fälligen Verbindlichkeiten ausschließlich statisch stichtagsbezogen festgestellt. Dies widerspräche nicht nur allgemeinen betriebswirtschaftlichen Bewertungsgrundsätzen (etwa IDW Standard S 11, veröffentlicht in ZInsO 2015, 1136, 1149), sondern würde zudem den Schuldnerinteressen in einseitiger – unbilliger – Weise der Vorzug von den berechtigten Interessen der Gläubiger geben, denen nach der gesetzgeberischen Wertung mit der Insolvenzordnung gerade ein größeres Gewicht zukommen sollte (vgl. Hölzle, ZIP 2007, 613, 615; Krauß, ZInsO 2016, 2361, 2363; Staufenbiel/Hoffmann, ZInsO 2008, 891, 893; Brahmstaedt, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, 2012, S. 177).
54
(5) Die Berücksichtigung der Passiva II fügt sich zudem stimmig in andere Wertungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Zahlungseinstellung.
55
So setzt die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass der Schuldner seine Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen hat (vgl. RGZ 100, 62, 65; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100, 109; Urteil vom 20. November 2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 188; Urteil vom 21. Juni 2007 – IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 32; Urteil vom 20. Dezember 2007 – IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 Rn. 24; Urteil vom 14. Februar 2008 – IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 27). Das bedeutet, dass auch zwischenzeitlich neu entstandene Verbindlichkeiten beglichen werden müssen. Wollte man dies bei der Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit zur Zahlungsstockung anders sehen, würde dies zu einem Wertungsbruch zwischen dem Eintritt und der Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit führen (vgl. Bork, ZIP 2008, 1749, 1753; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 152 f.; Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2302).
56
Des Weiteren ist es nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Insolvenzanfechtung nach § 130 InsO u.a. als Indiz für eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO – und damit für Zahlungsunfähigkeit – anzusehen, wenn im relevanten Moment bestehende Verbindlichkeiten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; Urteil vom 26. Januar 2016 – II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 14 mwN) oder der Schuldner infolge der ständigen verspäteten Begleichung seiner Verbindlichkeiten einen Forderungsrückstand vor sich hergeschoben hat und dementsprechend ersichtlich am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2016 – IX ZR 65/15, ZIP 2016, 2423 Rn. 19 mwN). Wird die Existenz einer erheblichen Altforderung oder das Fortbestehen eines Forderungsrückstands bis zur Insolvenzeröffnung aber als Indiz für eine Zahlungseinstellung und damit für eine Zahlungsunfähigkeit gewertet, erfolgt damit auch indirekt die Berücksichtigung möglicher – vom Schuldner vorrangig beglichener – Neuverbindlichkeiten bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (vgl. Bork, ZIP 2008, 1749, 1753; Krauß, ZinsO 2016, 2361, 2364; Dittmer, Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2013, S. 153; Ganter, ZInsO 2011, 2297, 2302).
57
(6) Nicht durchgreifend ist schließlich auch der Einwand, die Einbeziehung künftig fälliger Verbindlichkeiten bei der Abgrenzung der Zahlungsstockung zur Zahlungsunfähigkeit sei unpraktikabel und berge die Gefahr, dass Insolvenzverfahren aufgrund von im Ergebnis unrichtigen Prognosen eröffnet würden (so G. Fischer, Festschrift Ganter, 2010, S. 153, 159).
58
Im Regelfall lassen sich der Eintritt der Fälligkeit und das ernsthafte Einfordern von Verbindlichkeiten zum Prognosezeitpunkt bereits mit der erforderlichen Sicherheit bewerten. Zum einen gibt es Verbindlichkeiten, die kalendermäßig fällig werden und bei denen bereits im Voraus davon auszugehen ist, dass sie im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit gemäß § 271 Abs. 1 BGB auch ernsthaft eingefordert werden. Das gilt etwa für fällige Löhne, Sozialversicherungsbeiträge oder Darlehensraten, bei denen es keiner Rechnung oder sonstigen Einforderungshandlung des Gläubigers bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 – IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 21 ff.; Bork, ZIP 2008, 1749, 1751 f.). Zum anderen werden im Geschäftsverkehr nicht selten auch längere Zahlungsfristen eingeräumt, so dass gerade bei größeren Unternehmen, bei denen die größten Prognoserisiken bestehen könnten, viel dafür spricht, dass bei einem Großteil der Verbindlichkeiten bereits vor dem Stichtag durch Übersendung einer Rechnung mit Zahlungsziel die künftige Fälligkeit und das ernsthafte Einfordern der Forderung innerhalb des anschließenden Dreiwochenzeitraums feststehen.
59
Zudem wird in der Regel – sofern nicht bereits konkrete gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen – von einem ernsthaften Einfordern der im Sinne des § 271 Abs. 1 BGB fällig werdenden Forderungen auszugehen sein. Das Merkmal des ernsthaften Einforderns setzt nach ständiger Rechtsprechung lediglich eine Gläubigerhandlung voraus, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt. Damit sollen nur Verbindlichkeiten von der Betrachtung ausgeschlossen werden, hinsichtlich derer mangels eines solchen erkennbar hervorgetretenen Willens eine „faktische Stundung“ in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 17 f.; Urteil vom 14. Mai 2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 22; Beschluss vom 26. Februar 2013 – II ZR 54/12, GmbHR 2013, 482 Rn. 12 mwN). Letztlich ist auch nicht ersichtlich, warum das künftige ernsthafte Einfordern von Verbindlichkeiten des Schuldners schwieriger zu prognostizieren sein sollte, als das künftige Zahlungsverhalten von Drittschuldnern des Schuldners (vgl. Ganter, ZinsO 2011, 2297, 2301; Prager/Jungclaus, Festschrift Wellensiek, 2011, S. 101, 109).
60
(7) Einer Anfrage oder Vorlage nach § 132 Abs. 2 und 3 GVG zur Frage der Berücksichtigung der Passiva II bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit bedarf es nicht, da weder der IX. Zivilsenat noch der 2. oder der 3. Strafsenat bislang in einer die Entscheidung tragenden Weise abweichend entschieden haben.
61
c) Ausgehend davon war die Schuldnerin nach dem Vortrag des Klägers am 1. Dezember 2008 zahlungsunfähig.
62
Nach den Angaben des Klägers beliefen sich die am Stichtag vorhandenen verfügbaren und bis einschließlich 22. Dezember 2008 tatsächlich eingegangenen Mittel auf insgesamt 4.517.454,43 € (67.454,43 € zzgl. vom Beklagten angegebene Zahlungseingänge innerhalb der nächsten drei Wochen in Höhe von 4.450.000 €). Dem standen nach dem Vortrag des Klägers am Stichtag fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 3.517.265,91 € sowie bis zum 22. Dezember 2008 fällig gewordene und eingeforderte weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 2.946.239,11 €, insgesamt mithin Verbindlichkeiten in Höhe von 6.463.505,02 € gegenüber. Damit bestand eine Liquiditätslücke in Höhe von 1.946.050,60 € und der Liquiditätsdeckungsgrad betrug nur 69,89 %.
63
III. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO). In der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung wird das Berufungsgericht weitere Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin am 1. Dezember 2008 zu treffen haben.
64
Für das weitere Verfahren weist der Senat insbesondere auf Folgendes hin:
65
1. Zur Beurteilung, ob sogar von einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO auszugehen ist, wird das Berufungsgericht zunächst den Einwänden der Revisionsbegründung zur Bewertung der nach Vortrag des Klägers bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglichenen Stichtagsforderungen nachzugehen haben. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass eine Zahlungseinstellung nicht nur aus einem einzelnen, sondern auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 13; Urteil vom 18. Juli 2013 – IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 10; Urteil vom 8. Januar 2015 – IX ZR 203/12, ZIP 2015, 437 Rn. 16; Urteil vom 17. November 2016 – IX ZR 65/15, ZIP 2016, 2423 Rn. 18 mwN). Hierbei werden auch der Vortrag des Klägers zu den vom 6. April 2008 bis zum 13. Februar 2009 wöchentlich fällig gewordenen und beglichenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin sowie der von ihm vorgelegte Finanzplan für die Zeit vom 2. Dezember 2008 bis 13. Februar 2009 im Hinblick darauf zu würdigen sein, dass sich immer wieder erneuernde erhebliche Forderungsrückstände gegen die Annahme sprechen könnten, dass kein wesentlicher Teil der Verbindlichkeiten betroffen war und es sich um lediglich geringfügige Liquiditätslücken handelte (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 – IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 13).
66
Sollte das Berufungsgericht danach von einer Zahlungseinstellung ausgehen, bleibt dem Beklagten die Möglichkeit, die nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO bestehende Vermutung der Zahlungsunfähigkeit zu widerlegen, indem er konkret vorträgt und ggf. beweist, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für die Schuldnerin eine Deckungslücke von weniger als 10 % ausweist. Die bloße, unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung genügt insoweit allerdings nicht. Der Beklagte ist als Geschäftsführer, der mit den finanziellen Verhältnissen der insolvent gewordenen GmbH aufgrund seiner Tätigkeit vertraut ist, vielmehr gehalten, zu einer Liquiditätsbilanz, die Zahlungsfähigkeit belegen soll, konkret vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 – II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 30).
67
2. Sofern eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht festzustellen ist, bedarf es einer Prüfung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO. Insoweit ist dem Beklagten und der Streithelferin Gelegenheit zu geben, die vom Kläger zum Nachweis der Zahlungsunfähigkeit aufgestellte Liquiditätsbilanz, insbesondere die darin in Ansatz gebrachten Verbindlichkeiten, konkret im Einzelnen zu bestreiten und ihr Vorbringen unter Beweis zu stellen. Sollte sich danach eine Liquiditätsbilanz der Schuldnerin ergeben, die im maßgeblichen Zeitraum eine Deckungslücke von weniger als 10 % ausweist, wird das Berufungsgericht ggf. den jeweiligen Beweisangeboten nachzugehen haben.
68
In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht auch zu berücksichtigen haben, dass die bisherigen Feststellungen nicht ausreichen, um den Darlehensrückzahlungsanspruch der Schuldnerin gegen ihre Schwestergesellschaft als kurzfristig verfügbares Zahlungsmittel in die Liquiditätsbewertung einzubeziehen. Dass die Schuldnerin am Stichtag die Möglichkeit gehabt hätte, das Darlehen sofort, jedenfalls aber innerhalb der nächsten drei Wochen fällig zu stellen, genügt dafür nicht.
69
Ob noch von einer vorübergehenden Zahlungsstockung oder schon von einer (endgültigen) Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, ist allein anhand der objektiven Umstände zu beantworten (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 140; Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28). Zu den hierbei in eine Liquiditätsbilanz einzustellenden innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel zählen zwar auch kurzfristig verfügbare Kreditmittel, wobei ein sofort abrufbarer Kredit ungeachtet des Zeitpunkts seiner tatsächlichen Auszahlung bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit als Zahlungsmittel zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 – IX ZR 32/10, juris Rn. 4; Urteil vom 26. Januar 2016 – II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 31); auch liegt keine Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner im fraglichen Zeitraum noch in der Lage war, sich erforderlichenfalls weiteren Kredit zu verschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 139 f.; Beschluss vom 21. September 2006 – IX ZR 55/05, juris Rn. 2). Bei dem hier in Rede stehenden Darlehensrückzahlungsanspruch handelt es sich aber nicht um einen sofort abrufbaren Kredit, auf den die Schuldnerin jederzeit unmittelbar hätte zurückgreifen können, sondern um eine von der Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit der Darlehensnehmerin abhängige Forderung.
70
Die Berücksichtigung der auf diese Forderung zu leistenden Zahlungen setzt vielmehr voraus, dass sie innerhalb von drei Wochen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten bzw. einzuziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 – IX ZR 313/97, ZIP 1999, 76, 78; Beschluss vom 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 29). Dass die Schwestergesellschaft der Schuldnerin innerhalb von drei Wochen bereit und in der Lage gewesen wäre, das Darlehen entsprechend zurückzuführen, hat das Berufungsgericht indes nicht festgestellt. Insbesondere fehlt es auch an einer Feststellung dazu, wann die Schuldnerin den Anspruch überhaupt tatsächlich fällig gestellt hat, um daraus evtl. einen Rückschluss auf seine zeitnahe Erfüllung ziehen zu können. Insoweit könnte ferner zu berücksichtigen sein, dass verwertbare Vermögensgegenstände (nur) dann in die Liquiditätsbewertung einbezogen werden können, wenn der Schuldner auch gewillt und konkret in der Lage ist, sie binnen der Frist von drei Wochen zu verwerten. Könnte er sich die erforderliche Liquidität durch die Verwertung von Vermögensgegenständen zwar verschaffen, ist hierzu aber nicht bereit, ist hingegen Zahlungsunfähigkeit gegeben (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 – IX ZR 131/15, ZIP 2016, 124 Rn. 5 mwN).