Zur Impressumspflicht auf der Website einer ausländischen, in Deutschland tätigen Gesellschaft

LG Frankfurt, Urteil vom 28.03.2003 – 3-12 O 151/02

Auch und gerade bei im Ausland registrierten Gesellschaften besteht das Interesse des Verbrauchers, leicht erkennbare und unmittelbar erreichbare Informationen darüber zu erlangen, welchem Recht die ausländische “Limited” unterliegt, wer die Gesellschafter sind und wie die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft im einzelnen aussehen. Auf diesem Hintergrund fordern es Sinn und Zweck des § 6 Ziff. 4 TDG, dass im Ausland registrierte Teledienste-Anbieter, die im Inland ihre geschäftliche Tätigkeit entfalten und nicht zugleich auch im Inland registriert sind, das ausländische Register und die Registernummer offenlegen, bei dem und unter der sie dort eingetragen sind (Rn. 30).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 2.700,00 vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
1

Die Parteien sind Mitbewerber auf dem Markt der Online-Stellenvermittlung.

2

Die Klägerin zu 1) ist Inhaberin der Internet-Domain “…”. Der Kläger zu 2) ist administrativer Ansprechpartner.

3

Auf ihren Internetseiten vom 8.10./15.10.2002 ist im Impressum die Adresse der Klägerin zu 1) mit … angegeben. Es finden sich dort die Telefon- und Telefaxnummer der Klägerin zu 1); unter “Geschäftsführung” ist … genannt.

4

Der Kläger zu 2) ist Company Secretary der Klägerin zu 1).

5

Die Internetseiten der Klägerin zu 1) vom 8.10./15.10.2002 nennen im Impressum keine Umsatzsteueridentifikationsnummer; ebenso ist eine “Handelsregisternummer” der Klägerin zu 1) nicht angegeben.

6

Mit Anwaltsschreiben vom 11.10.2002 beanstandete die Beklagte gegenüber den Klägern, daß unter der Domain, … die Impressumspflichten nach § 6 Teledienstegesetz (im Folgenden: TDG) nicht vollständig eingehalten seien. Die Beklagte forderte von den Klägern die Abgabe einer Unterwerfungserklärung, in der sie sich verpflichten sollten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet unter der Adresse “http://www… die Stellenvermittlung im Bereich des Gesundheitswesens anzubieten, ohne folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

7

– die Angabe des Vertretungsberechtigten der juristischen Person, die das Angebot betreibt;
8

– die Angabe des Handelsregisternummer der juristischen Person, die das Angebot betreibt,
9

– die Umsatzsteueridentifikationsnummer der juristischen Person, die das Angebot betreibt.

10

Die Kläger lehnten die Abgabe der Unterwerfungserklärung ab. Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 13.1.2003 vorgelegte Internetseite der Klägerin zu 1) enthält (nunmehr) unter “Steuernummer” die Angabe “Finanzamt …”. Ferner ist dort angegeben “Company No. ….

11

Die Kläger führen aus, die Abmahnungen der Beklagten vom 11.10.2002 seien nicht begründet gewesen. Eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27 a UStG habe nicht aufgeführt werden können und könne auch nicht genannt werden, weil das Bundesamt für Finanzen der Klägerin zu 1) eine solche Nummer noch nicht zugeteilt habe. Mit … sei im Impressum die Geschäftsführerin der Klägerin zu 1) genannt. Die Handelsregisternummer könne nur angegeben werden, wenn eine Eintragung im Handelsregister erfolgt sei. Die Klägerin zu 1) sei in … UK ordnungsgemäß eingetragen. Solange sie in Deutschland keine selbständige Niederlassung betreibe, sei sie nicht verpflichtet, sich in einem deutschen Handelsregister eintragen zu lassen.

12

Weder in seiner Eigenschaft als “admin-c” (administrativer Ansprechpartner) noch in seiner Eigenschaft als Company Secretary könne der Kläger zu 2) von der Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden; dieser sei nicht passivlegitimiert.

13

Selbst wenn aber ein Verstoß der Klägerin zu 1) gegen § 6 TDG zu bejahen sei, begründe der Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht aus § 6 TDG nicht die Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Klägerin zu 1) i.S.d. § 1 UWG.

14

Die Kläger beantragen,

15

wie folgt zu erkennen:
16

Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen wettbewerbswidrigen Unterlassungsanspruch gegen die Kläger wegen der Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf deren Webseite unter der Domain “…” hat.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Die Beklagte macht geltend, der Kläger zu 2) und die Geschäftsführerin der Klägerin zu 1) betrieben im Bereich der Online-Stellenvermittlung ein weit verzweigtes, nur schwer überschaubares Netz von Angeboten. Für die Beklagte sei es aus wettbewerblichen Gründen erforderlich, diese Angebote ebenso wie die Angebote anderer Mitbewerber zu beobachten und zu analysieren.

20

Für die Beklagte sei im Zeitpunkt der Abmahnung nicht nachvollziehbar gewesen, ob es sich bei der Klägerin zu 1) um eine “Limited” nach englischem, US-amerikanischem oder sonstigem Recht handele. Deshalb sei es ihr auch nicht möglich gewesen, festzustellen, wer die Gesellschafter der “Limited” seien und welchem neuen oder alten Mitbewerber das Unternehmen zuzurechnen sei. Aus dem nunmehr eingeholten “Registrar of Companies” ergebe sich, dass Sitz der Klägerin zu 1) nicht die … sei, sondern eine Adresse in … Daraus ergebe sich auch die für die Beklagte relevante Information, dass der Kläger zu 2) das Amt des “Company Secretary” in der Gesellschaft übernommen habe und demnach mit der Klägerin zu 1) in geschäftlichen Zusammenhang zu bringen sei.

21

Da die Klägerin zu 1) keine selbständige Niederlassung in Deutschland betreibe, hätte sie entsprechend § 6 Ziff. 1 TDG als Sitz der Niederlassung die Anschrift in … angeben müssen, wie er im Handelsregister eingetragen sei. Die Verpflichtung zur Angabe des zuständigen Handelsregisters sowie der Handelsregisternummer bestehe unabhängig davon, ob die Klägerin zu 1) in Deutschland eine selbständige Niederlassung betreibe oder nicht.

22

Der Verstoß der Kläger gegen die Dienste-Anbieterkennzeichnungspflicht des § 6 TDG stelle sich zugleich als Verstoß gegen § 1 UWG dar.

23

Der Kläger zu 2) sei passivlegitimiert. Er sei dies bereits durch seine Funktion als administrativer Ansprechpartner gewesen und sei dies umso mehr in seiner Funktion als Company Secretary.

24

Die Beklagte habe deshalb mit Recht wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Kläger wegen Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf der Website unter “…” geltend gemacht. Der gegenteilige Feststellungsanspruch der Kläger bestehe nicht.

25

Wegen aller Einzelheiten des sonstigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
26

Die Klage ist zulässig, in der Sache nicht begründet; denn die Beklagte hat einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Kläger wegen Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf deren Website unter der Domain …

27

Dienste-Anbieter wie die Klägerin zu 1) haben nach § 6 TDG für geschäftsmäßige Teledienste u.a. folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich den Vertretungsberechtigten (Ziff. 1), das Handelsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer (Ziff. 4), sowie in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27 a UStG besitzen, die Angabe dieser Nummer (Ziff. 6). Eine Verletzung der Anbieterinformationspflicht nach § 6 Ziff. 6 TDG hat im Streitfall außer Betracht zu bleiben, weil der Klägerin zu 1) die Umsatzsteueridentifikationsnummer vom Bundesamt für Finanzen in Saarlouis noch nicht erteilt worden ist. Dies hat die mündliche Verhandlung ergeben. Soweit auf der Internetseite der Klägerin zu 1) gemäß Anlage B 12 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.1.2003 eine Steuernummer des Finanzamts Frankfurt am Main genannt wird, handelt es sich um die allgemeine Steuernummer der Klägerin zu 1), die mit der Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27 a UStG nichts zu tun hat.

28

Die Anschrift, unter der sie niedergelassen ist, gibt die Klägerin zu 1) mit “…” an. Sie orientiert sich dabei an Art. 2 Buchstabe C der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG, wonach “niedergelassener Dienste-Anbieter” ein Anbieter ist, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit eine Wirtschaftstätigkeit tatsächlich ausübt; Vorhandensein und Nutzung technischer Mittel und Technologien, die zum Anbieten des Dienstes erforderlich sind, begründen danach allein keine Niederlassung des Anbieters. Die Klägerin zu 1) macht – unwiderlegt – geltend, sämtliche Geschäftsführungsaufgaben würden von der Geschäftsführerin … von Frankfurt am Main aus durchgeführt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit und der Ort der Verwaltung der Klägerin zu 1) sei unter der angegebenen Adresse in Frankfurt am Main. Es handele sich um eine zustellungs- und ladungsfähige Anschrift. Diese aufgezeigten Kriterien werden der Begriffsdefinition des Art. 2 Buchstabe C der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG gerecht. Da die Klägerin zu 1) auf ihrer Internetseite im Impressum mit … auch die Geschäftsführerin und damit die Vertretungsberechtigte nennt, steht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der (angeblichen) Verletzung des § 6 Ziff. 1 TDG kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zu 1) – und damit auch nicht gegen den Kläger zu 2) – zu.

29

Anderes gilt für den Regelungstatbestand des § 6 Ziff. 4 TDG. Ob die Abmahnungen der Beklagten unter diesem Gesichtspunkt berechtigt waren, richtete sich nach dem damaligen Impressum der Klägerin zu 1), wie es aus den Internetseiten per 8.10.2002 (Anlage B 11) und per 15.10.2002 (Anlage R 1) ersichtlich ist. Nicht entscheidend ist die Internetseite der Klägerin zu 1) gemäß Anlage B 12, auf der sich (nunmehr) der Hinweis “Company No. … befindet.

30

In ein inländisches Handelsregister ist die Klägerin zu 1) nicht eingetragen; insoweit besteht keine Registernummer. Das befreit die Klägerin im Hinblick auf § 6 Ziff. 4 TDG nicht, anstelle des Handelsregisters und der Registernummer das ausländische Gesellschaftsregister und die Registernummer zu benennen, bei dem und unter der die ausländische Gesellschaft (hier: die Klägerin zu 1)) eingetragen ist. Die Informationspflichten dienen dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten (Begründung zu § 6 TDG, Anlage B 14; Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, Kommentar, Rdnr. 66 zu § 6 TDG). Diese Zweckbestimmung beschränkt sich nicht auf und endet nicht bei Dienste-Anbietern für geschäftsmäßige Teledienste, die in das Inländische Handelsregister eingetragen sind. Vielmehr greift auch bei im Ausland registrierten Teledienste-Anbietern, die im Inland ihre Geschäftstätigkeit entfalten, das Transparenzgebot. Diesem Gebot und dem damit bewirkten Verbraucherschutz würde zuwidergehandelt, wenn es dem im Ausland registrierten Unternehmen, das im Inland der elektronischen Kontaktaufnahme nachgeht, gestattet wäre, sich in der Anonymität des “Limited”-Zusatzes zu verlieren. Auch und gerade bei im Ausland registrierten Gesellschaften besteht das Interesse des Verbrauchers, leicht erkennbare und unmittelbar erreichbare Informationen darüber zu erlangen, welchem Recht die ausländische “Limited” unterliegt, wer die Gesellschafter sind und wie die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft im einzelnen aussehen. Auf diesem Hintergrund fordern es Sinn und Zweck des § 6 Ziff. 4 TDG, dass im Ausland registrierte Teledienste-Anbieter, die im Inland ihre geschäftliche Tätigkeit entfalten und nicht zugleich auch im Inland registriert sind, das ausländische Register und die Registernummer offenlegen, bei dem und unter der sie dort eingetragen sind. Unzumutbares wird unter diesen Umständen von der hiervon betroffenen Klägerin zu 1) nicht verlangt; die “Nachbesserung” gemäß Anlage B 12 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.1.2003 zeigt dies. Der Auszug aus dem Gesellschaftsregister gemäß Anlage B 13 verdeutlicht, dass auch der ausländische Registerauszug dem Inlandsnutzer die Auskünfte gibt, die im Interesse der Transparenz und des Verbraucherschutzes geboten sind. Das Verständnis der Kläger, die Aufzählung der Register in § 6 Ziff. 4 TDG sei abschließend und erfasse nicht auch ausländische Register, teilt die Kammer nicht. Die Aufzählung der verschiedenen Register wie Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister und Genossenschaftsregister verdeutlicht das Bemühen des Gesetzgebers, dem Transparenzgebot effektiv Geltung zu verschaffen. Ausgehend von diesem Anliegen rechtfertigt sich keine restriktive Handhabung; “Handelsregister” ist deshalb im weitesten Sinne zu verstehen und erfasst auch ausländische Registereintragungen, wenn – wie im Streitfall – im Inland keine vorhanden ist. Anderenfalls bewirkte man eine Privilegierung im Ausland registrierter Unternehmen, was nicht zu rechtfertigen wäre.

31

Der Verstoß der Klägerin zu 1) gegen § 1 Ziff. 4 TDG stellt sich zugleich als Verstoß gegen § 1 UWG dar. Wie bereits ausgeführt, denen die Informationspflichten dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten. Es handelt sich um wertbezogene Normen. Die Zuwiderhandlung begründet die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung i.S.d. § 1 UWG (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rdnr. 614 zu § 1 UWG).

32

Die Entscheidung BGH GRUR 1989, 830 – “Impressumspflicht” – rechtfertigt in dieser Hinsicht keine andere Beurteilung. Dort ging es um die presserechtliche Impressumspflicht, die – so der BGH – keine unmittelbare Wertbezogenheit aufweist. Der Streitfall liegt anders. Im Gegensatz zu dieser BGH-Entscheidung kommen vorliegend Verbraucherschutzgesichtspunkte zum Tragen.

33

Mithin stand der Beklagten im Zeitpunkt der Abmahnung (11.10.2002) ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zu 1) wegen der Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf deren Website unter der Domain “…” zu. Im Verhältnis der Klägerin zu 1) zur Beklagten ist die Feststellungsklage deshalb unbegründet. Dies gilt auch im Verhältnis des Klägers zu 2) gegenüber der Beklagten. Auch gegenüber dem Kläger zu 2) hatte die Beklagte im Zeitpunkt der Abmahnung einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG. Der Kläger zu 2) war insoweit Störer im wettbewerbsrechtlichen Sinne, wenn auch möglicherweise nicht in seiner Eigenschaft als administrativer Ansprechpartner hinsichtlich des Domainnamens … (vgl. hierzu Anm. Eckhardt zum Urteil des OLG Koblenz vom 25.1.2002 – CR 4/2002 –). Der Kläger zu 2) ist der “Company Secretary” der Klägerin zu 1) und damit immerhin ihr oberstes Verwaltungsorgan. Wenn auch im Außenverhältnis die Geschäftsführerin (“Director”) wirkt, ist doch im Innenverhältnis die Funktion des “Company Secretary” so bedeutend, dass ihm bei der gebotenen weiten Fassung des Störerbegriffs die Störereigenschaft im wettbewerbsrechtlichen Sinne zukommt.

34

Da die Kläger unterliegen, haben sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

35

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 ZPO.

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