Der Genuss von vier Flaschen Bier am Vorabend eines Transportes durch den Fahrer eines Transportunternehmen, welches sich auf den Transport von Gefahrgütern spezialisiert hatte, führte zu einer nachhaltigen Belastung der Geschäftsbeziehung dieses Unternehmens zu seinem Hauptkunden sowie zur fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 19.03.2008 – 7 Sa 1369/07). Beides hätte leicht vermieden werden können.
Folgendes war geschehen: Der seit ca. sieben Jahren für das Transportunternehmen tätige 56-jährige Fahrer hatte am Vortag des Transportes zwischen 17 und 20 Uhr ca. vier 0,5 l-Flaschen Bier getrunken. Am nächsten Tag begann er um fünf Uhr morgens seine Arbeit und traf mit seinem LKW kurz nach neun Uhr bei einem Hersteller von Flüssigstickstoff ein, um für den Hauptkunden Flüssigstickstoff zu tanken und diesen zum Hauptkunden zu transportieren.
Während die Ladung abgetankt wurde, unterhielt sich der Fahrer mit einem Mitarbeiter des Stickstofflieferanten. Dieser glaubte, Alkoholgeruch im Atem des Fahrers festgestellt zu haben und gab die Information intern weiter. Die vom Stickstoffhersteller sodann herbeigerufenen Polizeibeamten nahmen beim Fahrer zwei Alkoholtests vor, welche eine Atemalkoholkonzentration von 0,15 bzw. 0,1 mg/l (entspricht einer Blutalkoholkonzentration von in etwa 0,2 bzw. 0,3 Promille) ergaben.
Der Stickstoffhersteller informierte den Hauptkunden über den Vorfall. Von dort erfuhr das Transportunternehmen von dem Vorfall. Dieses setzte daraufhin einen Ersatzfahrer ein, der das Fahrzeug übernahm und den Transport zum Hauptkunden zu Ende führte.
Einen Tag später teilte der Hauptkunde dem Transportunternehmen neben der dauerhaften Sperre des Fahrers folgendes mit: Das Transportunternehmen habe sich gegenüber dem Hauptkunden zu verpflichten, zukünftig auf eigene Kosten zweimal jährlich am Standort unangekündigt Alkoholkontrollen durchzuführen, dies gegenüber dem Hauptkunden entsprechend nachzuweisen und bei positiven Alkoholkontrollen den betreffenden Fahrer nicht mehr für Gefahrguttransporte einzusetzen.
Die Geschäftsbeziehung zwischen Transportunternehmen und Hauptkunden war mithin massiv belastet.
Vorweg: Dass ein grobes Fehlverhalten des Fahrers vorlag, steht völlig außer Frage, und ist nicht zu beschönigen.
Aber nachdem ich die Tatbestand gelesen hatte, war mein erster Gedanke: Hätte er sich doch bloß mal die Zähne geputzt oder wenigstens ein Hustenbonbon genommen – sein Gesprächspartner hätte den Alkohol im Atem höchstwahrscheinlich nicht bemerkt. Die Belastung der Geschäftsbeziehung wie auch seine Kündigung hätten ganz leicht vermieden werden können.
Der Sachverhalt bringt noch einen anderen interessanten Aspekt hervor: Der Fahrer berief sich im Kündigungsschutzverfahren zunächst darauf, dass die festgestellte Alkoholkonzentration durch Einnahme eines Erkältungssaftes mit hohem Alkoholanteil hervorgerufen wurde. Tatsächlich enthalten viele – rezeptfreie – Medikamente zu einem erheblichen Anteil hochpronzentigen Alkohol. Allerdings war im vorliegenden Fall unstreitig, dass diese Einnahme dieses Erkältungssaftes lediglich einen Blutalkoholkonzentration von 0,05 Promille hervorgerufen hätte.
Selbst wenn die Behauptung des Fahrers zutreffend gewesen wäre: Das GGSVE verlangt 0,0 Promille. Seine Behauptung hätte ihm also nicht weitergeholfen.
Zusammenfassend: Für Fahrzeugführer von Gefahrguttransporten gilt ein absolutes Alkoholverbot. Ein Magenbitter oder Ouzo nach dem Essen und natürlich erst recht ein Bier führen zu einer messbaren Blutalkoholkonzentration. Gleiches gilt für eine Vielzahl von Medikamenten. Alkoholgeruch kann Stunden später noch in der Atemluft deutlich wahrnehmbar sein. Ein Verstoß des Fahrers von Gefahrguttransporten gegen das Alkoholverbot kann eine fristlose Kündigung durch das Transportunternehmen rechtfertigen.